George Herman Ruth ("Babe Ruth") [06.02.1895-16.08.1948]

George Herman Ruth

("BABE  RUTH")

[06.02.1895-16.08.1948]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1869
"Baseball" (Schlagball) - eine Abwandlung des englischen "Cricket" - wird in den USA als erste Sportart professionell betrieben. (Damals sind andere Sportarten, die heute seinen Status als "Nationalsport" gefährden könnten - wie z.B. Basketball, Football oder Tennis - noch unbekannt oder - wie z.B. "Preisboxen" - verboten.)


1895
06. Februar: George Herman Ruth wird als eines von acht Kindern des Kneipenwirts Georg Hermann Ruth und seiner Ehefrau Katharina ("Kate"), geb. Schamberger, in Baltimore (Maryland) geboren.

1902
Die Eltern kümmern sich wenig um ihren Nachwuchs: Sechs Geschwister verhungern im Kindesalter, George wird zur Adoption frei gegeben. Er landet im katholischen Waisenheim "St. Mary's Industrial School", wo er den Spitznamen "Babe" erhält und Baseball spielen lernt. Er spielt auf allen Positionen: Pitcher (Werfer), Catcher (Fänger) und Hitter (Schläger). Er ist Linkshänder.

1914
April: Ruth bestreitet sein erstes Profispiel für die Baltimore Orioles. Noch in der selben Saison wechselt er zu den Boston Red Sox.


Oktober: Ruth heiratet die Kellnerin Helen Woodford (1896-1929). Die Ehe bleibt kinderlos. (Das Paar adoptiert ein Mädchen.)

1915-19
Die Red Sox gewinnen viermal die US-Meisterschaft (da Baseball außerhalb der USA nicht gespielt wird, wird diese als "Weltmeisterschaft" bezeichnet) und einmal die Vizemeisterschaft. Ruth wird zum erfolgreichsten Werfer.

1918-31
In vierzehn Spielzeiten gelingen Ruth zwölfmal die meisten Home-runs.
Insgesamt gelingen ihm in seiner Karriere 714 Home-runs (ein Rekord, der bis 1974 hält).

1920
Januar: Die Red Sox verkaufen Ruth an die New York Yankees (und werden im 20. Jahrhundert nie wieder Meister)*. Ruth steigt in New York zum bestbezahlten Mannschaftssportler der Zwischenkriegszeit auf. (1920: 52.000,00 US-$; 1927: 70.000,00 US-$; 1930 - mitten in der Weltwirtschaftskrise: 80.000,00 US-$ p.a. Der US-Präsident - bestbezahltes beamtetes Staatsoberhaupt der Welt - erhält "nur" 75.000,00 US-$ p.a. Darauf angesprochen erklärt Ruth, daß er auch mehr leiste als der US-Präsident. Lediglich einige Boxer verdienen - kurzfristig - noch mehr.) Die Zuschauerbilanz der Red Sox steigt in der Saison 1920/21 schlagartig auf das 40-fache (von 33.000 auf 1,3 Millionen).


1921
Eine breit angelegte Manipulation von Baseballspielen durch die Wettbüromafia fliegt auf und führt zu zahlreichen lebenslänglichen Sperren der bestochenen Spieler; Ruth ist einer der wenigen Spitzenspieler, die davon nicht betroffen sind; er gewinnt auch dadurch eine Ausnahmestellung in seiner Sportart.

1923
18. April: Ruth bestreitet das Eröffnungsspiel im neu eingeweihten New Yorker "Yankee Stadium", das bis zum Ende seiner Karriere stets ausverkauft ist.

1925
Ruth und seine Frau trennen sich, lassen sich jedoch als Katholiken nicht scheiden.

1927
Ruth stellt mit 60 Home-runs in einer Saison (151 Spiele) einen Rekord auf, der bis 1961 hält.


1929
April: Ruth - seit dem Unfalltod seiner ersten Frau Witwer - heiratet in zweiter Ehe die Schauspielerin Claire Hodgson.


1934
Ruth beendet seine Laufbahn als Spieler mit den Worten: "Es ist die Hölle, älter zu werden!"


1935
Ruth wird Spielertrainer bei den Boston Braves.

1936
Ruth wird in die neu gegründete "Ruhmeshalle des Baseballs" aufgenommen.

1938
Juni: Ruth wird für eine Saison Trainer der Brooklyn Dodgers.

1939
Ruth wird Ringrichter im Catchen.

1941-45
Im Zweiten Weltkrieg betätigt sich Ruth als Propagandist für die Zeichnung von "War Bonds [Kriegsanleihen]".


