A U F R E G E N D E R - T U R N I E R A U F T A K T



Am Montagnachmittag rief ich bei Herrn Neumann an und ein Termin am Donnerstag wurde ausgemacht. In der Schule erz�hlte ich nichts von meinem gro�en Gewinn. Nur Nicki zeigte ich am Dienstag wie versprochen den Brief und sie musste mir hoch und heilig versprechen nichts an niemanden zu verraten.
In der Reitstunde wurde mir Goliath zugeteilt. Angesteckt von meiner guten Laune ging er sehr schwungvoll und durchl�ssig. Herr Ruben war sehr zufrieden mit uns. Nach der Stunde teilte er Nicki und mir mit, dass er uns f�r drei Turniere im Juni und Juli gemeldet hatte, mit Goliath in der Dressur und Danny und Grando im Springen. Grando w�rde jeweils mit Balochs im H�nger mitfahren, die anderen in Nickis eigenen.
Auf Schutterwald freute ich mich besonders: dort w�rde am Sonntag ein gro�er Pferdemarkt stattfinden. Es machte mir immer wieder Spa� fremde Pferde zu beurteilen und mit Freunden zu fachsimpeln, als w�ren wir erfahrene K�ufer. Doch bis dahin war noch fast ein Monat hin. Dazwischen kamen die zentralen Klassenarbeiten der zehnten Klasse, f�r die es zu pauken galt. Danach durfte ich mich zwei Wochen in Spanien im Ferienhaus erholen und kam leicht gebr�unt und voller guter Vors�tze nach S�ddeutschland zur�ck. Noch eine Woche bis zum Turnier. Mich erfasste jedes Mal eine gewisse Unruhe und Lampenfieber. Eigentlich war ich dar�ber ein wenig dankbar, so steckte ich meine Ziele nicht zu hoch, denn ich war sehr ehrgeizig.
Das gewonnene Geld wurde inzwischen auf mein Konto �berwiesen. Die Herren Bruhn und Neumann waren ziemlich �berrascht gewesen, dass eine Sechzehnj�hrige den Hauptpreis gewonnen hatte. Die Schule hatte wieder begonnen und brachte den �blichen Arbeitenstress mit sich. Am meisten und h�rtesten aber trainierte ich beim Reiten. Das Wetter meinte es gut mit uns, blauer Himmel und Fr�hlingstemperaturen erlaubten mir mit dem Fahrrad zur Schule, dann zum Stall und schlie�lich wieder nach Hause zu fahren. Wann immer Herr Ruben ein Pferd f�r mich frei hatte, ritt ich - ich konnte es mir ja jetzt leisten.
Am Freitag brachte ich Dannys und Goliaths Sattelzeug auf Hochglanz, w�hrend Nicki deren M�hnen einflocht; sie konnte da um Klassen besser als ich.

Fr�h um kurz nach sechs holten sie und ihre Mutter mich ab. Als wir im Reitstall ankamen, erwarteten uns ein braun-wei�er Goliath und ein verstrubbelter Fuchs mit zum Teil aufgel�sten Z�pfchen. Nicki st�hnte bei diesem traurigen Anblick auf.
"Die Arbeit von einer Stunde! Einfach schrecklich!"
Ich tr�stete sie, die H�lfte der Z�pfchen war schlie�lich heil geblieben. Au�erdem hatten wir noch genug Zeit. Also holten wir die zwei aus ihren Boxen und begannen mit der Arbeit. Nach f�nf Minuten gab ich auf.
"Mir reicht's! Ich dusche Goliath ab, sonst bekomme ich ihn nie sauber!"
