Ausschnitt aus einem
Interview mit einem Ex-Churchie |
Sie räumen also ein, bei der Scientology-Kirche Mitarbeiter gewesen zu sein?
Also, ich darf Ihnen mitteilen, dass ich mit der Scientology-Kirche
nichts zu tun habe. Wenn man so liest, was über die Scientology-Kirche
alles verbreitet wird, bin ich auch sehr froh darüber. Und ich kann
Ihnen darüber hinaus noch verraten, dass die Scientology-Kirche nicht nur
nichts mit mir zu tun hat, sondern mit mir auch nichts zu tun haben wollte: Nach drei Monaten Mitarbeit in einer kleinen
Scientology-Organisation wurde ich rausgeworfen.
Also doch. Aber meinen Unterlagen zufolge waren Sie dort zwei Jahre lang
Mitarbeiter.
Das ist nicht richtig.
Was stimmt dann?
Ich habe zwei Mal jeweils drei Monate dort gearbeitet. Glücklicherweise
bin ich jedes Mal schnell wieder rausgeworfen worden. Die
Scientology-Kirche und ich - nein, das passte wohl nicht zusammen.
Wieso sind Sie dann nach Ihrem ersten Rauswurf wieder dorthin zurückgegangen?
Das hat verschiedene Gründe. Anfangs hatte ich keine Ahnung, was der
Scientology Kirche eigentlich alles vorgeworfen wird. Als ich dann davon
hörte oder darüber las, dass die Kirche in Geldschneiderei, Betrügerei,
Gehirnwäsche usw. verwickelt sein sollte, konnte ich in meinem Bereich
nichts dergleichen entdecken. Ich ging einfach meiner Arbeit nach - die
mir übrigens viel Freude bereitete - und war stolz über die Erfolge
meiner Seminarteilnehmer. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht irgend
jemand freudestrahlend zu mir kam, um mir anerkennend zu bestätigen, wie
sehr ihn dieses Seminar weiterbringe. Unter solchen Bedingungen darauf
zu kommen, dass man Teil einer Bewegung ist, die in der Öffentlichkeit
als jugendgefährdend eingestuft wird, ist schon reichlich schwierig.
Sie lenken ab. Wieso sind Sie wieder in die Scientology-Kirche
zurückgekehrt?
Wissen Sie, wenn Sie Ihren Gesprächspartner nicht ausreden lassen, dann
machen Sie es ihm reichlich schwierig, eine gestellte Frage zu
beantworten. Das wird einem in einer Scientology-Organisation übrigens
so mit als erstes beigebracht: Zuhören. Zuhören spielt nämlich bei den
Verfahren der Scientology eine zentrale Rolle. Doch zurück zu Ihrer
Frage, wieso ich nach meinem ersten Rauswurf wieder zurückgegangen bin.
Abgesehen davon, dass ich von der in der Presse breitgetretenen
Bösartigkeit nichts entdecken und daher diesen negativen Schlagzeilen
also keinen Glauben schenken konnte, war der erste Rauswurf aus meiner
Sicht damals das Resultat einer internen Ungerechtigkeit. Also war ich
natürlich froh, als ich wieder rehabilitiert wurde und ging wieder
zurück, um meine Arbeit fortzuführen.
Hat Sie die Preispolitik des Kirchen-Managements nicht stutzig
gemacht?
Doch, natürlich. Ich habe damals einen Brief verfasst, der von allen Mitarbeitern der
Organisation, bei der ich arbeitete, unterschrieben
wurde, mit dem ich auf die Mißstände in der Preispolitik aufmerksam
machen wollte. Damals hatten die Preise allerdings noch nicht diese
aberwitzige Dimension wie einige Zeit später. Aber die Sache mit den
unbezahlbaren Preisen ist nur eins von den starken Stücken, die sich das
Kirchenmanagement geleistet hat. Schlimmer noch als die Preise war, dass
die Leute im Laufe der Zeit sogar dazu angehalten wurden, Schulden zu
machen und Kredite aufzunehmen.
Natürlich kann man argumentieren: "Wer
über tausend Mark für eine Sitzung hinlegen will, der soll das doch
machen - es ist sein Geld. Manche Edelnutte hat ähnliche Preise und
keiner regt sich darüber auf. Man geht einfach nicht hin, wenn man es
sich nicht leisten kann." Aber wenn man sich erklärtermaßen dafür
einsetzen will, dass es einer Person besser geht, dass sie fähiger wird, dass
sie selbstbestimmter wird, dann kann man sie nicht gleichzeitig in
eine Situation stürzen, die ihr Sorgen macht, die sie nicht handhaben
kann und die ihre Abhängigkeit vergrößert, wenn auch nur die
finanzielle. Diese Praxis widerspricht dem Grundgedanken der Scientology
v�llig.
Aber hat nicht der Gründer der Scientology, L. Ron Hubbard, selbst
dazu aufgerufen, indem er sagte: "Macht Geld, macht mehr Geld, macht noch
mehr Geld?" Ist nicht der schnöde Mammon der Gott der Scientologen?
