Das blonde Volk in der Taklamakan

von Erich Meinecke (Hohe Warte 2001)

Der Spitzhut geht um! (1800 v. bis 750 n. Ztr.)

Taklamakan! Wenn man auf der Landkarte von der indischen Hauptstadt Neu Delhi eine Linie mit dem Lineal hoch zur russischen Stadt Irkutsk am Baikalsee zieht (im Süden Sibiriens), dann überspannt man grob 3200 Kilometer. Dann überspannt man zugleich den genau zentralen Teil Asiens: die Taklamakan. Dies ist jene Wüste, an die sich im Osten die Wüste Gobi, die heute schon mit ihren Sandstürmen die chinesische Hauptstadt Peking bedroht, anschließt. Taklamakan und Gobi sind Teil jenes Wüstengürtels unserer Erde, der sich nach Westen bis zur Sahara zieht und sich gegenwärtig immer mehr ausdehnt.

Taklamakan - hier führte die Seidenstraße, jener uralte, sagenumwobene Handelsweg von Persien und Indien ins Innere des früher weitgehend unbekannten China. Taklamakan. Hier erlebte der Abenteurer Sven Hedin ungefähr gleichzeitig mit Fritjof Nansen (in der Nordpolarregion) und Ronald Asmundsen (am Südpol) die letzten aufregenden Entdeckungsreisen auf dieser Erde. Taklamakan - und hier, tausende von Kilometern vom westlichen Europa entfernt, lebte vor 4000 Jahren und noch vor 1500 Jahren ein Volk von großgewachsenen, blonden und blauäugigen Menschen. Ein friedliches Volk von Bürgern, Bauern und Handelsleuten, von waffenlosen Pferdezüchtern: Die Tocharer.

Woher sie kamen? Kein Mensch weiß es bis heute. Wohin sie gingen? Verschwunden vom Erdboden, verschluckt von der Wüste. Nur die wüstengetrockneten Mumien dieses Volkes gibt die Taklamakan gerade in den letzten Jahrzehnten wieder und immer wieder frei. Mumien eines blonden und blauäugigen Volkes, das mehrere tausend Jahre lang am Nordwestrand des chinesischen Reiches lebte? Ist dies möglich? - Und nun wanderte erstmals wenigstens ihre Kleidung, die noch selbst im inneren Asien so europäisch anmutet, wieder zurück nach Europa. Sie wird gegenwärtig (bis zum 4. November 2001) auf einer Ausstellung im bernischen Riggisberg in der Schweiz gezeigt. (1, 2)

Noch im Mittelalter hieß das Land »Tocharistan«

Nach den ersten 1000 Kilometern auf der genannten Strecke von Neu Delhi bis Irkutsk (1000 Kilometer entsprechen etwa der Entfernung von Sylt bis zur Südgrenze Kärntens) war man glücklich über das Himalaya-Gebirge hinüber gekommen, das hier vor allem vom Karakorum gebildet wird. Man war im Becken des Flusses Tarim angelangt, jenes Flusses, der von der Wüste Taklamakan (oder auch: Talimakan) umgeben ist. Im Osten erstreckt sich die Wüste Gobi bis in die Mongolei hinein.

Ist man 1000 Kilometer weiter gekommen, hat man das Tarim-Becken durchquert und hat die Südhänge des Altai-Gebirges erreicht. Erst nach weiteren 1000 Kilometern über diesen Gebirgsblock hinüber wird Irkutsk in Sibirien erreicht. Drei heutige Staatsgrenzen hat man dabei überschritten: die indisch-chinesische Grenze, die chinesisch-mongolische und die Grenze zwischen der Mongolei und der früheren Sowjetunion (GUS).

Das Tarimbecken und die Taklamakan liegen in der nordwest-chinesischen »Uigurischen Autonomen Region Xing-jang« (oder Jing-jang). Die Hauptstadt dieser Provinz ist Urumchi. Xing-Jiang ist die nordwestlichst gelegene, flächenmäßig größte Region des heutigen chinesischen Staates. Heute leben hier keine Tocharer mehr, sondern die große Bevölkerungs-Minderheit der Uiguren, die seit langen Jahrzehnten und auch heute noch - zum Beispiel durch staatlich befohlene Heiraten mit Chinesen - dem chinesischen Volk assimiliert werden sollen. Trotz mongolisch-asiatischen Aussehens werden die Uiguren von allen Reisenden als die einzigen »europäischer« aussehenden und gearteten Menschen innerhalb des großen chinesischen Reiches empfunden. Ein anderer Name für diese Region lautet Ostturkestan. Noch im Mittelalter hieß Ostturkestan »Tocharistan«. (6, S. 35) (Im Westen dieser Region schließen sich Tadschikistan, Kirgisien und Kasachstan an (früher zur Sowjetunion gehörig, heute GUS-Staaten). Im Südwesten schließen sich Pakistan und Afghanistan an.

