Bundessozialgericht 
 
Az.: 2 RU 61/60 
 
Im Namen des Volkes 
 
29. September 1965 
 
In dem Rechtsstreit 
 
Verkündet am 
 
Beklagte und Revisionsklägerin, 
 
1. , 
2. , 
 
Kläger und Revisionsbeklagte, 
 
hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts auf die 
mündliche Verhandlung vom 29. September 1965 durch 

Senatspräsident B. 
 - Vorsitzender - 
Bundesrichter D. und 
Bundesrichter H. ,
Bundessozialrichter Dr. S. und 
Bundessozialrichter H. 
 
für Recht erkannt: 
 
Das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein- 
Westfalen vom 24. November 1959 wird mit den ihm 
zugrunde liegenden Feststellungen aufgehohen. 
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Ent- 
scheidung an das Landessozialgericht zurückver- 
wiesen. 
 
 - 2 -
 
Gründe: 
 
I 
 
Die Klägerin zu 1) ist die Witwe, der Kläger zu 2) der Sohn 
des Franz D. (D.). Die Kläger beanspruchen Hinterblie- 
nenenentschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung 
(UV). Sie sind der Auffassung, den der Tod des D. am 
22. Juni 1954 die Folge eines Arbeitsunfalls vom 19. Juni 1954 
sei. 
 
Ans dem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) ergeben sich ua 
folgende tatsächlichen Feststellungen: 
 
Der am 3O. März 1907 geborene D. war von Beruf gelernter 
Schreiner und in einem Unternehmen beschäftigt, das der be- 
klagten Berufsgenossenschaft (EG) als Mitglied angehört. Er 
hatte an den Tagen vor dem 19. Juni 1954 bei dem Hausbau sei- 
nes Schwagers P. laufend mitgearbeitet und am 18. Juni 
1954 den Polizeimeister Schl. bei schweren Arbeiten gehol- 
fen und ihm zugesagt, am nächsten und übernächsten Tag wie- 
der mitzuhelfen. Weder seinem Schwager noch dem Polizeimei— 
ster Sch. hatte D. Angaben über körperliche Beschwerden 
gerecht. An Morgen des 19. Juni 1954 ging er wie üblich zu 
seiner Arbeitsstätte, ohne über irgendwelche körperlichen 
Beschwerden zu klagen. Um die Mittagszeit traf der Polizei-  
meister Sch. ihn auf dem Weg von der Arbeitsstätte nach 
hause. Auf die Frage, ob er am Nachmittag beim Bau wieder 
helfen würde, erwiderte D., er könne leider nicht, er habe 
bei der Arbeit ein Brett vor sein Geschlechtsteil bekommen 
und große Schmerzen. Nachdem er zur üblichen Zeit nach Hause 
gakommen war, setzte er sich an den Mittagstisch und ließ 
das Essen unberührt. Seiner Ehefrau sagte er nur, er habe 
einen anstrengenden Tag gehabt. Er begab sich zu Bett, 
stand später wieder auf, brach aber nach zwei Minuten zusam- 
men und mußte ins Bett gebracht werden. Während der Nacht

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klagte er über große Schmerzen. Am Sonntag (20. Juni 1954) 
verschlimmerte sich der Zustand derart, daß der praktische 
Arzt Dr. Z. gerufen werden mußte. Diesem gab D. an, 
ihm sei während der Arbeit ein Brett zwischen die Beine 
gefallen und gegen das Geschlechtsteil geschlagen. Der Arzt 
stellte hohes Fieber fest und veranlaßte die Einweisung in 
das Dreifaltigkeitshospital in Lippstadt. Dort gab D. an, 
er habe am 19. Juni 1954 gegen 11 Uhr vom Holzlager ein 
Brett holen wollen. Die Bretter seien nachgerutscht und 
dabei habe sich der Penis eingeklemmt. Dem Elektromeister 
W., der mit D. auf einem Zimmer lag, erzählte D., er 
habe am Samstag morgen gegen 11 Uhr einen Unfall gehabt. 
Er habe von einem Stapel Bohlen eine 30 mm dicke Bohle her- 
ausgezogen. Der Stapel sei ihm bis in Bauchhöhe gegangen. 
Beim Fallenlassen der Bohle hätte diese mit dem Ende das 
Geschlechtsteil eingeklemmt. Von Montagnachmittag an ver- 
schlimmerte sich der Zustand des D. Es trat hohes Fieber 
und ein Brand des Penis ein. Am Dienstag, dem 22. Juni 1954 
um 9.50 Uhr ist D. gestorben.
 
