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At last:
Daniel Roy’s first Simon Flunkert book is available!!!

Endlich:
Daniel Roys erstes Simon-Flunkert-Buch kann gekauft (und GELESEN!!!) werden!!!

Daniel Roy, Hi, Mitkids!
Simon Flunkerts Abenteuer in der Brägenwurstzone,
Norderstedt: BOD, 2005,
240 Seiten, ISBN: 3-8334-2907-0.

Mehr Informationen gibt es hier!


Simon in Australien


Daniel Roy, Brühl, Deutschland
Martin Roy, Uetze, Deutschland
Malcolm McGookin, Asterisk *Animations, Brisbane (Queensland), Australien
Ki.Ka, Erfurt, Deutschland

Teil 1

Hi, Mitkids!

An einem Montag früh saßen wir in der Klasse, als unser Biolehrer, Herr Stängelfried, mit einer neuen Mitschülerin hereinkam. Er stellte sie uns vor: "So, ich hatte euch ja schon letzte Woche angekündigt, dass ihr Verstärkung bekommt. Das hier ist eure neue Mitschülerin: Sophie Liebevoll. Ich weiß von ihr, dass sie in Hannover geboren ist, aber bis vor kurzer Zeit mit ihrer Familie in Australien gelebt hat." Oh, interessant. Sophie Liebevoll sah ungewöhnlich aus. Nein, nicht hässlich oder so. Sie war nur etwas eigenartig gestylet: Sie hatte Zöpfe, trug eine weiße Bluse, einen schwarzen Rock und Collegeschuhe. Recht altmodisch eigentlich. Sie sagte: "Hallo. Es freut mich, in eure Klasse zu gehen. Ich hoffe, ich störe euch nicht und ihr habt noch einen Platz für mich frei." He, die war aber vorsichtig! Wir wussten gar nicht, was wir sagen sollten. Die Begrüßung übernahm daher unsere Klassensprecherin Alexandra: "Klar haben wir noch Platz für dich, Sophie. Wir müssen nur'n büsschen zusammenrücken. Sirpa und Simon, bei euch am Tisch ist doch noch Platz für Sophie." Ja, das stimmte. "Sischer dat", antwortete Sirpa Hundelainen, die eigentlich aus Finnland stammt, sich aber in letzter Zeit einen Spaß daraus macht, manchmal Kölsch zu sprechen. "Ja, du kannst dich hierher setzen", pflichtete ich ihr bei. Herr Stängelfried war froh, dass sich diese Frage so schnell geklärt hatte und er mit dem Unterricht anfangen konnte. Er behandelte gerade wieder mal das Thema "Verdauungsprozess bei der Schlupfwespe".

In den Pausen versuchten wir alle, Sophie etwas näher kennen zu lernen. Sophie sprach mit allen und war zu jedem freundlich ... ja, eigentlich sogar richtig höflich. Ganz ehrlich, sie war uns fast unheimlich, weil sie so unglaublich brav war und uns fast wie eine Erwachsene vorkam. Unsere Lehrer waren sehr zufrieden mit ihr, weil sie im Unterricht gut mitarbeitete, viel wusste und richtig gescheit war. "Vorsicht - das ist 'ne Streberin", meinten einige von uns.

An einem Donnerstag Nachmittag waren Sirpa und ich zu Fuß auf dem Weg zum Schreibwarenladen von Frau Stift. Auf dem Weg dorthin fiel uns ein Junge auf. Er hatte ungekämmtes Haar, trug zerrissene Jeans, eine Baseball-Mütze, die er verkehrt herum aufgesetzt hatte, und er hatte einen Baseballschläger dabei. Im Moment ärgerte er ein paar kleine Kinder, denen er den Tretroller - Entschuldigung: das Kickboard - weggenommen hatte. Die Kleinen beschwerten sich und quietschten wie kleine Schweinchen, und der Bengel freute sich. "Was soll das werden, wenn's fertig ist?" fragte ihn Sirpa streng. Der Junge drehte sich um, guckte uns böse an und fragte frech: "Was geht dich das an, Schnitte?" He, das gab's ja nicht: Wir hatten den Jungen noch nie gesehen, aber er kam uns beiden ganz bekannt vor - er ähnelte Sophie. Ich fragte ihn vorsichtig: "Sag mal, kann es sein, dass du eine Schwester hast, die Sophie Liebevoll heißt?" Der Junge grinste: "Kann schon sein." Nachdem er das Kickboard über den nächstbesten Gartenzaun geworfen hatte (und die kleinen Kinder schimpfend hinterher geklettert waren), sagte er uns mit heiserer Stimme: "Sophie ist meine Zwillingsschwester. Kaum zu glauben, dass diese Streberin so 'nen coolen Typen zum Bruder hat, hä?" Stimmt - größer konnte der Unterschied zwischen Zwillingsschwester und Zwillingsbruder wohl nicht sein. Er erklärte uns: "Ich heiße Arnold. Aber alle nennen mich Terminator." Sirpa bemerkte schnippisch: "Okay - WIR nennen dich Arnold." Das machte ihn wütend: "Entweder ihr nennt mich Terminator, oder ich falte euch so zusammen, dass ihr unter dem Teppich Handstand machen könnt!" Sirpa und ich sagten gar nichts mehr, sondern gingen einfach weiter. Arnold schaute uns böse hinterher.

Am nächsten Tag sprachen Sirpa und ich Sophie in der großen Pause an. Sophie saß mit ihrem Erdkunde-Atlas auf der Schulhofmauer und schrieb sich etwas heraus. "Hallo, Sophie. Wir haben gestern deinen Zwillingsbruder getroffen", erzählte ich ihr. Sophie schaute etwas erschrocken und errötete leicht: "Ihr habt Arnold kennen gelernt? Ich hoffe, er hat euch nicht allzusehr Angst gemacht." Sirpa lächelte verlegen: "Na ja - so höflich wie du ist er nicht gerade." Sophie war das offensichtlich peinlich. Sie sagte: "Ich muss mich für meinen Bruder entschuldigen. Er ist irgendwie aus der Art geschlagen und ganz anders als der Rest unserer Familie." - "Geht er auch in unsere Schule? Ich habe ihn hier noch nicht gesehen", wollte ich wissen. Sophie wurde immer verlegener: "Nein, du wirst ihn hier auch nicht sehen. Er geht in eine Schule für schwer erziehbare Kinder - das heißt, wenn er mal geht." Es tat uns leid, dass wir sie auf ihren Bruder angesprochen und sie so in Verlegenheit gebracht hatten.

Am Nachmittag sah ich Arnold wieder. Ich war allein unterwegs, um für meine Eltern ein paar Sachen im Supermarkt einzukaufen. Arnold ärgerte diesmal keine kleinen Kinder, sondern vertrieb sich damit die Zeit, mit seinem Baseballschläger einige leere Konservendosen zu plätten. Er erblickte mich und raunzte mich frech an: "He, wo ist denn deine mutige Freundin heute? Die Schnitte hat wohl Schiss vor mir." Ich überlegte mir schnell eine Antwort: "Nö, glaube ich nicht Arn ... Terminator. Sirpa ist nämlich deutsche Jugendmeisterin im Taekwondo." Arnold nickte anerkennend: "So, so. Hätte ich der Schnitte gar nicht zugetraut." Klar - stimmte ja auch gar nicht. Dann drohte er aber gleich wieder: "Na und? Glaubt die Schnitte etwa, mit ihrer orientalischen Trampelkunst etwas gegen meinen Baseballschläger ausrichten zu können?" Ehe ich mir eine Antwort überlegen konnte, rief eine Frauenstimme von irgendwo aus einem Fenster: "Sophie - Zeit für die Theaterprobe! Hörst du mich, Sophie?" Arnold zuckte zusammen. Er sagte, ja befahl mir geradezu: "Geh' ja nicht weg, Kleiner!" Ich sah, wie Arnold blitzschnell im Gebüsch verschwand. Ich blieb stehen und ging vorsichtig zurück, um zu sehen, was er da im Gebüsch trieb. Es raschelte und raschelte, und ich hatte den Eindruck, als würde sich Arnold umziehen. Dann war er fertig, und aus dem Gebüsch kam ganz hastig - Sophie! Es war Sophie, so wie sie immer aussah! Sie grinste und sagte: "Reingefallen, Simon!" Ich war vielleicht erstaunt. Sie erklärte: "Ich hatte euch noch nicht verraten, dass ich in meiner Freizeit Schauspielerin bin. Manchmal verkleide ich mich als mein Bruder Arnold, den es natürlich gar nicht gibt - das ist eine sehr gute Übung." Ich sagte mitleidig: "Na ja - jeder braucht wohl ein Hobby." Sie lachte: "Ich seh' schon, du hältst mich für bekloppt. Ich muss jetzt aber nach Kleefeld zu meiner Theatergruppe. Wir üben das Musical ANNIE ein - auf Englisch. In den Osterferien werden wir in Australien auftreten, wir sind nämlich eingeladen worden. He, Simon, du magst doch auch Geschichten und Theater. Willst du nicht bei uns mitmachen?" Ich überlegte kurz und antwortete: "Na ja, bei Gelegenheit kann ich's mir ja mal angucken." Und daraufhin schlug mir Sophie vor, dass sie mich in der darauffolgenden Woche mal mitnehmen würde.

Auf dem schnellsten Weg ging ich zu Sirpa und erzählte ihr, was ich erlebt hatte. Sirpa lächelte mich an: "Simon, du heißt mit Nachnamen Flunkert - warum sollte ich dir glauben?"

Es grüßt euch theatralisch
Euer
SIMON FLUNKERT


Damals ahnte ich noch nicht, dass mich Sophie in die Oper von Sydney bringen würde.

Teil 2

Hi, Mitkids!

Erinnert ihr euch noch an Sophie Liebevoll? Sophie war neu in unserer Schulklasse, nachdem sie zuvor mit ihren Eltern einige Jahre in Australien gelebt hatte. Am Anfang hatte sie Sirpa und mich damit verwirrt, dass sie sich nachmittags als ihr böser Zwillingsbruder Arnie, genannt: Terminator, verkleidete. Dann klärte sie alles auf: Sophie erzählte mir, dass sie Mitglied einer Theatergruppe in Hannover sei, die Stücke in englischer Sprache aufführte. Und sie lud mich sogar ein, sie einmal zu den Proben zu begleiten.

Als ich meiner finnischen Klassenkameradin Sirpa Hundelainen, mit der ich schon sehr lange befreundet bin, erzählte, dass ich Sophie zu den Theaterproben begleiten würde, sagte Sirpa sofort: "Da komme ich mit! Wenn du da hingehst, geh' ich da auch hin!" Hi hi. Wisst ihr was? Ich glaube, Sirpa war eifersüchtig. Sie dachte wohl, Sophie sei in mich verknallt und habe mich deswegen zur Theatergruppe eingeladen. War Sophie aber bestimmt nicht. Und als wir ihr am Freitagmorgen sagten, dass Sirpa am Nachmittag gern mit zum Theater kommen wollte, strahlte Sophie sogar und sagte: "Cool. Je mehr, um so besser. Vielleicht bekommt ihr beide ja sogar Lust mitzuspielen. Ich schlage vor, wir treffen uns um drei an der Bushaltestelle an der Kreuzung Peiner Straße / Lehrter Straße." Und so machten wir es dann auch.

Wir fuhren mit dem Bus nach Hannover-Kleefeld, wo die englische Theatergruppe ihre kleine Bühne hatte. Im Bus erzählte uns Sophie: "Wir proben zur Zeit das amerikanische Musical ANNIE, das wir demnächst in Hannover aufführen wollen." Sirpa wurde neugierig. "Musical? Also ein Stück, in dem die Schauspieler nicht nur sprechen, sondern auch singen, ja?" Sophie nickte: "Ganz genau. Es wird sogar ziemlich viel gesungen." - "Musst du da zwischendurch auch mal 'was trällern, Sophie?" fragte Sirpa weiter. "Ja, ein paarmal sogar", antwortete Sophie. Und Sirpa hakte nach: "Was für eine Rolle hast du denn in dem Stück? Irgendwas, wo du auch mal was sagen musst?" Sophie nickte erneut: "Ja, ja, schon. Ich spiele nämlich die Hauptrolle in dem Stück - die Annie." Wir staunten nicht schlecht - und Sirpa schien sogar ein bisschen neidisch zu sein.

Wir kamen ein bisschen zu früh. Als wir ankamen, schloss eine ältere Frau die Tür auf. "Hi, Annie" wurde sie von Sophie begrüßt. Sirpa wollte wissen: "Wieso? Ich dachte, du spielst die Annie, Sophie." - "Tut sie ja auch", antwortete die ältere Frau, und meinte: "Ich heiße mit Vornamen zufällig genauso wie das Stück. Annie. Ich bin hier aber nur die Beleuchterin. Mit Nachnamen heiße ich Lampe."

Sophie führte uns das kleine Theater. Sie zeigte uns die Umkleideräume, das WC, die Teeküche und natürlich die Bühne und den Zuschauerraum. "Ich hatte mir das alles viel größer vorgestellt", musste ich zugeben. "Ja, das sagen alle", meinte Sophie.

Nach und nach trafen die anderen Mitglieder der Theatergruppe ein: Mehrere Schauspieler, einige Helfer, und dann stellte uns Sophie dem Regisseur des Stücks, Steven Playmountain, vor. "Kennt ihr zwei das Musical eigentlich?" fragte er Sirpa und mich. "Nö - nicht so richtig", meinte ich. "Eigentlich gar nicht", gab Sirpa zu. Steven klärte uns auf: "Stellt euch vor, ihr seid im New York der dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts. Die Wirtschaft ist kaputt, und den Menschen geht es gar nicht mal so gut. Annie wurde als kleines Baby von ihren Eltern ausgesetzt, weil sie zu arm waren, um sie großzuziehen. Annie ist nun elf Jahre alt und lebt im Waisenhaus. Dort gibt es die gemeine Direktorin Miss Hannigan, die Annie und die anderen Waisen tyrannisiert, malträtiert, terrorisiert und übel traktiert. Außerdem behandelt sie die Kinder schlecht. Einmal läuft Annie sogar mal weg, um nach ihren Eltern zu suchen - die Polizei bringt sie aber zurück. Dann entschließt sich der alleinstehende, stinkreiche und eigentlich ziemlich hartherzige Milliardär Oliver Warbucks, Weihnachten irgendein Kind aus dem Waisenhaus zu holen, damit es in seinem Hause feiern kann - er will halt mal etwas Gutes tun. Deshalb kommt seine Sekretärin Grace Farrell ins Waisenhaus und nimmt ausgerechnet Annie mit. In den nächsten Tagen gewinnt Warbucks das Waisenkind Annie wider Erwarten lieb und möchte es adoptieren. Annie mag Warbucks auch, möchte aber lieber ihre richtigen Eltern finden. Der Milliardär und Grace helfen ihr auch bei der Suche nach den Kindern (sogar der amerikanische Präsident macht dabei mit), aber am Ende stellt sich heraus, dass Annies Eltern schon lange tot sind. Dann adoptiert der Milliardär Annie doch noch, und ganz am Schluss bekommt Annie sogar ihren Hund Sandy zurück, der ihr mal zugelaufen war und dann doch wieder verschütt ging. Am Ende sind alle netten Menschen und der Hund in dem Stück glücklich und zufrieden, and they live happily ever after, wie wir Amerikaner das so schön sagen."

