60 Jahre Bundesrepublik - was fehlt

von Helmut Herles (Generalanzeiger Bonn, 26.05.2009)

mit Links und Anmerkungen von Nikolas Dikigoros

Die Masse allein macht es eben nicht. Vor allem, wenn es um Geschichtsbewusstsein geht. Auch in der Geburtsstadt des Grundgesetzes am Rhein feierten am Wochenende wie in Berlin mehr als hunderttausend Bürger. Aber darauf kommt es in erster Linie nicht einmal an.

Das wäre nur der Fall gewesen, wenn man den Geburtstag der Bundesrepublik gefeiert hätte und niemand wäre hin gegangen. Das Gegenteil war der Fall. [Es gab Freibier, Anm. Dikigoros] Dem widerspricht das teilweise Ausblenden von Bonn in manchen Medien und im Berliner politischen Betrieb, angefangen beim Bundespräsidenten.

Wer aber die historischen www-Fragen, also die nach dem Wer, Wann, Wo, Wie und Warum nicht stellt und beantwortet, der weiß zu wenig, um seine Gegenwart und Zukunft zu meistern.

Deshalb war es schon ein "Kunststück" Horst Köhlers und seiner Redenschreiber, beim Staatsakt zum 60-jährigen Bestehen der Bundesrepublik Deutschland Bonn mit keiner Silbe zu erwähnen.

Aber auch nicht einmal Politiker wie Konrad Adenauer, Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl zu nennen und ihre Entscheidungen, Thesen und Antithesen zu würdigen [womöglich wollte man sich diese Peinlichkeit bewußt ersparen, Anm. Dikigoros], denen oft wie beim Beitritt der DDR vor bald 20 Jahren zur Bundesrepublik des Grundgesetzes doch die Synthese gelang. [Beitritt der DDR? Synthese? Die BRD wurde von der DDR auf kaltem Wege annektiert. Die Groß-BRD ist eine Mogelpackung, Anm. Dikigoros]

Diese politischhistorische Dimension der Bundesrepublik in und mit Bonn fehlte bei Horst Köhler. Aber er kann diese Geschichtsstunde bei seiner kommenden Antrittsrede oder beim nächsten Besuch in der Villa Hammerschmidt nachholen.

Deshalb ist es für ein ungeteiltes Geschichtsbewusstsein gut, dass es Bundestagsabgeordneten aus Bonn und der Region gelungen ist, den Bundestag zu bewegen, wenigstens am 7. September wieder in Bonn zusammenzukommen.

An dem Tag, als er sich hier vor 60 Jahren konstituierte. "Berlin" sollte solche Gelegenheiten öfter nutzen. Es wäre Medizin gegen eine selbstverliebte Ortsblindheit der Berliner politischen Klasse. [Die BRDDR-Politiker, egal ob in Berlin oder sonstwo, haben keine "Klasse" und sind auch keine; der Autor meint sicher "Kaste", Anm. Dikigoros]

Daher sollte Bonn seine stolze und große Geschichte des Bundes in unserer Stadt besser pflegen.

Das fängt schon damit an, den Begriff "Bundeshaus" nicht vollends dem des "World (!) Conference Center" zu opfern [Die Bonner in der Hinsicht schon immer größenwahnsinnig. Wie war das mit dem Kußmund "Bonn grüßt den Rest der Welt?" Immerhin dürfte Bonn mittlerweile die Welthauptstadt der leer stehenden Konferenzräume sein, Anm. Dikigoros] oder zu vergessen, dass die Beethovenhalle viermal der Ort der Bundesversammlung war. [Zu viel mehr war sie auch nicht gut; für einen Konzertsaal war die Akustik einfach zu schlecht, Anm. Dikigoros] Oder sich auch hier leider anzugewöhnen, von einer Bonner und einer Berliner Republik zu reden und zu schreiben.

Dabei hatten sich doch sogar die Berlin-Befürworter vorgenommen, nicht in eine andere Republik umziehen zu wollen. [Ha, ha, Anm. Dikigoros] Deshalb sollten wir alle in Berlin und Bonn beim historisch bewährten, richtigen und in die Zukunft weisenden Staatsbegriff bleiben: Bundesrepublik Deutschland.

Denn jedes Etikett wie Weimarer, Bonner oder Berliner Republik deutet auf ein Ende hin. [sehr richtig erkannt, wir werden auch diese Republik bald BRDigen können, Anm. Dikigoros] Das aber können und wollen wir uns zum Geburtstag unseres Staates nicht wünschen. [Geschichte ist kein Wunschkonzert, Anm. Dikigoros]


zurück zu Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin

heim zu Reisen durch die Vergangenheit