Der Chefarzt des Dreifaltigkeitshospitals, Dr. Sch.,
teilte der Beklagten noch am 22. Juni 1954 fernmündlich 
mit, daß es sehr zweifelhaft sei, ob die Penisinfektion, 
die zum Tode geführt habe, auf den geschilderten Unfall- 
hergang am 19. Juni 1954 zurückzuführen sei. Eine Obduktion 
der Leiche sei zur Aufklärung erforderlich. Am 24. Juni 1954 
teilte der gleichfalls im Dreifaltigkeitshospital tätige 
Arzt Dr. B. der Beklagten fernmündlich mit, daß der 
Schwager des Verstorbenen vorgesprochen und mitgeteilt habe, 
die Witwe werde wegen des Arbeitsunfalls Ansprüche geltend 
machen. 
 
Die Beklagte zog die Akten der Staatsanwaltschaft bei, 
Landgericht Paderborn bei, die am 17. August 1954 bei ihr 
eingingen. In diesen Akten befindet sich ua ein Bericht 
der Kriminalpolizei in Lippstadt vom 24. Juni 1954, in dem 
 
- 4 -
 
hervorgehoben wird, daß der Witwe von der BG vermutlich 
Schwierigkeiten bereitet werden würden, weil die Todes- 
ursache und der Betriebsunfall ziemlich unklar seien. Aus 
den Akten ergibt sich weiterhin, daß das Amtsgericht in 
Lippstadt der Auffassung war, der Sachverhalt und das 
Ermittlungsergebnis sprachen eindeutig für einen Betriebs- 
unfall, die Schuld eines anderen sei nicht ersichtlich, 
und daß die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Ermitt- 
lungsverfahrens verfügt hat, weil kein Verdacht einer 
strafbaren Handlung vorliege. 
 
Die Beklagte stellte noch Ermittlungen in dem Unternehmen 
an, in dem D. beschäftigt gewesen war. Diese ergaben, daß 
weder den Arbeitskameraden noch den Vorgesetzten von einem 
Unfall etwas bekannt war und D. auch weder den Werkssani— 
täter noch den Durchgangsarzt aufgesucht hatte. Aus einer 
Auskunft der Betriebskrankenkasse ergibt sich, daß D. vor 
dem Unfall nicht an einem Leiden erkrankt gewesen ist, 
das mit einer Penisinfektion in Zusammenhang stehen könnte. 
 
In dem Durchgangsarztbericnt des Dr. Sch. .vom 22. Juni 
1954 ist als Diagnose angegeben: "Infizierte Penisverlet- 
zung mit septischer Aussaat", und ausgeführt, es werde ein 
Arbeitsunfall bezweifelt, da eine Infektion nach einem 
Tage nicht solche Ausmaße annehmen könne; D. habe sich 
die Verletzung anderswo zugezogen; eine Überprüfung werde 
für unbedingt erforderlich gehalten. In einem weiteren 
Gutachten vom 20. Oktober 1954 führte Dr. Sch. ua aus, 
die Angaben des Patienten seien sofort unglaubwürdig gewe- 
sen: es sei schlecht vorstellbar, daß beim Herabfallen 
von Brettern eine isolierte Penisverletzung auftrete; man 
hätte wenigstens einige Schrammen an den Oberschenkeln 
erkennen müssen; auch trete bei einer Penisverletzung 
erfahrungsgemäß nicht innerhalb von Stunden eine Nekrose 
auf; leider sei eine Sektion unterlassen worden. 
 
 - 5 - 
 
Durch Bescheid vom 26. November 1954 lehnte die Beklagte den 
Anspruch der Witwe und des Sohnes Franz H. auf Hinter- 
bliebenenentschädigung ab. Sie begründete das unter ausführ- 
licher Wiedergabe des Ermittlungsergebnisses damit, daß 
sowohl das Vorliegen eines Unfallereignisses als auch der 
ursächliche Zusammenhang des Todes mit einem Unfallereignis 
nicht hinreichend wahrscheinlich seien. 
 
