Was bedeutet Ihnen Brecht heute?

Die ZEIT befragte (1998) Autorinnen,
Theaterfrauen und Politikerinnen

Gisela von Wysocki, Autorin:

Der Mann ist geistig geröntgt, literaturgeschichtlich entbeint, moralisch verschrottet worden. Was man jetzt noch sagen könnte, bewegt sich im leeren Raum, in der vierten Dimension.

Ein Fantomas, zu Lebzeiten schon, dessen Spektrum vom erhobenen Zeigefinger des Diamat bis zur Schlaumeierei des Schlawiners reichte. "Avantgarde", sagte Marieluise Fleisser und handelte unter diesem Begriff den ganzen Kerl als Titelhelden ihrer Erzählung schwungvoll ab. Sie selber von Schrammen übersät, von Verätzungen gezeichnet. Das ist nicht wenig bei dieser Wagemutigen, die geglaubt hatte, ohne mit der Wimper zu zucken, den Härtetest ihres Lebens bestehen zu können: mitten in München einem Alien zu begegnen. Ein ungezogener Professor Higgins der modern times, der keulenschwingend aus dem tiefen Wald zu kommen schien. Als erste Anschaffung für die Berliner Wohnung besorgte er sich eine Axt, um Nägel einzuschlagen. "Langsam, jedoch unaufhaltsam wurde das Problem der großen Städte lösbar", schrieb er über das Verhältnis von Axt und Nagel. Ungeschlachter Tamerlan oder geschmeidiger Mackie Messer: ein Vexierbild jedenfalls, ein bereits postmodernes.

Deshalb wollen wir ihm nicht mit Nachdenklichkeit kommen. Nehmen wir erstaunt zur Kenntnis, was daraus wird, wenn jemand das Tempo, die Stadt, die Evolution und das Maulaufreißen systematisch überschätzt. Das ist schon sehenswert. Hörenswert. Ein movie besonderer Art. Es gibt bessere Menschen als ihn, aber auch weniger inspirierte.

Erfindungen oder Patzer, es kommt nicht wirklich darauf an. Die gute Sichtbarkeit der Dinge war das einzig Entscheidende. Der Mann wollte keine Schauspieler auf der Bühne sehen, sondern Protagonisten. Kompakte, schwergewichtige Bedeuter. Unübersehbar wie der Preisboxer Paul Samson-Körner oder die im Zeitraffer aufblühenden Blumen im Kino. Fintenreiche Organismen, beschleunigte, sprungbereite Wachstumsprozesse. Möglichst monströse Ableger sollten es sein, Verwandte der eigenen "frechen" Erbmasse. Der Weigel schrieb er, sie möge den Sohn zur Unterhaltung mit einer Maschine "auf 3-5 Millimeter kahlscheren". Er wollte den nackten Schädel sehen. Im übrigen fand er Kinder als literarische Objekte ungeeignet: zu weise, zu defektlos, um interessant zu sein. Man muß daraus schließen, daß er die Literatur den Abweichlern, den Mängelwesen, den Überlebensgroßen oder den zu klein Geratenen zugehörig sah. Und recht hatte er.

Da sieht man es wieder! Schon mischt man selber mit beim Brecht-ist-ein-Unhold-Spiel, der Mann bietet sich halt dazu an. Geradezu generalstabsmäßig, deutsch-konsequent hat er sich in diese Rolle hineinmutiert; zielstrebig an sich als Widerling gearbeitet. Das allein schon verdient die Anerkennung des Publikums. Den Anstrich des Guten putzt man den Leuten schnell von der Haut. Das Böse haftet besser, es ist von einem anderen, haltbareren Stoff. Und viel geeigneter, von sich reden zu machen als die guten Taten, die gut vor allem dann sind, wenn sie im verborgenen blühen.

Von dieser Wahrheit muß er früh gewußt haben. Mit dem Schauspieler Hans Albers verband ihn das Gespür für große Auftritte. Mit diversen napoleonischen Überzeugungstätern der Geschichte das Geschick, aus der eigenen Person ein Unikat zu zimmern.

