Wokesness für Dummies
von Niklas Brauer (AchGut, 1.10.2021)
leicht gekürzt von Nikolas Dikigoros
Falls Sie immer noch nicht begriffen haben, was Wokeness ist, hier kommt die finale Schrift zum Thema, pädagogisch wertvoll und auf ihre Art sehr unterhaltsam.
Wokeness ist eine puritanische neureligiöse Ideologie, die wesentlich auf den Thesen der "Critical-Race-Theory (CRT) [Kritischen-Rasse-Theorie]" aus den USA basiert. Diese Ideologie tarnt sich mit Begriffen wie "Antirassismus", "Intersektionalität", "Dekolonisierung", "Weißsein" und "Diversitätsförderung".
Als Einführung in diese radikale Ideologie wird auf die Zusammenfassung von James Lindsay zur "Critical-Race-Theory" zurückgegriffen.
Critical-Race-Anhänger bezeichnen die Kritische-Rassen-Theorie als Bewegung, um die Beziehungen zwischen "Rasse", Rassismus und Macht in der Gesellschaft neu zu erfassen. Dazu beginnen sie mit der Annahme, dass die Kategorie "Rasse" sozial konstruiert wird, wobei Rassismus in Wirklichkeit "systemisch" oder "strukturell" wirkt. "Rasse"-Kategorien werden als soziale und politische Einteilungen angesehen, die nichtweißen Menschen, vor allem Schwarzen, von Weißen auferlegt wurden. Dieses "Rasse-System" benachteiligt auf jeder Ebene Nichtweiße, insbesondere Schwarze, während es Weiße (und Minderheiten, die sich an das System anpassen) auf Kosten der Nichtweißen bevorzugt. Rassismus ist eine Eigenschaft eines allumfassenden Systems: Alles, was wir tun und für richtig halten. Daher manifestiert sich der Rassismus im System auch dann, wenn in der gesamten Gesellschaft niemand absichtlich rassistisch denkt oder handelt. Der Beweis für den Rassismus des Systems liegt bereits in statistischen soziodemographischen Unterschieden zwischen unterschiedlichen Rassengruppen begründet. Das strategische Ziel hinter Wokeness ist "Equity" - das genaue Gegenteil von Chancengleichheit. "Equity" steht für neokommunistische Ergebnisgleichheit.In Deutschland wird die "Critical-Race-Theory" angepasst, indem die Rolle des Schwarzen um die des muslimischen Migranten erweitert wird.
Die unter anderem von Kimberlé Williams Crenshaw entwickelte "Critical-Race-Theory" behauptet Folgendes:
- Rassismus ist Normalfall: Rassismus ist der "alltägliche Zustand der Gesellschaft". Dadurch lautet die Frage nicht mehr: "Hat Rassismus statt gefunden?" Statt dessen lautet die Fragestellung von woken Aktivisten: "Wie hat sich der institutionelle Rassismus in der jeweiligen Situation manifestiert?" Rassismus ist immer und überall präsent, und jeder Einzelne ist verpflichtet, in jeder denkbaren Situation Rassismus aufzuspüren, zu entlarven und zu bekämpfen.
- Immanenz des Rassismus: Von woken Aktivisten wird angenommen, dass Rassismus in der Gesellschaft immer direkt unter der Oberfläche steckt. Vorfälle von Rassismus dürften nicht isoliert als Vorfälle von Einzelpersonen verstanden werden, sondern als Manifestationen eines durch und durch rassistischen Gesellschaftssystems. Deshalb reicht es nicht aus, konkrete Rassismusvorfälle bei der Polizei aufzuarbeiten. Das System müsse umgestaltet werden, hin zu abolitionistischen Vorstellungen. Beispielsweise müsse die Polizei abgeschafft werden.
- Zynisches Interesse: Laut woker Theorie helfen dominante Rassengruppen (Weiße) keinen unterdrückten Rassengruppen, außer es liegt in ihrem eigenen Interesse. Daher verschwindet Rassismus nicht, sondern wandelt sich nur, um den Rassismus besser zu verstecken und schwerer erkennbar zu machen. Deshalb wird Rassismus im Laufe der Zeit nicht besser, sondern schlimmer, weil es schwieriger wird, dem Rassismus entgegenzutreten. Um das dennoch zu tun, müsse man auf die Ideologie der Kritischen-Rasse-Theorie vertrauen.