Um 1900 war diese Region der westlichen Welt noch so gut wie unbekannt - wie ausgeführt fast vergleichbar mit Nord- und Südpol. Der schwedische Forschungsreisende Sven Hedin erregte mit seinen Berichten über diese Region - etwa mit seinem Buch »Durch Asiens Wüsten« - ungefähr ein ähnlich großes öffentliches Aufsehen in Schweden, Deutschland und Europa wie die Forschungsreisen eines Fritjof Nansen oder Ronald Asmundsen in den beiden anderen genannten abgelegenen Erdregionen. (3)

Xing-Jiang war im 19. Jahrhundert zwischen Russen und Chinesen umstritten. Die Chinesen, deren Große Mauer in der Taklamakan ausläuft, sprechen sich selbst das Recht der Nachfolge Tschingis-Chans und seines Mongolenreiches zu. Mit diesem Selbstverständnis übernahmen sie im 19. Jahrhundert die Herrschaft über die Uiguren. Die Uiguren waren zuvor von den Mongolen beherrscht worden. Die Uiguren haben bis heute viele, jedoch immer erfolglose Aufstände gegen die Chinesen unternommen und kämpfen immer noch um ihre staatliche Eigenständigkeit und ihr kulturelles Überleben.

»Wie vom Donner gerührt«

1987 unternahm ein Chinaforscher, ein Sinologe der Universität von Pennsylvanien in Philadelphia, eine Forschungsreise in den Nordwesten Chinas. Bei einem eher beiläufigen Besuch des Provinzmuseums in Urumchi war dieser Professor, wie er selbst berichtet, »wie vom Donner gerührt«, als er hier auf wüstengetrocknete Mumien stieß mit Gesichts- und Körpermerkmalen, die für diese Region in der heutigen Zeit gänzlich untypisch sind: Große, blonde Menschen mit jenen langen Nasen und tiefliegenden Augen, die lediglich für Europäer aber nicht für Asiaten kennzeichnend sind. Als hätten sich diese Menschen erst gestern zu einem langen Schlaf niedergelegt, so liegen sie in ihren gut erhaltenen, mit Rinderhaut überzogenen Baumsärgen. - Baumsärgen!? Jener Bestattungsform, die doch gerade für die (nord-) germanische Frühgeschichte so kennzeichnend ist? Im innersten Asien? Oder hat »wieder mal« Reinhold Messner (wie ihm auch beim »Ötzi« anfangs von »Anti-Sensations-Lustigen« ähnlich unterstellt wurde) Mumien im Sand verscharrt!?

Nein, die Wissenschaft ist schon viel weiter: Diese Mumien, so brachte sie zutage, stammen aus der Zeit zwischen 1800 und 1200 v. Ztr. Andere gefundene Mumien gleicher Art stammen aus der Zeit zwischen 200 v. und 200 n. Ztr. Ein halbes Dutzend von ihnen wird gegenwärtig in den Ausstellungsräumen des Provinzmuseums von Urumchi gezeigt. Aber mehr als hundert (!) andere lagern noch heute außerordentlich vernachlässigt in den Kellerräumen jenes Provinzmuseums - »unter Erhaltensbedingungen, die den westlichen Wissenschaftlern die Haare zu Berge stehen lassen«! (10, S. 41) Aber noch weiter: Unzählige weitere Mumien sind seit den siebziger Jahren an mehr als einem Dutzend verschiedener Fundorte von den chinesischen Archäologen jeweils wieder im Wüstensand zugeschüttet worden (!), ohne daß sie die westliche Öffentlichkeit und die Wissenschaft je hätte auswerten können, ja ohne daß letztere überhaupt auf sie aufmerksam geworden wäre! (10, S. 41)

Und noch heute, 30 Jahre nach der ersten Entdeckung einer größeren Zahl dieser Mumien, sind nur beunruhigend wenige Forschungsergebnisse, - dabei zum Teil in wissenschaftlich unzureichender Weise (4) - veröffentlicht, bzw. einem breiteren Publikum zugänglich gemacht worden. (5-10)