Ich runzelte die Stirn und bemerkte: "Äh ... tja. Ziemlich kitschiger Quark, oder?" Das hatte ich eigentlich als Beleidigung gemeint, aber der Regisseur Steven empfand das nicht so. "Ja. Ein wunderschöner Schmalz, nicht wahr?" Sirpa schien die Geschichte auch zu gefallen: "Cool, und so sentimentaaaal!" Sophie grinste und erzählte Steven: "Simon und Sirpa haben übrigens auch Theatererfahrung. Sie haben an ihrer Schule vor zwei Jahren mal ROMEO UND JULIA aufgeführt. Dabei ist zwar einiges schiefgelaufen, und am Ende der Aufführung lag die Bühne in Schutt und Asche und drei Kinder hatten eine Gehirnerschütterung, aber es soll trotzdem ein voller Erfolg gewesen sein." Oh, meine Güte, das stimmte! Woher wusste denn Sophie von dieser peinlichen Sache? "Und wie ist ihr Englisch?" wollte Steven von Sophie wissen. Sophie fand: "Ganz gut. Nichts Besonderes, aber ganz gut. Das mit dem Singen geht auch so." He, was sollte das denn heißen - nichts Besonderes? Steven machte Sirpa und mir einen Vorschlag: "Wir müssen noch die Rollen der beiden ältesten Waisenkinder besetzen, die sind beide dreizehn Jahre alt. Was haltet ihr davon, wenn ihr in unserem Stück mitspielt?" - "Cool, machen wir", antwortete Sirpa sogleich. Fand ich übrigens interessant, dass sie für mich gleich mitantwortete. Der Regisseur sagte: "Dann herzlich willkommen im Team. Ich schlage vor, Sirpa spielt die Duffy, und Simon spielt die July. Ihr bekommt gleich mal eure Textbücher. Übrigens sind einige von den Schauspielern arbeitslose Englischlehrer. Wenn ihr Probleme mit der Aussprache habt, bringen die euch das schon bei. Und das Singen lehren euch unsere arbeitslosen Musiklehrer." Einen Augenblick mal! Hatte er eben gesagt: Simon spielt die July? Was sollte das denn? Ich beschwerte mich: "Was, ich soll ein Mädchen spielen? Also, ich weiß nicht, aber ich als Tunt...." Sophie merkte wohl, dass ich einen Rückzieher machen wollte, und erklärte mir: "Wenn mit der Aufführung alles klappt, fahren wir bald alle zu einem Gastspiel nach Australien." Ach so. Nach Australien? Das Land der Kängurus, des Bumerangs und einer Sache, die man Vegemite nennt? "Gut, spiele ich eben ein Mädchen." Sirpa und ich riefen vom Theater aus unsere Eltern an und fragten, ob wir mitmachen dürften. Die waren einverstanden. An diesem Nachmittag schauten wir noch bei den Proben zu, und schon das nächste Mal sollten wir mitproben. Aber davon erzähle ich euch ein anderes Mal.

Es grüßt euch mit Lampenfieber
Euer SIMON FLUNKERT

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Teil 3

Hi, Mitkids!

Erinnert ihr euch noch an meine letzte Geschichte? Ich bekam bei einer Theatergruppe, die Stücke in englischer Sprache aufführt, eine Nebenrolle in einem Musical. Was heißt: Ich bekam eine Rolle? Ich hatte mich von meiner Klassenkameradin Sirpa Hundelainen und Sophie Liebevoll und dem amerikanischen Regisseur des Stückes Steven Playmountain regelrecht überrumpeln lassen, da mitzuspielen. Mensch, war das peinlich!

Ihr werdet euch fragen, warum mir das so peinlich war, in diesem Musical mitzuspielen. Klar: Gegen Theaterspielen und ein bisschen Herumsingen habe ich ja an sich auch gar nichts. Aber ich musste in diesem Stück eines von sieben Waisenmädchen spielen. Ihr habt richtig gelesen: Ich, Simon, musste ein Mädchen spielen. Nun stand ich hier auf der Bühne bei den Proben und fühlte mich wie Charlies Tante: Total bescheuert! Ich trug ein Kleidchen und Schuhe, wie es arme Mädchen in Amerika 1930 wohl getragen haben (das Stück spielt nämlich im New York der dreißiger Jahre), und ich muss euch sagen: Mein Hüfthalter hat mich fast umgebracht! Oh, war der unbequem! Zum Glück musste ich in dem Stück nicht viel sagen, weil ich die schüchterne July spielte, und schüchterne Kinder sagen nun einmal nicht viel. Aber genau wie die anderen Kinder musste ich tanzen und dazu singen. Zum Beispiel das Lied "It's a Hard Knock Life", was so viel heißt wie .... äh ... ja, was heißt das denn eigentlich? "Es ist ein hartes Klopf-Leben" oder so. Ihr werdet euch fragen: Wat is dat bloß für ein seltsames Stück, in dem der Simon da mitgespielt hat? Wisst ihr: Es war wirklich ein sehr seltsames Stück - eigentlich nur etwas fur Mädchen. Und jetzt werdet ihr euch logischerweise fragen: Warum ist der Simon da denn nicht einfach ausgestiegen, wenn es ihm gar nicht gefiel? Ganz einfach: Weil wir mit dem Stück auf Tournee nach Australien reisen würden. Wann kommt man sonst schon mal nach Australien? Ich hätte nämlich wer weiß was gegeben, um mal nach Australien zu kommen. Im schlimmsten Falle sogar mein Taschengeld.

Aber eigentlich wollte ich euch gar nicht von den Proben erzählen, sondern von einer Sache, die an einem der Probentage passiert ist. Unsere Beleuchterin Frau Lampe, die übrigens mit Vornamen genauso heißt wie das Stück, nämlich: Annie, kam etwas zu spät zu den Proben. Sie hatte aber nicht die Zeit vertrödelt, sondern war aufgehalten worden. Sie erzählte aufgeregt: "In der Kirchröder Straße ist wieder mal ein Fußgänger überfahren worden, und zwar vor meinen Augen." Das war ja wirklich nicht schön. Annie Lampe erzählte weiter: "Dabei war der Fußgänger sogar auf dem Zebrastreifen. Das Auto ist mit einem Affenzahn herangebraust, und da der Autofahrer offensichtlich nicht so schnell gucken und denken wie fahren konnte, kam sein Wagen auch nicht mehr rechtzeitig zum Stehen. Der Fußgänger ist dann mit dem Krankenwagen abtransportiert worden. Den Polizisten habe ich hinterher die Meinung gesagt. Ich hab' denen gesagt: 'Ihr müsst hier viel häufiger Radarkontrollen machen.' Aber das Auge des Gesetzes hat nur mit einem Ohr hingehört und dann den Kopf geschüttelt und gemeint: 'Die Polizei kann doch nicht den ganzen Tag aufpassen, dass die Autos nicht zu schnell fahren.'"

Sophie und Sirpa mussten lachen, weil sie sich vorstellten, wie ein Auge mit einem Ohr hinhört und dann mit dem Kopf schüttelt, aber ich fand, dass Annie Lampe Recht hatte. Die Autos fuhren viel zu schnell, und eigentlich müsste man mal etwas dagegen unternehmen. Aber was?

Während der Proben gab es dann eine kleine Panne. Einer der Scheinwerfer, der auf die Bühne leuchtete, ging kaputt. Er machte PENG, blitzte dabei nochmal kurz auf und ging dann aus. Während das Licht des Scheinwerfers ausging, ging Annie ein Licht auf. Sie strahlte wie ein frischgeputzter Mülleimer und rief: "Ich hab's!" Allerdings behielt sie solange für sich, was "sie hatte", bis die Proben vorbei waren. Dann kam sie mit einem Blitzlicht, wie man es auf Fotoapparate aufschrauben kann, zu uns und erklärte: "Wenn die Polizei in der Kirchröder Straße keine Radarfalle machen kann, machen wir sie eben selbst. Wir stellen uns an den Straßenrand und blitzen jedes Auto, das offenbar zu schnell fährt, mit diesem Blitzlicht hier. Wer von euch macht mit?" Den anderen Kindern war das nicht geheuer, und sie wollten nicht mitmachen. Ich jedoch fand, dass das ganz interessant werden könnte, und wollte mit Annie mitkommen.

Ihr wisst sicher, was eine Radarfalle ist. Dabei stellt sich die Polizei am Straßenrand auf und misst mit dem sogenannten Radargerät die Geschwindigkeit der vorbeifahrenden Fahrzeuge. Wenn eines schneller ist als erlaubt, wird der Wagen mit seinem Nummernschild und auch dem Fahrer (oder der Fahrerin) fotografiert, und der Mensch muss dann hinterher eine Strafe bezahlen. Vielleicht habt ihr schon einmal mit im Wagen gesessen, wenn eure Eltern zu schnell gefahren und dabei in einer Radarfalle "geblitzt" worden sind. Eure Eltern rufen dann ein Wort, das mit "Sch" beginnt, weil sie wissen, dass sie erwischt worden sind und dafür Knete abdrücken ... äh, Strafe zahlen müssen.

Annie und ich gingen zu Fuß in die Kirchröder Straße. Annie meinte: "Wir positionieren uns hier im Gebüsch. Zum Glück ist es schon dunkel. Was wir hier tun, ist nämlich rechtlich nicht ganz einwandfrei, fürchte ich." Dann brauste auch schon unser erstes Opfer heran - äh, ich meine, es kam ein Auto, das viel viel schneller unterwegs war als mit den erlaubten fünfzig Kilometern pro Stunde. Als es in unserer Nähe war, löste Annie das Blitzlicht aus (BLITZ!), und der Autofahrer bremste ganz hart ab ... und fuhr sehr viel langsamer weiter. Annie freute sich: "Der hat bestimmt geglaubt, dass diese Radarfalle echt war. In der nächsten Zeit fährt er bestimmt viel langsamer und wartet jeden Tag auf den Strafzettel, der gar nicht kommt." Dann kam der nächste schnelle Hirsch herangerast. BLITZ! - und auch diesmal quietschten die Reifen, und der Wagen fuhr langsamer weiter. Das machten wir noch fünfmal und hatten viel Spaß dabei. Beim achten schnellen Auto hätten wir allerdings besser aufpassen müssen. Während das Blitzlicht blitzte (BLITZ!), lasen wir auf der Autotür: "POLIZEI". Wir hatten einen Polizeiwagen geblitzt. Die Polizisten bremsten und fuhren zurück, um nachzuschauen, was da wohl los gewesen war. Da waren Annie und ich allerdings schon unterwegs. Diesmal waren wir schneller als fünfzig Kilometer pro Stunde! Und zwar zu Fuß! Denn wir rannten und rannten und rannten davon.

Es grüßt euch atemlos

Euer SIMON FLUNKERT



Geht die Sonne in Sydney auf, oder geht sie gerade unter?
(Vielleicht erfahrt ihr es bei Viewsydney.)

Teil 4

Hi, Mitkids!

Es war der Sonntagabend vor Ostern, und hier standen wir nun in der Flughafenhalle in Frankfurt. Nur noch ein paar Stunden, und ich würde mit den anderen im Flugzeug nach Sydney in Australien sitzen. Boo ey, höre ich euch jetzt sagen. Wie kommt denn der Simon dazu, nach Australien zu fliegen?

Ich hatte euch ja erzählt, dass ich in Hannover in einem englischsprachigen Theatermusical eine Nebenrolle bekommen hatte. Ich spielte ein schüchternes Waisenmädchen namens July. Ja, ja, ich weiß, dass ihr jetzt kichert! Da wart ihr ja nicht die einzigen. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich mich bei der Uraufführung unseres Stückes geschämt hatte. Meine Klassenkameradinnen Sirpa und Sophie spielten nämlich auch in dem Stück mit und hatten unsere ganze Schulklasse zur Vorstellung eingeladen. Die Kids hatten vielleicht einen Spaß! Vom englischen Text verstanden die so gut wie gar nichts. Dafür freuten sie sich darüber, ihren Klassenkameradin Simon Flunkert - also mich - in Mädchenkleidern singen und tanzen zu sehen. "Kuckt mal, Simon als Simone!" haben sie laut gebrüllt, und. "Wir wussten gar nicht, dass du auf Mädchenklamotten stehst!", und: "Wie läuft es sich denn so mit hohen Absätzen?" An und für sich hätte ich bei sowas auch nie mitgemacht - aber man hatte uns versprochen, dass wir eine Tournee in die australische Großstadt Sydney machen würden, wenn unsere Vorstellungen Erfolg hätten.

Und wir hatten Erfolg! Die Vorstellungen waren ausverkauft. Wir bekamen viel Beifall, und sogar das Fernsehen war mal da. Und deshalb sagte uns alsbald die Managerin unserer Theatergruppe, eine gewisse Frau Meier-Meyer: "Es ist jetzt beschlossene Sache - in den Osterferien treten wir mit dem Stück in Australien auf. Habt ihr schon eure Eltern um Erlaubnis gefragt?" Ach ja, richtig - unsere Eltern. Denen hätte ich vielleicht schon einmal Bescheid sagen müssen. Ich überlegte mir jetzt tausend Pläne, wie ich sie überreden konnte, mich nach Australien reisen zu lassen. Ich würde mich einschleimen, ihnen etwas vorschwärmen, ich würde drohen, betteln, heulen - je nachdem. Ich begann damit, indem ich beim Mittagessen von der Australientournee erzählte, und fragte dann: "Lasst ihr mich auch mitfahren?" Ich konnte vor Spannung kaum atmen. "Klar", antwortete Papa. "Natürlich", fügte Mama hinzu. Aha - na ja - so einfach hatte ich mir das wirklich nicht vorgestellt. Um so besser. Danach hatte Frau Meier-Meyer den ganzen Papierkram erledigt, so dass wir auch alle in Australien auftreten durften.

Nun standen wir also am Schalter der Fluggesellschaft WOMBAT AIRLINES, um "einzuchecken", wie man das nennt. Dabei gibt man der Angestellten der Fluggesellschaft sein Flugticket und seinen Ausweis und bekommt dann die Bordkarte, mit der man ins Flugzeug darf, und auf der auch steht, auf welchem Platz man sitzt. Außerdem muss man beim Einchecken seine Koffer abgeben, weil die im Gepäckraum verstaut werden müssen. Am Zielflughafen bekommt man sie dann wieder. Dabei gab es fast ein Problem. Pro Passagier sind nämlich nur zwanzig Kilogramm Gepäck erlaubt - wer mehr mit dabei hat, muss eine Art Strafgebühr bezahlen. Ich stellte meinen Koffer auf die Waage am Schalter - puh - 19,8 Kilo. Gerade nochmal Glück gehabt. Dann gab's fast noch ein Problem. Die Frau am Schalter fragte mich nämlich: "Hast du den Koffer selbst gepackt?" Ich glaubte, nicht richtig verstanden zu haben, und antwortete daraufhin erst einmal gar nichts. "Sprichst du kein Deutsch?" hakte die Angestellte nach. "Doch, doch", meinte ich hastig. "Aber ich hab' wohl trotzdem nicht richtig verstanden." - "Ich fragte, ob du den Koffer selbst gepackt hast?" Also, das war mir jetzt unangenehm, und ich sagte leise, damit es die anderen Kinder nicht hören konnten: "Äh, na ja, meine Mami hat mir schon ein bisschen dabei geholfen." Mist! Die anderen Kinder hatten es doch gehört und lachten sich schlapp. "So hatte ich das nicht gemeint", erklärte die Angestellte lächelnd. "Ich meine: Sind in dem Koffer deine eigenen Sachen, oder beförderst du Gepäck von jemand anderem?" Ach so. Hätte sie doch gleich sagen können. Ich antwortete: "Ja, ja, das sind alles meine eigenen Klamotten. Meine Hosen, meine T-Shirts, meine ..." - "Gute Reise!" unterbrach sie mich.

Danach mussten wir zu unserem Flugsteig. Um dorthin zu kommen, muss man durch die sogenannte Sicherheitsschleuse. Dabei wird das Handgepäck durchleuchtet, und man selbst muss durch eine Tür gehen, bei der es piept, wenn man irgendwelches Metall am Körper trägt. Damit will man verhindern, dass Terroristen mit Pistolen, Messern oder Bomben an Bord gelangen. Und oh Mann - bei mir hat es tierisch gepiept. Biep biep biep! Danach musste ich bei den Sicherheitsbeamten meine Jacken- und Hosentaschen ausleeren. Ach so - ich hatte versehentlich meine Fahrradschlüssel in der Hosentasche. Die sind aus Eisen, deshalb hatte es gepiept. Mann, bin ich blöd - was sollte ich denn in Australien mit Fahrradschlüsseln ohne mein Fahrrad?

