BUNDESSOZIALGERICHT
 
Beschluss
 
in dem Rechtsstreit
 
Az: B 1 KR 6/10 BH
L 5 KR 187/08 (Bayerisches LSG)
S 14 KR 60/08 (SG Regensburg)

Kläger und Antragsteller

gegen

Beklagte.

Der 1. Senat des Bundessozialgerichts hat am 21 Mai 2010 durch den Präsidenten
M. sowie die Richter Dr. K. und Dr. H. beschlossen:

Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung
der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 17. November 2009
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren, wird abgelehnt.

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Gründe:

I

[Abs. 1]
Der 1963 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger leidet an einer Nieren-
erkrankung, weshalb ihm ua im Dezember 2007 eine Niere implantiert wurde, zudem an
Erkrankungen des Herzkreislaufsystems, einem Zustand nach Schilddrüsenkarzinom, Schwer-
hörigkeit sowie orthopädischen Krankheiten. Deshalb sind bei ihm ein Grad der Behinderung
von 100 nach dem SGB IX und die Merkzeichen “G“ sowie “RF“ festgestellt worden. Er hat
Leistungen der Grundsicherung für Erwerbsunfähige beantragt. Mit seinem Begehren, für
ambulante Behandlungen Taxikosten und bei Eigenfahrten eine Erstattung von 30 Cent anstelle
von 20 Cent je gefahrenem Kilometer zu erhalten, ist der Kläger bei der Beklagten und in den
Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, für einen
Generalantrag zu allgemeiner Übernahme von Fahrtkosten fehle das Rechtsschutzbedürfnis.
Für eine orthopädische und kardiologische Behandlung jeweils in Regensburg habe der Kläger
öffentliche Verkehrsmittel benutzen können. Seine Mobilität sei nicht vergleichbar mit der eines
schwerbehinderten Menschen eingeschränkt, bei welchem die Voraussetzungen der Merk-
zeichen “aG“, “Bl“ oder “H“ erfüllt seien. Weder seien diese Merkzeichen noch eine Pflege-
stufe II oder III beim Kläger festgestellt worden. Eine höhere Erstattung als 20 Cent je Kilometer
könne der Kläger nach der gesetzlichen Regelung nicht beanspruchen, da ein höherer
Erstattungssatz nach § 5 Abs 2 Bundesreisekostengesetz (BRKG vom 26.5.2005 BGBl I 1418)
ausschließlich aus dienstlichen Erfordernissen heraus zu begründen sei (Urteil vom 17.11.2009).

[Abs. 2]
Der Kläger begehrt die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines
Rechtsanwalts für Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.

II

[Abs. 3]
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von PKH unter Beiordnung eines anwaltlichen Bevoll-
mächtigten ist abzulehnen.

[Abs. 4]
Nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 144, 121 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das
Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet
werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und
nicht mutwillig erscheint. An dieser Erfolgsaussicht fehlt es. Der Kläger kann aller Voraussicht
nach in dem von ihm beabsichtigten Beschwerdeverfahren mit seinem Begehren auf Zulassung
der Revision nicht durchdringen. Auf der Grundlage des Vorbringens des Klägers und nach
Aktenlage gibt es bei summarischer Prüfung keine Hinweise darauf, dass eine der

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abschließend in § 160 Abs 2 SGG genannten Gründe für die Zulassung der Revision in einem
Beschwerdeverfahren bejaht werden könnte. Das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde
ermöglicht dagegen keine weitergehende, umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle der zuvor
ergangenen Entscheidungen. Ob das LSG-Urteil allgemein in Einklang mit Recht und Gesetz
steht, ist für den Erfolg einer Nichtzulassungsbeschwerde ohne Belang (vgl zB BSG SozR 1500
§ 160a Nr 7
).