Gegen diesen Bescheid haben die Kläger Klage beim Sozial-
gericht (SG) Dortmund erhoben. Dieses hat ein Gutachten von 
Prof. Dr. B. (Knappschaftskrankenhaus Bottrop) vom 
1O. Dezember 1955 beigezogen. Das Gutachten kommt zu dem 
Ergebnis, es lasse sich keine Erklärung für die Vorfälle 
finden, welche auch nur mit einer gewissen Wahrscheinlich- 
keit erlauben, den Unfall — bei seiner Unterstellung als 
gegeben — als Ursache für die Entzündung des Penis und den 
weiteren Verlauf anzuerkennen. Der Unfall sei in der durch 
den Elektromeister W. wiedergegebenen Form ungeeignet, 
eine Einklemmung des Penis zu verursachen, und weder das 
Krankheitsbild noch der Verlauf seien in eine Kausalverbin- 
dung mit dem Unfall zu dringen. Außerdem hat das SG 
Dr. Sch. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat 
ua ausgeführt: Es seien zwar äußere Anzeichen einer trauma- 
tischen Beeinflussung vorhanden gewesen, doch habe die Krank- 
heit innerhalb von 24 Stunden einen derart schnellen Ver- 
lauf genommen, daß sie nicht auf einen Unfall vom Vortage 
zurückgeführt werden könne. Es sei anzunehmen, daß schon 
vorher eine Infektion bestanden habe. Wenn man die Richtig- 
keit der schwersten Darstellung des Unfalles unterstelle, 
sei dieser geeignet, bei bereits vorhandener Infektion eine 
erhebliche Steigerung des Krankheitsverlaufs zu bewirken. 
Ohne eine solche traumatische Beeinflussung wäre D. an der 
Infektion voraussichtlich nicht gestorben. 
 
Das SG hat durch Urteil vom 2. Oktober 1956 wie folgt ent- 
schieden: 
 
 - 6 - 
·
Der Bescheid vom 26. November 195A wird aufgehoben. 
Es wird festgestellt, daß es sich bei dem Ereignis 
vom 19. Juni 1954 um einen Arbeitsunfall des Ehe- 
mannes der Klägerin im Sinne des § 542 der Reichs- 
versicherungserdnungordnung (RVO) handelt.
 
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen 
entsprechenden Bescheid zu erteilen und die Kosten 
des Verfahrens zu tragen. 
·
Das SG hat als erwiesen angesehen, daß D. von einem unbeo- 
bachteten Lagerplatz eine schwere Bohle abholen wollte und 
daß das Abheben oder Herausstemmen aus dem Stapel und das 
Herunterfallen zu einem Schlag gegen die Geschlechtsteile 
bzw. einem Einklemmen des Penis geführt hat. Im Übrigen hat 
es als erwiesen angesehen, daß eine bereits vor dem 19. Juni 
1954 vorhandene Pensisinfektien, die normalerweise geheilt 
werden wäre, durch ein in seiner Stärke nicht erwiesenes, 
aber doch recht schweres Trauma eine solche Verschlimme- 
rung bewirkt habe, daß in kurzer Zeit der Tod eingetreten 
sei. 
 
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung beim Landes- 
sozialgericht Nordrhein—Westfalen eingelegt. Das LSG 
hat ein Gutachten des Dr. Sch. vom 22. November 1954 
beigezogen, in dem ua ausgeführt wird, bei der Aufnahme 
seien keine sicheren Anzeichen einer Verletzung im Sinne 
einer Quetschung, Prellung oder Schnittverletzung festzu- 
stellen gewesen; aus dem Befund sei aber der Rückschluß zu 
ziehen, daß zwar eine Verletzung stattgefunden, der Zeit- 
punkt aber mindestens mehrere Tage zurückgelegen haben 
müsse. 
 
In Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. November 1959 
hat das LSG den Polizeimeister Sch. den Elektromeister 
W. als Zeugen und die Ärzte Dr. Z. und Dr. Sch. 
als sachverständige Zeugen vernommen. Außerdem hat es den 
Oberarzt Dr. K. als Sachverständigen gehört. Dieser hat ua 
 
 - 7 - 
 
ausgeführt, auch ohne Trauma könne es jederzeit zu einer 
Infektion derart, wie sie bei D. vorgelegen haben müsse, 
kommen, weil praktisch immer kleine Schleimhautdefekte am 
Vorhautblatt vorhanden seien. Andererseits bestehe aber 
die Möglichkeit, daß durch den Unfall mikroskopische Ver- 
letzungen gesetzt worden seien, die Eintrittspforten für 
die Erreger gebildet hätten. Ob das der Fall sei, könne 
nachträglich nicht mehr gesagt werden und wäre nur durch 
eine Obduktion mit mikroskopischer Untersuchung und bak- 
teriologischem Nachweis der Erreger zu klären gewesen. Ob 
der Unfall die Infektion wesentlich verschlimmert habe, 
hätte gleichfalls nur durch Obduktion geklärt werden kön- 
nen. Hierfür wären stärkere Gefäßquetschungen und Zer- 
reißungen Voraussetzung gewesen. Der Unfall könne nicht 
schwer gewesen sein. Damit sei aber nicht ausgeschlossen, 
daß doch oberflächliche Verletzungen gesetzt werden seien. 
 