1942
Ruth spielt sich selber in dem Kinofilm "The Pride of the Yankees [Der Stolz der Yankees]" - dessen Held allerdings nicht er ist, sondern sein im Vorjahr verstorbener Ex-Mitspieler, vereinsinterner Konkurrent und privater Intimfeind Lou Gehrig.


(Eine deutschsprachie Fassung erscheint erst 1955 unter dem Titel "Der große Wurf".)

1946
Ruth erkrankt an Kehlkopfkrebs.

1948
13. Juni: Bei der 25-Jahresfeier des Yankee-Stadiums tritt Ruth zum letzten Mal öffentlich auf.


Juli: Der Film "The Babe Ruth Story" kommt in die Kinos.


16. August: Ruth stirbt in New York City an Krebs; er wird in Hawthorne beerdigt.
Unmittelbar nach seinem Tod beginnt ein Heldenkult, der ihn beinahe zum Heiligen macht und bis ins 21. Jahrhundert hinein andauert. An seinem Grab werden regelmäßig Baseball-Schläger und -Kappen, US-Flaggen u.a. Devotionalien nieder gelegt. Im New Yorker Spielcasino gibt es Chips mit seinem Konterfei.


* * * * *

1961
Oktober: Roger Maris bricht Ruths Saison-Home-run-Rekord - ausgerechnet in einem Spiel der New York Yankees gegen die Boston Red Sox. Der neue Rekord wird allgemein tot geschwiegen und 40 Jahre lang nicht offiziell anerkannt, Maris quasi geächtet**. Er erhält Waschkörbe voll Schmähbriefe und Morddrohungen.

1969
Ruth wird zum besten Baseballspieler aller Zeiten gekürt.

1974
Hank Aaron bricht Ruths Karriere-Home-run-Rekord.***

1992
Der Film "The Babe" kommt in die Kinos.
(Die deutsche Fassung erscheint mit dem Untertitel "Ein amerikanischer Traum". Nicht nur deutschen Zuschauern dürfte der Hauptdarsteller John Goodman besser bekannt sein als "Fred Flintstone [Feuerstein]" :-)


1998
Ruths Lebensgeschichte wird erneut verfilmt mit dem Untertitel "Das Leben hinter der Legende" - allerdings nicht als Kino-Film, sondern als knapp einstündige DVD.


1999
Ruth wird von der Nachrichtenagentur Associated Press zum "Athleten des Jahrhunderts" gekürt.****

2018
Jane Leavy veröffentlicht "The Big Fella. Babe Ruth and the world he created."


Das Buch bietet faszinierende Einblicke zu einem Aspekt, den Dikigoros in so vielen Biografien schmerzlich vermißt, nämlich dem der "Publicity" in den Medien, durch die jemand zum Publikumsliebling "gemacht" wird. Ruth' Manager Christy Walsh war Dikigoros bis dahin nicht mal dem Namen nach bekannt, geschweige denn dessen clevere Winkelzüge, Dank derer sein Mandant nach Ende der aktiven Karriere nicht mit leeren Händen da stand und in Armut sterben mußte - wie so viele Sportler u.a. "Stars" vor und nach ihm -, sondern weiter gut im Geschäft blieb und in erklecklichem Wohlstand leben konnte. Allerdings war dies schwerlich der erste Fall: Bildende Künstler - vor allem Maler - wurden bereits seit dem späten Mittelalter zu "Stars" aufgebaut, desgleichen Musiker seit dem späten 18. Jahrhundert und Schauspieler gleich nach Erfindung des Stummfilms. Ruth war nicht einmal der erste Fall unter Sportlern: Nach Aufhebung des Berufsboxverbots wurde James Corbett ("Gentleman Jim") in den USA zur ersten "Celebrity" seines Fachs, ebenso nach dessen erneuten Aufhebung (nach zwischenzeitlichem Wiederverbot während des Ersten Weltkriegs - die Männer sollten einander nicht zuhause im Ring die Schädel einschlagen, sondern den Heldentod auf dem Schlachtfeld sterben) Jack Dempsey. Amateur-Sportarten, insbesondere olympische Disziplinen - an denen Manager kein Geld verdienen konnten - blieben freilich noch einige Zeit außen vor.