Dann dauerte es gar nicht mehr lange, bis wir an Bord unseres Jumbo Jets gehen durften. Sirpa, Sophie und ich saßen zusammen in einer Dreierreihe. Pünktlich kurz vor Mitternacht (echt jetzt!) startete das Flugzeug. He, kennt ihr das Gefühl, wenn es einen beim Abheben des Flugzeugs voll in die Sitze drückt? Voll coooool - wenn man sich mal dran gewöhnt hat! Das ließ auch erst richtig nach, als das Flugzeug seine vorgeschriebene Höhe erreicht hatte.

Anschließend sollte es erst einmal etwas zu futtern geben. Es hieß, wir könnten zwischen zwei Essen auswählen. Ich war gespannt, ob uns etwas typisch Australisches angeboten werden würde. Vielleicht Schnabeltier in Aspik? Oder mit Mangos abgefüllter Beutelteufel? Weder noch. Da stand auch schon die australische Stewardess neben mir und fragte mich auf Englisch: "Beef or chicken?" Schluck! Was meinte sie? Beef kannte ich, das heißt Rindfleisch. Das wollte ich aber nicht. "Kein Rindfleisch für mich, ich nehme das andere", antwortete ich ihr. "Chicken?" fragte sie nach. Hä? Ich meinte: "Nein, Sie brauchen mir das Essen nicht zu schicken. Ich esse es gleich hier." Die Stewardess runzelte die Stirn, und Sophie und Sirpa lachten sich kaputt. Sophie, die früher in Australien gelebt hatte und prima Englisch kann, erklärte mir: "Simon! 'Chicken' heißt 'Hühnchen', nicht 'schicken'." Ach soooo. Ich wählte also das Hühnerzeug. Sophie meinte: "Simon, wenn wir in Australien sind, musst du mit den Leuten aber immer Englisch sprechen." Ach du Schande!

Danach sahen wir uns auf dem Monitor noch einen Film an. Irgend so einen durchgeknallten chinesischen Kung Fu-Streifen, in dem die Helden so Sachen sagten wie: "Ich muss mich vor dem Abendbrot noch rächen", oder: "Du hast meinen Vater getötet. Du hast meinen Bruder getötet. Du hast meinen Onkel getötet. Aber meine Gummi-Ente kriegst du niemals!" Ehrlich - wenn ich mal so eine Geschichte schreibe, dann habe ich es geschafft. Dann bin ich ein berühmter Schriftsteller. Kleiner Scherz!

Nach dem Film haben wir dann versucht, etwas zu schlafen. Mir gelang das aber nicht besonders gut. Erstens war es im Flugzeug so laut, und zweitens hatte ich Magenschmerzen. Bestimmt von dem Hühnchen. Oh Mann - hoffentlich haben Sophie und Sirpa nicht gemerkt, dass ich ständig leise in meinen Sessel pupste!

Nach ein paar Stunden wurde es dann hell. Am Mittag würden wir in Singapur zwischenlanden und uns dort zwei Stunden aufhalten. Singapur ist ein Land, das eigentlich nicht viel mehr als eine große Stadt ist. Ich fragte die Mädchen: "Wie nennt man eigentlich jemanden, der aus Singapur kommt? Singapuritaner?" Die Mädchen wussten es auch nicht so genau. "Vielleicht Singapurist", meinte Sirpa. "Oder er ist singapurös", kicherte Sophie. Sirpa stellte fest: "Wir hätten das mal Singa vom KIKA fragen müssen. Wer Singa heißt, müsste sich eigentlich bestens in Singapur auskennen." Wir mussten alle drei lachen, weil wir uns so furchtbar pfiffig fanden.

Beim Landeanflug auf Singapur passierte mir etwas Unangenehmes: Zu meiner eigenen Überraschung bekam ich schweinemäßige Kopfschmerzen, und zwar so stark, dass ich die Augen schließen und den Kopf nach hinten legen musste. "Warst du neulich mal erkältet?" fragte mich Sophie. "Jaaaa", röchelte ich leise. Sophie war erleichtert: "Dann sind das deine Nebenhöhlen oder so. Das hatte ich auch mal. Tut weh wie Sau. Ist aber gleich nach der Landung besser." Na toll. Statt mir bei der Landung Singapur von oben anzuschauen, lag ich halb ohnmächtig da und wartete, bis das Flugzeug aufsetzte.

Bis eben war es auf meiner Uhr zwölf Uhr mittags gewesen. In Singapur war es aber schon sechs Stunden später, so dass wir unsere Uhren auf sechs Uhr abends vorstellen mussten. Verrückt, ne? In Singapur durften wir solange ins Flughafengebäude gehen. Dort stürmte ich sogleich in die Herrentoilette. Wo waren denn hier die Klokabinen? Ach, hier! Schnell hinein! Aber was war das? Das glaubte ich nicht! Mitkids - da war keine Kloschüssel, sondern nur eine Rinne! Sozusagen eine Pinkel- und Kackrinne. So etwas Ekliges hatte ich noch nie gewesen! Bah - nee, da wollte ich nicht hineinzielen. Statt dessen lief ich wieder raus und ging auf das Behinderten-WC, das ein normales Klo war. Erzählt aber keinem, dass ich so etwas gemacht habe!

Dann durften wir wieder an Bord. Vorher mussten wir aber erneut durch eine Sicherheitsschleuse. Biep biep biep, machte es wieder bei mir. Ihr ahnt es: Ich hatte den Fahrradschlüssel immer noch in der Hosentasche. Dann startete das Flugzeug wieder. Diesmal würden wir nach Australien durchfliegen. Es gab noch etwas zu essen und auch noch ein paar Filme. War mir aber egal. Ich versuchte noch ein wenig zu schlafen, was mir dann auch gelang. Am frühen Morgen wachte ich auf. Ich hatte wieder diese blöden Kopfschmerzen. Das bedeutete: Wir waren im Landeanflug! Australia, here we are!

Und das nächste Mal erzähle ich euch, was wir dort am ersten Tag erlebten.

Es grüßt euch im Kopfstand

Euer SIMON FLUNKERT



Die berühmte Hafenbrücke und die noch berühmtere Oper (sieht verrückt aus, ne?) habe ich gleich am ersten Tag gesehen.
Bei Viewsydney könnt ihr die beiden sogar mit einer echten Livecam sehen.

Teil 5

Hi, Mitkids!

Waltzing Matilda, Waltzing Matilda, here comes a Waltzing Matilda with me ... - oh, entschuldigt - ihr habt mich gerade beim Singenüben erwischt. Also: Ihr wisst ja, dass ich eine Rolle in einem englischsprachigen Musical in Hannover bekommen hatte. Und das Gute daran war, dass wir in den Osterferien mit diesem Musical in der australischen Großstadt Sydney auftreten sollten.

Das letzte Mal hatte ich euch erzählt, wie wir mit dem großen Flugzeug von Frankfurt den langen Weg nach Australien zurückgelegt hatten. Und nun waren wir ganz sicher in Sydney angekommen - dem Flugkapitän war die Landung gleich beim zweiten Versuch gelungen. Im Flughafen mussten wir einem Beamten unsere Papiere zeigen. Er fragte jeden von uns: "Kommst du aus der Großstadt oder vom Lande?" und: "Warst du in den letzten sechs Monaten auf einem Bauernhof?" Das mag euch jetzt komisch vorkommen, aber das hatte etwas mit der Maul- und Klauenseuche zu tun. In Europa war ja diese Tierkrankheit ausgebrochen, und die australischen Behörden wollten verhindern, dass ausländische Reisende die Krankheitserreger einschleppten. Vorsichtshalber beantworteten wir alle die Fragen mit: "Großstadt" und "Nein". Dann durften wir unsere Koffer holen. He, das ist immer ein Stress. Die Koffer werden auf ein langes Förderband geladen, und die Reisenden müssen sich ihr Gepäck dann selbst vom Band nehmen. Am längsten musste unsere Managerin, die Frau Meier-Meyer, auf ihr Gepäck warten. Aber irgendwann hatten alle ihre Koffer zusammen. Wir mussten nun noch all die Sachen, die wir nicht einführen durften, durch den Zoll schmuggeln (ein paar Schokoriegel - hi hi), und dann wartete schon ein bestellter Kleinbus auf uns, der unsere Theatergruppe zu unserem Hotel brachte. Nanu, wie fuhr denn der? Auf der falschen Straßenseite! Das war ja wild! Ach nein, Moment mal, richtig: In Australien ist ja Linksverkehr. Da müssen die Autos alle auf der linken Seite fahren, genauso wie in England.

Der Bus brachte uns also zu unserem Hotel in der Pitt Street. Das war aber kein Luxushotel, sondern ein sogenanntes Backpacker-Hotel. Dort steigen normalerweise Touristen ab, die mit dem Rucksack durch's ganze Land reisen. Es war ein recht einfaches Hotel. Mehr wollten unsere Gastgeber wohl nicht für uns ausgeben. Im Hotel begrüßte uns eine Frau. Sie stellte sich uns auf Englisch vor: "Hi, Leute. Mein Name ist Pamela-Anne Pumpkin, und ich werde dafür sorgen, dass hier während eures Aufenthaltes alles klappt. Viele von euch sind bestimmt das erste Mal in Australien, und ich wette, besonders die Kinder unter euch sind ganz aufgeregt." Ja, das stimmte. Ich war übrigens der einzige Junge in der Gruppe. Außer mir spielten noch meine Klassenkameradinnen Sirpa Hundelainen und Sophie Liebevoll im Stück mit. Zudem waren noch fünf andere Mädchen dabei: Rebekka Rübenkoller, Jasmin Jubeltrupp, Fiona Fistelwitz, Veronika Wasserlasser und Maria Makkaroni. Misses Pumpkin fuhr fort: "Wir haben erst einmal ein Frühstück für euch vorbereitet - leckere Vegemite-Brote. Und danach wollt ihr bestimmt erst einmal schlafen." Das wird euch jetzt wundern, aber es war erst sieben Uhr morgens, und da die Reise sehr lang war, waren wir ziemlich erschöpft.

Außerdem hatten wir in Australien jetzt eine ganz andere Uhrzeit als ihr gleichzeitig in Deutschland. "Wie spät ist es denn jetzt zu Hause?" fragte Fiona Fistelwitz. "Keine Ahnung", meinte Rebekka Rübenkoller. "Wahrscheinlich vorgestern drei Uhr." Sophie musste lachen: "Nein, ganz so schlimm ist es nicht. In Deutschland sind sie acht Stunden hinter uns. Das heißt, dort ist es jetzt 23 Uhr, und es ist noch gestern." Na ja, erst einmal gab es Frühstuck. Huch - was war denn das für'n Brotaufstrich?! Okay, er sah ein wenig aus wie Nuss-Nugat-Creme. Aber er roch wie ein ganzer Chemie-Baukasten. Bah - er schmeckte auch wie ein Chemie-Baukasten! Wir Kinder ekelten uns tierisch - nur Sophie nicht. Ihr müsst wissen, Sophie hatte lange in Sydney gelebt und war erst vor einem Jahr nach Deutschland gezogen. Sie war ganz entzückt und schwärmte: "Ach, dieses Vegemite hat mir so gefehlt. Es ist der beliebteste Brotaufstrich Australien. Es schmeckt nicht nur cool, sondern ist wahnsinnig gesund. Man macht es aus Hefe-Extrakten, und es hat mehr Vitamin B als ein Dutzend Gläser Gewürzgurken." Iiiih - wenn die Australier das so toll fanden, würde ich in Australien wohl besser hungern.

Danach wollten sich die meisten von uns tatsächlich erst einmal auf's Ohr hauen. Nur Sophie nicht. Sie sagte: "Den Zeitunterschied bekommt man am besten in den Griff, wenn man bis zum Abend wach bleibt. Ich lege mich nicht hin, sondern werde ein bisschen die Stadt unsicher machen. Hier war ich ja lange zu Hause." Ich fand, dass sie Recht hatte. Wenn ich jetzt am Morgen schlafen würde, käme ich ganz durcheinander, und ich sagte: "Au ja, ich komme mit." Sophie freute sich: "Prima! Dann spiele ich deine Reiseführerin." Sirpa war zwar auch sehr müde, aber sie überlegte, ob sie auch mitkommen würde. Ich glaube, Sirpa war etwas eifersüchtig auf Sophie und wollte mich nie gern mit ihr alleine lassen. Aber letztlich war Sirpa mehr müde als eifersüchtig, und sie sagte: "Ach nein. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf." Sophie und ich ließen uns von Frau Meier-Meyer etwas von dem uns zugeteilten Geld geben und verabschiedeten uns. "Macht aber nicht gleich am ersten Tag Sydney ganz kaputt", mahnte sie uns noch.
Heeh - habt ihr schon mal australisches Geld gesehen? Die Geldscheine hatten auf der Seite ein Stück durchsichtiges Plastik eingearbeitet. "Um Fälschern das Fälschen zu erschweren", meinte Sophie. Und das Zwei-Dollar-Stück war ganz klein, aber das Zwanzig- und das Fünfzig-Cent-Stück, die viel weniger Wert hatten, waren riesengroß. "Das kann ich auch nicht erklären", zuckte Sophie mit den Achseln.

Zunächst gingen wir zur nächsten U-Bahn-Station, die "Museum" hieß, weil in der Nähe ein Museum lag. "Der Park da vorn heißt übrigens Hyde Park. Genau wie der berühmte Park in London. Allerdings wirst du hier ganz andere Bäume finden als in London." Im U-Bahn-Schacht kaufte Sophie von unserem Geld für jeden von uns beiden einen "Travel Pass". Sie erklärte: "Das ist eine Wochenkarte, mit der wir in Sydney alle öffentlichen Verkehrsmittel benutzen können." - "Also Busse und Bahnen?" fragte ich. "Ja - und auch die Fähren. Die wirst du gleich sehen." Wir gingen hinunter auf unseren U-Bahn-Steig. Ihr müsst wissen: Die Bahnen fahren in Australien genauso wie die Autos links. Aber nicht nur das! Ich sah ein Hinweisschild, auf dem stand: "Bitte gehen Sie auf unseren Treppen und in unseren Gängen immer links." Ganz schön streng. Mit der U-Bahn mussten wir nur zwei Stationen fahren. Während der Fahrt studierte ich die vielen Verbotsschilder im Waggon: "Füße nicht auf die Sitze legen!" - "Rauchen aller möglichen Substanzen verboten!" - "Keinen Müll durch die Gegend pfeffern!" - "Das Mitführen von Krokodilen ist untersagt!" Sophie lachte: "Ich glaube, es gibt nirgends auf der Welt mehr Warnschilder als in Australien. Das Schönste ist das in einem Geschäft in Bondi Junction. Darauf steht: BITTE STEHLEN SIE NICHT!"

Wir stiegen am Circular Quay aus.

Sophie erklärte: "Circular Quay heißt auf Deutsch: Kreisförmiges Ufer." Mir kam das alles so bekannt vor. Sophie meinte: "Du hast das hier bestimmt schon oft im Fernsehen gesehen. Das hier vorne ist der Fährhafen. Viele kleine und auch größere Fähren fahren von hier in andere Stadtteile. Zum Beispiel auch zum Taronga Zoo. Das dort links ist die berühmte Sydney Harbour Bridge, also die Hafenbrücke. So viel ich weiß, war der Architekt ein deutscher Einwanderer. Und das komische Gebäude rechts ist das Opernhaus." - "Das sieht ja lustig aus", fand ich. "Ja, kann sein. Die Außenmauern sehen aus wie große Segel. Sie sind aber aus Keramik, glaube ich. Als die Oper gebaut wurde, meinten die Australier: Die sieht ja aus wie eine Mannschaft von Fußball spielenden Nonnen." Öh ja - mit etwas Phantasie. Dann schlug Sophie vor, dass wir in den Rocks spazierengehen würden. "Die Rocks (heißt auf Deutsch: Felsen) sind der älteste Stadtteil von Sydney. Weißt du, die ersten europäischen Siedler, die nach Australien kamen, kamen aus England. Allerdings nicht freiwillig: Der englische König hatte Australien ausgesucht, um hier Strafgefangene anzusiedeln, weil die englischen Gefängnisse überfüllt waren. Das war 1788. Die Schiffe mit den Sträflingen und Wachleuten legten hier an diesem Meeresarm an, der Port Jackson heißt. Einige der Gebäude hier in den Rocks sind also fast zweihundert Jahre alt." Ja, Sophie zeigte mir zum Beispiel das alte Gefängnis. Heute gibt es in den Rocks aber viele Andenkenläden und keine Gefängnisse mehr. Ich kaufte ein paar Ansichtskarten. Vor einem Schnellimbiss machte eine Jazzgruppe Live-Musik.