- Mutwillige Ignoranz: Dominante Rassengruppen (Weiße) profitieren laut Kritischer-Rassen-Theorie automatisch von dem überall vorhandenen "strukturellen Rassismus". Daher wird Weißen von woken Aktivisten aufgrund ihrer "Privilegien" vorgeworfen, dass sie das "strukturell-rassistische" System von sich aus bewusst oder unbewusst rechtfertigen würden. Weiße würden Rassismus absichtlich ignorieren ("mutwillige Ignoranz") und den "strukturellen Rassismus" rechtfertigen, zum Beispiel durch Betonung des Leistungsprinzips. Wer sich weigert, die eigene "weiße Komplizenschaft" ("silence is complicity") im rassistischen System zu gestehen, wird als fragil, unmoralisch, "weiß" und privilegiert angeklagt. Laut Kritischer-Rassen-Theorie dient mutwillige Ignoranz zusammen mit zynischem Interesse dem Fortbestehen des "strukturellen Rassismus".
- Struktureller Determinismus: Laut woker Theorie werden alle Biographien durch die "systematische Unterdrückung" vorherbestimmt. Nichtweiße, insbesondere Schwarze, werden dabei systematisch behindert durch ein "weißes" Machtsystem. Über Erfolg oder Misserfolg im Leben bestimmen nicht individuelle Entscheidungen oder Glück, sondern rassistische Macht- und Gesellschaftsstrukturen.
- "Authentische Erfahrungen"/Positionalität-Prinzip: Laut Kritischer-Rassen-Theorie gibt es bestimmte "authentische" Erfahrungen des "strukturellen Rassismus" für jede Rassenkategorie. Nur wenn diese "authentische" Erfahrung mit den Postulaten der Kritischen-Rasse-Theorie übereinstimmt, wird sie angenommen. Diese "authentische Rassenerfahrungen" beschreiben das "strukturell rassistische" System und dürfen nicht in Frage gestellt werden. Wagt eine nichtweiße Person dennoch den Widerspruch zu diesen angeblich "authentischen" Erfahrungen, so wird behauptet, dass diese Person eine Form von "falschen Bewusstsein" hat. Entweder wird behauptet, diese Person habe den "strukturellen Rassismus" bereits verinnerlicht oder sie würde sich aus opportunistischen Gründen "weiß" verhalten.
- Anmaßende Identitätspolitik: Die Kritische-Rassen-Theorie ruft explizit zum Aktivismus und Lobbyismus anhand von rassischen und anderen unveränderlichen Identitätsmerkmalen auf. Das führt dazu, dass mittels "authentischer Erfahrung" eine Handvoll woker Aktivisten beanspruchen, für eine viel größere Zahl von Menschen zu sprechen. Die Identitätspolitik obliegt dabei der strengen "intersektionalen" Hierarchie, die es dabei zu respektieren gilt. Daher gibt es z.B. Aktivismus gegen Homophobie und für muslimische Migranten, aber keinen Aktivismus für verfolgte Homosexuelle in islamischen Ländern.
- Betroffenheitskult: Laut Wokeness ist es immer Rassismus, wenn eine (woke) Person aus einer unterdrückten Kategorie sich rassistisch benachteiligt fühlt. Die Betroffenheit darf nicht in Frage gestellt werden. Eine Opfermentalität wird zur Sicherung von Macht und Einfluss gefeiert. Aus Angst vor woken Protest wird so eine ständig zunehmende Form der Selbstzensur errichtet, wobei bei öffentlichem "Wrong Think" Druck auf Dissidenten ausgeübt wird. Dieses Phänomen ist bekannt als "Cancel Culture".
- Anti-Liberalismus: Liberale, individualistische Einstellungen seien Teil des strukturell-rassistischen System. Durch den Liberalismus würden die Menschen dazu verleitet, zunehmende Ergebnisungleichheit als gerechtfertigt hinzunehmen und das Leistungsprinzip zu akzeptieren.
