ZU SCHÖN, UM WAHR ZU SEIN . . .

Das gab's nur einmal, das kommt nie wieder: Wie
einer der berühmtesten Ufa-Schlager entstand

Werner Richard Heymann (Tagesspiegel Kino-Rückblick, 04.09.2001)

Im Frühsommer 1931 saß ich eines Abends mit Robert Gilbert auf dem Balkon meiner Berliner Wohnung, und wir hatten gerade eine Flasche Frankenwein ausgetrunken. Wir waren beauftragt, für den Film "Der Kongress tanzt" ein optimistisches Lied zu machen, das war die ganze Vorgabe. Von Gilbert, der außerordentlich produktiv war, kam ein Einfall nach dem anderen. Lauter gute Textanfänge, aber ich war nicht so recht überzeugt. Als ich wieder einmal den Kopf schüttelte, sagte er fast resignierend: "Das gibt's nur einmal, das kommt nicht wieder." Da habe ich gesagt: "Das ist großartig, einen Moment", bin zum Flügel gegangen und habe den Refrain gespielt. Das hat alles in allem vielleicht zwei Minuten gedauert. Innerhalb von fünf Minuten hatte er den Text dazu formuliert, in weiteren fünf Minuten war die Vormusik fertig. Wir hatten ein komplettes Lied, das wunderschön zu sein schien.

Plötzlich sagte Gilbert: "Das ist herrlich, aber was ist das, das gibt es doch schon!" Ich fand auch: Diese großartige Sache kann dir nicht eben erst eingefallen sein. Die musst du irgendwo gehört haben. Man hat als Komponist immer eine furchtbare Angst, vor allem, wenn man glaubt, einen besonders populären Einfall zu haben, dass das schon da gewesen ist. Ich sah Gilbert also traurig an und sagte: "Ja, das muss es schon geben, es ist undenkbar, dass eine so simple Tonfolge..." Es war inzwischen zehn Uhr abends, und wir haben bis zwei Uhr morgens zusammen gesessen und uns das Hirn zermartert, haben aber nichts gefunden, woraus ich die Melodie gestohlen haben könnte. Am nächsten Morgen bin ich von neun Uhr früh bis drei Uhr nachmittags durch die Büros aller Berliner Musikverleger gezogen und habe ihnen die Melodie vorgesungen, und alle sagten, dass sie die Melodie nicht kennen. So kam ich allmählich zu dem Schluss, dass sie wirklich von mir war.

Erst dann sind Gilbert und ich zu Pommer (Ufa-Chef Erich Pommer, Anm. d. Red.) gefahren. Ich habe es ihm vorgespielt, Pommer war begeistert und sagte: "Das ist wunderbar, aber woraus ist das?" Und wir konnten ihn beruhigen, dass wir das inzwischen geklärt hatten. Am Abend kam Charell (Erik Charell, Regisseur von "Der Kongress tanzt"). Pommer pfiff ihm die Melodie vor und Charell sagte: "Das wird der Mittelpunkt meines ungeborenen Films."

Das Lied "Das gibts nur einmal, das kommt nicht wieder, das ist zu schön, um wahr zu sein", dessen Entstehungsgeschichte Werner Richard Heymann hier beschreibt, wurde einer der erfolgreichsten Ufa-Schlager. Lilian Harvey sang es zum ersten Mal im Film "Der Kongress tanzt" aus dem Jahr 1931. Werner Heymann, 1896 in Königsberg geboren, schrieb Songs für die Comedian Harmonists, Heinz Rühmann und die Knef, emigrierte nach Hollywood, freundete sich dort mit Ernst Lubitsch und Greta Garbo an, wurde mehrfach für den Oscar nominiert und starb 1961 in München. Wir entnehmen den Text seiner Autobiografie "Liebling, mein Herz lässt dich grüßen", die posthum im Berliner Henschel Verlag erscheint (Hg. v. Hubert Ortkemper, 303 Seiten, 48 DM). Am Donnerstag (19 Uhr 30) wird der Band in "Clärchen Ballhaus" (Auguststr. 24) vorgestellt. Claudia Hübbecker singt, am Klavier von Uwe Hilrecht begleitet, bekannte und unbekannte Heymann-Lieder, Horst Hiemer liest aus dem Buch.


zurück zu Schtonk - ein Eishauch der Geschichte

heim zu Reisen durch die Vergangenheiz