"Tu das, aber pass auf. Es ist noch ziemlich frisch drau�en," kam es aus der anderen Ecke des Schulstalls. "Jetzt halt doch mal still, es sind doch nur noch drei Z�pfchen!", wetterte sie auf ihr hin und her trippelndes Pferd ein. Ich verzog mich mit meinem verdreckten Schimmel zum Waschplatz. Zwanzig Minuten sp�ter waren sowohl die Pferde als auch wir M�dchen abfahrbereit. Danny stampfte ohne zu mucken die Rampe hinauf. Goliath schaute misstrauisch, entschloss sich dann aber doch dem Stallgenossen zu folgen.
Nach etwa einer halben Stunde kamen wir am Veranstaltungsort an. Auf einer Weide und die Zufahrtsstra�e entlang reihten sich bereits Autos, Anh�nger und Transporter. Schnell liefen wir zur Meldestelle um unsere Startnummer zu holen. Als erstes stand der Einfache Reiterwettbewerb auf dem Programm. Nicki war der ersten, ich der zweiten Abteilung zugeteilt, obgleich es normalerweise dem Altern nach ging. Doch eine kleine Bitte und die Erkl�rung, dass ich als Anf�ngerin doch nicht Gleichaltrige mit viel mehr Reiterfahrung antreten k�nnte, erledigte das schon.
Gemeinsam putzten und sattelten wir den gro�en Schimmel, der jetzt mit dem Sattel vor Sauberkeit um die Wette gl�nzte. Bald sa� Nicki im Sattel und steuerte dem Abreiteplatz der Dressurreiter zu. Ich folgte, beladen mit Fliegenspray, Decke und Kappen. Obwohl es noch recht fr�h am Morgen war, s�umten schon viele Reiter und Zuschauer das Gel�nde, wohl haupts�chlich Freunde und Verwandte.
Goliath sp�rte die gespannte Turnieratmosph�re, dann gab er stets sein Bestes - wenn er seinen Reiter mochte. Wenn nicht, konnte er mit h�ngendem Kopf dahintrotten wie ein Opa oder auch das Gegenteil. Dann buckelte er und ignorierte einfach den, der auf seinem R�cken sa� - wenn er �berhaupt noch sa�. Mich hatte er jedenfalls noch nicht runtergekriegt. Noch nicht!
Um halb neun ritt Nicki mit den anderen ihrer Abteilung in die Halle, wo die Pr�fung abgehalten wurde. Ich sicherte mir einen guten Aussichtspunkt nahe am Ausgang.
Da, als zweite der achtk�pfigen Truppe war sie. Damit konnte sie zufrieden sein, obgleich Goliath an der Tete besser ging. Wie erwartet erledigten sie die einfachen Aufgaben sehr gut. Nicki hatte sich durch ihre Erfolge in den leichten Pr�fungen schon lang einen Namen gemacht. So wunderte es keinen, dass sie auch heute gewann. Strahlend sprang sie auf dem Abreiteplatz ab, umarmte erst ihr Siegerpferd, dann mich.
"Schon euer dritter Sieg! Super!"
"Jetzt versuch du es," l�chelte sie und warf mich auf den wei�en Riesen.
"Haha," grinste ich, stellte die Steigb�gell�nge ein und r�ckte die Reitkappe zurecht. "Auf nen Sieg kann ich noch lange warten! Ist doch egal, dabei sein ist alles."
Schon wurden wir aufgerufen. Solange die Richter ihre Papiere ordneten, trabte ich noch ein paar Runden um mich auf mein Pferd einzustellen. Neugierig musterte ich die Konkurrenz. Allesamt waren sie j�nger, doch mit h�bschen, viel versprechenden Pferden ausgestattet. Sogar ein Araber war dabei. Ich t�tschelte Goliath den Hals und parierte am mir zugewiesenen Platz in der Gruppe zum Schritt durch.
"Bitte, sei so gut wie vorhin mit Nicki, ja?", fl�sterte ich. Er spielte aufmerksam mit den Ohren. "Wir m�ssen nicht gewinnen, aber ich m�chte doch unter den ersten sein, verstehst du?" Er schnaubte wie zur Best�tigung.