Zumindest ist das einer der Hauptvorwürfe, der gegen die
Scientology-Kirche erhoben wird. Nicht ganz zu unrecht, finde ich. Aber
wir werden dem Thema nicht gerecht, wenn wir die Sache so platt
formulieren. Genauso wenig würde man dem Christentum gerecht, wenn man
behaupten würde, Jesus hätte die Gewalt auf seine Fahne geschrieben,
denn hat er nicht gesagt "Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert"? Er hat. Zumindest steht das in der Bibel,
nachzulesen bei Matthäus 10,34. Wenn man die Zitate aus dem Zusammenhang
reißt, wird leicht ein völlig falsches Bild erzeugt. Das gilt für die
Bibel und ebenso für die scientologischen Schriften. Worauf Sie
anspielen sind die letzten drei (von 12) Punkte aus einem Richtlinienbrief in Bezug auf das Thema Geld, wo es tatsächlich heißt
"Mach Geld, mach mehr Geld, mach, dass andere Leute produzieren, damit
Geld gemacht wird."
Was aber bei diesem Zitat unterschlagen wird: in
einem Richtlinienbrief mit dem Titel "Bohnentheorie", der ein Jahr zuvor herausgegeben worden ist, legt Hubbard dar, wie man Geld macht - nämlich
dadurch, dass man etwas produziert und zu einem angemessenen Preis
verkauft. Hubbard sagt z.B. auch ausdrücklich: "Nur eine Regierung oder
ein Fälscher 'macht Geld'. Man muss etwas produzieren, das für Geld ausgetauscht werden kann." Das bedeutet, wenn Hubbard sagt: macht Geld,
dann meint er, dass man die Dinge tun muss, die Geld hereinbringen,
nämlich: eine Nachfrage herstellen oder finden und dann entsprechend der
Nachfrage ausreichend produzieren, um die Produkte oder Dienstleistungen
gegen Geld austauschen, mit dem die Mitarbeiter bezahlt werden und die
Expansion des Unternehmen finanziert wird, wie das halt in unserem
Wirtschaftssystem auch üblich sein sollte.
Und was sagen Sie zu Hubbards Äußerung, dass
man - wenn man in kurzer Zeit viel Geld verdienen will - eine Religion ins Leben rufen soll?
Also, dass Hubbard das gesagt hat, kann ich nicht bestätigen. Dieser Satz
wird so oder ähnlich zwar immer wieder von den Medien zitiert, aber
gelesen habe ich ihn in seinen Schriften noch nicht. Und was das
"Geldmachen" angeht, dazu habe ich Ihnen vorhin Hubbards Position
erläutert. Darüber hinaus kann ich Ihnen noch sagen, dass Hubbard selbst
größten Wert darauf gelegt hat, dass - wie die Scientologen sagen - der
Austausch "stimmt". Das bedeutet: Man sollte für das Geld, das man
bekommt, etwas liefern, womit der Kunde äußerst zufrieden ist. Nur so
kann man als Unternehmen auch langfristig überleben und expandieren.
Dabei spielt es keine Rolle, ob man Waren oder Dienstleistungen
anbietet. Der Kunde muss einfach mehr als zufrieden sein und die Sache
weiterempfehlen.
Im Zusammenhang damit ist z.B. die hubbardsche
Definition von "kriminellem Denken" zu erwähnen, das sich dadurch
auszeichnen soll, dass eine Person versucht, etwas zu bekommen, ohne im
Austausch dafür auch etwas zu geben. Ich will damit sagen: selbst wenn
sich die Scientology-Kirche tatsächlich darauf spezialisiert haben
sollte, ihre Kunden, Klienten, Patienten - oder wie immer man diese
Leute bezeichnen möchte - auszunehmen, so steht dies noch lange nicht im
Einklang mit der von Hubbard verk�ndeten philosophischen Lehre.
Was wollen Sie damit sagen?
Nun, es ist natürlich so, dass man aufgrund einiger Praktiken, die der Scientology-Kirche nachgesagt werden,
schlussfolgern könnte, dass der Kern
der dahinterstehenden Philosophie lautet: "Macht Leute abhängig und
beutet sie aus." Aber mit der gleichen Logik m�sste man aufgrund der
Kreuzzüge, der Hexenverbrennung und der Inquisition im Namen Jesu zu dem
Ergebnis kommen, dass die christliche Religion mit den Worten "Tötet alle
Ungläubigen!" zusammenzufassen sei. Mit anderen Worten: zwischen der
eigentlichen Religion oder der formulierten Philosophie auf der einen
Seite und ihrer "Anwendung" oder "Umsetzung" und dem Management bzw. der
Kirchenleitung auf der anderen sollte man fein säuberlich unterscheiden. Wer
davon ausgeht, da� das Management der Scientology-Kirche den Geist der
Scientology-Philosphie lebt, macht einen entscheidenden Fehler.
Aber heißt es nicht auch "an den Früchten werdet ihr sie erkennen"?