Durch Urteil vom 24. November 1959 hat das LSG die Beru- 
fung der Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund zurück- 
gewiesen und die Revision zugelassen. 
 
Das LSG hat als erwiesen angesehen, daß sich am 19. Juni 1954 
gegen 11 Uhr an der Arbeitsstelle ein Arbeitsunfall ereignet 
hat, indem D. beim Herausziehen einer Bohle aus einem Bret- 
terstapel auf dem Holzplatz vor der Schreinerei ein Brett 
gegen das Geschlechtsteil geschlagen ist. Zur Begründung 
hat das LSG unter eingehender Würdigung der Beweisergebnisse 
ausgeführt, bei vernünftiger Abwägung aller Umstände, die 
für und gegen das von D. selbst angegebene Unfallgeschehen 
sprächen, überwögen die dafür sprechenden Erwägungen in 
einer solchen Weise, daß das Unfallereignis als wahrschein- 
lich geschehen angenommen werden müßte. 
 
Im übrigen hat das LSG ausgeführt: Zu welcher Gesundheits- 
schädigung der Arbeitsunfall geführt habe (schwere Penis- 
infektion oder Verschlimmerung), habe sich nicht mit Wahr- 
scheinlichkeit feststellen lassen. Die Infektion könne ihre 
 
 - 8 - 
 
Entstehung und ihren Verlauf unabhängig von dem Arbeits- 
unfall genommen haben; bei Mitwirkung ungewöhnlich viru- 
lenter Bakterien könne sie auch auf einer durch Unfall 
hervorgerufenen Verletzung beruhen, und schließlich könne 
eine bereits vorhanden gewesene Infektion durch das Unfall- 
ereignis derart verschlimmert werden sein, daß der rasche 
weitere Verlauf und der Tod eingetreten seien. Eine Wahr- 
scheinlichkeit für die eine oder andere Möglichkeit lasse 
sich nicht begründen. Die Unterlagen reichten für eine 
Beurteilung nicht aus, welche Krankheitserreger für den 
Verlauf und den Tod verantwortlich seien und ob der Unfall 
im Bereich des Penisschafts kleinste oder schwere Verlet- 
zungen gesetzt habe. Obgleich danach der ursächliche Zusam- 
menhang des Todes mit dem Arbeitsunfall nicht bewiesen sei, 
müsse sich die Beklagte doch so behandeln lassen, als ob 
dieser Beweis erbracht sei; denn die Beklagte habe schuld- 
haft verursacht, daß zur Beweisführung entscheidende und 
geeignete Beweismittel, nämlich die Obduktion mit Sektions— 
befund, nicht zur Verfügung stehen. Die Beklagte sei von 
Amts wegen zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet 
(§§ 1545 bis 1571 RVO). Sie habe auch eine notwendige 
Obduktion von Amts wegen durchzuführen. Unterlasse sie 
das, so vereitle sie die Benutzung eines wesentlichen 
Beweismittels und bewirke dadurch schuldhaft die Unauf- 
klärbarkeit des Sachverhalts (§§ 286, 444 der Zivilprozeß- 
ordnung -ZPO~; §§ 128, 202 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG—). 
Für die Beweiswürdigung könnten in einem solchen Fall Folge- 
rungen zu ihren Ungunsten gezogen werden. Der Beklagten sei 
durch die Anrufe der Ärzte Dr. Sch. und Dr. B. be- 
kannt gewesen, daß die Hinterbliebenen einen ursächlichen 
Zusammenhang zwischen Tod und Arbeitsunfall behaupten und 
Hinterbliebenenansprüche geltend machen würden, und es sei 
ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß dieser ursäch- 
liche Zusammenhang zweifelhaft sei und nur durch eine 
Obduktion geklärt werden könne. Dadurch daß sie bei dieser
 