Schnell korrigierte ich noch meine Haltung: Hacken runter, aufrechte H�nde, Knie andr�cken.
"Abteilung im Arbeitstempo antraben, leichttraben. Durch die ganze Bahn wechseln."
Nicht zu fr�h abwenden, ermahnte ich mich. Und tief in die Ecke reintreiben. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf die Kommandos. Alles lief glatt bis zum Einzelreiten. Die Reiterin vor mir hatte ihre Aufgabe erledigt und reihte sich hinten wieder ein.
"N�chster antraben und auf dem Zirkel ge..."
Eine T�r knallte. Erschrocken sprangen alle Pferde einige Meter in die Mitte der Halle. Zwei Pferde stiegen sogar. Ich lehnte mich zur�ck und krallte mich am Sattel fest, w�hrend Goliath nun losraste.
"Ruhig, ganz ruhig!"
Ich lenkte ihn in die n�chste Ecke hinein, damit er stehen blieb. Das tat er auch, mit hoch erhobenem Kopf und gebl�hten N�stern. Vorsichtig drehte ich mich um - und musste mir das Lachen verkneifen! Der Richter half gerade einem kleinen M�dchen auf ihren gro�en Fuchs, ein anderes heulte, dabei war ihr gar nichts passiert. Die �brigen hatten sich mehr oder weniger gefasst, ebenso wie die Pferde. Die Heulsuse ritt gleich wieder raus, wo wahrscheinlich ihre Mami wartete. Zwei Sanit�ter standen an der Bande, bereit zu helfen. Doch der Richter klopfte sich den Staub von der Bundfaltenhose, seine Assistentin kramte ihren Block aus dem Sand und schon ging es weiter.
"So, alle haben den Schreck gut �berstanden," rief der Richter. "Ich m�chte das Publikum bitten die T�ren vorsichtig zu schlie�en, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Und jetzt: Abteilung aufnehmen, Anfang Nummer 473, der gro�e Schimmel da."
Sofort reihten sich alle hinter uns ein. Eine halbe Runde legten wir im Schritt zur�ck. An der Stelle, an der er zuvor gescheut hatte, zackelte Goliath an und schnaubte aufgeregt. Beruhigend sprach ich auf ihn ein und versuchte seine Konzentration wieder auf die Aufgabe zu lenken, was nicht gerade einfach war. Ich wurde lockerer, an eine Platzierung war mit diesem nerv�sen Pferd ohnehin nicht mehr zu denken - glaubte ich.
Doch die nach mir folgenden Reiter waren kaum besser, sei es aufgrund mangelnder Leistung oder scheuender Pferde. Nur zwei sichtlich �ltere, erfahrene trabten gehorsam weiter, als sei nichts geschehen.

Goliath trabte mit gespitzten Ohren nach vorne, als er seinen Namen vernahm. Ich wusste gar nicht wie mir geschah. Wir waren aufgerufen worden, und das als erste! Erst bei der Erkl�rung des Richters f�r seine Entscheidung, kapierte ich, dass wir gewonnen hatten: n�mlich aufgrund der "guten reiterlichen Einwirkung trotz eines so schwierigen Pferdes".
Vorsichtig bef�hlte ich das k�hle Metall in meiner Hand. Mein erster Pokal. In Gedanken dankte ich dem Unvorsichtigen, der die T�r hat zuknallen lassen.
"Wir bitten um Ihren gesch�tzten Applaus zur Ehrenrunde. Rechts brecht ab im Trab!"
Wieso nur im Trab? Das ist doch langweilig! Unwillk�rlich dr�ckte ich die Schenkel an die Flanken, woraufhin Goliath sofort in die schnellere Gangart wechselte. Aus den Augenwinkeln erhaschte ich Nicki und ihre Mutter, die begeistert applaudierten. Daneben, welch seltener Anblick in der Dressur, Herr Ruben.




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