Ja sicherlich, an den Früchten eines Inquisitors kann man einen
Inquisitor erkennen, bzw. seinen Charakter, aber was in der Bibel steht,
wird man erst erkennen, wenn man sich mit ihr beschäftigt. Will man den
wahren Geist der christlichen Religion erfahren, ist der Inquisitor oder
irgendeine andere kirchliche Institution die falsche Adresse, denn es gibt keine Garantie dafür,
dass sie im Geist dieser Botschaft auch
handeln. Wenn das Management der Scientology-Kirche zu verwerflichen
Handlungen auffordert oder selbst kriminell ist, sagt dies etwas �ber
das Management aus, nicht �ber die Philosophie.
Aber von jemandem, der in der Hierarchie so weit oben steht,
m�sste man doch erwarten können, dass er als Vorbild fungiert.
Natürlich sollte es so sein. Doch darf man die Augen nicht davor
verschließen, wenn es nicht so ist. Nennen Sie mir eine Organisation,
Vereinigung oder etwas ähnliches, in der es keinem schwarzen Schaft
gelingen kann, bis nach oben in die Leitungsspitze vorzudringen. Ob
Christen, Mohammedaner oder Hindus - Keine dieser Weltreligionen war
davor gefeit, dass das ursprüngliche Gedankengut verschieden
interpretiert oder gar abgeändert wurde. Auch die christliche Kirche war
davon betroffen, wie die Beispiele, die ich vorhin erwähnte, zeigen. Das
ist bedauerlich, aber nichtsdestoweniger wahr. Die Frage ist nur, kann
man verhindern - und wenn ja, wie, dass schwarze Schafe die ganze
Bewegung diskreditieren?
Im Fall der Scientology sieht es doch eher so aus, als sei sie von
einem schwarzen Schaf erst ins Leben gerufen worden, denn bekanntlich
ist Hubbard ja bei dem berühmten Magiers Alister Crowley in die Lehre gegangen. Ist Scientology nicht
eher doch eine Pseudoreligion oder - wie manche sagen - ein Seelenfang-Konzern
um Macht und Geld anzuhäufen?
Nein.
Aber es passiert doch immer wieder, dass Leute, die in die Fänge der Scientology
geraten, nach Strich und Faden ausgenommen werden.
Haben Sie sich mal überlegt, in was für einem bedauernswerten Zustand
eine Person sein muss, die sich so etwas bieten l�sst? Was für eine Person
muss das sein, die erst einen "billigen Kurs" für 300,- DM kauft, der
nichts bringt, sich dann für 5000,- DM ein Programm zur Entgiftung des
Körpers aufschwatzen l�sst, in dessen Verlauf sie Kopfschmerzen bekommt,
wie sie sie noch nie gekannt hatte? Und um dem Fass die Krone
aufzusetzen, nimmt sie, nachdem nun wirklich alles daneben gegangen ist,
noch einen Kredit in Höhe von 50.000 DM auf, um sich einer Prozedur zu
unterziehen, die in den Medien als Gehirnwäsche bezeichnet wird! Das
kann doch wohl nicht wahr sein. Dieser Fall wird z.B. in einem Buch mit
dem Titel "Mission mit allen Mitteln - Der Scientology-Konzern auf
Seelenfang" dargestellt.
Jetzt vertauschen Sie aber Ursache und Wirkung. Die Scientology ist
doch hier der Täter und die Person, der so übel mitgespielt wurde,
das Opfer!
Ich glaube, da irren Sie sich.
Wollen Sie etwa damit behaupten, dass die Scientology das Opfer und die betrogene Person der Täter ist?
Keineswegs. Vielleicht zur Klarstellung: Wenn Sie "Scientology" sagen, so meinen Sie wahrscheinlich eher die Scientology-Kirche. Wie ich
bereits sagte ist der Begriff Scientology die Bezeichnung für die
Philosophie selbst. Das Wort Scientology bezeichnet nicht die verschiedenen
Organisationen, die von sich behaupten, im Geiste der scientologischen
Philosophie zu wirken.
Man darf "Scientology-Philosophie" nicht
"Scientology-Organisation" gleichsetzen oder verwechseln. Es gibt
heutzutage Gruppierungen, die von sich behaupten, im Geiste der
Scientology-Philosophie zu arbeiten, die aber von der offiziellen
Scientology-Kirche direkt verfolgt werden. Da das Kirchen- oder
Konzernmanagement, wie Sie es vielleicht nennen würden, den Begriff
Scientology sogar urheberrechtlich hat schützen lassen, dürfen diese
Gruppen auch nicht behaupten, sie machten Scientology.
In eingeweihten Kreisen spricht man von einer sogenannten "Freien Zone", in der sich eine Menge sogenannter "Alt-Scientologen" befinden, die aus der Kirche rausgeworfen wurden. Also Scientology ist der Name der Philosophie, die Hubbard in schriftlicher oder gesprochener Form hinterlassen hat. Die Organisationen, die sich auf diese Hinterlassenschaft berufen, sind ein davon völlig verschiedenes Paar
Schuhe.
Wenn man die Philosophie als Täter bezeichnet, liegt man wirklich weit daneben. Eine Philosophie ist völlig passiv. Wurde sie erst einmal in Worte
gefasst, ist sie am ehesten vielleicht noch mit einem Werkzeug zu vergleichen. Manche ignorieren es und halten es für unbrauchbar, andere beschäftigen sich damit und halten es für brauchbar.