Ein noch heute wie lebendig wirkender Mann starb mit etwa 55 Jahren. Er ist 1,76 m groß, hat eine lange Nase, tiefliegende Augen, blond-bräunliches, halblanges Kopf- sowie Barthaar und helle Haut. Er trug lange Schaftstiefel aus Hirschleder und gut erhaltene, bunt und - wie es heißt - »exklusiv« gewebte Kleidung aus Ziegen- oder Schafwolle. (10, S. 41) Den herbeigerufenen westlichen Forschern mutete diese Kleidung sofort und unmittelbar europäisch an: Die Herstellung des Garns und die »exklusive« Webtechnik, die mehrfarbige Muster zuwege brachte, entspricht nur Kleidungsstücken ähnlicher Zeitstellung aus: ... Österreich (!), Skandinavien (!) und Deutschland (!)

Zu erfahren ist: »Nicht nur die Leichname, auch die Kleidung und deren Farben sind verblüffend gut erhalten.« (5, S. 163) »Die mumifizierten Toten tragen feingewebte Gewänder, bunte Wickelhosen und karierte Röcke. Rötliche oder blonde Haare quellen unter Kappen und Spitzhüten hervor. Ihre guterhaltenen langgezogenen Gesichter mit den tiefliegenden Augen, den kräftigen Nasen und den schmalen Lippen zeigen eindeutig europäische Züge. (...)

Die lebensnahen Mumien sehen aus wie wohlhabende ‚burghers', wie Jeannine Kimball-Davis sie nennt: Bürger, Händler, Kaufleute, Bauern. Ihre Kleidung aus blau, braun oder grün gefärbten Wollfäden mit karierten oder diagonalen Mustern sei nach nordeuropäischer Art gewebt, erklärt die Archäologin. Bestattet wurden die Mumien mit Gegenständen des täglichen Lebens: Töpfe, Kämme, Nadeln und Spindeln aus Holz oder Knochen sowie Brotlaibe und Kräuter. Nur selten wurden Waffen gefunden.« (7)

»Nichts von ihrer strahlenden Farb- und Leuchtkraft verloren.«

In der Schweizer Ausstellung werden nun einige der genannten Kleidungsstücke - leider aber nicht die Mumien selbst - gezeigt. Über die Muster der Kleidungsstrücke ist zu erfahren: »Da sie während zweitausend Jahren im Wüstensand begraben lagen, haben die wertvollen Stoffe mit den rätselhaften Tier- und Pflanzenmotiven nichts von ihrer strahlenden Farb- und Leuchtkraft verloren. Die Oasensiedlung Shan-pula, in deren Nähe die Stoffe gefunden wurden, liegt auf der Handelsroute zwischen China und dem östlichen Mittelmeerraum und wurde schon 1913/14 vom englischen Forschungsreisenden Sir Aurel Stein erwähnt; indes legte erst 1982 eine Überschwemmung Teile des Gräberfeldes frei. In den bäuerlichen Grabstätten waren allein die Textilien aufwendig gestaltet, die übrigen Grabbeigaben erwiesen sich als sehr karg und ärmlich. Die aus Wolle geflochtenen Gewebe und Wirkereien (...) lassen mit ihren mythischen Jagdmotiven und den rentierähnlichen Fabelwesen eher auf iranischen Ursprung schließen, sind sie doch mit den bekannten Tierkampfmotiven der asiatischen Steppenvölker kaum verwandt.

(...) Als zentrales Ausstellungsstück ist das Fragment eines Rockes mit einem Umfang von über fünf Metern zu sehen. Die dicht gefältelten Röcke haben zusammen mit dem Saum einen Umfang von bis zu fünfzehn Metern, was den verschwenderischen Gebrauch des Stoffes dokumentiert. Auf einigen der ausgestellten Streifen sind die figürlichen Motive stark ornamental angeordnet, etwa bei den geflügelten Hirschen mit Doppelgeweih. Deren Körper haben wellenförmige Umrisse, die sich in stilisierten Motiven unter- und oberhalb des Bandes fortsetzen. Die sehr modern wirkenden, seriell angeordneten Formen, die man als stilisierte Blüten deuten könnte, tauchen als abstrakte Muster immer wieder auf. Auch Wirkstreifen mit Menschendarstellungen, etwa einem Reiter mit gespanntem Pfeilbogen, begleitet von einem Adler, sind zu sehen. Bei der ausschließlich mit Pflanzen, vor allem Indigo und Krapp, gefärbten Wolle dominieren Blau-, Rot- und Gelbtöne. Die in einem abgedunkelten Raum auf graublauem Grund präsentierten, sehr gut erhaltenen Textilien nehmen einen noch heute gefangen und scheinen eine wichtige Rolle bei der Überlieferung kultureller Werte gespielt zu haben.« (5, 6)

Auch Ledermäntel wurden angetroffen. Gen-Analysen von Körpergewebe dieser Mumien erbrachten das gleiche Ergebnis wie die Kleideranalysen: Diese Mumien weisen eine größere Übereinstimmung mit (gegenwärtigen) europäischen als (gegenwärtigen) asiatischen Bevölkerungsgruppen auf.