 -·9·- 
 
Sachlage die Obduktion nicht habe durchführen lassen, obwohl 
die Leiche für diesen Zweck bereits polizeilich beschlag- 
nahmt gewesen sei, habe sie gegen ihre Aufklärungspflicht 
verstoßen und ein wesentliches Beweismittel vereitelt. Sie 
habe also die Unaufklärbarkeit des ursächlichen Zusammen- 
hangs zwischen Tod und Arbeitsunfall schuldhaft veranlaßt. 
Ob die Sektion zu einem für die Klägerin günstigen Beweis- 
ergebnis geführt hätte, sei in diesem Zusammenhang nicht 
von Bedeutung. Der bereits angeführte Grundsatz rechtfer- 
tige es, im Wege der freien Beweiswürdigung den Beweis des 
ursächlichen Zusammenhangs des Todes mit dem Arbeitsunfall 
als gegeben anzusehen, so daß die Hinterbliebenenansprüche 
begründet seien. Die Revision sei zugelassen werden, weil 
die Frage grundsätzliche Bedeutung habe, welche Rechtsfol- 
gen aus der unterlassenen Obduktion zu ziehen seien. 
 
Die Beklagte, der das Urteil des LSG am 21. März 1960 zuge- 
stellt worden ist, hat dagegen am 7. April 196O Revision 
eingelegt. Sie beantragt, 
 
unter Aufhebung des Urteils des LSG und des
Urteils des SG die Klage abzuweisen, 
 
hilfsweise, 
 
das angefochtene Urteil aufzuheben und die 
Sache zur erneuten Verhandlung und Entschei- 
dung an das LSG zurückzuverweisen. 
 
Zur Begründung führt die Beklagte aus, nach dem Akteninhalt 
erscheine es schon zweifelhaft, ob der Vorderrichter über- 
haupt zu seiner Feststellung hinsichtlich des Unfallereig- 
nisses habe kommen können. Das LSG hätte auch die von ihm 
erörterten Möglichkeiten nicht als gleichwertig behandeln 
dürfen. Vielmehr hätte die zweite und dritte Möglichkeit 
völlig zurücktreten müssen. Vor allem aber bestehe ein 
Beweiswürdigungsgrundsatz, wie in das LSG annehme, im 
sozialgerichtliehen Verfahren nicht, das vom Prinzip der 
objektiven Beweislast beherrscht werde. Auch im Zivilprozeß 
 
 - 10 - 
 
bestehe ein solcher uneingeschränkter Grundsatz nicht. 
§ 444 ZPO setze die Absicht voraus, das Beweismittel der 
Gegenseite zu entziehen. Es komme also in der Regel auf 
das arglistige Verhalten einer Partei an. Außerdem habe 
der Beklagten keine Unfallanzeige vorgelegen, und der 
Arbeitgeberin sei von einem Betriebsunfall nichts bekannt 
gewesen. Deshalb sei vom Standpunkt der Beklagten aus 
nichts zu veranlassen gewesen. Man kenne den an sich schon 
so belasteten Verwaltungen der Versicherungsträger nicht 
zumuten, nur auf telefonische oder schriftliche Angaben 
Dritter gewissermaßen ins Blaue hinein Unfallermittlungen 
vorzunehmen und dabei gar eine so einschneidende Maßnahme 
wie die einer Leichenöffnung zu verlangen. Die Leiche habe 
sich zudem gar nicht im Gewahrsam der Beklagten befunden, 
sondern der Kreispolizeibehörde. Diejenigen, die in erster 
Linie an eine Obduktion hätten denken müssen, seien die 
Kläger. Sie hätten sie mindestens anregen können und sollen. 
 
Die Kläger beantragen,
 
die Revision als unegründet zurückzuweisen. 
 
Sie weisen auf EuM 22. 216 und 217 hin. 
 
II 
 
Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und 
fristgerecht eingelegt und begründet werden und somit 
zulässig. Sie hatte auch insofern Erfolg, als das Urteil 
des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache an das LSG 
zurückverwiesen worden ist. 
 
Das LSG hat als erwiesen angesehen, daß dem Ehemann der 
Klägerin am 19. Juni 1954 gegen 11 Uhr ein Arbeitsunfall 
zugestoßen ist, indem ihm ein Brett beim Herausziehen aus 
einem Bretterstapel gegen die Geschlechtsteile schlug. 
 
 - 11 - 
 
Die Rügen, mit denen die Revision diese tatsächlichen Fest- 
stellungen angreift, sind allenfalls dazu geeignet, darzutun, 
daß die Würdigung der Beweise in dieser Beziehung auch zu 
einem negativen Ergebnis hätte führen können; dagegen rei- 
chen sie nicht aus, um schlüssig darzutun, daß das LSG bei 
der Würdigung der Beweise die Grenzen seines Rechts der 
freien richterlichen Überzeugungsbildung überschritten hat 
(§ 128 SGG). Diese Feststellung ist deshalb für das Revi- 
sionsgericht bindend (§ i63 SGG). 
 