Als wir zum Circular Quay zurückgingen, knurrte mein Magen. "Wir könnten etwas essen", schlug Sophie vor. "Och nö - muss nicht sein", meinte ich. Ich hatte Angst, dass wir wieder Vegemite essen müssten. Sophie lachte sich kaputt: "In Australien gibt es auch richtiges Essen. Magst du Pommes?" Ich nickte. Sophie kaufte uns an einem der vielen Imbisse am Hafen zwei Portionen Fish and Chips. Die Pommes waren köstlich, und auch die Fischbeilagen schmeckten wunderbar, obwohl ich nicht wusste, was es war. Als ich fertig war, meinte ich: "Cooles Essen. Was für'n Fisch war das?" Sophie erklärte: "Diese Ringe, das waren Kalamaris, also Krebsfleisch. Und das lange fette Ding, das war Flake, das ist Haifischfleisch." Ich wurde blass und schluckte. Sophie motzte: "Solange du nicht gewusst hattest, was es war, fandest du's gut." Richtig.

Anschließend gingen wir zu Fuß zurück zu unserem Hotel durch die Straßenschluchten der City. Als wir ankamen, war es erst früher Nachmittag. Wir wollten ja erst am Abend schlafen. Trotzdem legten wir uns hin, um etwas zu dösen - und schliefen durch bis zum anderen Morgen.

Es grüßt euch im Kopfstand

Euer SIMON FLUNKERT


Manche Leute sagen, hier im Hafen von Sydney gebe es auch Haie und Krokodile, aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Trotzdem habe ich Haie und Krokos gesehen - lest mal weiter!

Vielleicht erfahrt ihr ja hier mehr.

Teil 6

Hi, Mitkids!

WE ARE ONE, BUT WE ARE MANY, AND FROM ALL THE LANDS ON EARTH WE COME ... In letzter Zeit erwischt ihr mich immer dabei, wie ich australische Folk Songs singe. Wie bitte? Ihr wollt, dass ich lieber mal einen deutschen Schlager singe?! Na gut. Ihr habt's so gewollt: WER LIEBE LEEEEBT, DER WIRD UNSTEEERBLICH SEIIIIIN ... Oh, nee, Mitkids, das kann nicht euer Ernst sein. Von solchem Dreck werden die Ohren ja ganz taub!

Also: Wie ihr vielleicht wisst, war ich mit einer englischsprachigen Theatergruppe aus Hannover in die australische Großstadt Sydney eingeladen worden. Wir sollten dort in einigen Schulen das Broadway Musical ANNIE aufführen. Ich spielte eines der Waisenkinder im Stück. Genauer gesagt: ein Waisenmädchen. Tja - manchmal muss ein Mann Opfer bringen, wenn er eine Weltreise unternehmen möchte.

Als erstes sollten wir an einer Schule im Stadtteil Bondi Junction auftreten. Bondi Junction liegt im Osten von Sydney, und von dort ist es ganz nah zum Strand, dem berühmten Bondi Beach. Vom Strand sahen wir aber erst einmal gar nichts. Wir begannen an unserem zweiten Tag in Australien mit den Proben. Und da war es wieder: Ein Problem, das wir schon in Hannover hatten. Zwei der Mädchen, die mitspielten, waren Cousinen: Rebekka Rübenkoller und Veronika Wasserlasser. Das heißt aber nicht, dass sie auch Freundinnen waren. Im Gegenteil: Rebekka und Veronika konnten sich nicht ausstehen und machten sich ständig gegenseitig an. Als sich Veronika bei den Proben in Bondi Junction mal versprach, meckerte Rebekka: "Nie kannst du dir deinen Text merken, du dämliche Kuh! Soll ich ihn dir nochmal vorlesen? Selber kannst du ja nicht lesen!" Das konnte Veronika natürlich nicht auf sich sitzen lassen: "Und du, du Schlampe?! Du singst wie eine Ente und tanzt wie eine Dampfwalze!" Daraufhin gab Rebekka Veronika einen Kinnhaken, Veronika trat Rebekka in den Bauch, dann wälzten sie sich auf dem Bühnenboden, und noch ehe wir anderen Schauspieler eingreifen konnten, rissen die zwei das Bühnenbild um! "So kann ich nicht arbeiten, wenn ihr euch gleich am ersten Tag wieder in die Fresse haut!" rief unser Regisseur Steven Playmountain entsetzt. Das Peinlichste war, dass bei den Proben ein paar erwachsene Frauen und Männer zusahen, die sich das Lachen nicht verkneifen konnten. Es hieß, das seien australische Schauspieler, die mal sehen wollten, wie wir Deutschen das so machten.

Nach dem Unfall berieten die Erwachsenen in unserer Theatergruppe, was zu tun sei. Es hieß, wegen der schrottreifen Bühnenausstattung müssten die Proben bis 17 Uhr verschoben werden. Schade - an sich hätten wir ja abends frei gehabt. Jetzt war es erst halb elf vormittags. Wir berieten, wie wir uns die Zeit vertreiben konnten. Einige von den Mädchen wollten zum Strand gehen, um den Surfern zuzusehen. Na typisch! Sophie Liebevoll hatte eine bessere Idee. Sie hatte nämlich lange in Sydney gelebt und kannte sich hier immer noch sehr gut aus. Sie meinte: "Wir könnten mit der S-Bahn zum Rathaus fahren. Von dort ist es nicht weit zum Darling Harbour. Da könnten wir uns das Aquarium mit den ausgefreakten Fischen ansehen." Interessante Idee. Ich wollte mitkommen. Sirpa Hundelainen, die ich schon seit vielen Jahren kenne, ebenfalls, und auch Jasmin Jubeltrupp sowie unsere Betreuerin, die Frau Meier-Meyer.

Vorher wollte ich aber noch meine Eltern in Deutschland anrufen und ihnen sagen, dass es mir sehr gut ging und wie cool ich Australien fand. Ich hatte mir eine Telefonkarte gekauft und ging an ein öffentliches Telefon. Ich wählte die Nummer - und in dem Moment, als sich meine Mutter meldete, wusste ich, was ich vergessen hatte: Die Zeitverschiebung. Bei uns war es halb elf vormittags. Aber in Deutschland war es erst halb drei Uhr nachts, und meine Mutter war gar nicht richtig wach. "Wie geht's dir denn? Schnarch ..." fragte sie. "Super. Australien ist wunderbar!" jubelte ich. "Das ist schön - schnarch" meinte Mama etwas teilnahmslos. Ich erzählte ihr, was ich alles erlebt hatte, und Mama sagte nichts. Wahrscheinlich war sie mit dem Hörer am Ohr wieder eingeschlafen. Ich legte leise auf, um sie nicht aufzuwecken, und ging wieder zu den Anderen.

Mit der S-Bahn waren wir schnell am Rathaus, und von dort waren es zu Fuß nur ein paar Minuten zum Darling Harbour. Harbour heißt Hafen. Sophie erzählte: "Früher war dies ein schmuddeliges Hafenviertel. Dann begann man, hier eine Mischung aus einer Einkaufszone und einem Freizeitpark zu bauen. Da hinten ist ein Schifffahrtsmuseum, zu dem auch die Schiffe hier vorne gehören, dahinter ist das Spielcasino, in dem es auch ein Theater gibt - echt jetzt -, und da vorne ist das IMEX-Kino, das riesengroße 3D-Leinwände hat." Auf dem Hafenkai mussten wir übrigens aufpassen, weil Lokomotiven auf Rädern und mit Elektromotor Wägelchen mit asiatischen Kindern hinter sich her zogen.


So sieht es am Darling Harbour aus. Es gibt durchaus grünere Plätze in Sydney.

Jetzt waren wir am Sydney Aquarium. Das ist nicht einfach ein einzelner Glasbehälter, in dem ein paar Goldfische herumschwimmen, sondern eine Art Zoo, aber nur mit Fischen und anderen Wassertieren. An der Kasse wurde Frau Meier-Meyer ganz blass, als sie die Eintrittspreise sah. "Na ja - hoffentlich kann ich das auf die Spesenrechnung setzen", seufzte sie. Wir bekamen keine Eintrittskarten, sondern die Kassiererin stempelte uns allen ein Seepferdchen auf den Handrücken. Cool - das habe ich dann zwei Tage lang nicht abwaschen können.

Das erste Tier, was wir sahen, ist vielleicht das verrückteste Tier, das es gibt. Es heißt auf Deutsch: Schnabeltier. Es ist eine Mischung aus einem Reptil und einem Säugetier, lebt aber meistens im Wasser. Es hat einen Entenschnabel, ein Fell wie ein Seehund, Schwimmflossen, einen Biberschwanz und einen giftigen Stachel am Hintern. Außerdem legt es Eier, obwohl es ein Säugetier ist. Ein totales Mischmasch! Toll, 'ne?
Dann kamen viele Aquarien mit Fischen, die in australischen Seen und Flüssen leben. Zum Beispiel der Barramundi. Habt ihr auch noch nie was von gehört, oder? Ich habe ihn inzwischen sogar schon mal gegessen, aber das ist eine andere Geschichte.
Dann kamen wir an ein Becken, in dem ein sechs Meter langes Salzwasser-Krokodil lag - eines der gefährlichsten Tiere der Welt! Ich wollte es photographieren, aber es lag größtenteils unter Wasser. Schade - deswegen wollte ich später noch einmal zurückkommen.

Danach waren wir erst noch bei den niedlichen Seehunden, die aber angeblich ganz tierisch beißen können.


Bei den schwimmenden Hündchen und Löwchen.
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Na, deswegen heißen sie wohl auch Hunde. Anschließend begann der Bereich mit den Meeresfischen. Wir mussten lange Gänge hinuntergehen, um zum sogenannten "Ozeanbecken" zu kommen. Durch die Glasscheiben konnte man die Fische genau sehen. "Ich hätte nicht gedacht, dass es im Meer heute noch Tiere gibt, die so aussehen, als wären sie schon lange ausgestorben", meinte Frau Meier-Meyer. Stimmt. Ihr glaubt nicht, was für ausgeflippte Fische dort herumschwammen.
Tja, und dann kamen wir zum Haifischbecken. Wisst ihr, Mitkids - ich bin ja kein Angsthase. Aber mir standen genauso wie den Anderen die Haare zu Berge, als der große weiße Hai namens Josephine ganz nah an die Glasscheibe kam und sich uns genau anschaute. "Was für leckere Appetithäppchen! Schade, dass die Scheibe dazwischen ist. He, wollt ihr nicht zu mir ins Becken kommen, ihr Leckerbissen?" dachte sich Josephine wohl.

Nun wollte ich aber doch noch mal das Krokodil knipsen, und ging deswegen allein zurück zum Krokodilbecken, während die Frauen schon im Souvenirladen waren, der zum Aquarium gehörte. Aha - man konnte eine Treppe hochgehen und aus ein paar Metern Höhe das Kroko von oben sehen. Das machte ich auch. "Bitte keine Gegenstände in das Krokodilbecken werfen!", stand auf einem Warnschild. Hä? Ach so. Über dem Becken war kein Glasdach oder so was, sondern man konnte direkt hineingucken und im schlimmsten Fall hineinfallen. Warum stand denn dann da kein Warnschild: "Bitte nicht ins Krokodilbecken springen!"? Na, okay. Ich nahm den Fotoapparat, beugte mich etwas über den Rand der Balustrade - und da passierte es. Mir rutschte der Fotoapparat aus der Hand, und - platsch - plumpste er ins Krokodilbecken. Das Krokodil war plötzlich hellwach, wirbelte herum, und fraß die teure Spiegelreflexkamera, die mir Papa für die Reise geliehen hatte. Das würde er mir nie glauben! Während einige Wachleute herbeisprangen, um das Krokodil im Zaum zu halten, machte ich mich ganz geschockt vom Acker. Im Souvenirladen traf ich die Anderen wieder. "Wo ist denn dein Fotoapparat?" fragte Sirpa. "Vom Krokodil gefressen", antwortete ich. "Ach so", meinte sie nur. Also, ein bisschen mehr Anteilnahme hätte ich schon erwartet.

Dann führen wir zurück nach Bondi Junction. Wir mussten ja noch proben.

Es grüßt euch bis zum nächsten Mal

Euer SIMON FLUNKERT


Haie und Krokodile sind ja schon gefährlich. Aber auch Sport kann Mord sein. Zumindest in Australien. Im nächsten Teil lest ihr, wie ich Australian Football kennen gelernt habe.

Eine richtige Footy-Online-Zeitung findet ihr hier.

Teil 7

Hi, Mitkids!

Ihr erinnert euch vielleicht, dass ich in der Osterzeit als Mitglied einer Theatergruppe aus Hannover in die australische Großstadt Sydney gereist war. Wir führten dort an Schulen, die uns eingeladen hatten, in englischer Sprache das Musical ANNIE auf. Ich, der Simon, spielte darin eines der Waisenmädchen. Ach, lacht doch nicht immer so laut!

Am Donnerstag vor Ostern hatten wir unsere erste Vorstellung an einer Schule in Bondi Junction. Und ich muss euch sagen: Entgegen unseren Erwartungen klappte es ziemlich gut. Klar, wir Waisenkinder hatten beim Singen ziemlich gequietscht, und unsere Sophie, die die Annie spielte, hatte zweimal ihren Text vergessen, was ihr normalerweise nie passiert, aber ansonsten war es problemlos. Sogar unsere feindlichen Cousinen, Veronika Wasserlasser und Rebekka Rübenkoller, haben es geschafft, sich während der Vorstellung nicht zu prügeln. Schade war nur, dass ziemlich wenig Zuschauer da waren. Wir hatten gedacht, dass man die meisten Schüler zwingen würde, zu unserer Vorstellung zu kommen, weil sie sonst eine 6 bekämen oder so, aber - nö. Es waren fast nur Lehrer da, und ein paar australische Schauspieler, die uns schon bei den Proben beobachtet hatten.

Nach der Vorstellung kamen Bruce Brytengyer und Greg Noygear zu mir und sagten: "Das war ganz cool, Kumpel." Die beiden waren hier Schüler und halfen uns beim Aufbauen und so. "Vielen Dank, Kumpels!" bedankte ich mich. Die beiden konnten übrigens kein Deutsch, sondern ich sprach mit ihnen Englisch. Ja, wisst ihr, was wirklich cool war? Am Anfang hatte ich richtig Angst, mit den Australiern Englisch zu sprechen (denn in Australien spricht man ja Englisch), weil ich dachte, ich könnte Fehler machen oder ich würde sie nicht verstehen. Aber nach ein paar Tagen hatte ich gar keine Angst mehr: Wenn ich mal einen Fehler machte, war das überhaupt nicht schlimm und keiner hat darüber gelacht, und wenn ich die Leute mal nicht verstand, bat ich sie einfach, dasselbe nochmal für mich zu wiederholen. Den anderen Kindern in unserer Gruppe ging es genauso. Nur unsere Sophie, die hatte jahrelang in Sydney gelebt und sprach sowieso ganz toll Englisch, und sogar mit australischem Akzent.