Man braucht doch nur an die Photos aus Augsburg zu denken, an den Sohn, den Gymnasiasten, den Studenten der Medizin. Wie da, vorhanglos und verletzlich, die Augen hundeaugenhaft einem entgegenstarren. Unbekleidet, fast lyrisch. Die Wangen, slawisch. Wie später dann alles Molluskenhafte gewichen ist, Mann ist Mann, und ein gestrafftes, normativ umgebautes Gesicht, ein Gesicht für die Stadt, dabei herausgekommen ist. Es ist wie mit dem Auto, auf die Karosserie kommt es an.

Da hat sich einer verfeinert, indem er ein Grobian wurde. Bei diesem ungewöhnlichen Experiment wollten viele gern dabeisein und zu Diensten. Schauspieler, Regisseure, Mädchen und Frauen. Das Experiment strahlte aus, es entwickelte die ungewöhnlichsten Eigenschaften, machte die Luft ein bißchen elektrischer, das Leben etwas kecker.

Und doch hat er als Autor nichts anderes getan, als seinen Erkenntnisvorsprung, so gut es ging, sozial zu nutzen. Vielleicht das einzige, was er bei sich nicht gemocht hätte: den Gedanken, daß genau dies ihn in die Nähe eines anderen deutschen Dichters gerückt hat, Johann Wolfgang von Goethe. Wann hat der eigentlich den nächsten Geburtstag?

Christa Berndl, Schauspielerin:

Gerade bereite ich mich auf eine Brecht-Rolle vor und fand dabei in "Theaterarbeit" (Berlin 1961) seinen Aufsatz: "Will man Schweres bewältigen, muß man es sich leicht machen."

"Ganz gleich ob der Schauspieler auf der Bühne außer sich geraten oder in sich bleiben soll, muß er verstehen, sich das Spiel leicht zu machen. Er muß sich zunächst den Schauplatz erobern, das heißt, sich über ihn Bescheid verschaffen, wie ein Blinder sich über einen Platz Bescheid verschafft. Er muß sich seinen Text so einteilen, modulieren, durchschmecken, daß er ihm liegt. Er muß seine Bewegungen, was immer sie ausdrücken, so arrangieren, daß sie ihm schon durch ihre Rhythmik und Plastik Spaß machen. Das alles sind sinnliche Aufgaben, und das Training ist ein körperhaftes. Macht der Schauspieler es sich nicht leicht, macht er es dem Publikum nicht leicht."

Diese Sätze des Theatermannes Brecht sind für mich auch heute noch aktuell und bedeutsam.

Sigrid Weigel, Germanistin:

Wenn bei der Neulektüre vertrauter Texte plötzlich Überraschendes und früher Übersehenes zutage tritt und dies ein intensiviertes Interesse, gar eine Obsession einleitet, dann kann man vom günstigsten Fall eines Klassiker-Jubiläums sprechen. Für mich ist dieser Fall im Heine-Jahr eingetreten. Den schlechtesten Fall, ein Erlöschen des Interesses bis zum degré zero, befürchte ich durch die Artikel- und Veranstaltungsflut des anstehenden Brecht-Jahres, zumal mein Ausgangsinteresse bereits gegen Null tendiert.

Meine beharrliche Indifferenz gegenüber der Literatur Brechts ist das Resultat eines vermutlich generationsbedingten Überdrusses, eines Germanistikstudiums Anfang der siebziger Jahre. Die Unvermeidlichkeit, mit der man "damals" im Klo jeder Wohngemeinschaft auf das Plakat mit einem Lehrsatz Brechts blicken mußte, und die endlosen Erörterungen der "Brecht-Lukács-Debatte" und der Lehrstücke in den Seminaren hinterließen eine bleibende Unlust, überhaupt einen Brecht-Text zur Hand zu nehmen. Ganz anders ist es mit dem Gehörten und Gesehenen; unauslöschlich eingeschrieben ins Gedächtnis sind die Songs aus der "Dreigroschenoper" und aus "Mahagonny", daneben einige Theater-Bilder, zum Beispiel aus der unvergeßlichen "Coriolan"-Inszenierung des Brecht-Theaters (sechziger Jahre) oder aus einer wilden, anarchischen Inszenierung von "Im Dickicht der Städte" in Hamburg. Ohne die unter die Haut gehenden Töne Eislers und Weills, ohne Dramaturgie, als bloß gelesene, entfalten die Texte Brechts vor allem ihre kalt-rationale Dimension, jenen Keuner-Ton eines "reinen Denkmenschen ohne Affekte" (Benjamin).

