zurück zu Idi Amin: Forest Whitaker spielt Rolle seines Lebens
Ein Spielfilm hat diese Probleme nicht, und erfahrungsgemäß sind historische Biopics umso glaubwürdiger, je deutlicher sie sich zum fiktiven Anteil bekennen. Die besondere Qualität von Kevin Macdonalds Regie besteht darin, wie souverän sie mit veristischen und irrealen Momenten jongliert. Der große Forest Whitaker ist dem überlieferten Bild Idi Amins so nahe, dass es erschreckt. So enthalten die Szenen mit ihm stets ein realistisches Moment, um das herum sich fast spielerisch arbeiten lässt.
Der Film beginnt in freundlichen Farben, sie stehen für die Hoffnung auf ein modernes, postkoloniales Uganda, das sich von der Schreckensherrschaft Obotes mit ihrer halben Million Todesopfer erholen möchte. Die hervorragende Kameraarbeit stammt von Anthony Dod Mantle, der Lars von Triers letzte Filme fotografierte. Nur sehr langsam verfinstert sich das Bild, dann jedoch wird ein Delirium daraus, ein Fiebertraum. Als Garrison eine Affäre mit einer Nebenfrau
des Diktators beginnt, stößt er eine Kettenreaktion paranoiden Wahns an. Zugleich hat er sich verstrickt im System aus Gefällig- und
Abhängigkeiten.
Diese Konflikte erklären nicht die politischen Hintergründe dieser von vielen Industrienationen als Bollwerk gegen den Kommunismus unterstützten Schreckensherrschaft. Vielleicht hätte man den Versuch eines politischen Überbaus wagen sollen, denn dieser Film ist so gut gemacht, dass dies wohl auch noch hinein gepasst hätte. Was er aber noch immer vermittelt, ist ein allgemeines Verständnis dafür, wie es geschehen kann, dass sich sympathische, begeisterungsfähige Intellektuelle mit Diktatoren einlassen. Dazu gehört, im schillernden Despoten jenes Faszinosum adäquat freizulegen, das man so gerne
verniedlicht oder banalisiert. Es muss etwas ungemein Verführerisches allein darin liegen, Einfluss auf derart mächtige Menschen ausüben zu können. Dann verschwinden Zweifel, man glaubt, auf einer Ebene mit diesem Menschen verkehren zu können. Der Nährboden ist Eitelkeit, sie ist das eigentliche Thema dieses Porträts einer vorgeblichen Freundschaft.
Kein Medienbericht über Idi Amin war denkbar ohne die Andeutung einer solchen Handreichung. Irgendeinen Gunstbeweis gegenüber dem Journalisten konnte man immer entdecken in all den Interviews und kurzen Filmberichten. Dieses Quäntchen potentieller Korrumpierbarkeit aufzuspüren und zu einer großen Filmerzählung auszuspinnen, zeugt von einer besonderen Aufmerksamkeit dafür, wie sich Geschichte in den Medien überliefert. Dass in diesen Medien auch am
schnellsten vergessen wird, ist eine andere Geschichte. Es war wie eine
Stimme aus der Vergangenheit, mit der sich Idi Amin vor drei Jahren in
Erinnerung rief: Mit achtzig starb er friedlich in Saudi-Arabien.
Der letzte König von Schottland, Regie: Kevin Macdonald, Großbritannien 2006,
123 Minuten.