Bruce schlug mir vor: "Greg und ich treffen jetzt noch ein paar Kumpels, um Football zu spielen, Kumpel. Willst du nicht mitkommen, Kumpel?" Oh, ein bisschen Bolzen, das klang interessant, und ich meinte: "Ein faires Angebot, Kumpel. Aber meint ihr mit Football unseren europäischen Fußball oder aber American Football - das, wo die Spieler mit ihren Polstern und Helmen aussehen wie Kühe vom Mond?" Auf so eine Frage hatten die beiden nur gewartet. Greg erklärte mir ganz stolz: "Keines von beiden, Kumpel. Der Football, den wir spielen, ist Australischer Football, Kumpel. Er wurde hier in Australien erfunden und ist die härteste Ballsportart der Welt, Kumpel." Oh - äh - hä hä - tja. Ich wurde etwas blass, aber Bruce meinte: "Keine Sorge, Kumpel. Wir machen heute nur ein bisschen Training und passen schon auf, dass du dir nichts brichst." Aha - sehr beruhigend. Na gut, ich wollte kein Feigling sein und sagte: "Okay, Kumpels, ich komme mit." Sirpa und Sophie, die ja nicht nur meine Kolleginnen in der Theatergruppe, sondern auch meine Klassenkameradinnen waren, hatten die ganze Zeit hinter mir gestanden, und Sirpa meinte begeistert: "Die härteste Ballsportart der Welt? Das würde ich auch gern mal ausprobieren." Greg und Bruce guckten etwas ratlos, und dann sagte Bruce: "Äh, ja, okay, Sheila. Du kannst gerne mitkommen, Sheila. Aber eigentlich ist Australian Football nur ein Sport für echte Männer. Australische Mädchen machen bei uns eher andere Sportarten: Fußball, Rugby und Boxen und so. Typische Mädchensportarten eben. Aber komm ruhig mit, Sheila." Ich wunderte mich etwas, dass Bruce Sirpa Sheila nannte, aber irgendwann fiel mir auf, dass Bruce und Greg alle Mädchen Sheila nannten. Sirpa freute sich auf das Training. Sophie war etwas besorgt. Sie kannte Australian Football schließlich schon und meinte: "Oh, ihr wisst nicht, worauf ihr euch da einlasst. Ich komme vorsichtshalber mal mit. Irgendjemand muss euch nachher ja schließlich zurück in unsere Herberge tragen ... äh, bringen."

Mit dem Bus fuhren wir zu fünft an ein großes Spielfeld in Bondi Junction, wo schon einige andere Jungen auf uns warteten: "Oh, ihr drei müsst die Deutschen sein. Hi, ihr Kumpels!" Bruce erklärte Sirpa und mir, worum es beim Australian Football geht: "Dieses Spielfeld hier ist 165 Meter lang und 135 Meter breit, Kumpels. Normalerweise hat jedes Team achtzehn Spieler auf dem Feld. So viele sind wir heute nicht, aber wir wollen ja nur trainieren. An den Enden des Spielfeldes seht ihr Stangen. Sie bilden insgesamt drei Tore. Ein mittleres, eines links und eines rechts. Wenn ihr den eierförmigen Ball hier mit dem Fuß durch das mittlere Tor der gegnerischen Mannschaft tretet, ist das ein Goal und eure Mannschaft bekommt sechs Punkte. Trefft ihr nur das Tor links oder rechts, gibt das nur 1 Punkt und heißt Behind." Na ja - so schwierig hörte sich das gar nicht an. Bruce fuhr fort: "Wenn ihr im Spiel den Ball zu einem Mitspieler passen wollt, Kumpels, könnt ihr das machen, indem ihr den Ball mit dem Fuß kickt oder aber mit der geballten Faust schlagt." - "Ist doch kinderleicht", meinte Sirpa. Sophie bremste sie: "Vorsicht! Das Brutale an diesem Sport ist nämlich der Zweikampf. Wenn sich zwei gegnerische Spieler auf den Ball stürzen, rempeln sie sich manchmal so wild an, dass einer verletzt liegenbleibt." Greg fand, das würde Sophie zu eng sehen: "So wild ist Australian Football gar nicht, Sheila. Wir spielen nach ganz strengen Regeln."

Auf jeden Fall wollten es Sirpa und ich einmal ausprobieren. Greg würde uns den Ball zupassen, und Sirpa und ich müssten gegeneinander um den Ball kämpfen. Er kickte den Ball hoch durch die Luft zu uns, wir reckten uns beide nach dem Ball - und prallten mit den Köpfen zusammen. Peng! "Seht ihr?", fragte Sophie naseweis. Ich bemerkte: "Dafür, dass man Australian Football nach strengen Regeln spielt, tut es aber ganz schön weh." Bruce tröstete uns: "Ja, am Anfang kann das schon mal passieren. Aber wenn man alles richtig macht, passiert sowas nicht mehr." - "Aber wenn man einen Fehler macht, sind die Schmerzen unbeschreiblich", jammerte Sirpa.

Trotzdem wollten wir es weiter probieren. Wir machten mit den "Kumpels" ein kleines Trainingsspiel. Ich hielt mich stark zurück, weil ich mich echt nicht verletzen wollte. Sirpa hingegen war übereifrig. Als sie gegen den baumlangen Wayne um den Ball kämpfte, hätte Wayne ihn sich auch ganz bestimmt aus der Luft geangelt - wenn ihm Sirpa zuvor nicht kräftig auf den Fuß gestampft hätte. Während Wayne auf einem Bein hüpfte, schnappte sie sich den Ball und rannte mit ihm in Richtung gegnerisches Tor. Bruce und Greg und zwei weitere Gegenspieler wollten sie aufhalten, aber Sirpa trat ihnen nacheinander auf alle acht Füße und kickte dann in aller Ruhe den ovalen Ball durch die mittleren Stangen. "Goal, Goal!" jubelte sie. "Bin ich jetzt die Größte?" Bruce, der noch am Boden lag, motzte: "Nichts da, Sheila! Australian Football ist zwar der härteste Ballsport der Welt, aber es ist trotzdem streng verboten, dem Gegner die Füße abzutreten!" - "Ach sooo", antwortete Sirpa entschuldigend.

Auf dem Rückweg aber war sie ganz aus dem Häuschen. Schließlich würde sie erzählen können, dass sie im "härtesten Ballsport der Welt" ein Tor erzielt habe. Das mit den Regelverstößen würde sie in ihrem Bericht einfach weglassen. Sophie war heilfroh, dass wir zwei uns nicht wirklich verletzt hatten. Immerhin sollten wir noch weiter Theater spielen.

Es grüßt euch beinhart

Euer SIMON FLUNKERT


Nicht alle australischen Tiere sind bissig. Diese drei "Kumpel" hier können richtig lieb sein, wenn sie gute Laune haben.

Teil 8

Hi, Mitkids!

Wie ihr wisst, war ich seit mehreren Tagen in der australischen Großstadt Sydney. Nicht um dort einfach Ferien zu machen, sondern weil ich Mitglied einer englischsprachigen Theatergruppe aus Hannover war, die an australischen Schulen das Musical ANNIE aufführte. Und ihr denkt bestimmt, dass man ganz toll drauf sein muss, wenn man eine solche Reise unternimmt.

An einem Morgen waren wir aber allesamt schlecht gelaunt. Wir acht Kinder, die in diesem Musical mitspielten (und von denen ich leider der einzige Junge war), saßen im Hotel und stocherten in unserem Frühstück herum. Wisst ihr, bisher waren wir viermal in Sydney aufgetreten, und eigentlich waren unsere Vorstellungen gut. Wir machten kaum Fehler, und die ganze Technik klappte auch. Aber wir hatten fast keine Zuschauer. Am vorigen Abend an der Gesamtschule von Parramatta hatten uns nur vier Kinder und eine blonde erwachsene Frau zugeschaut. Die Frau sei eine bekannte australische Schauspielerin gewesen, die auch schon mal in ANNIE mitgespielt habe und uns mal in Augenschein nehmen wollte, hieß es. Ach, was waren wir frustriert. "Kack!", schimpfte Sophie Liebevoll, die in dem Musical die Hauptrolle spielte. "Mega-Kack!", stimmte ihr Maria Makkaroni zu. "Ultra-Mega-Kack!", bekräftigte Fiona Fistelwitz. "Kopf hoch!" wollte uns Jasmin Jubeltrupp aufheitern. "Ja, und dann?" wollte Sirpa von ihr wissen. Ich wollte die Mädchen auf andere Gedanken bringen: "Ach, ich weiß ja auch nicht, warum uns nur so wenige Australier zuschauen wollen. Aber in Australien gibt's doch so abgedrehte Tiere. Davon habe ich bisher noch nicht viele gesehen. Wollen wir nicht einfach mal in den Zoo gehen? Die haben da welche." Die Mädchen guckten mich teilnahmslos an. Ich schwärmte ihnen etwas vor: "Hier gibt's wirklich Unglaubliches: Einen Teddybär, der sein Leben lang auf Bäumen herumklettert und nach Hustenbonbons riecht. Tiere, die mit vier Beinen nicht laufen, sondern wie Gummibälle durch die Gegend hopsen. Lebewesen mit einer perfekten Baby-Tragetasche und eingebauter Druckknopf-Sicherung für ihre Kinder. Ein Säugetier, das Eier legt wie ein Vogel und seine Jungen säugt, obwohl es keine Brustwarzen hat." Die Mädchen guckten mich missmutig an, und Rebekka Rübenkoller sagte zu mir: "Na gut. Dann latsch' doch hin zu deinem Zoo, wenn's dich glücklich macht!"

Pah - Wei ... äh .... Mädchen! Ging ich eben allein. Geld hatte ich genug dabei, und es war bestimmt gut für meine Nerven, mal ohne die Mädchen in Sydney auf Entdeckungsreise zu gehen. In Sydney gibt es mehrere Zoos, aber ich beschloss, in den berühmtesten von ihnen zu gehen: In den Taronga Zoo. Schon der Weg dorthin war cool. Zuerst fuhr ich mit der S-Bahn zum Fährhafen am Circular Quay, wo es auch die berühmte Hafenbrücke und das verrückte Operngebäude gibt. Von dort nahm ich die kleine gelb-grüne Fähre. Die brachte mich und die anderen Passagiere zum Ort Taronga auf der anderen Seite des Port Jackson. (Port Jackson heißt der Meeresarm, der Sydney in eine nördliche und eine südliche Hälfte teilt.) Miau - äh - wau, war das schön! Der Zoo lag auf einem bewaldeten Berghang! Und das Wetter war wieder mal herrlich sonnig! Warum hatte ich eigentlich schlechte Laune gehabt?

Nachdem unsere Fähre angelegt hatte, ging ich über eine lange Treppe zum Eingang und erlebte noch eine tolle Überraschung. Dies war noch gar nicht der Eingang zum Zoo, sondern der Eingang zu einer Seilbahn. Ich setzte mich in eine der Gondeln und fuhr damit zum eigentlichen Eingang des Zoos - über den ganzen Zoo hinweg den Berg hoch. Die Aussicht war phantastisch!

Oben angekommen, holte ich mir eine Übersichtskarte des Taronga Zoos, und meine Entdeckungsreise begann. Zuerst einmal kam ich ab einem See vorbei, in dem Enten schwammen. Also, Enten kannte ich natürlich schon, deswegen blieb ich auch nicht stehen. Dann wurde es interessanter: Ich betrat ein Gebäude, in dem es ganz finster war. Dort lebte in einem Aquarium das Schnabeltier. Ach, das kannte ich ja bereits. Das ist ein ganz verrücktes Tier: Es sieht aus wie ein Otter mit Entenschnabel, das Eier legt, obwohl es ein Säugetier ist. Das Männchen hat außerdem einen Giftstachel - wie 'n Insekt. Irre! Außerdem gab es im selben Gebäude ein Echidna. Auf deutsch sagt man auch Schnabeligel dazu, weil das - mehr oder weniger - ein Igel mit einem Schnabel ist. Lebt aber auch am liebsten im Wasser.

Als Nächstes kam ich zu einem Känguru-Gehege, das man als Zuschauer richtig betreten darf - man muss nur aufpassen, dass man hinter sich die Tür zumacht, damit die Kängurus nicht auf und davon hopsen. Kängurus kennt ihr doch bestimmt alle. Das sind diese grauen oder braunen Tiere mit 'nem Rehkopf, die tierisch gut springen können. Die großen Kängurus können aus dem Stand zwei Meter hoch und mit einem Satz zehn Meter weit springen. Deswegen sieht man sie auch immer nur durch die Gegend springen und nie wirklich laufen. Sie könnten aber nicht so gut springen, wenn sie nicht diesen phänomela ... phälomena ... diesen fetten Schwanz hätten, mit dem sie sich vom Boden abstoßen. Und wie bei vielen anderen australischen Tierarten haben die weiblichen Kängurus einen Beutel. Nein, nicht etwa zum Einkaufen oder so, sondern wegen der Jungen. Wenn ein Känguru geboren wird, ist es nicht viel größer als eine Erdnuss, es ist noch total blind und hat kein Fell. Es wohnt dann bei Mama Känguru solange im Beutel, bis es groß und kräftig genug ist, um selbst draußen herumzuhüpfen. Im Gehege traf ich eine Wärterin, die mir einiges erzählte: "Wusstest du, dass Kängurus gut boxen können? Weißt du, wenn ein Känguru von einem Hund verfolgt wird, springt es in das nächstbeste Wasserloch und wartet darauf, dass der Köter hinterherschwimmt. Wenn er dann ankommt, haut ihm das Känguru solange auf die Schnauze und drückt ihn sogar unter Wasser, bis er keine Lust mehr hat." Fand ich hervorragend. Ich erfuhr weiter: "Zu Kängurujungen sagen wir Joeys. Männliche erwachsene Kängurus nennt man Stinker - weil sie nämlich nicht gerade nach Parfüm riechen."

Hi, Stinker!

Ich bin mir aber nicht sicher, ob es nicht doch ein Mädchen ist.

Anschließend lernte ich noch einige andere echt australische Tiere kennen. Zum Beispiel den Wombat. Eigentlich ein Tier, das nur nachts richtig munter ist und in Erdhöhlen wohnt. Der Wombat wiegt ungefähr dreißig Kilo und sieht ein bisschen tolpatschig aus. Er ist aber ganz friedlich und frisst wie die meisten Beuteltiere nur Pflanzen. Den Tasmanischen Beutelteufel allerdings fand ich nicht so nett. Dieses pechschwarze Tier war ungefähr so groß wie eine Katze, hatte scharfe Zähne, fraß Fleisch und schmatzte dabei schlimmer als ein Schwein. Die Beutelmaus wiederum (also eine Maus mit einem Beutel) fand ich richtig süß.

Toll fand ich auch den Riesenkäfig mit den Vögeln. In Australien leben wirklich lauter Vögel, die man in Europa überhaupt nicht kennt. Am meisten gelacht habe ich über den Galah. Nein, nicht weil er so komisch aussah - im Gegenteil, er war herrlich bunt und sehr schön. Aber wenn es Winter wird, fliegt er in den Süden. Okay, das machen unsere Zugvögel auch, könntet ihr jetzt sagen. Aber überlegt mal: Australien liegt doch auf der südlichen Erdhalbkugel, und das bedeutet, je weiter man in Australien in den Süden kommt, desto kühler (und nicht wärmer!) wird es. Also fliegt der Galah, wenn es Winter wird und kühl, dorthin, wo es dann noch kühler ist. Hi hi - ich frage mich, wer ihn auf diese blöde Idee gebracht hat. Jedenfalls, wenn ein Australier einen Menschen für doof hält, nennt er ihn: "Galah".

Später war ich noch bei weniger netten Tieren: Bei den Schlangen und Spinnen. Wusstet ihr, dass die elf giftigsten Schlangenarten der Welt alle in Australien zu Hause sind? Der Taipan zum Beispiel, der lebt im Nordosten von Australien, in Queensland, und ist zwei Meter lang, und mit einer ganz kleinen Menge seines Giftes könnte er auf einen Schlag 125 000 Mäuse umlegen! So ein Schlingel! Wie viele Menschen daran sterben würden, wollte ich gar nicht mehr wissen. Außerdem gibt es in Australien zwei Spinnenarten, deren Gift für den Menschen tödlich ist: Die Rotrückenspinne, die im Landesinneren lebt, und die Trichternetzspinne, die in Sydney ihr Unwesen treibt. Auweia - ausgerechnet in Sydney!