Daß Brecht, seiner antikonventionellen Montage- und Zitatästhetik zum Trotz, bei Lebzeiten schon zum Klassiker erstarren konnte, ist der paradoxe Effekt seiner Popularität und vielleicht zu großen Wirkung, der allzu direkten Zeitgebundenheit und Handlungsorientierung seiner Arbeit. In bezug auf die Worte Keuners und Fatzers hat Benjamin einmal formuliert: "Ihre pädagogische Wirkung haben sie zuerst, ihre politische sodann, ihre poetische ganz zuletzt." Die erst- und zweitgenannte Wirkung haben Brechts Worte, so fürchte ich, im Übermaß genossen. Auf der Suche nach der dabei zu kurz gekommenen poetischen Wirkung, beim Wiederlesen jetzt, sind seine Texte für mich weitgehend eine intellektuelle Topographie ohne jedes Mysterium geblieben. Bleibt abzuwarten, ob die Theater dieses ändern können.

Elfriede Jelinek, Schriftstellerin:

Sich bis zum äußersten entäußern, das tut der Dichter gern. Erst dann wird er ganz seine Äußerung, er geht in ihr auf und verschwindet. Brecht wollte alles geben, doch dafür mußte er viel aufnehmen, vielleicht mehr als andere. Und das Aufnehmen und das Abgeben stehen bei ihm in einem sehr wohl durchdachten Verhältnis zueinander. Ja, die Abgabe erfolgt kontrollierter als bei den meisten anderen Autoren, denke ich. Er hat alles genommen; besonders viel, und das wird derzeit gerade wieder überall diskutiert, von den Frauen, die ihn geliebt und ihm mit der Kraft ihrer Zuneigung zu-gearbeitet haben, und dann hat er es in den Mixer geschüttet, vielleicht war's aber auch eine Sanduhr, die immer nur umgedreht werden mußte, wenn sie leer war: Brecht, ein Sprachagglomerat, Sand, der durch Sand rinnt, der eine vom andern nicht unterscheidbar. Oft fließt dabei Nahrung, wie unter anderem Jürgen Manthey nachweist, der sich mit der auffallend ausgeprägten Oralität bei Brecht beschäftigt hat. Auch ein Dichter, der Hungerzeiten kennt, würde nicht unbedingt diese Leere in sich als eine des Magens auffassen, den er vielleicht von seinem Bewußtsein nicht immer unterscheiden kann. Das Bewußtsein stellt sich seinen Gegenstand vor und vergleicht ihn mit dem, was der Gegenstand für denjenigen, Der Es Weiß, bedeutet, also die Differenz zwischen Wahrheit und Wissen. Das, was Brecht von den Dingen wußte, hat er ihnen in seiner Dichtung aufgezwungen, in der Ahnung, daß er es vielleicht doch nicht so ganz genau gewußt haben könnte und daß er es den Dingen besser noch einmal und immer wieder sagen sollte, damit sie es nicht vergessen. In diese Entzweiung, in diesen immer offenen Spalt (wie ihn auch die Frauen haben!), zwischen seinem Wissen und seinem Gegenstand also, hat er das geschüttet, was immer greifbar (und offenkundig für ihn, einen meiner Meinung nach ewig nach der Mutter Schreienden, der dauernd den Schnabel aufsperrt und unermüdlich alles darin einsammelt, was ihm da hineingeworfen wird) und vorstellbar ist: das Fressen. Dann erst die Moral, die aber am Fressen untrennbar dranhängt. Doch gerade in der Maßlosigkeit des ständig nach jeder Art von Nahrung Verlangenden muß Die Regel, die er selbst aufgestellt (oder die ihm hingestellt worden ist) hat, eingehalten werden, der Lehrzwang. Aus dem Leerzwang.

