Mittelständler warnt vor China-Engagement

Pipelinebauer Vietz zieht sich verbittert aus dem asiatischen Boomland zurück

Nach mehreren Betrugsfällen schließt der Pipelinebauer Vietz sein Geschäft in Rotchina.
Unternehmer Vietz warnt andere Mittelständler vor dem Schritt ins asiatische Boomland.

von Harald Maas (Frankfurter Rundschau, 02.08.2005)

mit einer Nachbemerkung von N. Dikigoros

Peking · 1. August · Zwei Jahre kämpfte Eginhard Vietz um sein Geschäft in China. Als die staatlichen Banken ihm dringend benötigte Kredite verwehrten, suchte der Hersteller von Spezialmaschinen für den Pipelinebau Hilfe bei der deutschen Botschaft. Als die chinesischen Joint-Venture-Partner seine Betriebsgeheimnisse klauten, versuchte der Unternehmer aus Hannover, die Firma bei Peking alleine weiter zu führen.

Die Probleme hörten jedoch nicht auf. Viets suchte Rat bei der chinesischen Botschaft in Berlin. Sogar das Kanzleramt schaltete sich im vergangenen Jahr ein. Genützt hat es alles nichts. Vor wenigen Wochen beschloss Vietz, seine Unternehmungen in China zu schließen. "Ich kann nur andere Mittelständler warnen, nach China zu gehen", sagt er bitter.

Ein einziger Albtraum

Für den 64 Jahre alten Vietz, dessen Firma weltweit aktiv ist, war sein China-Investment im Rückblick ein einziger Albtraum. 2003 hatte er auf Druck verschiedener chinesischer Behörden und staatlicher Ölfirmen ein Produktions-Joint-Venture bei Peking gegründet. 35 chinesische Beschäftigte sollten in dem Werk nach Plänen aus Hannover Schweißgeräte und andere Spezialmaschinen für den Pipelinebau herstellen. Doch schon bald merkte Vietz, dass seine chinesischen Partnerfirmen ihn hintergingen. "Sie hatten Mitarbeiter in der Firma installiert, die nur das Ziel hatten, möglichst viel Know-how abzuziehen", sagt Vietz.

Der Unternehmer trennte sich von den Partnern, meldete die Firma auf sich alleine um, stellte neue Leute ein. Doch die Schwierigkeiten nahmen noch zu. Immer öfter musste Vietz nach China reisen, um dort Krisen zu bewältigen. Mal stellte er fest, dass die gesamte Buchhaltung illegal war und Personalakten fehlten. Mal wollten die Banken dem Unternehmen, das zahlreiche Aufträge aus Russland und anderen Nachbarländern hatte, keine Kredite gewähren.

Im April dieses Jahres stellte Vietz fest, dass ein von ihm eingestellter Betriebsleiter heimlich für eine Konkurrenzfirma arbeitet, was in China nicht selten ist. Als der Unternehmer dem Mann kündigen wollte, spitzte sich die Lage zu: Dieser habe versucht, einen Laptop mit Bauplänen der Firma mitzunehmen, behauptet Vietz. Es kam zu einem Handgemenge, vier Polizisten rückten an. Doch als Vietz noch mit Vertretern der BDA Wirtschaftszone bei Peking und anderen Behörden verhandelte, war der Mann schon wieder auf freiem Fuß - und der Laptop mit den Firmengeheimnissen verschwunden.

Für Vietz war das Maß nun endgültig voll. Bis Ende des Jahres wird er seine Firma in China abwickeln, die meisten Beschäftigten haben das Unternehmen bereits verlassen. "Ich habe das Vertrauen in das rechtsstaatliche System der Volksrepublik China verloren", sagt Vietz.

"Ein Einzelfall" sei die Firma Vietz, heißt es bei der chinesischen Botschaft in Berlin. Seit Juni habe sich Botschafter Ma Canrong intensiv um eine Vermittlung in den Streitigkeiten bemüht, sagt der Wirtschafsgesandte Qin Hongliang. "Die Probleme von Herrn Vietz reflektieren vor allem Probleme innerhalb der Firma, wie etwa die Personalstreitigkeiten." Chinas Behörden hätten darauf nur wenig Einfluss. Für den von Vietz behaupteten Diebstahl von Firmengeheimnissen lägen der Botschaft zudem "keine Beweise" vor. Mehr als 4000 deutsche Unternehmen seien heute in China aktiv. "Nach unseren Informationen laufen die meisten gut", betont Qin.

Vor allem kleinere Firmen klagen

Vietz bezweifelt das. In seinen Gesprächen mit anderen westlichen Unternehmern in China, vor allem von kleineren Firmen, höre er immer wieder Klagen. Baupläne und Betriebsgeheimnisse werden gestohlen. Die Bürokratie verhindere erfolgreiches Wirtschaften. Doch kaum jemand will öffentlich darüber reden, aus Angst vor wirtschaftlichen Nachteilen. "Für mich ist der China-Markt jetzt tot. Wir bekommen keine Aufträge mehr", sagt Vietz. Ein Großteil des Know-how-Vorsprungs seiner Firma sei verloren gegangen. Immerhin: Sein Stammwerk in Hannover sei durch die Verluste in China nicht gefährdet.

Vietz will nun deutsche Unternehmer vor den Gefahren in China warnen. "Wer als Mittelständler glaubt, den Standort Deutschland verlassen zu müssen, weil der Markt in China boomt, hat ohne Netzwerk in China keine Chance", schrieb Vietz vor kurzem an das Wirtschaftsministerium in Berlin. Eine Antwort hat er bisher nicht erhalten.