Das LSG hat mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß 
die Beklagte verpflichtet gewesen sei, zur Aufklärung des 
Sachverhalts eine Leichenöffnung zu veranlassen. Die Aus- 
führungen, mit denen die Revision diese Auffassung angreift, 
enthalten keine Rügen gegen die tatsächlichen Feststellun- 
gen, auf denen diese Schlußfolgerung des LSG beruht, son- 
dern wenden sich gegen die Rechtsauffassung des LSG, daß 
das Unterbleiben der Leichenöffnung auf eine schuldhafte 
Vernachlässigung der Ermittlungspflicht der Beklagten (vgl. 
§§ 1571, 1572 RVO) zurückzuführen sei. Diese Rüge der 
Revision ist unbegründet. Die Beklagte wußte aus den 
Telefongesprächen mit den beiden Ärzten des Dreifaltigkeits- 
hospitals, daß der Zusammenhang zwischen den vom Verletzten 
selbst behaupteten Unfallereignis und dem Tode außerordent- 
lich zweifelhaft sei und daß die Hinterbliebenen Entschä- 
digungsansprüehe geltend machen wollten. Unter diesen Um- 
stünden hätte die Beklagte sofort alles tun müssen, um für 
eine Aufklärung des Sachverhalts zu sorgen. Daß ihr noch 
keine förmliche Unfallanzeige des Unternehmers vorlag und 
der Unternehmer, wie sich später ergab, von dem Unfall 
nichts wußte, enthob sie dieser Verpflichtung zur Sachauf- 
klärung nicht. Sie konnte sich auch insbesondere nicht etwa 
darauf verlassen, daß eine Leichenöffnung von der Kriminal- 
polizei, dem Amtsgericht oder der Staatsanwaltschaft veran- 
laßt würde; denn für diese Stellen war nur die Frage von 
 
 - 12 - 
 
Bedeutung, ob Anhaltspunkte für strafbare Handlungen ande-
rer Personen gegeben seien. Das LSG ist ohne Rechtsirrtum 
davon ausgegangen, daß die Beklagte verpflichtet gewesen 
wäre, eine Leichenöffnung zu veranlassen. 
 
Dagegen sind nach der Auffassung des erkennenden Senats 
die Rügen berechtigt, mit denen sich die Revision gegen 
die rechtlichen Schlußfolgerungen wendet, die das LSG aus 
diesem Umstand gezogen hat. 
 
Hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem 
Unfallereignis vom 19. Juni 1954 und der zum Tode führen- 
den Sepsis hat das LSG das Ergebnis der Beweiswürdigung 
wie folgt zusammengefaßt: 
 
(a) die Infektion könne unabhängig von dem Unfall ent- 
standen und ihren Verlauf auch unabhängig von ihm 
genommen haben; 
 
(b) bei Mitwirkung von ungewöhnlich virulenten Bakterien 
könne die Infektion aber auch auf einer durch den 
Unfall hervorgerufenen Verletzung beruhen; 
 
(c) eine zur Zeit des Unfalls bereits vorhandene Infek- 
tion könne durch den Unfall derart verstärkt und 
verschlimmert werden sein, daß der weitere rasche 
Verlauf und der Tod eingetreten seien. 
 
Die ernsthaften Möglichkeiten (b) und (c) müßten ebenso in 
Erwägung gezogen werden wie die Möglichkeit (a). Eine Wahr- 
scheinlichkeit für die eine oder andere Möglichkeit lasse 
sich nicht begründen. Die medizinischen Unterlagen reich- 
ten nicht aus, um beurteilen zu können, welche Krankheits- 
erreger den ungewöhnlichen Verlauf und raschen Eintritt des 
Todes verursacht hätten und ob der Unfall kleinere oder 
schwere Verletzungen gesetzt habe. Diese Feststellungen 
hätten sich aber mit Sicherheit durch eine Obduktion mit 
mikroskopischer Untersuchung von Gewebeschnitten und 
bakteriologischem Nachweis der Erreger treffen lassen. 
Anschließend hat das LSG ausdrücklich ausgeführt, auf Grund 
der vorliegenden und jetzt noch möglichen Beweismittel sei 
 
 - 13 - 
 
der ursächliche Zusammenhang des Todes mit dem Arbeitsunfall
nicht bewiesen. 
 