Dann wollte ich mir aber noch die niedlichsten Tiere Australiens anschauen: Koalas. Koalas sind diese den ganzen Tag in Eukalyptusbäumen herumlungernden lebendigen Teddies, die so viele Eukalyptusblätter wegmümmeln, dass sie ganz stark nach Hustenbonbons riechen. Ich stand vor einem Baum, in dem zwei Koalas abhingen und mich mit ihren Knopfaugen ansahen. Ich wartete darauf, dass sich mal einer von ihnen bewegen würde - aber Fehlanzeige. Sie rührten sich gar nicht. "He, ihr Faulpelze! Wer sich als erster bewegt, hat verloren, oder was?" fragte ich die beiden. Das hörte ein Wärter. Er lachte und erklärte mir: "Ja, die Koalas versuchen's mit Gemütlichkeit. Bis zu 18 Stunden Tag sitzen sie in den Bäumen, dösen herum und verdauen so vor sich hin. Weißt du, sie fressen halt nur Eukalyptusblätter, und die haben so wenig Nährwert, dass die Koalas Energie sparen, wo immer es geht." Aha, so war das. "Aber warte, wir machen mal etwas." Der Wärter nahm vorsichtig einen der Koalas vom Baum ("Nun komm, Kumpel!") und gab ihn mir. Der Koala klammerte sich vorsichtig an mir fest. Während ich ihn streichelte, blitzte es kurz: Der Wärter hatte mich mit einer Sofortbildkamera geknipst, und ich durfte das Foto von mir mit dem Koala behalten. "Cool", sagte ich. "Macht zwei Dollar", sagte der Wärter. "Ach so", meinte ich.

Danach fuhr ich zurück ins Hotel, wo die Mädchen warteten. "Habt ihr immer noch schlechte Laune?" fragte ich. "Jaaaaa", meinten sie. "Schaut mal, auf diesem Foto habe ich einen Koala auf dem Arm." - "Schööööön", meinten sie nur missmutig. Na, dann konnte ich ihnen auch nicht helfen. Nun mussten wir auch schon zur nächsten Vorstellung.

Es grüßt euch ganz tierisch

Euer SIMON FLUNKERT


Ich hatte immer davon geträumt, mal in einem Heißluftballon über das weite Land zu schweben. In Australien wäre das aber beinahe schiefgelaufen.
Allerdings bin ich ja auch mit keinem Ballon dieser Organisation hier unterwegs gewesen.

Teil 9

Hi, Mitkids!

Wie ihr euch wohl erinnert, war ich mit einer Theatergruppe aus Hannover in der australischen Großstadt Sydney unterwegs, wo wir an Schulen das Musical "Annie" aufführten. So richtig erfolgreich waren wir bisher nicht gewesen. Wir hatten nur ganz wenig Zuschauer und wussten eigentlich gar nicht, warum. Die Erwachsenen und die anderen Kinder unserer Gruppe hatten deswegen ziemlich schlechte Laune. Ich, ehrlich gesagt, nicht - erstens hatte ich sowieso nur eine Nebenrolle in dem Stück, und zweitens genoss ich es, mir Australien anzusehen.

An einem der Tage hatten wir spielfrei, und an jenem Morgen kam Sophie, die in dem Stück die Hauptrolle spielte und früher lange in Australien gelebt hatte, vergnügt in den Frühstücksraum: "Gerade habe ich mit Bekannten telefoniert: Brian und Kylie Flyaway. Brian ist ein alter Heißluftballonfahrer, und er startet heute vormittag im Nordwesten der Stadt. Das schaue ich mir an." - "Motz ... knurr ... schleich dich" maulten die anderen Mädchen. Sie hatten, wie gesagt, miese Laune. Aber ich war natürlich begeistert: "Au ja, ich komme mit! Wie kommen wir denn dahin, Sophie? Mit der Bahn?"

So war es. Sophie und ich gingen von unserer Herberge in der Pitt Street hinunter zum schönen Bahnhof von Sydney. Von hier fuhren Züge in viele Teile des Landes - an manchen Tagen sogar nach Perth. Sophie erklärte: "Perth liegt an der Westküste, also genau auf der anderen Seite von Australien. Bis dorthin sind es fünftausend Kilometer - genauso weit wie von Madrid nach Moskau." Ich staunte, und ich begriff immer mehr, wie groß dieses Land war. Wir selbst nahmen natürlich nicht den Zug nach Perth, sondern nur die Vorortbahn nach Richmond. Wir fuhren ungefähr eine Stunde.

Richmond lag ganz am Rande von Sydney, schon fast in den Blue Mountains (ein waldreiches Gebirge, das gleich außerhalb von Sydney beginnt). Von der Bahnstation führte uns Sophie zu einer nahegelegenen Wiese und - oh ja, da stand er: Ein Fesselballon! Ein wunderschöner Heißluftballon! Mit dem man gemächlich und wunderschön am Himmel entlangschweben und sich in aller Ruhe die Welt von oben betrachten kann. "Ooooooooh!", staunte ich laut. Erst jetzt bemerkte ich das ältere Ehepaar, das vor dem Ballon stand und ganz herzlich Sophie begrüßte. Sie umarmten sie, und Kylie Flyaway hatte sogar ein Geschenk für Sophie: "Bitteschön, Sophie - ein Glas Vegemite. Das isst du doch so gern." Iiiiih - dieser komische australische Brotaufstrich schon wieder. "Danke, Kylie! Ja, Vegemite kann man gar nicht genug im Haus haben", jubelte Sophie. Stimmt - was man damit alles machen kann! Fahrradketten ölen, schwarzbraune Lederschuhe putzen, Insekten vertilgen ... aber essen? Na ja, jedem das Seine.

Sophie stellte mich den Flyaways vor, und Brian Flyaway meinte: "Ja, heute ist es mal wieder so weit. Der Wind kommt aus nördlicher Richtung, und wenn ich mit dem Ballon aufsteige, komme ich vielleicht bis nach Wollongong. Kylie wird dem Ballon mit dem Transporter hinterherfahren, damit ich nicht verloren gehe. Was ist mit euch, Kinder? Wollt ihr mit mir Ballon fahren?" Sophie wurde blass und lehnte ab: "Oh nein! Danke, Brian, aber nein! Als ich das letzte Mal mit dir im Ballon mitfuhr und wir notlanden mussten, sind wir genau in eine Schlangengrube im Hunter-Tal geplumpst. Dass wir da überhaupt lebend herausgekommen sind ..." Hi hi hi - Künstlerpech. Aber ich, ich hatte schon Lust. "Wunderbar, Simon, alter Kumpel!", strahlte Brian: "Du wirst sehen, das wird ein einmaliges Erlebnis." Sophie meinte zu uns: "Na gut, wenn du unbedingt mit willst, Simon, dann fahre ich mit Kylie im Transporter hinterher."

So machten wir's. Wir kletterten in den Ballonkorb, die Seile wurden losgemacht, und ehe ich es richtig begriffen hatte, hoben wir ab und stiegen höher und höööööher. Irgendwann sagte Brian: "So, Kumpel, wir haben die nötige Höhe erreicht. Mal schauen, was der Kompass sagt. Nanu ... nach der Vorhersage müsste unser Ballon gen Süden fahren." [Ballonfahrer sagen, dass ein Ballon fährt, nicht fliegt - weil er keine Flügel hat.] "Aber wenn mein Kompass Recht hat, fahren wir mehr nach Südosten. Okay, kein Grund zur Sorge, kein Problem."

Ich hatte im Moment sowieso keine Probleme. Vor lauter Staunen hatte ich den Mund offen, denn die schöne Landschaft und die Häuser der Großstadt wirkten von hier oben noch viiiiiel schöner. Und das Gefühl, fast lautlos und ganz langsam durch die Luft zu schweben, und nicht schnell und laut im Flugzeug zu rasen, war wunderschön. Ich weiß nicht, wie lange ich nur da stand und die Aussicht genoss, ohne etwas zu sagen. Auch Brian genoss so vor sich hin. Es musste jetzt Mittag sein. Brian sagte: "Kumpel, du wirst ja wohl inzwischen bemerkt haben, dass die Sonne bei uns andersherum wandert. Bei euch auf der nördlichen Erdhalbkugel steht sie mittags im Süden. Bei uns auf der südlichen Erdhalbkugel ist sie mittags jedoch im Norden." Klar, dass wusste ich natürlich. Irgendwann glaubte ich, ein Gebäude wiederzuerkennen: "He, das könnte eine der Schulen sein, in der wir unser Musical aufgeführt haben." Brian nickte: "Tja, das kann schon sein. Wir fahren jetzt über den Stadtteil Parramatta. Parramatta ist eigentlich eine Stadt in der Stadt. Ganz Sydney hat knapp vier Millionen Einwohner. Davon leben eine Million hier in Parramatta. Touristen kommen hier allerdings nicht ganz so viele her. Ich bin übrigens in Parramatta geboren." - "Herzlichen Glückwunsch!" sagte ich dusseligerweise. Zum Glück hatte Brian das überhört. Er hantierte wieder mit dem Kompass und meinte: "Der Wind hat sich wieder gedreht. Wir fahren jetzt nach Ost - Nordost." - "Ist das etwas Schlechtes?" fragte ich. Er zögerte: "Äääääh .... tja ... oh schau mal, da liegt der Stadtteil Homebush mit dem Olympischen Park. Hier fand die Sommerolympiade 2000 statt, bei der eure deutschen Sportler irgendwie auch dabei waren." Ah ja - hier war das also gewesen.

Während sich Brian mit dem Kompass und der Landkarte beschäftigte, schwebten wir über die City. Ich sah den Hafen, die berühmte Hafenbrücke, das genauso berühmte Opernhaus, das aussieht wie eine Mannschaft Fußball spielender Nonnen ... "


Ungefähr so sah das aus.

Wie heißt der Stadtteil da hinten?" wollte ich von Brian wissen. Er schaute nervös auf: "Wie? Ach so, der da. Das ist DAS KLO." - "Wie bitte?" - "Ja. Eigentlich heißt er Woolloomooloo. Wir Einheimischen nennen ihn kurz: THE LOO = DAS KLO." Warum war Brian nur so nervös? Na, egal. Oh, links sah ich nun den Taronga Zoo, wo ich ja zwei Tage vorher einen Koala auf dem Arm gehabt hatte.

Weiter schwebten wir über den Meeresarm namens Port Jackson, der Sydney in einen nördlichen und einen südlichen Teil trennt. Dann fuhren wir über einen besonders gemütlichen Stadtteil. Brian erklärte: "Jetzt sind wir über dem Ozeanarium von Manly - jetzt sind wir über der Fußgängerzone von Manly - jetzt sind wir über dem Strand von Manly - und jetzt sind wir über dem offenen Meer. Oh Shit!!" Was? Ach du ... Jetzt begriff ich, warum er so nervös war. Der Wind kam aus einer anderen Richtung als ursprünglich erwartet, und jetzt waren wir über dem Pazifischen Ozean. "Das ist alles meine Schuld, Kumpel. Als ich merkte, dass der Wind ungünstig wehte, hätte ich sofort notlanden müssen. Aber ich hoffte die ganze Zeit, dass der Wind wieder drehen würde", jammerte er. Langsam bekam ich Angst. Ich fragte: "Wann kommt denn wieder Land, wenn wir so weiterfahren?" Brian lachte ganz irr: "Wenn wir Glück haben, erwischen wir den Nordzipfel Neuseelands. Bis dahin sind es zweitausend Kilometer. Dahinter kommt dann Südamerika - zehntausend Kilometer weiter. Logisch, dass wir vorher abschmieren." Brian und ich schauten uns an, und dann begannen wir gleichzeitig zu singen: "Aaaaaaveeeeeee Mariiiiihiiiiiaaa!" Aber hinter uns tauchten Hubschrauber auf. ACHT STÜCK. Wir stellten fest, dass einer davon von der Küstenwache war, und die anderen sieben gehörten irgendwelchen Fernsehsendern und Zeitungen. Über einen wahnsinnig lauten Lautsprecher erklärte uns jemand aus dem Hubschrauber der Küstenwache: "Macht euch keine Sorgen, Kumpel! Wenn ihr ins Meer plumpst, versuchen wir, euch herauszufischen, noch bevor euch die Haie anfressen!" Na toll! Sehr beruhigend!

Aber dann hatte der Wind ein Einsehen. Plötzlich drehte er und blies uns zum Strand zurück. Das war auch höchste Zeit. Allerhöchste Zeit - denn unser Ballon sank und sank. Er ging tiiiiefer und tiiiiefer. Brian warf einen Sandsack nach dem anderen ab, damit wir leichter wurden, und pumpte mit dem Gasbrenner noch mehr Gas in den Ballon. Trotzdem stiegen wir nicht mehr, sondern sanken immer weiter. Da war der Strand - und auf ihm lauter Menschen, die uns zusahen. Der Strand kam näher - und näher - und wutsch. Wir waren genau auf dem Sandstrand gelandet. Aber nicht sanft, sondern ziemlich sportlich. Der Ballonkorb kippte um, und ich machte einen doppelten Purzelbaum. Geschafft! Überlebt! Und nicht einmal nass geworden. Vom Angstschweiß mal abgesehen. "Ab heute fahre ich nur noch Fahrrad", schwor sich Brian.

Danach wurden Brian und ich erst einmal interviewt. Abends waren in den Fernsehnachrichten von Kanal 7, 9 und 10, und im Radio auch, und am nächsten Tag waren wir auf der ersten Seite im Sydney Morning Herald und im Manly Herald und ... ach, alle Zeitungen konnte ich gar nicht lesen. Aber das Beste war: Ich erzählte den Reportern nämlich von dem Musical, das wir mit unserer Theatergruppe aufführten. Und von da an hatten wir sehr viel mehr Zuschauer.

Es grüßt euch aus dem Fernseher

Euer SIMON FLUNKERT


Ich geb's ja zu: Die Gier hatte mich gepackt. Ich wollte unbedingt so einen Opal finden und dadurch zum Millionär werden.
Hier könnt ihr euch Opale anschauen.

Teil 10

Hi, Mitkids!

Seit zwei Wochen war ich nun mit unserer Theatergruppe aus Hannover am anderen Ende der Welt. Wir waren eingeladen worden, an Schulen in der australischen Großstadt Sydney das Musical ANNIE aufzuführen. Ja, ja, es stimmt, ich musste in dem Stück ein Mädchen spielen! Na und? Manchmal muss ein Mann eben Opfer bringen. Inzwischen waren unsere Vorstellungen auch gut besucht, und es machte uns mir viel mehr Spaß.

Diesmal traten wir abends an einer Schule im Stadtteil Marrickville auf. Vor der Vorstellung hatte ich in der Garderobe noch etwas Zeit, und daher blätterte ich in einem Prospekt für Urlauber, die nach Sydney kommen. Darin stand etwas über Opale. "Opale?" fragte Jasmin Jubeltrupp. "Sind das nicht Autos aus Deutschland. Werden die auch hier in Australien verkauft?" Alle lachten - ha ha ha ha! Meine Klassenkameradin Sophie Liebevoll, die in unserem Stück die Hauptrolle spielte und bis vor einiger Zeit lange hier in Sydney gewohnt hatte, erklärte es ihr: "Opale sind funkelnde Edelsteine, na ja, oder Halbedelsteine, wie manche Leute auch sagen. Je nachdem, von woher man auf ihn schaut, funkelt ein Opal immer anders. Die meisten Opale der Welt werden hier in Australien gefunden. Das Besondere an ihnen ist, dass praktisch kein Opal aussieht wie ein anderer. Alle sind einzigartig." Ich begann zu träumen. So einen Opal müsste ich auch mal finden. Der ist dann möglicherweise mehrere Millionen australische Dollar wert, und ich hätte bis an mein Lebensende immer genug Geld. Irgendwie hatte ich in meinem Tagtraum wohl versehentlich laut gesprochen, denn die Mädchen kicherten. Sophie sagte: "Simon, wenn du Lust hast, können wir morgen einen Bekannten besuchen. Er ist deutscher Abstammung und war früher mal Opalsucher." Oh cool! Am nächsten Tag hatten wir ja auch den ganzen Tag frei. Dann war erst einmal Schluss mit meinem Traum vom Opal. Die Vorstellung begann, und wir mussten auftreten. Die Halle war bis auf den letzten Platz ausverkauft, und wir waren ziemlich gut. Nach der Vorstellung unterhielten sich einige Schauspieler und Produzenten von einer professionellen australischen Theatergruppe mit unserer Managerin. Komisch, mir war, als hätte ich eine der Schauspielerinnen schon mal in Deutschland gesehen. Aber wo bloß? Im Ki.Ka? Ich konnte mich nicht genau erinnern. Später sollte ich erfahren, dass es bei dem Gespräch um mich ging. Aber das ist eine andere Geschichte, und die erzähle ich euch erst beim nächsten Mal.