Wozu es nun gebraucht wird, hängt aber eher vom Benutzer ab als von der Philosophie selbst. Ein Messer z.B. kann gleichzeitig konstruktiv oder
destruktiv verwandt werden. Geben Sie es einem Psychopathen, erhalten
Sie eine Menge Leichen. Geben Sie es einer Hausfrau, bekommen Sie eine
schöne Scheibe vom Braten. Es würde uns nicht im Traum einfallen, ein
Messer vor Gericht zu stellen. Wir würden nicht einmal den Erfinder, den
Hersteller oder den Vertreiber des Messers vor Gericht zitieren. So kann
man auch die Philosophie selbst nicht mit den verschiedenen Anwendergruppen, von denen die Scientology-Kirche nur eine ist, in einen Topf werfen. Das hieße, den Mißbrauch einer Idee mit der Idee selbst
gleichsetzen. Was das Christentum angeht, so unterscheidet man ja auch
zwischen der Bibel und den darauf basierenden verschiedenen
Konfessionen.
Kommen wir noch einmal auf die Täter-Opfer-Beziehung. Sehen Sie nun
den Betrogenen als Täter, oder wie?
Selbstverständlich ist die betrogene Person ein Opfer. Sie ist aber aus
genannten Gründen nicht Opfer der Scientology-Philosophie. Zu behaupten,
sie sei Opfer der speziellen Scientology-Organisation, in der diese
Sache passiert ist, ist auch nicht sehr präzise. Sie ist eher Opfer der
Personen, die sie bearbeitet haben. Nun kenne ich den eben erwähnten
Fall nur aus zweiter Hand, weiß also nicht wirklich, was da vor sich gegangen ist. Aber kann man tatsächlich sagen, dass diese Person keine
andere Wahl hatte? Ist sie völlig unschuldig in diese Situation
geschlittert? Vielleicht nimmt sich die Viktimologie dieser Vorgänge
einmal an und untersucht dieses Phänomen einmal gründlich. Ich kann mir
beim besten Willen nicht vorstellen, dass man jemanden, der sich
umsichtig und vernünftig verhält, derartig übers Ohr hauen kann.
Es gibt
einen Spruch, der besagt, dass zu einem Streit stets zwei gehören. Das
gilt sicherlich auch für Betrug. Versicherungen haben schon lange
erkannt, dass viele Autobesitzer so manchen Diebstahl erst durch ihr
eigenes leichtfertiges Verhalten möglich gemacht haben. Wenn ihnen
nachgewiesen wird, dass sie fahrlässig gehandelt haben, zahlt die
Versicherung weniger oder gar nichts. Ich will damit nur sagen: Wenn jemand Opfer von kriminellen Machenschaften geworden ist,
muss man einfach auch danach fragen dürfen, ob er selbst alles unternommen hat,
um dies zu verhindern. Das entschuldigt den Täter natürlich keinesfalls.
Aber manche Leute lassen sich eben sehr leicht belügen, betrügen,
bestehlen, manipulieren, bevormunden, zwingen, ausnutzen usw., andere hingegen nur sehr schwer. Irgendwie
muss dies auch mit den Leuten zusammenhängen.
Die Jugend ist hier natürlich eine besonders gefährdete Gruppe. Nicht
umsonst spricht man ja bei der Scientology-Bewegung von einer Jugendsekte. Sind hier nicht die Medien und Politiker gefordert, um von vornherein zu verhindern,
dass Jugendliche da hineingeraten?
Natürlich kann es nicht angehen, dass Eltern zuschauen sollen, wie ihr
Kind unter die Räder gerät. Auch kann man vom Staat nicht erwarten, dass
er tatenlos zusieht, wie die Jugend gefährdet, verdorben oder geschädigt
wird. Doch was ist gefährdend, was verdirbt oder schädigt? Und kann man
sagen, dass das, was einen Jugendlichen gefährdet, verdirbt oder
schädigt, gleichermaßen auch alle anderen Jugendlichen gefährden,
verderben oder schädigen würde? Und - vorausgesetzt, die eben genannten
Punkte wären geklärt - wie soll man die Jugendlichen dann vor einer
solchen staatlich anerkannten gefährlichen Sache schützen? Bringen wir
ein Gesetz heraus, ein Jugendschutzgesetz, und sagen: Liebe Jungen und
Mädchen, folgende Dinge sind gefährlich, seht zu, dass ihr euch davon
fern haltet.
Leider gibt es gerade unter der Jugend so eine besondere
Spezies, die sich besonders für das interessiert, was verboten ist. Dann
gibt es welche, die lassen sich nicht gern etwas vorschreiben. Und dann gibt es diese Querdenker. Oder die, die das Vertrauen in die Politiker,
die Gesetzgebung und so weiter verloren haben. Also sagen wir: ihr m�sst
euch danach richten, egal, was ihr selbst dazu denkt, ihr m�sst uns
glauben und uns vertrauen, dass wir schon wissen, was gut für euch ist.