Das LSG ist jedoch der Auffassung, die Beklagte müsse sich 
"so behandeln lassen, als ob der Beweis des ursächlichen 
Zusammenhangs zwischen Unfall und Tod erbracht" sei. Da 
das LSG selbst hinsichtlich dieses ursächlichen Zusammen- 
hangs keine tatsächlichen Feststellungen getroffen, sich 
insbesondere für keine der von ihm erörterten Möglichkei- 
ten entschieden hat, sind nach der Auffassung des erkennen- 
den Senats die Rechtsausführungen des LSG dahin zu verste- 
hen, daß das - von der Beklagten verschuldete - Fehlen des 
für die Sachaufklärung entscheidenden Beweismittels der 
Leichenöffnung, eine "Umkehrung" der Beweislast zur Folge 
hahe und daß infolgedessen zu Lasten der Beklagten ein 
ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und 
dem Tod unterstellt werden müsse, weil das Gegenteil nicht 
erweislich sei. Das trifft nach der Auffassung des erken- 
nenden Senats nicht zu. 
 
Mit der Frage, welche Bedeutung es hat, wenn der zur Sach- 
aufklärung verpflichtete Versicherungsträger es unterläßt, 
eine Leichenöffnung zu veranlassen, und deshalb der tat- 
sächliche Sachverhalt in medizinischer Hinsicht nicht oder 
nur unvollständig aufklärbar ist, hat sich bereits der 
8. Senat im Urteil vom 26. Juli 1961 (SozR SGG § 128 Nr.60) 
befaßt. Er hat ausgeführt, daß ein solches Verschulden 
nichts an der Verteilung der objektiven Beweislast (Fest- 
stellungslast) ändert, sondern nur von den Tatsachen- 
Instanzen im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt 
werden kann. Dieses Urteil ist von Glücklich in einer aus- 
führlichen Anmerkung (Sgb 1963 S. 19) kritisch besprochen 
worden. Glücklich vertritt die Meinung, daß eine vorsätz- 
liche oder fahrlässige Beweisvereitelung die Beweislast 
dergestalt umkehre, daß nunmehr der Gegner der zunächst 
beweisbelasteten Partei die Beweislast trage. 
 
 - 14 - 
 
Es kann dahingestellt bleiben, ob eine solche Beweislast- 
Regel, wenn sie, wie Glücklich wohl annimmt, für den 
Zivilprozeß allgemein anerkannt wäre, auf das Verfahren 
der Sozialgerichtsbarkeit übertragen werden könnte, obwohl 
dieses Verfahren vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrscht 
ist und entgegen Glücklich (aaO) nach fast allgemeiner 
Ansicht keine Beweisführungslast und nur in sehr beschränk- 
tem Umfang eine Behauptungslast kennt (vgl. Brackmann, 
Handbuch der Sozialversicherung, 6. Aufl., Stand Juni 1965, 
S. 244 m I, mit weiteren Nachweisen auch für das Verfahren 
vor den allgemeinen Verwaltungsgerichten). Denn auch für 
den Zivilprozeß ist die Lehre von der Umkehrung der Beweis- 
last im Falle der schuldhaften Beweisvereitelung keines- 
wegs allgemein anerkannt. Blomeyer (Zivilprozeßrecht, 1963 
S. 369 § 73 II) nimmt zwar im Falle der schuldhaften Beweis- 
vereitelung eine "Umkehr der Beweis1ast" an, auch Nikisch 
(Zivilprozeßrecht, 2. Aufl., S. 324 § 82 VI) vertritt diese 
Auffassung. Dagegen führt Schönke (Zivilprozeßrecht), auf 
dessen 2. Auflage sich Glücklich beruft, in der 7. Auflage 
(S. 232 § 58 am Ende) zur Frage der schuldhaften Beweis- 
vereitelung ausdrücklich aus: wenn in derartigen Fällen 
von einer Umkehrung der Beweislast gesprochen werde (so RGZ
60, 152), so verdecke das den wahren Sachverhalt, daß Kraft
freier Beweiswürdigung und folglich ohne jeden Zwang der 
Beweis vorbehaltlich des Gegenbeweises erbracht sei (ebenso 
auch Schönke/Schroeder/Niese in der 8. Aufl. S. 264 § 58 am 
Ende). Völlig eindeutig sind die Ausführungen von Rosenberg 
(Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 3. Aufl., S. 559 § 114 
III 3 d, S. 570 § 117 II 2; Die Beweislast, 4. Aufl., S. 153 
§ 12, S. 191 § 14), aus denen sich ergibt, daß seiner Auf- 
fassung nach die Beweisvereitelung keinen Einfluß auf die 
Verteilung der Beweislast hat. Ebenso unmißverständlich 
sind zB die Ausführungen in RGZ 128, 121, 125, während 
andere Entscheidungen (zB BGHZ 6, 227; RGZ 60, 152), wie 
der erkennende Senat nicht verkennt, auch die Deutung 
 
 - 15 - 
 
zulassen, das Revisionsgerieht habe der schuldhaften Beweis- 
vereitelung die Wirkung einer für das Tatsachengericht ver- 
bindlichen "Umkehrung der Beweislast" zumessen wollen. 
 