*In neueren Veröffentlichungen heißt es bisweilen, die Red Sox hätten einen schweren Fehler begangen, einen so guten Spieler zu einem so niedrigen Preis - nur 120.000,00 US-$ - zu verkaufen. Tatsächlich war dies eine Rekordsumme, die auch später nur selten wieder erreicht wurde: Neben den 120.000 US-$ offizieller Ablöse erhielten die Red Sox einen "Kredit" in Höhe von 300.000,00 US-$, den sie nie zurück zu zahlen brauchten.
(Der US-$ hatte damals eine Kaufkraft von ca. 40 Euro nach der Währungsreform von 2002; das Gesamtpaket betrug also ca. 16,8 Mio Euro.)

**Ein vergleichbares Fänomen gab es nur in der Geschichte des Boxsports: Nachdem Gene Tunney den Publikumsliebling Jack Dempsey zum zweiten Mal im Kampf um die Schwergewichts-Weltmeisterschaft geschlagen hatte - wie einige meinten, nur mit Hilfe des Ringrichters (der indes streng regelkonform handelte) - und Dempsey daraufhin seine Karriere beendete, boykottierten die meisten Boxfans Tunneys folgende Kämpfe. Er trat wenig später mangels Zuschauerinteresses ungeschlagen zurück. Auch seine - sehr lesenswerten - Memoiren wollte kaum jemand kaufen.
(Beides traf ihn indes nicht besonders hart - im Gegenteil: Anders als viele seiner Berufskollegen, die sich noch Jahre lang fürs Finanzamt und geldgierige Manager blöd schlagen ließen, heiratete er eine reiche Erbin, wurde ein erfolgreicher Geschäftsmann und lebte gesund und glücklich, bis er mit 81 Jahren eines natürlichen Todes starb :-)

***Beide Rekorde - sowohl der von Maris als auch der von Aaron gehaltene - wurden seit 1998 wiederholt gebrochen; allerdings stellte sich im Nachhinein heraus, daß die neuen Rekordhalter allesamt gedopt waren. Dikigoros hat das nie so recht verstanden. Er selber hat zwar nie aktiv Baseball gespielt (sondern "nur" Basketball, Handball, Volleyball und Tischtennis), aber soviel glaubt er doch begriffen zu haben, daß es dabei vor allem auf Geschicklichkeit ankommt: Was hilft einem Kraft und Schnelligkeit, wenn man den Ball nicht richtig trifft? Und was die schönste Ausdauer, wenn man eh die meiste Zeit herum steht? Aber vielleicht täuscht er sich: Die Regeln aller Ballsportarten haben sich, seit er jung war, ganz erheblich geändert, auch und vor allem, was das Spielgerät betrifft. Vielleicht verhält sich der moderne Aluminium-Schläger zum alten Holzschläger - mit dem Ruth und Maris antraten - wie der moderne Plastik-Fußball zum alten Leder-Fußball? Dann käme es nicht mehr so sehr auf Geschicklichkeit an - aber dann dürfte man die alten Rekorde gar nicht mehr an den neuen messen, sondern müßte eine neue Zählung aufmachen!

****Der Titel "Athlet des Jahrhundert" genießt allerdings infolge der Verleihung durch Dutzende verschiedener Institutionen an Dutzende verschiedener Athleten kein besonders hohes Ansehen.
Als das Time Magazine ein Jahr zuvor seine Liste der "einflußreichsten Personen des 20. Jahrhunderts" veröffentlichte, war Ruth nicht dabei, sondern - als einer von nur drei Sportlern und als einziger Baseball-Spieler - Jack ("Jackie") Robinson, dessen Hauptqualifikation darin bestand, daß er 1947 als erster Farbiger von der Negro League in die Major League gewechselt war und daher als Aushängeschild der angeblichen "Rassenintegration" in den USA herhalten gelten mußte konnte. Welch merkwürdige Blüten diese Politik trieb, sieht man auch daran, daß die Major Leage ihren Vereinen 1997 verbot, jemals wieder einem anderen Baseball-Spieler "seine" Rückennummer (42) zu geben, außer am 15. April - dem Tag seines Liga-Wechsels, der 2004 zum nationalen Gedenktag ("Jackie Robinson Day") erhoben wurde, an dem möglichst alle Spieler mit dieser Rückennummer auflaufen sollten.

(Man muß dazu wissen, daß die "Macher" jener Liste ausschließlich Neger[innen] und Juden waren. Alte weiße Männer u.a. Christen sind dort entsprechend dünn gesät; alle drei "bedeutenden" Sportler - neben Robinson noch der Boxer Cassius Clay alias "Muhammad Ali" und der Balltreter Edson Arantes do Nascimento alias "Pelé" - sind Neger.)


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