Wenn man einen Jugendlichen erst
einmal so weit hat, dass er etwas annimmt und glaubt, nur weil es - von wem auch
immer - behauptet worden ist, dann schafft man damit auch die Voraussetzung f�r
Gutgl�ubigkeit und somit f�r Betrug. Kurz, ich denke nicht, dass
es reicht, staatliche
Vordenker zu haben, die eine Sache für andere auswerten und ihr dann das
Etikett "gefährlich" verpassen.
Soll man die Jugend also doch in ihr Unglück laufen lassen?
Nein, ich will nur sagen, dass es problematisch ist, sich auf Wertungen
und Berichte anderer zu verlassen oder Weisungen unkritisch Folge zu
leisten. Ich finde es auch problematisch, blinden Gehorsam zu verlangen,
da dies ein direkter Angriff gegen die Selbstbestimmung eines Menschen
ist. Das kann leicht ins Auge gehen. Ein kritischer Geist hinterfragt
Behauptungen und Meinungen, aber auch Befehle und Gesetze und vertraut
letztlich nur auf das, was er selbst gesehen bzw. erfahren hat. Das ist
das Zeug, auf dem seine Schlussfolgerungen basieren. Er schließt sich
nicht einfach einer Ansicht an, nur weil sie von einer Autorität kommt
oder weil alle diese Ansicht vertreten. Leute, die so etwas machen, sind
echte Untertanentypen, gute Schreibtischtäter und prima Roboter,
besonders dann, wenn sie Dinge tun, mit denen sie nicht übereinstimmen.
Aber wer mit dem Argument "Vorschrift ist Vorschrift" seine Integrität
und Ehre aufs Spiel setzen möchte, der soll das ruhig tun.
Das klingt gerade so, als wollten Sie zum zivilen
Ungehorsam auffordern.
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin nicht dafür, dass man einfach
jeden machen l�sst, was er will. So ist gesellschaftliches Zusammenleben
nicht möglich. Das gäbe das totale Chaos. Aber ich bin auch nicht dafür,
dass Vorschriften blind befolgt werden. Auch hier muss man den goldenen
Mittelweg finden, sonst bleibt die Selbstbestimmung und das Menschsein
auf der Strecke. Ich habe nichts dagegen, durch ein Schild in der Nähe
eines Kindergartens aufgefordert zu werden, 30 Km/h zu fahren. Aber
verlangen Sie von mir, dass ich nachts um drei diese Vorschrift einhalte?
Oder dass ich mit einem Schwerverletzten im Auto an jeder roten Ampel
halte? Meinen Sie nicht, dass den Menschen ein bißchen mehr
Selbstbestimmung zugebilligt werden könnte?
Was nun die vermeintlichen
Sekten usw. angeht - warum sagt man nicht einfach: Leute, informiert euch gründlich, bevor ihr euch auf so eine Sache
einlasst, lest die
Schriften dieses Gurus, fragt Mitglieder aus, interviewt auch die, die
davongegangen sind oder die rausgeworfen wurden, überprüft die
versprochenen Ergebnisse, kurz, macht euch selbst ein Bild davon, wie
die Dinge liegen. Nein, statt dass dazu aufgerufen wird, genau hinzuschauen und sich angemessen zu informieren, wird zum Wegschauen
aufgefordert. Alle selbsternannten Sektenexperten tönen: "haltet euch
fern davon, das ist ein ganz gemeiner Hinterhalt". Und weil man nicht
will, dass die Leute hingehen und sich selbst ein Urteil bilden,
verbreitet man Schauermärchen und Berichte aus zweiter Hand, mit einseitigen Darstellungen von Leuten, die irgendeiner Sekte aus verschiedensten Gründen den Rücken gekehrt und die schlimmsten
Erfahrungen gemacht haben. Was sollen die, bitteschön, Gutes berichten?
Ist es redlich, jemanden davon
abzuhalten, sich ein eigenes Bild zu machen und ihn statt dessen mit einseitigen
Berichten zu f�ttern? Wo
bleibt da die Objektivität? Meinen Sie, man kann es einem Jugendlichen
nicht zumuten, diese Sache selbst und direkt anzuschauen?
Bei diesen Sekten besteht immerhin die Gefahr der psychischen
Abhängigkeit und von bleibenden psychischen Schäden. Wollen Sie zulassen, dass
labile Menschen vollends aus dem Gleichgewicht gebracht werden?
Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel. Ein offener Gasherd ist auch eine
Gefahr. Besonders für Kleinkinder. Ich kann dem Kind natürlich
verbieten, in die Nähe des Gasherds zu gehen. Wenn es nicht horcht,
setzt es etwas. Dann erzähle ich ihm solche Struwwelpetergeschichten von Kindern, die nicht hören wollten und sich dann ihre Hände verbrannt
haben und so weiter. All dies in der guten Absicht, zu verhindern, dass sich das Kind die Finger verbrennt. Das wäre Methode Nummer eins, von
der ich persönlich nicht so viel halte.
Ich könnte das Kind aber auch
seine eigenen Erfahrungen machen lassen. Das heißt nicht, dass ich den
Gasherd anmache, aus der Küche gehe und hoffe, dass nichts passiert.