Am nächsten Morgen machten uns Sophie und ich in aller Früh auf den Weg zum Bahnhof. Von dort nahmen wir den Zug nach Newcastle. "Newcastle ist eine der nördlichen Nachbarstädte von Sydney. Sie ist ungefähr zweihundert Kilometer entfernt." Mannomann! Zweihundert Kilometer! Und das nennen die hier Nachbarstadt. Wir fuhren mehr als zwei Stunden gemütlich durch eine hügelige Landschaft mit sehr viel Wald. Mittendrin gab es auch ein Gebiet mit großen Seen, auf denen viele Freizeitboote herumschipperten. In Newcastle lag unser Endbahnhof ganz nah am Hafen. Dort kauften wir uns Fish and Chips (herrlich!) und frühstückten erst einmal.

Die niedliche kleine Australierin hier wollte auch erst einmal etwas essen. Und australische Eiskrem ist in der Tat sehr schmackhaft.

Leider hat sie aber nur die Hälfte von ihrem Eis gegessen und den Rest als Sonnenschutzmilch verwendet.

Dann gingen wir ein paar hundert Meter zu Fuß und kamen zu einem Reihenhaus. Sophie hatte uns am Abend zuvor noch telefonisch angemeldet.

Es öffnete uns ein siebzigjähriger Mann. Er schüttelte uns die Hand und begrüßte uns auf Deutsch: "Guten Morgen, Sophie, mein deutsches Mädel, Guten Morgen, mein deutscher Pimpf. Mein Name ist Karl-Friedrich Hasenschütze. Gäste aus der deutschen Heimat sind immer willkommen. Rührt euch, und tretet ein in mein deutsches Reich!" Hmmm. Ja. Die Wohnung war in der Tat eingerichtet wie bei alten Leuten daheim in Deutschland. Biedermeier-Stil oder so. Herr Hasenschütze schlug vor: "Wollen wir gemeinsam eine gute deutsche Mahlzeit einnehmen? Sauerkraut, Kartoffelpuffer oder Leberkäse? Lasse ich mir regelmäßig alles in Dosen aus Deutschland einfliegen. Sophie kann ja bestimmt inzwischen kochen." Ach, du meine Güte! "Nicht nötig, wir haben gerade gegessen! Deutsche Mettwurst", flunkerte ich. Das wunderte ihn: "Mettwurst in Newcastle? Nanu? Ich lege uns mal eben eine gute deutsche Schallplatte auf? Was möchtet ihr hören? Heino, Marianne & Michael, die Kastelruther Tontauben, die Wildecker Herzfehler oder Klaus, Klaus, Klaus & Klaus?" Diesmal erfand Sophie für uns die Notlüge: "Oh, wir lieben deutsche Musik. Aber der Ohrenarzt hat uns empfohlen, vorübergehend keine mehr zu hören, um keinen Hörschaden zu bekommen." - "So ein undeutscher Quacksalber!" schimpfte Herr Hasenschütze. Dann zeigte er uns sein Bücherregal: "Laute Meisterwerke der deutschen Literatur - Rilke, Hölderlin, Scheeksbier, Köthe, Schriller, Sacher-Masoch ..."

Ich wollte mit ihm ins Gespräch kommen und fragte: "Wo in Deutschland sind Sie denn geboren?" Diese Frage schien ihm peinlich zu sein. Er antwortete: "Ich bin im Barossa-Tal geboren." Aha. Jetzt war ich etwas verlegen. Ich gab zu: "Oh, ich fürchte, das kenne ich gar nicht. In welchem deutschen Bundesland liegt das?" Er klärte mich auf: "In keinem. Es liegt in Südaustralien. Meine Vorfahren sind bereits vor hundertzwanzig Jahren aus Deutschland nach Australien ausgewandert. Wir haben aber zu Hause immer Deutsch gesprochen. So gut, dass ich Englisch mit einem schönen deutschen Akzent spreche. Vorbildlich, nicht wahr, Pimpf?" Na, ich weiß ja nicht. Ich war stolz darauf, dass ich Englisch inzwischen mit australischem Akzent sprechen konnte.

Sophie schien zu bereuen, dass wir hergekommen waren. Sie sagte: "Leider haben wir keine Zeit mehr. Wir wollten jetzt noch meine Freundin Melanie hier in Newcastle besuchen." Ich begriff nicht gleich, dass das eine Notlüge war, und sagte: "So? Davon weiß ich ja gar nichts." Sophie trat mir leicht auf den Fuß und meinte: "Ja, klar, erinnere dich, die, die so gut auf dem Kamm blasen kann." Okay, Sophie wollte gehen - aber ich noch nicht! Ich war wegen der Opale hergekommen, und das sagte ich auch. Herr Hasenschütze freute sich: "Ja, genau. Da kann ich dir viel erzählen. Das kann Stunden dauern." Sophie machte einen Vorschlag: "Na gut. Dann hole ich dich in drei Stunden hier ab und gehe inzwischen zu meiner Freundin Margret." Nanu? Margret? Ich fragte erstaunt: "Eben hieß deine Freundin doch noch Melanie?" Diesmal trat Sophie sehr viel fester zu. Oh Mann - widersprecht nie einem Mädchen!

Als sie weg war, fragte ich: "Wo haben Sie denn damals Opale gefunden, Herr Hasenschütze?" Seine Antwort warf mich um: "Hinterm Haus, in meinem Garten." - "Waaaas, das ist ja unglaublich!" Der Herr Hasenschütze dachte einen Moment nach und sagte: "Ich mache dir einen Vorschlag. Ich gebe dir einen Spaten, und du darfst damit in meinem Garten selbst nach Opalen graben. Wenn du einen findest, darfst du ihn sogar behalten." Ich war total begeistert von seiner Großzügigkeit. "Ja, ja, die gute deutsche Großzügigkeit", lächelte er. Er zeigte mir in seinem Garten eine Stelle, wo ich graben durfte. Dann ging er zurück ins Haus, und ich grub. Ich grub also. Ich grub und grub. Ich grub und grub und grub. Ich grub und grub und grub und ... ihr wisst schon. Aber ich fand nichts. Jedenfalls nichts Wertvolles. Herr Hasenschütze kam wieder heraus und riet mir: "Versuch's doch mal da hinten. Vielleicht hast du da mehr Glück." So ging es fast drei Stunden. Danach hatte ich ihm den ganzen Garten umgegraben, aber keinen einzigen Opal gefunden. Jetzt war er total begeistert: "Hervorragend, Pimpf! Jetzt kann ich gleich meine guten deutschen Kartoffelsamen aussäen." Ich hingegen war völlig erschöpft.

Zum Glück war Sophie zurück und holte mich ab. Auf dem Rückweg zum Zug meinte sie: "Entschuldige bitte. Ich hatte ihn nicht mehr gesehen, seitdem ich drei war. Er hatte damals was mit meiner Oma. Ich wusste gar nicht, dass er so ein hinterlistiger Kerl ist." Sophie war zwischendurch gar nicht bei ihrer Freundin gewesen: "Hier in Newcastle habe ich gar keine Freundin. Ich war in einigen Modeläden und habe in einem Café ein Vegemite-Sandwich gegessen. Und schau, im CD Shop habe ich diese MINTY CD bekommen. Gab es in Deutschland in keinem einzigen Geschäft." War mir, ehrlich gesagt, völlig egal. Im Zug zurück nach Sydney hatte sie aber noch eine Idee, wie sie meinte. Mehr verraten wollte sie allerdings noch nicht.

In Sydney fuhren wir dann direkt mit der U-Bahn weiter zum Circular Quay und gingen von dort in die Rocks, die Altstadt von Sydney. Sophie führte mich in ein Gebäude, in dem es auf mehrere Etagen verteilt Andenkenläden gab. Ja, und da sah ich sie dann, meine Opale. Es gab hier gleich mehrere Geschäfte, die Opale verkauften. Einer der Läden sah sogar so aus, als wäre er in einem Bergwerk. Die Opale funkelten wirklich hübsch. Aber als ich auf die Preisschilder sah, war ich verwundert. "Die kosten ja gar nicht mehrere Millionen Dollar!" Nein, einige kosteten sogar nur etwas mehr als dreißig Dollar. Sophie meinte: "Es gibt auch richtig teure Opale, aber auch ziemlich preiswerte wie diese hier. Sind aber doch auch schön, oder?" Ja, das stimmte wirklich. Obwohl dreißig Dollar immer noch viel Geld für mich war. Ich hätte nämlich gerne zwei gekauft - einen für meine Mutter und einen für meine kleine Schwester Claudia, die ja nicht mitgekommen waren nach Australien.

Als wir ins Hotel zurückkamen, erwartete mich eine Überraschung, die mich erst einmal schockierte. Schon am nächsten Tag würde ich im Opernhaus von Sydney vor einem wirklich großen Publikum auftreten. Die anderen nicht. Aber das erzähle ich euch alles nächstes Mal.

Mit euch neugierig machenden Grüßen

Euer SIMON FLUNKERT


Eigentlich hatte ich gedacht, meine Ballonfahrt sei mein spannendstes Australien-Abenteuer gewesen. Aber was mir im Opernhaus von Sydney passierte, war fast genauso aufregend.

Teil 11

Hi, Mitkids!

Wie ihr wisst, war ich seit einigen Wochen mit einer englischsprachigen Theatergruppe aus Hannover zu Gast in der australischen Großstadt Sydney. Wir führten dort an Schulen das Musical ANNIE auf. Eigentlich erzähle ich ja gar nicht so gerne davon. In diesem Musical kommen nämlich sieben Waisenmädchen vor, und - ja - eines davon spielte ich - der Simon. Lasst das Gegackere, Kids!

Als ich eines Tages mit Sophie aus der Altstadt, wo wir uns Opale angesehen hatten (vielleicht erinnert euch noch an die Geschichte), ins Hotel zurückkam, wartete eine Riesenüberraschung auf mich. Auf dem Hotelgang standen zwei Männer, die ich vom Sehen kannte und von denen ich wusste, dass sie australische Musicalproduzenten waren. Bei ihnen war unser Regisseur Steven Playmountain und unsere Managerin, Frau Meier-Meyer. Frau Meier-Meyer hatte ganz viele Geldscheine in der Hand, die sie mit leuchtenden Augen und Spucke vorm Mund zählte. Ehe ich fragen konnte, was los war, nahm mich einer der Produzenten an der Hand und zog mich eilig bis vors Hotel, wo ich mit den Männern ein dort parkendes Auto bestieg.

"Auweia! Ist das eine Entführung?" fragte ich völlig verwirrt, aber immerhin auf Englisch. Die beiden lachten, und einer von ihnen sagte: "Entschuldige, Kumpel. Mein Name ist Ian Icebine, und das ist mein Kollege Gary Coo-Shwuntz. Wir arbeiten für die Musicalproduktionsfirma Loud, Shrill & Atonal. Wir führen auch zurzeit das Musical ANNIE auf, und zwar in Sydneys Opernhaus. He he he, deswegen hattet ihr auch immer so wenig Zuschauer. Die waren alle schon bei uns gewesen - ha ha ha ha ha!" Lachkopf! Aber ich wollte höflich bleiben und fragte: "Und wie kann ich Ihnen helfen, wenn Sie sowieso schon soviel Erfolg haben?" Jetzt sagte der Herr Coo-Shwuntz auch mal was. "Du spielst doch bei euch das Mädchen July. Und zwar sehr gut, wir haben dich ja beobachtet. Unser Problem ist, dass unsere eigene July eine schwere Lebensmittelvergiftung bekommen hat. Sie hat im Schnellimbiss Wyrger-King etwas gegessen, das nicht mehr ganz frisch war. Und das, obwohl morgen Abend eine ganz wichtige Vorstellung ist. Deswegen möchten wir dich als Ersatz für diese eine Vorstellung haben." Ich war etwas verwundert: "Aha. Aber haben Sie denn keine Zweitbesetzung - also einen eigenen Schauspieler, der einspringt, wenn ein anderer mal krank wird?" Herr Icebine meinte: "Doch, eigentlich haben wir mehr Kinder als genug im Ensemble, die einspringen könnten. Aber die waren alle mit im Schnellimbiss. Wir sind schon froh, dass die restliche Stammbesetzung gesund geblieben ist. Und da wir wissen, dass du die Rolle der July spielen kannst, haben wir dich für morgen gemiete ... also, du spielst morgen bei uns." So so.

Wir fuhren nicht direkt zur Oper, sondern zu einem Hotel. Dort stellte mir Herr Icebine die anderen Kinder seines Ensembles vor: "Das sind Sally Crocodile, Wanda Wombat, Pepsi Coala, Deborah Dingo, Sarah Shark und Budgie Parrot." Offenbar freuten sie sich, dass ich da war: "Cool, dass du bei uns aushilfst, Simon. Das rettet uns morgen", meinte Wanda. Ich war noch immer ganz verdattert und sagte: "Das tue ich ja gern. Obwohl ich ganz schön aufgeregt sein werde." Wanda erzählte stolz: "Übrigens ist morgen das Fernsehen da und überträgt unsere Vorstellung live in ganz Australien." Oh - jetzt wurde mir direkt ein bisschen schlecht vor Angst. Und mir wurde noch schlechter. Herr Icebine erklärte: "Um dich gleich noch mehr zu erschrecken, Simon, muss ich dir Folgendes sagen: Unsere Vorstellung ist etwas anders als eure. Es gibt bei uns zusätzliche Lieder. Im zweiten Akt musst du ein Solo singen. Dein neues Lied heißt: Das Leben ist eine Schüssel voller fauler Eier." Ich wollte protestieren, aber vor Schreck konnte ich nichts mehr sagen. Ich wurde in mein Hotelzimmer gebracht, wo man mir alles bereit gestellt hatte, was ich für die Nacht brauchte. Sogar einen Fernseher. Schlafen konnte ich nämlich nur gaaaanz schlecht.

Am nächsten Morgen fuhr der Herr Icebine mit mir im Auto zum Sydney Opera House. Gesehen hatte ich das in den Wochen zuvor schon oft. Aber immer nur von außen.

Nun durfte ich erst einmal das Innere der Oper besichtigen. Er zeigte mir auch den Saal, wo wir abends auftreten würden. Ui ui ui, da wurden sogar schon die Fernsehkameras aufgebaut. Dann sagte Herr Icebine: "So, ein Problem haben wir ja noch. Du musst noch das neue Lied lernen." Er führte mich in eine Garderobe uns sagte: "Hinter der Tür da wartet eine unserer Schauspielerinnen auf dich. Sie spielt in dem Stück die Sekretärin des Millionärs. Sie hat sich bereit erklärt, jetzt mit dir das Lied einzustudieren. Ich hole dich am Mittag wieder ab."