Wie einem phantastischen Märchen entsprungen

Es war der Forschung schon bekannt, daß Schamanen- und Adelsfrauen des indogermanischen Volkes der Iraner (im ersten Jahrtausend v. Ztr.) hohe Spitzhüte trugen. Einen solchen 60cm(!) hohen, breitkrämpigen Spitzhut, der einfach nur wie aus einem phantastischen Märchen entsprungen anmutet, stellt nun auch die Kopfbedeckung eines der weiblichen Mumien in Urumchi dar! Diese Mumie stammt aus der Zeit um 1200 v. Ztr.! Wenn man diesen Spitzhut ansieht (vgl. 5, S. 165 oder 9, S. 42), möchte man meinen, man würde tief in eine vergangene - geradezu phantastische - Welt indogermanischer Vorgeschichte zurückblicken! Was muß in einer Zeit und in einem Volk alles möglich gewesen sein, in denen hochangesehene Frauen solche hohen, exzentrischen Hüte trugen? Jedenfalls erfahren wir auch: »Lederbeutel mit kleinen Messern und Kräutern bei einigen weiblichen Mumien weisen auf spezifische medizinische Kenntnisse hin. Dafür spricht auch die mit Pferdehaaren genähte Nackenwunde eines Mannes.«(5, S. 164)

 Aus religiösen Schrifturkunden, die man in buddhistischen Klöstern in den Oasen der Taklamakan gefunden hat, weiß man, daß es sich bei diesen Menschen um das Volk der Tocharer handelt. Ihre Sprache, das Tocharische, wurde vom 4. bis zum 8. Jahrhundert in den Oasen des Tarimbeckens gesprochen. Es handelt sich bei dieser Sprache um eine - und zwar die östlichste bisher bekannte - indogermanische Sprache. Aber - wiederum erstaunlich: Die Sprachfamilie des Indogermanischen teilt man nach bestimmten klaren Eigenschaften ein in die östlichen »Satem«-Sprachen und die westlichen »Kentum«-Sprachen. Alle europäischen, indogermanischen Sprachen gehören der Kentum-Gruppe, die östlichen indogermanischen Sprachen gehören der Satem-Gruppe an. Das Tocharische nun aber ist - obwohl es am weitesten östlich gefunden wurde - eine Kentum-Sprache! (7) Es mutet darum sehr wahrscheinlich an, daß die Tocharer viel später - und zwar möglicherweise direkt aus Westeuropa - in die Taklamakan zugewandert sind, als etwa die (indogermanischen) Inder nach Indien zugewandert sind. (Andere Hypothesen vermuten auch, daß sie viel früher als die anderen zugewandert sind.)

Aussagekräftige Quellen für die Geschichte Westeuropas?

Auf jeden Fall könnte sich so die Möglichkeit ergeben, daß der geistige Habitus der Kultur der Tocharer viel mehr über die indogermanische (bzw. »germanische«) Vorgeschichte Westeuropas berichtet, als Funde gleicher Zeitstellung aus Westeuropa selbst! Denn eine solche Häufung von gut erhaltenen Mumien und ihrer Textilien und Begleitfunde gibt es ja in Europa selbst - aufgrund der schlechteren Erhaltensbedingungen im Boden - gar nicht. Ja, auch etwa der geistige Habitus der - schon zum Teil hellenisierten, mediterranisierten und »verwestlichten« - Kultur der Kelten und ihrer Fürstensitze in Süddeutschland und anderswo mag diese Traditionen bei weitem nicht in so ursprünglicher Weise konserviert haben, wie dies für die Tocharer im fernen Asien gelten könnte.