Nein, ich lasse das Kind erfahren, wie es in der Nähe von diesem
rotblauen Kranz immer heißer wird, indem ich seine Hand oder Hände sanft
leite. Das Kind macht sich selbst ein Bild der Angelegenheit und wird
seine Hand freiwillig wieder wegziehen, da sie ihm zu warm wird. Man
kann das bis zu einem Punkt machen, an dem seine Neugier erst einmal
befriedigt ist. Das wäre Methode zwei.
Wenn ich mich dafür ausspreche,
dass sich z.B. ein Jugendlicher sein eigenes Bild machen soll, dann meine
ich damit nicht, dass man ihn alleine lassen soll. Im Gegenteil. Eine
starke Familienbande und rege Kommunikation in der Familie verhindern, dass das eigene Kind in so einer Sekte versackt.
Nun sind solche Familienverhältnisse nicht immer gegeben.
Da haben Sie leider recht. Vielleicht sollte das staatliche Engagement
mehr in diese Richtung gehen. In den staatlichen Erziehungsanstalten -
ich meine die Schulen - in denen unsere Kinder auf das Leben in der
großen weiten Welt vorbereitet werden sollen, werden alle möglichen und
unmöglichen Dinge gelehrt. Aber einige grundlegende Dinge finden hier
überhaupt keine Berücksichtigung.
So gibt es zum Beispiel kein Fach, in
dem etwa konstruktives Zusammenleben gelehrt würde. Irgendwie geht man
wohl davon aus, dass das jeder irgendwo schon mitkriegen wird, wie man
das macht. Aber die steigenden Ehescheidungsraten, die steigende
Kriminalität, die steigende Nachfrage nach allen möglichen Arten und
Sorten von Therapien und auch die Erfolge der sogenannten Jugendsekten
und der gerade gegenwärtige Zulauf zu esoterischen und extremistischen
Bewegungen sprechen eine ganz andere Sprache. Ganz offensichtlich gibt
es hier eine Nachfrage nach solchen Dingen. Hier sind meines Erachtens
unbeantwortete Fragen und unbefriedigte Bedürfnisse eine stark treibende
Kraft.
In dem Maß, in dem diese Fragen beantwortet und die Bedürfnisse
befriedigt wären - gleich ob in der Schule, der Familie oder im Betrieb
- würde der Zulauf abnehmen. Es sind ganz eindeutig sogenannte
psychosoziale Beweggründe, die hier eine Rolle spielen. Hier wären
Stichworte wie die Frage nach dem Sinn des Lebens, Vereinsamung, Angstgefühle und solche Dinge zu nennen. Mit der Verteufelung solcher
Bewegungen ist niemandem gedient, ganz abgesehen davon, dass man mit
Verboten der Sache überhaupt nicht Herr wird.
Aber irgendwie scheint es
nicht n die K�pfe einiger Leute zu gehen, dass man mit Verboten,
Verunglimpfung und Unterdr�ckung eine Bewegung nicht tot machen
kann.
Man kann sie in den Untergrund drängen, sie sozial
unakzeptabel machen
und so weiter, aber all dies ist lediglich eine gesellschaftliche Form
der Verdrängung und spätestens seit Freud sollten wir doch begriffen
haben, dass auch verdrängte Dinge im Verborgenen wirken und Schaden
anrichten können. All unsere Gesetze konnten weder Kriminalität noch
Terrorismus zum Verschwinden bringen. Immer noch werden Banken
ausgeraubt und immer noch werden Anschläge verübt. Und wenn man sieht,
was uns die von den Römern praktizierte Verfolgung der Christen gebracht
hat, könnte man fast versucht sein, für die Zukunft eine monströse
Scientology-Kirche vorherzusagen.
Was uns zu der Frage bringt, ob die Scientology überhaupt eine
Religion ist. Ist sie nicht vielmehr ein am Profit orientierter und nach Macht strebender Konzern?
Also Scientology ist ganz sicher kein Konzern, sondern eine Philosophie...
Ja. natürlich.
...aber was ich zuerst gerne einmal klar stellen möchte ist dies: wenn
man verlangt, dass eine religiöse Gruppe sich nicht am Profit orientiert
und dass sie nicht nach Macht strebt, dann verlangt man von ihr, Harakiri
zu machen. Heutzutage braucht man Geld, um eine Mission in die Welt zu
tragen - fragen Sie die Informations- und Desinformationsstrategen der
Politik und Wirtschaft. Wenn jemand einer religiösen Gruppe nahe legt,
sie möchte doch bitte nicht auf das Geld schauen, dann will dieser
Jemand ihren Bankrott. Ohne Geld ist heute kein Staat zu machen.
Was
glauben Sie würde mit den beiden Hauptvertretern der christlichen
Religionen, der evangelischen und katholischen Kirche, passieren, wenn
die Kirchensteuer abgeschafft würde? Ohne Geld ist nicht nur kein Staat
sondern auch keine Religion zu machen. Und was tun die Vertreter der
Religionen mit dem vielen Geld? Unter anderem versuchen sie, ihren Einfluss zu mehren. Sie versuchen, die Zahl ihrer Anhänger zu mehren.
Anders gesagt: sie versuchen Macht zu gewinnen.
