FRIEDRICH SCHILLER

Die Verschwörung des Fiesco zu Genua
Ein republikanisches Trauerspiel

Genuas politische Freiheit ist bedroht: Der alte Herrscher Andreas Doria hat die Stadt einst von den Franzosen befreit und auf seine Alleinherrschaft verzichtet, indem er dem neuen Kleinstaat eine republikanische Verfassung gab. Doch nun tritt sein Neffe Gianettino Doria sein Erbe an, der auf eine unumschränkte Herrschaft nicht verzichten will. Die Bürger von Genua sind in Aufruhr, denn sie erahnen schon Gianettinos ehrgeizige Pläne. Als Führer ihrer Opposition wählen sie sich Fiesco, der früher schon für die Rechte der Republik eintrat. Lange Zeit aber entzieht sich Fiesco seinen Mitverschwörern und spielt sich als genusssüchtiger Lebemann auf - wohlweislich mit der Absicht, Gianettino zu täuschen und sich scheinbar auf die Seite des reichen Adels zu stellen. Fiescos Taktik funktioniert, bald durchschaut er Gianettinos Machtabsichten und kann dessen Mittelsmann - ein Mohr, der ihn in Gianettinos Auftrag umbringen sollte - für sich gewinnen. Dieser Mohr verschafft ihm sogar die Liste mit den Namen der Senatoren, die Gianettino für seine Alleinherrschaft beseitigen will, und als Gianettino schließlich eine politische Wahl manipuliert, hat Fiesco genügend Beweise in der Hand, um alle Verschwörer hinter sich zu bringen. Sie ordnen sich seinen Befehlen unter, nur einer von ihnen ist misstrauisch. Der Republikaner Verrina wittert hinter Fiescos Auftreten denselben Machthunger, der auch Gianettino umtreibt: die Herzogskrone für sich zu gewinnen und Genua zu entmündigen! Verrina, dessen Tochter von Gianettino brutal vergewaltigt wurde, will kompromisslos die Freiheit Genuas erkämpfen, koste sie auch den Kopf von Fiesco und Gianettino. In der Tat ist Fiesco geblendet von Erfolg und Macht, schwingt sich zum Wortführer des Volkes auf, möchte es aber in Wahrheit seiner republikanischen Freiheit berauben. Wer wird der Sieger in diesem Land, das politisch aus den Fugen geraten ist: Gianettino, der ehrgeizige Erbe Dorias, Fiesco, der mit Hilfe des Volkes die Krone erlangen will oder die Verschwörer, die tatsächlich für die Freiheit der Republik kämpfen?

Der junge Schiller begann nach seinem großen Theatererfolg "Die Räuber" mit der Arbeit an diesem republikanischen Trauerspiel, obgleich er politisch verfolgt und durch das Schreibverbot seines Landesherrn gemaßregelt wurde. Er, selbst ein Opfer der aristokratischen Willkür, setzte sich über alle Zensur, Verbot und Bedrohung hinweg - und als er schließlich sein neues Stück beendet hatte (1783), musste er sich mit der harschen Kritik der Öffentlichkeit auseinandersetzen. Bearbeitung auf Bearbeitung folgte, doch Erfolg hatte das Stück erst nach Schillers Tod. Seine Aktualität beweist sich heute mehr denn je: Schiller führt den Ausverkauf der politischen Werte zugunsten der eigenen Interessen vor, zeigt die Macht als Chamäleon der wechselhaften, politischen Aussagen und zugleich die Ohnmacht politischer Ideale: "Die Republik ist ins Herz gestoßen. Was sollen wir tun?"


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