[Abs. 5]
Die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde bietet im Hinblick auf den Zulassungsgrund der
Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg da nichts dafür
spricht, dass der Kläger den gesetzlichen Darlegungsvoraussetzungen genügen könnte. Der
Kläger führt allerdings in seinem PKH-Gesuch eine Reihe von Entscheidungen des BVerfG und
des BSG an, von denen das LSG nach seiner Auffassung abgewichen ist. Um den Zulassungs-
grund einer Rechtsprechungsdivergenz nach § 160 Abs 2 SGG entsprechend den
Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG darzulegen, müsste der Kläger indes ent-
scheidungstragende abstrakte Rechtssätze in der Entscheidung des Berufungsgerichts einer-
seits und in den herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidungen andererseits gegenüber-
stellen und Ausführungen dazu machen können, weshalb beide miteinander unvereinbar sein
sollen. Hierzu müsste der Kläger darlegen, dass das LSG einen vom BVerfG oder BSG
abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt habe, aus dem sich das Bedürfnis nach Her-
stellung von Rechtseinheit in einem Revisionsverfahren ergibt (vgl zB BSG Beschluss vom
21.1.2010 – B 1 KR 128/09 B -RdNr 5 mwN). Ein solches Vorhaben würde vorliegend nach aller
Voraussicht daran scheitern, dass das LSG der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgen
wollte und die vom Kläger im Kern allein geltend gemachte fehlerhafte Anwendung der höchst-
richterlichen Rechtsprechung nach der gesetzlichen Regelung des § 160 Abs 2 SGG nicht die
Zulassung der Revision ermöglicht.

[Abs. 6]
Auch das Vorbringen, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1
SGG), bietet für das angestrebte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg. Wer sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der
Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) beruft, muss eine Rechtsfrage klar formulieren und aus-
führen, inwiefern diese Frage im angestrebten Revisionsverfahren entscheidungserheblich
sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl zB BSG
SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; siehe auch BSG
SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Von den vielen Fragen, die der Kläger insoweit
formuliert hat, kommt unter Berücksichtigung der durch höchstricherliche Rechtsprechung
bereits geklärten Fragen lediglich die vom Kläger angedeutete Frage näher in Betracht, ob § 60
Abs 3 Nr 4 SGB V bei Benutzung eines privaten Kraftfahrzeugs auf den Höchstbetrag lediglich
nach § 5 Abs 1 Satz 2 BRKG verweist, oder ob insoweit die erhöhte Wegstreckenentschädigung
von 30 Cent je Kilometer bei Bestehen eines erheblichen dienstlichen Interesses an der
Benutzung eines Kraftwagens nach § 5 Abs 2 Satz 1 BRKG in Betracht kommt. Auch unabhän-

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gig von einer höchstrichterlichen Klärung ist indes eine Rechtsfrage dann als nicht klärungsbe-
dürftig anzusehen, wenn ihre Beantwortung so gut wie unbestritten ist (vgl zB BSG SozR 1500
§ 160 Nr 17
) oder die Antwort von vorneherein praktisch außer Zweifel steht (vgl zB BSGE 40, 40
= SozR 1500 § 160a Nr 4). So liegt es hier bei der vom Kläger indirekt aufgeworfenen Frage
unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 12/3608 S 82) und dem Sinn
und Zweck der Verweisungsregel in § 60 Abs 3 Nr 4 SGB V, die für den Ausnahmefall des
§ 5 Abs 2 Satz 2 BRKG keinen Anwendungsraum bietet.
 
Schließlich fehlt es auch an einer hinreichenden Aussicht auf Erfolg dafür, dass der Kläger im
angestrebten Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren einen Verfahrensmangel geltend machen
kann, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG kann
der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1
Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des §§ 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf
einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Für
einen solchen Verfahrensmangel liegt nach der gebotenen summarischen Prüfung nichts vor,
zumal der in der mündlichen Verhandlung durch einen Rechtssekretär der DGB-Rechtsschutz
GmbH vertretene Kläger Sachanträge gestellt hat und eine Verletzung des Grundsatzes der
freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) die Zulassung der Revision nicht zu recht-
fertigen vermag.
 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab.

 

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