Roland Barthes weist ja auch für den Libertin de Sade nach, daß dessen Verausgabungssucht längst keine schrankenlose ist. Das Essen, minutiös geschildert, ist nötig, um die Spermienbehälter der Herren wieder aufzufüllen (übrigens wird auch die Nahrung der vorgesehenen Opfer ebenso detailliert beschrieben!), nur um sie dann gleich wieder leeren zu können. Aber in der intrikaten Schilderung all der Nahrungssorten und ihrer Zubereitung wird wieder Ordnung gemacht, die Unordnung wird den Handelnden genau zugemessen, damit aus ihr möglichst schnell wieder Ordnung entstehen kann, das Lehrstück, das Gedicht mit der Moral am Schluß (das auf diese Moral hin geschrieben ist!). Doch diese genaue Bestimmung erfolgt bei de Sade im Hinblick auf die "Unzucht" als sexuelle Überschreitung, bei Brecht auf das Bewußtsein der Selbstvergeudung als Künstler hin, auf die der Dichter, trotz der Zucht, die zwischen seinen Schenkeln und auf seinem Schreibtisch immer wieder hergestellt, ja wie eine Ware erzeugt worden ist (damit seine Frauen "bei der Stange" blieben), größten Wert gelegt hat, aus der Ahnung heraus, daß ihm ohnedies nichts anderes übrigblieb. Denn da ist immer ein Rest, der dem Dichter, der sich das schon manchmal selber gedacht hat, nicht zu Gebote steht und der sich niemals zwingen läßt.

Elke Lang, Schauspielerin :

Ich habe Brecht weder gespielt noch inszeniert, unsere Wege haben sich nie gekreuzt. Nur einmal in Augsburg. Ich stand als Anfängerin auf der Bühne, vor der er einmal als Schüler im Parkett gesessen hatte, um Kritiken zu schreiben.

Aber begegnet in Gestalt bin ich ihm oft. Besser gesagt: seiner Reinkarnation in Gestalt der misogynen Garde seiner Schüler und Epigonen, die wie er eine Frau nur als Hure, Mitarbeiterin oder Mutter erträgt. Andere Frauenbilder sind nur als Bühnenfiguren denkbar. Mit und ohne Mütze, Jacke und Zigarre, diese männliche Mischung aus Genie und Größenwahn hat sich von Augsburg nach Berlin bewegt und seinen Tod überdauert.

Und manchmal wünsche ich mir, alle seine Kopisten würden noch mal seine Liebesgedichte lesen. Da sind Zwischentöne hörbar, im Umgang der Geschlechter, Wertschätzungen und Sehnsüchte, die selten geworden sind in der allgemeinen Zerstörungswut.

Christina Weiss, Kultursenatorin:

Als ich in einem schwarzen winzigen Kellertheater Brechts Keuner-Geschichten sah und erlebte, waren diese exemplarischen Gesten auf der Bühne für mich die Offenbarung eines neuen Lebens ohne Schnörkel und eines kritischen Denkens, das ich von nun an - ich war damals siebzehn - beherzigen wollte.

Ein klares Denkvorbild und ein unbestechliches Haltungsvorbild - dem trotzdem bald die Sinnlichkeit und emotionale Komplexheit anderer literarischer Entwürfe eine heftige Konkurrenz wurden. Dann überzeugte mich im Studium der Literaturwissenschaft die bestechende Klarheit des epischen Theaters, das Distanz schafft durch die ständige Unterbrechung der Handlung, und ich erfuhr die Faszination des Verfremdungseffektes, der die Zuschauer aus den Gefühlen beim Betrachten der menschlichen Geschichte auf der Bühne herausreißt und sie zum Sichwundern bringt, und das heißt, sie zum Nachdenken zwingt über die Zustände, in denen sie selbst leben.

