WZ , Montag 10.06.2013 , http://www.wz-newsline.de Die Texte als Bild , Titelseite wz0610ti.jpg (68.162 Byte) , Seite 4 wz0610mo.jpg (642.314 Byte) http://www.wz-newsline.de/home/panorama/strafverteidiger-kaempft-fuer-freilassung-von-gustl-mollath-1.1340818 Seite 1, Anwalt: Gustl Mollath wird freikommen München. "Gustl Mollath wird freikommen - und nie wieder in die Psychiatrie müssen", sagt der berühmte Strafverteidiger Gerhard Strate im Interview mit unserer Zeitung. Strate hat Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt. Mollath sitzt seit sieben Jahren in der geschlossenen Psychiatrie, weil er auf ein von seiner Frau mit verantwortetes Schwarzgeldsystem der HypoVereinsbank hingewiesen hat. Ein Gericht erklärte ihn deshalb 2006 für paranoid. Morgen wird Mollath vor dem Untersuchungsausschuss des bayrischen Landtages aussagen. Red Tagesthemen S. 4 WZ , Seite 4, Dieser Text steht nicht im Internet! „Mollath wird freikommen" INTERVIEW Der Jurist Gerhard Strate vertritt Gustl Mollath und beantragt eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Das Interview führte Madeleine Gullert Der Strafverteidiger Gerhard Strate bei der jüngsten Anhörung im Fall Gustl Mollath. Foto: dpa • ZUR PERSON VITA Gerhard Strate (63) wurde als Anwalt von Monika Böttcher, geschiedene Weimar, bekannt. Er verteidigte auch den Al-Kaida-Terroristen Mounir Motassadeq und ist Spezialist für Verfassungsbeschwerden. Hamburg. Der renommierte Hamburger Strafverteidiger Gerhard Strate hat wieder einen schwierigen Fall übernommen: Er vertritt den Nürnberger Gustl Mollath, der seit sieben Jahren in der Psychiatrie sitzt. Mollath wollte Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau aufdecken, diese zeigte ihn danach wegen Misshandlung an. Das Gericht bewertete die Schwarzgeldvorwürfe als Wahn - seitdem sitzt Mollath in einer geschlossenen Anstalt. Strate kämpft für seine Freilassung. Herr Dr. Strate, Sie haben im Fall „Gustl Mollath" einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt. Wie ist der Stand heute? Gerhard Strate: Ich habe im Februar ein 140 Seiten umfassendes Wiederaufnahmegesuch gestellt, in dem ich eine Vielzahl von Rechtsbeugungen und etliche Verfahrensfehler darstelle. Im März hat dann die Staatsanwaltschaft aufgrund neuer Tatsachen und Beweise ebenfalls eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Sie sieht ein klares Fehlurteil im ersten Prozess. Das ist aber eine besondere Situation, oder? Strate: Ja, das ist eine sehr ungewöhnliche Konstellation. Dass Verteidigung und Staatsanwaltschaft an einem Strang ziehen, habe ich in meiner 30-jährigen Tätigkeit als Jurist nicht erlebt. Trotzdem sitzt Herr Mollath noch in der Psychiatrie... Strate: Die Strafkammer des Landgerichts in Regensburg fühlt sich von der „Komplexität" der Unterlagen überfordert. Deshalb hat man dort noch nicht reagiert. Drei Volljuristen brauchen aber nicht mehrere Monate, um die Beweise, die vorliegen, zu erkennen. Das verspricht nichts Gutes. Ich befürchte, dass man mit juristischen Finessen Argumente sucht, das Verfahren nicht neu aufzurollen. Wie wäre der Fall Mollath - seine Frau hat ihm vorgeworfen, sie gewürgt zu haben - ausgegangen, wenn das Gericht bei ihm keinen Wahn festgestellt hätte? Strate: Herr Mollath hat die Angriffe immer bestritten. Normalerweise steht in so einem Fall dann Aussage gegen Aussage, und man entscheidet im Zweifel für den Angeklagten. In dem Verfahren hat das Gericht aber völlig einseitig nur Frau Mollath geglaubt. Man hat Gustl Mollath nie zugehört. Sein gerichtlich bestellter Verteidiger hat sich auch nicht für ihn eingesetzt. Mollaths Informationen über die Schwarzgeldgeschäfte seiner Frau wurden ihm dann als Wahn ausgelegt. Diesen Wahn gibt es aber nicht? Strate: Die Annahme einer Wahnsymptomatik ist nicht erkennbar. Das hat auch später ein Gutachter. festgestellt, der in ein Betreuungsverfahren involviert war. Zum Glück: So konnte sich Gustl Mollath zumindest gegen eine medikamentöse Behandlung in der Psychiatrie wehren. Er bestreitet seinen Wahn bis heute, doch daraus leiten Psychiater ab, dass er noch immer gefährlich ist. Deshalb wäre die Dauer seiner Unterbringung in der Psychiatrie ohne eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch unabsehbar. Wie geht es Gustl Mollath heute? Strate: Gustl Mollath hat sich heldenhaft geschlagen - trotz der sieben Jahre in der Psychiatrie. Er ist völlig normal und klar im Kopf. Das werden alle sehen, wenn er morgen im Untersuchungsausschuss aussagt. Ich habe, ehrlich gesagt, selten jemanden erlebt, der so fehlerfrei und eloquent spricht wie Herr Mollath. „Solche menschlichen Fehlleistungen dürfen in einer Strafjustiz nicht vorkommen." Wie sehen Sie seine Chancen, aus der Psychiatrie entlassen zu werden? Strate: Ich habe beantragt, Herrn Mollath zu entlassen. Angesichts der Beweise ist die Unterbringung in der Psychiatrie nicht zumutbar. Das Oberlandesgericht muss darüber entscheiden. Ich rechne aber damit, dass Herr Mollath freikommt — und nie wieder in die Psychiatrie muss. Was macht Sie so sicher? Strate: Die Beweise, die wir haben, können in einem Rechtsstaat nicht ignoriert werden. Warum wurden die Beweise denn bis jetzt nicht gesehen? Strate: Das liegt an einer Mixtur aus Hochmut, Vorurteilen und Ignoranz, die zusammenkommen. Die Strafjustiz hat einen großen Korpsgeist, besonders in Bayern. Dort wechseln Staatsanwälte zum Gericht, und Richter werden Staatsanwälte. Gegen diesen monolithischen Block kann man nur schwer ankommen. Insbesondere in der Strafjustiz will man Fehler nicht eingestehen. Ist das wirklich nur eine schlimme Aneinanderreihung von Fehlern? Strate: Solche menschlichen Fehlleistungen dürfen in einer Strafjustiz nicht vorkommen. Das wirft auch ein schlechtes Bild auf die Justiz insgesamt. Zudem sind die Fehler so massiv und auf so viele Personen verteilt, dass man nicht an Zufall glauben mag, aber ich versuche, mir meinen Glauben an das Gute im Menschen zu bewahren. Warum haben Sie den Fall angenommen? Strate: Den Fall „Mollath" mache ich ehrenamtlich, weil ich glaube, dass man sich auch als Anwalt einen Bürgersinn bewahren sollte und würdige Mandanten vertreten muss. Ich habe auch Fälle, mit denen ich Geld verdiene