Was glauben Sie, würden
die Vertreter des Christentums - evangelisch, katholisch oder was auch
immer - was würden die wohl sagen, wenn Sie sie bitten würden, sich doch
von ihren einflussreichen Positionen zurückziehen, wenn Sie sie bitten
würden, machtlos zu werden. So möchte doch bitte der Papst zurücktreten,
da so viele Menschen auf ihn hören und der Religionsunterricht in den
Schulen solle aufgegeben werden, da man dadurch zuviel Einfluss auf die Schüler habe.
Also so ganz ohne Geld- und Machtstreben kommt
wahrscheinlich keine Religion gut aus. Aber wenn es einer Bewegung nur darum ginge, dann würde es sicherlich keine religiöse Bewegung sein. Da
gehört schon etwas mehr dazu. Womit wir bei der Frage wären: was
versteht man unter Religion? Das ist eine interessante Frage. Ich habe vor einiger Zeit einmal eine Fernsehdiskussion mit hochgelehrten und
streng gläubigen Menschen darüber gesehen, die waren sich auch nach zwei
Stunden noch nicht darüber einig.
Was verstehen Sie denn unter Religion?
Meine private Definition unterscheidet sich gar nicht so sehr von der,
die man im Wörterbuch finden kann. Und bei dem Stichwort Religion - ich
kenne die Definition nicht auswendig - aber da steht, soweit ich mich
erinnere, sinngemäß zum Beispiel drin: Ein durch Lehre und Satzung
festgelegter Glaube, der meist von einer größeren Glaubensgemeinschaft
geteilt wird. Dann heißt es dort, soviel ich weiß auch noch "gläubig
verehrende Anerkennung einer alles Sein bestimmenden göttlichen Macht".
Und legt man diese beiden Definitionen zugrunde, dann ist die
Scientology ganz bestimmt eine Religion. Vielleicht ist sie nicht nur
eine Religion, aber auf jeden Fall findet man die erwähnten Merkmale
dort, denn es gibt eine Lehre und die Scientologen glauben an eine alles
Sein bestimmende Macht, der eine mit mehr, der andere mit weniger
verehrender Anerkennung, aber das kennt man ja bei den Christen auch.
Allerdings ist in der Scientology nichts darüber ausgesagt, ob es einen
persönlichen Gott gibt oder nicht. Das wird dem Einzelnen und seinem
Erleben überlassen. Interessant finde ich, dass es angeblich auch
christliche Scientologen gibt. Offenbar können diese Leute ihre
Konfession mit der Scientology gut verbinden. Ich bin zwar kein Fachmann auf dem Gebiet, aber soweit ich gesehen habe, gibt es doch eine Menge
Entsprechungen zwischen biblischem und scientologischem Gedankengut,
besonders im neuen Testament.
Wenn dem so wäre, wie kommt es dann, dass gerade die
Sektenbeauftragten der evangelischen und katholischen Kirche so eindringlich vor der Scientology warnen und gegen sie vorgehen?
Das ist mir ehrlich gesagt auch ein Rätsel. Ich kann mir zwar denken, was die Beauftragten selbst dazu sagen würden, aber letztlich würden sie
vermutlich nur darlegen, wieso es richtig ist, gegen die Scientology
vorzugehen.
Wenn man im Mittelalter
einen Inquisitor gefragt h�tte, wieso der Ketzer und Hexen so gnadenlos
verfolgen und bestrafen l�sst, h�tte man auch eine Menge guter
Antworten bekommen, die aber alle auf das gleiche hinauslaufen: n�mlich
wieso es richtig sei, was sie tun.
Nun frage ich ja auch Sie.
Wie gesagt, ich kann Ihnen nicht sagen, wie es kommt. Ich kann nur Mutmaßungen darüber anstellen. Eine gewisse Rolle spielt sicherlich die
Einäugigkeit, bzw. Unwissenheit. So kenne ich persönlich kein Buch aus
der "Sekten-Warn-Serie", in der die Scientology auch nur annähernd objektiv dargestellt wird. Es ist, als ob die Autoren dieser Bücher
durch die Lupe auf einen Rostfleck stieren und dann - ganz schockiert - auf dieser "Grundlage" ihren Testbericht verfassen: Auto völlig
verrostet, nicht verkehrssicher, schrottreif. So gesehen erscheint ihnen
die Scientology und alles, was damit zusammenhängt, vielleicht dermaßen
wertlos oder gefährlich, dass sie glauben, dagegen vorgehen zu müssen.
Es gibt aber doch eine ganze Reihe von authentischen Berichten, die
kein gutes Haar an der Scientology lassen.
Auch Erlebnisberichte von Leuten, die der Scientology oder der Kirche
den Rücken gekehrt haben, bieten keine ausreichende Grundlage für ein
gutes Urteil, DENN EIN GUTES URTEIL IST AUCH IMMER EIN UMFASSENDES
URTEIL.