Der erkennende Senat ist der Auffassung, daß die Lehre von 
der Umkehrung der Beweislast im Falle der schuldhaften Be- 
weisvereitlung in den Vorschriften des SGG und der ZPO keine 
ausreichende Stütze findet; insbesondere läßt sie sich nach 
der Auffassung des erkennenden Senats nicht aus den §§ 427, 
444, 446 ZPO herleiten, die nur Vorschriften für die Beweis-
würdigung enthalten (vgl. zB auch die Anmerkungen zu diesen 
Paragraphen in Stein/Jonas/Schönke/Pohle, Kommentar zur ZPO, 
18. Aufl.) und die Verteilung der Beweislast ebenso unver- 
ändert lassen, wie das der Fall ist, wenn das Gericht sich 
bei der Beweiswürdigung der Regeln des Beweises des ersten 
Anscheines (Prima—facie—Beweis, vgl. zB BSG 8, 245; 1O, 46; 
l2, 242, 246; 19, 52, 54) bedient. Der erkennende Senat 
stimmt mit dieser Auffassung nicht nur mit dem 8. Senat 
überein, sondern auch mit dem Bundesverwaltungsgericht, 
das es bereits mehrfach angelehnt hat, die Lehre von der 
Umkehrung der Beweislast im Falle der Beweisvereitelung 
anzuerkennen (BVerwG 1O, 27O; DVBl 1964, 759 mit weiteren 
Nachweisen für das Verfahren vor den allgemeinen Verwaltungs- 
gerichten). 
 
Die rechtlichen Schlußfolgerungen daraus, daß die Unmöglich- 
keit, das Ergebnis einer Leichenöffnung als Beweismittel zu 
benützen, auf einem Verschulden der Beklagten beruht, sind 
demnach unzutreffend und nicht geeignet, das angefochtene 
Urteil zu rechtfertigen. Die Rügen der Revision hiergegen 
sind begründet. 
 
Andererseits zwingt aber der Umstand, daß das LSG ausgeführt 
hat, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereig- 
nis und dem Tod sei nicht erwiesen, nicht zur Klageabweisung. 
Denn die Entscheidung des LSG beruht nicht auf diesem Ergeb- 
 
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nis der Beweiswürdigung, sondern, wie dargelegt, auf der rechts- 
irrtümlichen Auffassung hinsichtlich der Verteilung der Beweis- 
last und somit in tatsächlicher Beziehung auf der Feststellung, 
daß das Nichtbestehen eines Zusammenhangs zwischen Tod und 
Unfall gleichfalls nicht bewiesen sei. Das LSG hat auf Grund 
seiner Rechtsauffassung insofern von einer vollständigen und 
abschließenden Beweiswürdigung abgesehen, als es den durch das 
Unterbleiben der Leichenoffnung verursachten Beweisnotstand 
unberücksichtigt gelassen hat.
 
Der erkennende Senat stimmt mit den 8. Senat darin überein, daß 
dieser von der Beklagten verschuldete Beweisnotstand vom Tat- 
sachenrichter im Rahmen seines Rechts der freien richterlichen 
Überzeugungsbildung (§ 128 SGG) zu berücksichtigen ist. Insbeson- 
dere darf der Tatsachenrichter diesem Beweisnotstand, wie der 
Senat in dem einen anders gelagerten Fall betreffenden Urteil in 
BSG 19, 52, 56 ausgeführt hat (vgl. auch Brackmann aaO S. 244 ) 
dadurch Rechnung tragen, daß er an den Beweis der Tatsachen, auf 
die sich der Beweisnotstand bezieht, weniger hohe Anforderungen 
stellt. 
 
Da dem Revisionsgericht eine solche ergänzende Würdigung der erho- 
benen Beweise verwehrt ist, mußte das angefochtene Urteil mit den 
ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben und die Sache 
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückver- 
wiesen werden. 
 
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisions- 
verfahrens bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung 
vorbehalten. 
 

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