Bevor ich "bye" sagen konnte, schubste er mich in den Nachbarraum. Dort erwartete mich ein großes blondes Mädchen oder aber eine junge blonde Frau - keine Ahnung, wie alt die so genau war. Sie begrüßte mich: "Hi, du musst Simon Flunkert sein. Wie geht's? Nanu - was starrst du mich denn so an?" Oh, das war mir jetzt peinlich. Ich hatte sie wirklich angestarrt. Ich war nämlich total erstaunt, weil sie mir so bekannt vorkam. Hatte ich die vielleicht schon mal im Fernsehen gesehen? Zum Glück lachte sie dabei und ärgerte sich nicht darüber. Dann sang sie mir das Lied vor, das ich abends auf der Bühne singen sollte (die Musik kam vom Tonband). Es war leichter, als ich dachte, und nach zwei Stunden konnte ich das Lied. Meine Lehrerin war zufrieden: "Gut, dass du noch nicht im Stimmbruch bist und so eine helle Stimme hast. Stell dir vor, du würdest dieses Mädchen July spielen und mit einer ganz tiefen Stimme brummen wie ein Bär." Das fanden wir beide witzig.

Nachmittags probte ich mit den anderen die Aufführung. Es klappte erstaunlich gut. Zwar war es komisch für mich, jetzt mit australischen Schauspielern zu spielen, aber es lief nicht schlecht. Und auch mein Lied kam ganz gut rüber. Angela (meine Lehrerin) nickte mir freundlich zu. Ja, ich war richtig stolz auf meine helle Jungenstimme.

Dann war es Abend, und die Vorstellung begann. Ich hatte gedacht, ich würde vor Aufregung sterben, aber das war nicht so. Ich vergaß die Zuschauer im Saal und auch die Fernsehkameras und spielte meine Rolle wie immer. Dann kam der Moment, wo ich allein auf der Bühne stand und mein Lied singen musste. Jetzt war ich aber doch tierisch nervös. Die Musik setzte ein, ich machte den Mund auf, und ... BRUMMMM! Was war denn das?! Soll das meine Stimme gewesen sein? Die war ja ganz tief! Die Musik brach ab ... ich konnte ein paar Sekunden verschnaufen ... und dann setzte die Musik wieder ein. Ich versuchte zu singen, aber: BRUMMMM BRUMMM BRUMMMM! Oh nein!! Ich hatte den Stimmbruch! Dreizehn Jahre hatte ich darauf gewartet, und jetzt, als ich ihn am wenigsten gebrauchen konnte, war er plötzlich da! Die Musik brach wieder ab und das Publikum wurde unruhig. Ich drehte mich hilflos um und sah links von mir hinterm Vorhang Angela, die ein Mikrophon in der Hand hielt und mir ganz wild Zeichen gab. Ich begriff, was sie wollte. Ich sollte einfach nur so tun, als ob ich singen würde. Wenn das mal gut gehen würde! Die Musik setzte wieder ein, ich machte stumm den Mund auf ... und irgendwie sang jetzt jemand anders das Lied für mich. Ich schaute vorsichtig zur Seite und sah, was los war. Angela sang das Lied hinter dem Vorhang - und das Publikum dachte, ich sei es. Dabei machte ich nur den Mund auf und zu. Hinterher klatschten die Zuschauer begeistert, weil sie glaubten, ich hätte so toll gesungen. Zum Glück hatte ich im ganzen restlichen Stück kein Lied und auch keinen Text mehr.

Nach der Vorstellung kam Angela zu mir und grinste: "Das ist ja gerade nochmal gut gegangen. Dein Stimmbruch hätte ruhig noch zwei Stunden warten können."

Es grüßt euch mit ganz tiefer Stimme

Euer SIMON FLUNKERT

Letzter Teil

Hi, Mitkids!

Wenn ihr in letzter Zeit meine Geschichten gelesen habt, wisst ihr, dass ich mit einer Theatergruppe aus Hannover zu Gast in Sydney war, also in Australien. Wir führten dort das Musical ANNIE auf, in dem ich ein WaisenMÄDCHEN zu spielen gezwungen war. Und beim letzten Mal erzählte ich euch, dass ich ganz plötzlich engagiert wurde, um in der Oper aufzutreten. Eine großes australische Musicalensemble brauchte dringend eine Vertretung für ein krankes Mitglied, und dabei kam man auf mich. Während der Vorstellung bekam ich dann gerade an der Stelle, wo ich ein Solo singen sollte, den Stimmbruch.

Der vorletzte Tag unserer Tournee durch Sydney war angebrochen. Die anderen aus unserer Gruppe mussten heute ein letztes Mal auftreten. Ich selbst nicht mehr - ich war ja jetzt im Stimmbruch. Statt dessen sprang nun das australische Mädchen für mich ein, für das ich zuvor eingesprungen war, als es eine Lebensmittelvergiftung hatte. "Wie du mir, so ich dir", sagte es.

Ihr meint jetzt vielleicht, dass ich deswegen traurig war. Ha ha ha! Völlig falsch! Es ging mir wunderbar! Während die anderen wieder malochen mussten, konnte ich mir ganz alleine einen letzten schönen Tag in Sydney machen. Und was noch besser war: Für meinen Extra-Auftritt in der Oper hatte ich ein hübsches Sümmchen Geld bekommen. Ich verrate euch jetzt nicht, wie viel, aber jedenfalls konnte ich nun für meine Familie ein paar Andenken kaufen, die mir ansonsten zu teuer gewesen wären.

Nach dem Frühstück zog ich deswegen zu Fuß von unserem Hotel in der Pitt Street hinüber in die nahegelegene Chinatown. Genauso wie viele Großstädte in Nordamerika hat auch Sydney eine Chinatown. Das ist ein Viertel, in dem vor allem Einwanderer aus China und anderen asiatischen Staaten leben, oder aber die Nachfahren der Einwanderer. Man fühlt sich dort gar nicht mehr so richtig in Australien, sondern wirklich ein bisschen wie in China. Es gibt chinesische Restaurants, chinesische Vereine, viele chinesische Geschäfte und so weiter. Ich ging in die Chinatown, weil ich zu Paddy's Market wollte. Paddy's Market ist ein riesengroßer Flohmarkt in einer Halle. Dort kam man allen möglichen Trödel kaufen - genau das richtige für meine Familie. Zunächst einmal wollte ich ein typisch australisches Spielzeug für Papa besorgen: Einen Bumerang. Ihr kennt doch Bumerangs, oder? Das sind diese australischen Wurfknüppel. Wenn man sie richtig wirft, kehren sie zu einem zurück. Natürlich nur, wenn man sie richtig wirft, ansonsten landen sie irgendwo in der Botanik. An einem Stand entdeckte ich einen hellbraunen Bumerang, der mir gefiel, und ich begann, mit dem Händler zu feilschen: "Wie viel möchten Sie dafür haben?" - "120 Dollar." - "Puh, das ist zu viel. Ich gebe Ihnen 60 Dollar." - "Oh nein. Sagen wir: 110." - "Nein. 70." - "100 Dollar?" - "Mein letztes Angebot: 80 Dollar", sagte ich streng. "Mein letztes Angebot: 130 Dollar", meinte der Händler. Ich gab nach, kaufte den Bumerang für 130 Dollar und hatte irgendwie das Gefühl, gerade über den Tisch gezogen worden zu sein.

Egal. Jetzt brauchte ich noch etwas für meine Mutter und meine kleine Schwester Claudia. Erst wollte ich Claudia ein T-Shirt kaufen, aber dann dachte ich mir, dass sie schimpfen würde: "Na toll! Mein großer Bruder war in Australien, und alles, was ich bekomme, ist ein lausiges T-Shirt." Dann wollte ich ihr einen riesigen Hut mit einem ganz breiten Rand kaufen. Dabei musste ich mir aber vorstellen, wie die kleine Claudia mit diesem riesengroßen Hut auf dem Kopf umfallen würde. Ich lachte laut - und kaufte den Hut für mich selbst. Mit dem großen Hut auf dem Kopf verließ ich Paddy's Market und wanderte zu Fuß in die Rocks, die Altstadt von Sydney.

Vor dem Fast Food Restaurant spielte wieder eine Band.

Diesmal war es coole Cajun-Musik, die ja an sich aus Louisiana in den USA stammt. Aber in Sydney gibt es eh eigentlich alles.

Inzwischen war mir nämlich das passende Geschenk für Claudia und auch für Mama eingefallen: Opale. Das sind diese australischen Halbedelsteine, die so schön funkeln und die mir bis dahin zu teuer gewesen waren. Aber nun ich hatte ja inzwischen richtig Geld. Ich ging in eine Einkaufspassage, wo ich mehrere Opal-Läden gesehen hatte. In einem davon sah ich mir einige der preiswerten Opale an. Das Verrückte war, dass sie zu ganz witzigen Formen geschliffen waren. Zum Beispiel hatte ich einen in der Hand, der aussah wie eine Schildkröte. Andere wiederum hatten die Form von Kängurus, von Koalas oder anderen australischen Tieren. Und hier war einer, der hatte die Form eines Tieres, das ich nicht kannte. Er sah irgendwie aus wie ... nein, das konnte nicht sein. Ich fragte die Verkäuferin: "Was für ein Tier soll das sein?" Sie sah sich den Opal an und erklärte mir: "Das ist ein Schweinehund." Also doch! Ich kaufte eine Opal-Schildkröte für Mama und den Schweinehund für Claudia. Anschließend kaufte ich in mehreren Läden Mützen und T-Shirts und Stofftiere und so. Das würde ich dann zu Hause in Deutschland irgendwie auf meine Familie und meine Freunde verteilen.


Hier seht ihr den berühmten Flohmarkt, der jeden Samstag in den Rocks abgehalten wird.

Schwer bepackt mit all den Tüten ging ich hinunter zum Hafen - mein Lieblingsort in Sydney.


Dort am Circular Quay kann man echt abgedrehte Schausteller sehen. Zum Beispiel eine junge Frau, die den ganzen Tag dort als Freiheitsstatue herumsteht. Oder einen jungen Mann, der sich als Außerirdischer verkleidet hat. Diesmal aber interessierte mich ein Didgeridoo-Spieler. Ein Didgeridoo ist ein langes Holzblasinstrument, das die australischen Ureinwohner erfunden haben. Aus ihm kommen sehr schöne ganz tiefe Töne. Einem Didgeridoo könnte ich stundenlang zuhören. Als der dunkelhäutige Didgeridoo-Spieler am Hafen mal Pausen machte, um ein Vegemite-Brot zu essen, schleimte ich mich bei ihm ein: "Dieses Instrument ist unglaublich! Es ist Wahnsinn! Es ist ein unglaublicher Wahnsinn! Darf ich auch mal in Ihr Didgeridoo blasen?" Er zögerte etwas, antwortete dann aber: "Na gut, ausnahmsweise, Kumpel. Weil du so 'nen schönen großen Hut aufhast." Ich blies in das Didgeridoo - aber allzu schöne Geräusche bekam ich da nicht heraus. Im Gegenteil: Es klang, als ob jemand pupsen würde. Schade! Plötzlich quatschten mich einige australische Kinder an: "He, du da, Kumpel. Cooler Hut! Bist du nicht Simon, der Junge aus Deutschland, der in diesem Musical aufgetreten ist?" Ich war erstaunt, dass mich jemand erkannte, und erwiderte stolz: "Ja, genau! Wollt ihr etwa Autogramme?" Sie antworteten: "Nö, Kumpel. Aber du kannst uns ja etwas von Europa erzählen?" Aha. Na gut. Aber was? Ah ja, weiter hinten sah ich einen Stand, an dem ein alter Seemann Holzschiffchen verkaufte. Er hatte auch eine große Weltkarte aufgestellt. Ich führte die Kinder zur Landkarte und erzählte: "Hier unten auf der südlichen Erdhalbkugel ist Australien, und hier oben auf der nördlichen Erdhalbkugel ist Europa. Hier in Australien geht die Sonne im Osten auf. Dann wandert sie linksherum und steht mittags im Norden. Abends geht sie im Westen unter. Bei uns in Europa geht die Sonne auch im Osten auf. Dann wandert sie aber rechtsherum und steht mittags im Süden ..." Weiter kam ich nicht. Die australischen Kinder lachten sich schlapp: "Ha ha ha ha, Kumpel! Du glaubst wohl, du kannst uns was vorflunkern! Jedes Kind weiß, dass die Sonne niemals im Süden steht. Ha ha ha ha ha!" Frechheit! Da erzählt man schon mal die Wahrheit, und dann glauben einem die Leute nicht.


Dieser schräge Vogel ist offensichtlich von der Müllabfuhr.

Später war ich noch essen in einem International Food Court. Dort gibt es Stände mit Speisen aus allen möglichen Ländern. Ihr wisst vielleicht, dass ich gerne scharf esse, und diesmal wollte ich's besonders scharf haben. Ich sprach eine chinesische Bedienung an: "Ich hätte gerne etwas richtig schön Scharfes." Sie bemerkte: "Nun ja, alles was wir haben, ist ziemlich gut gewürzt." Ich sagte mutig: "Okay. Geben Sie mir das schärfste Essen, das Sie haben." - "Gut, auf deine Verantwortung", meinte sie. Sie kochte mir fix eine Nudelsuppe und riet mir: "Vorsicht. Die ist sehr viel schärfer, als sie aussieht." Oh ja - das stimmte. Diese Suppe war das Schärfste, was man sich vorstellen kann. Mir traten echt die Tränen in die Augen, so scharf war die Suppe. "Warum weinst du denn, mein Junge?", fragte mich eine alte Frau, die mich sah. "Weil ich Suppe esse", antwortete ich. "Ach so, na dann", meinte sie. Hinterher hatte ich Bauchschmerzen, und als ich abends aufs Klo musste, tat auch das weh.

Eigentlich war das jetzt alles, was ich euch von Australien erzählen wollte - wenn da nicht noch diese komische Sache auf unserem Rückflug gewesen wäre. Eine Stewardess kam zu mir sagte: "Simon, der Kapitän bittet dich, mir ins Cockpit zu folgen." Das war ja'n Ding! Natürlich kam ich mit. He, so'n Cockpit ist beeindruckend! All die vielen Schalter und Lampen! Jedoch kam ich nicht dazu, sie mir anzusehen. Der Funker meinte nämlich: "Simon, wir haben gerade einen Funkspruch empfangen, den wahrscheinlich nur du beantworten kannst." Ich staunte immer mehr. Er ließ mich an sein Mikrophon, setzte mir Kopfhörer auf, und schon hörte ich eine Stimme aus dem Funkgerät: "Hier ist der Flughafen Singapur. Spreche ich mit Herrn Simon Flunkert?" Unglaublich! Ich antwortete aufgeregt: "Ja, das bin ich persönlich und auch selbst. Was kann ich für Sie tun?" Einige Sekunden hörte ich nichts, und dann fragte mich die Stimme: "Erzählst du immer noch die lustigen Geschichten im KIKA?" Ho ho! Wahnsinn! Ich erklärte: "Ja, das tue ich. Obwohl ..." - "Wie, obwohl?" - "Nun ja, meine kleine Schwester Claudia bettelt schon lange, dass sie den Kindern auch mal etwas erzählen möchte. Und deshalb werden wir in den nächsten Monaten die Geschichten im KIKA abwechselnd erzählen." Das stimmt übrigens, Kinder. Die nächste Geschichte zum Beispiel wird euch Claudia erzählen, und ich sage euch: Die ist manchmal ganz schön frech. Aber ich war trotzdem völlig durcheinander. Ich stotterte ins Mikrophon: "Aber ich habe auch Fragen. Wie ist es möglich, dass jemand in Singapur meine Geschichten kennt? Und woher wussten Sie, dass ich in diesem Flugzeug bin?" Die Stimme im Funkgerät lachte: "Na, von Singa natürlich. Die Welt ist klein, mein Junge. Übrigens - mit dem großen Hut, den du da auf hast, siehst du etwas albern aus." Waaaas - wie konnte der auch noch wissen, dass ich immer noch den Hut trug, den ich mir auf Paddy's Market gekauft hatte?

Meine Eltern haben sich unheimlich gefreut, als ich in Sehnde ankam. Nur Claudia, die hat gemotzt: "Na toll! Mein großer Bruder war in Australien, und alles, was ich bekomme, ist dieser lausige Opal! Und eine lausige Mütze! Und ein lausiger Seidenschal!" Tja, ihr werdet's ja erleben, welch eine Kröte meine kleine Schwester ist.

Es grüßt euch mit dem großen Hut

Euer SIMON FLUNKERT

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