Die Überreste der tocharischen Kultur scheinen deshalb einer spezifisch westindogermanischen (oder gar germanischen) Vorgeschichte sehr viel näher zu stehen, als die weitaus spärlicheren Funde gleicher Zeitstellung aus Europa selbst! Ein solcher genannter »Spitzhut« - gibt er vielleicht eine Ahnung davon, wie man sich auch die Entstehung des äußeren Erscheinungsbildes der europäischen »Hexen« (abgeleitet von »Hagediesen«, das heißt: »weisen Frauen«) vorstellen könnte? (Übrigens weisen auch die hohen, breitkrämpigen Trachtenhüte, die in den Alpen von Männern wie Frauen getragen wurden, bzw. werden, mancherlei Ähnlichkeit mit jener asiatischen Hutform auf. Jedoch ist wohl keiner selbst von diesen Hüten so hoch und spitz wie der genannte Frauenhut der Tocharerin.)

Von ihrem Gesichtsausdruck her handelt es sich bei diesen Mumien, wie man meinen möchte, um ungebundene, schlicht und einfach, unkompliziert wirkende Menschen, die auch eingebettet gewesen sein könnten in eine im wesentlichen einheitliche, der angeborenen Wesensart dieses Volkes noch entsprechenden Kultur! An welchem Ort der Erde könnte man Menschen solcher unverfälschter Herkunft und solcher kultureller Prägung noch in einer so großer Zahl in ihre individuellen Gesichter schauen? Und so sagt denn auch der westliche Erstentdecker dieser Mumien: »Wenn man neben diesen perfekt erhaltenen Körpern steht, empfindet man plötzlich eine persönliche Nähe. Als wenn in diesen ausgetrockneten Körpern noch irgendwie Leben bestünde.« (5, S. 162)

Die westliche Öffentlichkeit erfährt von all dem immer nur sehr spät und immer nur bruchstückweise. Und doch handelt es sich hier bedeutungsmäßig schlichtweg um eine Verhundertfachung der Sensation des »Ötzi«, der berühmten Gletschermumie aus den Ötztaler Alpen, jenes Mannes, der um 3300 v. Ztr. im heutigen deutschen Sprachraum gelebt hat.

Die offensichtliche Tatsache, daß die Chinesen - und auch die Uiguren - Mumien eines solchen Menschentypus nur ein auffällig geringes Interesse entgegen bringen, sollte Wissenschaft und Öffentlichkeit im Westen alarmieren und dazu auffordern, mehr für die Rettung der Überreste unserer fernen Verwandten aus einer lange vergangenen und versunkenen Zeit zu tun. Das blonde Volk in der Taklamakan - es kann uns möglicherweise vieles über uns berichten, was wir selbst längst vergessen haben.


Schrifttum:

  1. Kappeler, Suzanne: Fabelwesen der Wüste. Antike Textilien aus Zentralasien in der Abegg-Stiftung. In: Neue Zürcher Zeitung. 17.7.2001, Nr. 163, S. 53. Auch auf: http://archiv.nzz.ch/books/nzzmonat/0/$7IE25$T.html
  2. Fabulous Creatures from the Desert Sands. Katalog zur Ausstellung in Riggisberg (Schweiz) (50Fr., im Buchhandel 85Fr.)
  3. Brennecke, Detlef: Sven Hedin mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohl Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1986
  4. Staniland, Kay: Rezension von: Elizabeth Wayland Barber: The Mummies of Urumchi. (Macmillan) In: New Scientist, 15.5.1999, S. 46
  5. Frühe Europäer in Fernost. In der chinesischen Provinz Xingjiang wurden jahrtausendealte Mumien mit westlichem Aussehen entdeckt. In: Geo(-Magazin), Nr. 7 (Juli) 1994, S. 162-165
  6. Jettmar, Karl: Die Tocharer, ein Problem der ethnischen Anthropologie? In: Homo, Vol . 47/1-3, 1996, S. 34-42
  7. Kobbe, Bruni: Diese Superfrauen, die aus dem Osten kamen. Suche nach den legendären Amazonen - Mumien in China (...) legen eine heiße Spur. In: Weltwoche, Nr. 35, 27.8.1998. Auch auf: www.weltwoche.ch/3598/35.98.amazonen.html
  8. Jettmar, Karl: Trockenmumien in Sinkiang und die Geschichte der Tocharer. Verlag von Zabern, Mainz 1998 (142 S.)
  9. Der Westen hatte doch Einfluß auf China. Bild der Wissenschaft-Online, Newsticker 23.2.1999
  10. Zink, Michael: Der Mumien-Beweis. Europäer herrschten im alten China. In: Bild der Wissenschaft, 9/1999, S. 40-44
  11. Schmoeckel, Reinhard: Die Indoeuropäer. Aufbruch aus der Vorgeschichte. Bastei-Lübbe-Verlag, Bergisch Gladbach 1999

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