Sich selbst im Wirkungsprozeß des Kunstwerks bewußt wahrzunehmen, das ist eine der für mich immer gültigen Lehren Brechts. Der Mensch, der im Theater zu solcher Selbstreflexion provoziert wird, ist veränderungsfähig im eigenen Alltagsumfeld.

Heute aber weiß ich die Wirkung Brechtscher Texte nur noch in Verbindung zu Musik wirklich zu schätzen - einer Musik, die der rational aufrüttelnden Absicht der Worte eine emotionale Dynamik und mitreißende Rhythmik hinzufügt.

Der Schrei des erkennenden und entdeckenden Textes braucht den Laut der Musik: laut und schrill und voller Power akuter Sinnlichkeit.

Eva Demski, Schriftstellerin:

Zusammen mit dem Glauben an die Veränderbarkeit der Welt sind mir Brechts Theaterstücke allmählich abhanden gekommen - oder ich ihnen. Dafür ist mir der Dichter Brecht immer lieber geworden. Für die Frauen kann einer doch nicht ganz schlecht sein, der seiner Gefährtin in einem Gedicht die Worte widmet ... "Dulde den mindern / Liebreiz der Wang / Siehe, der Hintern / Gleicht sich noch lang." Das kleine dicke rote Suhrkamp-Brikett mit den Gedichten Brechts ist eines jener Auf-die Insel-mitnehm'-Bücher.

Ruth Klüger, Germanistin:

Ein Klischee über Brecht lautet, daß er zu den wenigen Dichtern gehört, deren Produktion in den Exiljahren reifte. Als ich 1968 in Cleveland Brecht auf englisch unterrichtete und Brecht-Zitate aus meiner Vorlesung in der Studentenzeitung wiederfand, da schien er mir das Relevanteste (ein damaliges Modewort), was die deutsche Literatur an einer amerikanischen Universität zu bieten hätte. Heute meine ich, daß der beste Brecht der frühe war: "Dreigroschenoper" und "Hauspostille" haben nichts an Frische und Frechheit eingebüßt, während sogar der "Kaukasische Kreidekreis" und gewiß "Galileo" immer weniger Hunde hinter dem Ofen hervorlocken. Obwohl er ein begnadeter Lyriker war und blieb, so gibt es doch im Spätwerk Ausrutscher, die der junge Brecht, mit seinem untrüglichen Gespür für das mot juste und den richtigen Vers, spielend vermieden hätte, und das nicht nur in den Huldigungen an Stalin, "des Sovietvolkes großer Ernteleiter". Brechts Sozialismus, der mir früher als das unerläßliche intellektuelle Gerüst seiner Stücke vorkam, geht mir heute als rechthaberische Besserwisserei, die die Schwarzweißmalerei der geschilderten Figuren zur Folge hat, auf die Nerven. Ähnlich steht es mit George Bernard Shaw, der in meiner Jugend als der bedeutendste lebende Dramatiker englischer Sprache galt, auch er ein witziger Besserwisser, der jetzt nur noch selten erwähnt und noch seltener aufgeführt wird.

Aber es gibt auch andere Kontexte: So hat die Frauenbewegung der Erzählung "Die unwürdige Greisin" Rückenwind verliehen. Und "Der gute Mensch von Sezuan", wo die Heldin die männlichen/weiblichen Stereotype ihrer Gesellschaft manipuliert, ist noch immer die schönste Doppelgängergeschichte, die ich kenne. Fazit: Selbst wenn wir zwei Drittel der Gesamtausgabe verwerfen, so bleibt noch immer ein moderner Klassiker übrig.

Zoë Jenny, Schriftstellerin:

Wäre Bertolt Brecht ein Land, dann läge es irgendwo im Nordosten. Es gäbe keine Tage und keine Nächte, sondern es wäre immer gerade am Eindunkeln. Die Luft röche nach Rauch und nassem Holz. Es gäbe kein Meer, keine Seen und Flüsse; nur ebenes Land mit sehr vielen Bäumen, zum Teil sehr alten Bäumen. In die Stille hinein hörte man von Zeit zu Zeit das Trompetengeschmetter der Kraniche, die in dichten Schwärmen über den Himmel zögen.


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