- Manipulation von Narrativen und Erziehung: Wokeness befürwortet das Erzählen von Anekdoten, auf denen woke Narrative über die Wirklichkeit basieren. Dabei wird zur anekdotischen Beweisführung die "persönliche Erfahrung" gezielt eingesetzt, um politisch nützliche Narrative und gewünschte Vorstellungen zu stützen. Diese Narrative werden subversiv zur Diskreditierung wissenschaftlicher Thesen eingesetzt, wenn sie nicht in die woke Weltanschauung passen. Wie das bereits seit Jahren systematisch an Schulen und Universitäten geschieht, beschreibt Mike Young hier.
- Revisionistische Geschichtsschreibung, "Dekolonisierung" und "Wissensgerechtigkeit": Woke Aktivisten glauben, dass es ihre Pflicht ist, die Geschichte neu zu schreiben und aus ihrer Perspektive zu erzählen. Dazu werden Geschehnisse aus der Geschichte an woke Narrative angepasst, da die bisherige Geschichtsschreibung angeblich strukturellen Rassismus und weiße Vorherrschaft aufrecht erhält. Eine aktivistische Umgestaltung soll auch in allen anderen Bildungs- und Wissenschaftsbereichen erfolgen. All dies dient dem Ziel von "Wissensgerechtigkeit". Wissen, Forschung, Narrative und die Bildung werden nach woker Vorschrift manipuliert, um alternative Weltsichten zu diskreditierten.
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Intersektionalität:
Alle Formen der Unterdrückung in verschiedensten Identitätsformen seien als eine die Gesellschaft durchdringende "Matrix der Herrschaft" verbunden. Intersektionale Solidarität und darauf basierende Kategorisierung sei bei allen Formen der Unterdrückung erforderlich. Die Menschheit wird durch die intersektionale Sichtweise in Opfer- und Täter-Kollektive unterteilt. Die Zuordnung in das Kollektiv einer Täter- oder Opfer-Gruppe erfolgt durch zum Großteil unveränderbare Merkmale, wie Geschlecht, Herkunft, Alter, Religion, Rasse und Stand. Die wichtigsten Unterdrückungsformen sind Transphobie, Rassismus, Islamophobie, Sexismus, Heteronormativität und Neoliberalismus/Klassismus. Wer von weniger Unterdrückungsformen betroffen ist gilt als privilegiert und muss sich "solidarisch" gegenüber den noch mehr unterdrückten Opfergruppen als "Ally" zeigen. Der heterosexuelle "alte weiße Mann" wird als Synthese aller Täterkollektive gebrandmarkt und als Feindbild benutzt. Intersektionalität ist die Weltsicht, auf der sich beliebige "intersektionale marginalisierte Gruppen" aus dem Nichts erzeugen lassen, die angeblich alle eine bestimmte Form von Unterdrückung erfahren. Im Gegensatz zum Klassenkampf des Marxismus basiert diese neomarxistische Ideologie nicht mehr nur auf ökonomischen Gegensätzen, sondern weitet diese Vorstellung auf rassische Aspekte aus.
Für Interessierte sind die Bücher "Der Wahnsinn der Massen" von
Douglas Murray sowie "Cynical Theories" von James Lindsay und Helen Pluckrose zu empfehlen. In diesen Büchern wird die Ideologie umfassend thematisiert und unmittelbare Folgen dargestellt.
Woke Aktivisten bedienen sich geschickt der dunklen Rhetorik. Die Fronten werden dabei eingeteilt in eine Opfer- und Tätergruppe, bei der es mittels Unterstützung für die Seite der woken Aktivisten zu beweisen gilt, dass man auf der richtigen Seite steht. Wer das nicht tut, der steht auf der falschen Seite der Geschichte und soll von der Debatte ausgeschlossen werden. Das ist nichts weiter als ideologische Erpressung und die Aufforderung zum Schweigen. Woke Aktivisten, die immer wieder rassische Feindbilder der "weißen Dominanz" anklagen, verwandeln den Kampf gegen Rassismus in eine Form von neorassistischem Kollektivismus. Dieser Neotribalismus aus vermeintlich noblen Zielen besitzt besonders auf Menschen mit guten Absichten eine hohe Anziehungskraft. Diesen Totalitarismus gilt es zu entlarven.
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