Nachbemerkung: Das deckt sich mit den Erfahrungen, welche diejenigen von Dikigoros' Mandanten, die nicht auf ihn hören wollten, immer wieder gemacht haben: Grundsätzlich ist ein Engagement in Rotchina à fond perdu. Das ganze vermeintliche Wirtschaftswunder der "Volksrepublik" beruht auf Betrug und darauf, daß die Dummen, die dort weiterhin "investieren", nicht alle werden. Sobald dieser Strom versiegt, wird die Seifenblase mit einem großen Knall platzen. Leider helfen verbrecherische Politiker und Funktionäre im Westen den Rotchinesen noch, indem sie ihren Unternehmern Sand in die Augen streuen oder zumindest schweigen - typisch die [Nicht-]Reaktion des deutschen Wirtschafts-Ministeriums. Da fliegen so ein paar Deppen nach Peking, lassen sich das Blaue vom Himmel herunter lügen (vielleicht auch ein paar Schmiergelder in die Tasche stecken - wer weiß?), kommen dann nach Hause und faseln etwas von einem "Land der Zukunft", in das man unbedingt investieren müsse. Unternehmer, die glauben, unbedingt Steuern, Arbeitslöhne und Sozialabgaben sparen zu müssen, hören das gerne, zumal unsere Gesetze ja immer noch so sind, daß sie ihre Verluste im Ausland größtenteils im Inland von der Steuer absetzen, also auf die Allgemeinheit abwälzen können, während sie ihre Gewinne Dank diverser Doppelbesteuerungs-Abkommen nicht im Inland zu versteuern brauchen. (Und an diesen Gesetzen - deren Änderung die Wirtschafts- und Finanzprobleme des Westens, insbesondere das Problem der Arbeitslosigkeit, auf einen Schlag beseitigen könnte - wagt keine Regierung zu rütteln, egal wie rot oder grün sie ist; statt dessen wird dem Wähler etwas von bösen kapitalistischen "Heuschrecken" aus USA erzählt.) Und wenn man einerseits im Inland keine Magnetschwebebahnen u.ä. mehr absetzen kann, während der Staat andererseits einen Verkauf nach Rotchina zur Hälfte bezuschußt und zur anderen Hälfte mit einer Ausfallbürgschaft absichert - warum sollte man dann nicht dorthin exportieren? Und wenn umgekehrt in Rotchina nur Schrott produziert wird - von A wie Adidas-Turnschuhen bis Z wie Zahnersatz, demnächst wohl auch Lebern und Nieren für Transplantationen von zu diesem Zweck eigens hingerichteten Dissidenten -, dieser aber billig ist und im Inland mangels ausreichender Kontrollen zu hohen Preisen verkauft werden kann, warum sollte man dann nicht von dort importieren? "Freihandel" nennt man das! Die Rotchinesen lachen sich derweil ins Fäustchen, nehmen das Geld und vor allem das Know-how mit - wenn nicht legal, dann eben illegal, durch Patentklau - und dementieren alles kackfrech. (Gerade diese Dementis sind ein sicheres Zeichen, daß dies alles systematisch in großem Stil von Staats wegen betrieben wird, sonst hätte man doch gerade in einem Land, wo man mit Kriminellen - auch Wirtschaftskriminellen - nicht gerade zimperlich umgeht, in einem Fall wie diesem ein Exempel statuiert, die Geschäftspartner von Vietz zur Abschreckung an die Wand gestellt und gesagt: "Seht her, wir billigen so etwas in keiner Weise; es wird nicht wieder vorkommen, investiert weiter bei uns!") Was soll ein ehrlicher Anwalt seinen Mandanten - oder solchen, die es werden wollen - da raten? Von Rechts wegen müßte er ihnen von einem Engagement dringend abraten - ein solcher Rat wäre Millionen wert; aber kaum ein Mandant wäre bereit, dafür auch nur einen Pfennig zu zahlen, obwohl auch der Erwerb jener Kenntnisse, die zu einem solchen Rat führen, viel Arbeit und Zeit gekostet haben, das Geld also allemal wert wären. Aber manche Anwälte sind einfach zu raffgierig, und manche Mandanten sind auch einfach beratungsresistent und gehen dann zum nächsten, und das tun sie so lange, bis sie einen finden, der entweder selber unwissend oder unehrlich ist und ihnen zum Engagement in Rotchina rät, nach dem Motto: "Ich setze Ihnen mal einen schönen Joint-venture-Vertrag auf..." Auch von den so genannten Interessenverbänden der Unternehmer (in Deutschland der BDI und seine Unterorganisationen) kommt keine Hilfe - jedenfalls nicht in Form von Warnungen oder auch nur Bekanntmachung von Warnungen Dritter -, sondern ganz im Gegenteil Ermunterung, Geld nach Rotchina zu tragen. Dort werden Broschüren aufgelegt, die von den tollen Möglichkeiten auf diesem "Milliarden-Absatzmarkt" schwärmen. Daß dort zwar großer Bedarf an Importartikeln besteht, aber weder die objektive Möglichkeit noch die subjektive Bereitschaft, sie auch zu bezahlen, schreiben sie nicht - es interessiert sie aus den vorgenannten Gründen wohl auch nicht. Aber nicht alle Ausfälle trägt das Finanzamt, und wenn das Kind dann in den Brunnen gefallen ist, kommen die "Investoren" zurück und jammern - wie Herr Viets -; aber dann ist meist nichts mehr zu retten, weder für ihn noch für diejenigen, die solche Warnungen leichtfertig in den Wind schlagen. Wie betitelte der deutsche Übersetzer die überwiegend in China spielende Stilwell-Biografie der US-Amerikanerin Barbara Tuchman? "Sand gegen den Wind"!


zurück zu Reif für die Insel

zurück zu Der Weg des Tees

heim zu Reisen durch die Vergangenheit