Wirtschaftskriminalität

Frankfurter Immobilienskandal weitet sich aus
(dpa 24.09.2004, FAZ 25.09.2004)

Der Frankfurter Korruptionsskandal in der Banken- und Immobilienbranche zieht immer weitere Kreise. „Die Anzahl der Beschuldigten liegt mittlerweile bei weit über 50”, sagte der ermittelnde Oberstaatsanwalt Wolfgang Schaupensteiner.

Am Freitag sei ein fünfter Verdächtiger in Untersuchungshaft genommen worden. Leitende Angestellte bei Immobilienfonds, Immobiliengesellschaften von Banken und Freiberufler wie Architekten in ganz Deutschland sollen bei Grundstücksgeschäften Schmiergelder in Millionenhöhe gezahlt oder angenommen haben.

Einige Beschuldigte packen aus

Grund für die sich ausweitenden Ermittlungen dürfte unter anderem die Aussagebereitschaft einiger Beschuldigter sein. So räumte der mittlerweile verhaftete frühere Geschäftsführer des größten deutschen Immobilienfonds, der Deka Immobilien Investment, nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht nur die gegen ihn erhobenen Vorwürfe ein.

Er habe darüber hinaus umfangreiche Aussagen gemacht, die für die Ermittler ein „Erkenntnisgewinn” seien. Zu den konkreten Vorwürfen oder dem Inhalt der Aussagen gab es keine Auskunft. Bei den Ermittlungen ist noch kein Ende in Sicht.

Fehlendes Problembewußtsein beim Thema Korruption

Der Schmiergeldskandal ist nach Ansicht der Staatsanwaltschaft eine Folge fehlenden Problembewußtseins für Korruption in der Immobilienwirtschaft. „Kontrollen der Investmentgesellschaften waren stets auf Werthaltigkeit und Rentabilität der Objekte angelegt, nicht auf das Erkennen krimineller Machenschaften”, sagte Schaupensteiner in einem dpa-Gespräch.

Es müsse eine „heilsame Verunsicherung” in der Immobilienwirtschaft Platz greifen. Es sei unrealistisch zu glauben, der Skandal sei ein Einzelfall. Der „Frankfurter Rundschau” (Samstag) sagte Schaupensteiner, das Vertrauen der Anleger in die Fonds könnte nachhaltig erschüttert werden.

Kontroll-Lücken müssen geschlossen werden

Die Beschuldigten sehen sich dem Staatsanwalt zufolge nicht als kriminell an. Viele der Verdächtigen überrasche bei den Verhören geradezu, daß sie sich nicht nur der Steuerhinterziehung, sondern auch der Untreue, der Bestechlichkeit oder des Bestechens schuldig gemacht haben sollen.

Neue Gesetze seien zur Lösung des Problems indes nicht nötig: „Es müssen nicht Gesetzeslücken, sondern Kontroll-Lücken geschlossen werden.” Die Branche sollte sich nach Ansicht Schaupensteiners mit der Staatsanwaltschaft an einen Tisch setzen, um für die Zukunft auszuloten, wo es Schwachstellen gibt und wie diese zu beseitigen sind.


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