Wenn eine Ehe auseinandergegangen ist, wird der jeweils andere
oft in einem so schlechten Licht geschildert, dass man sich fragt, wieso
es überhaupt zu einer Ehe kam. Und was die sogenannten Sektenexperten
angeht, so kann Ich doch zum Beispiel nicht - will ich mir ein Urteil
über die Bibel machen - nur die Schöpfungsgeschichte lesen und dann
sagen, also die Christen, die leben doch hinterm Mond. Ich kann auch
nicht auf die Kreuzzüge stieren und behaupten, dass das Christentum eine
barbarische Religion ist. Auch die Tatsache, dass in bayrischen
Gefängnissen weit über die Hälfte der Insassen katholisch sind, kann ich
doch nicht gegen die katholische Religion auswerten.
Es ist immer wieder
der selbe Fehler, der gemacht wird. Erst informiert man sich nicht
umfassend und gründlich genug oder bauscht das Negative auf und verschweigt das Positive, und dann verallgemeinert man dies auf völlig
unzulässige Art und Weise. Mit dieser Technik kann man selbst das Beste
in schlechtem Licht erscheinen lassen und die größte Teufelei als
Rettung der Menschheit ausgeben. Darum würde ich auch nicht die Frage
stellen, warum gegen Scientology und die Scientology-Kirche zu Felde gezogen wird...
Sondern?
Ich würde fragen, ob es richtig oder sinnvoll ist, dies zu tun. Und wenn
ich diese Frage bejahen würde, bliebe noch zu klären, ob ich - beim
Versuch, kriminelle Machenschaften publik zu machen und zu unterbinden,
selber zweifelhafte oder unlautere Methoden anwenden darf.
Finden Sie denn Erlebnisberichte und Schriften, in denen über die
kriminellen Machenschaften aufgeklärt wird, unlauter?
An und für sich nicht. Aber wenn wichtige Informationen weggelassen
werden, wenn hinzugedichtet und gelogen wird, wenn einzelne Vorkommnisse
als Normalfall ausgegeben werden, wenn tendenziös berichtet wird - sei
es, dass nur Positives oder nur Negatives herausgestellt wird - kurz,
wenn ein Bild zusammengezimmert wird, das mit der Wirklichkeit wenig
oder gar nichts zu tun hat, dann finde ich das, gelinde gesagt, unlauter.
Angenommen, die Berichte, die bisher über das Thema
Scientology erschienen sind, würden alle auf wahren Begebenheiten
basieren und nichts wäre hinzugefügt oder verdreht worden - das
Gegenteil ist zwar der Fall, aber nehmen wir dies einmal an - dann wird
ein schiefes Bild über dieses Thema einfach dadurch erzeugt, dass einseitig nur Negatives berichtet wird. Es entsteht das Bild,
dass die Leute, die mit Scientology in Kontakt kommen, ausgenommen werden wie
Weihnachtsgänse, dass die scientologischen Methoden nichts taugen, sondern die Leute im Gegenteil zu psychischen Wracks gemacht werden und
so weiter und so fort. Und dann sagen wir: 'diese Daten sprechen doch für sich'. Wir erwähnen nicht,
wie viel Leute sich nicht ausgenommen sondern bereichert fühlen, wie viele psychisch stabiler und
selbstbewusster geworden sind, wie viele die Lust am Leben wiedergewonnen
haben, bei wie vielen psychosomatisch bedingte Krankheiten verschwunden sind und so weiter und so fort.
Wir setzen also weder das Negative mit
dem Positiven ins Verhältnis noch vergleichen wir die so gefundenen
Ergebnisse mit den Zahlen anderer Einrichtungen. Wir stellen einfach
fest, dass es bei Müllers im Wohnzimmer chaotisch aussieht, geradezu wie
im Schweinestall. Wir schwören, dass dies die Wahrheit ist und lassen die Kollegen von
Müllers kopfschüttelnd zurück. Wir sagen nicht, dass kurz
zuvor eine Riesenfete stattgefunden hat, auf der sich zwei ungeladenen
Gäste geprügelt und mit Einrichtungsgegenständen beworfen haben, und wir
verraten auch nicht, dass das Wohnzimmer sonst ordentlicher und
repräsentativer aussieht als das der meisten anderen Bekannten, die wir
kennen. Das ist, etwas überspitzt skizziert, die normale
Berichterstattung über Scientology.
Aber es gibt doch auch Talk-Shows, in denen Leute der
Scientology-Kirche zu den Vorwürfen Stellung nehmen können.
Das ändert aber nichts daran, dass das Negative in den Vordergrund
gerückt wird. Übrigens möchte ich mich in diesem Zusammenhang bei Ihnen
bedanken, dass Sie mir hier die Gelegenheit geben, in aller Ruhe meine
Gedanken zu diesem Thema darzustellen. Dieses Vergnügen ist den meisten
Talk-Show-Teilnehmern ja leider nicht vergönnt. Oft müssen sie ja auf
drei Fragen gleichzeitig antworten und eventuell noch die in die Fragen
eingebauten Unterstellungen ausräumen. Und wenn sie Pech haben, können
sie nicht eine Frage erschöpfend beantworten, weil dann schon die nächste mehr oder weniger provokante Frage gestellt wird. Doch das nur
nebenbei. Jedenfalls finde ich es sehr fair, wie Sie das Interview
führen.
Vielen Dank für das Interview.
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