|
Città del Vaticano:
"Weg" durch die Nekropole. |
In jeder Kirche ist der Altar, auf dem und um
den sich das heilige Geschehen vollzieht, der ehrwürdigste Ort, der
sofort Auge und Herz der Gläubigen auf sich zieht. In der vatikanischen
Basilika werden aller Augen und Herzen von dem Altar angezogen:
dem Papstaltar. In der Mitte des Hauptschiffes, unter dem reich
geschmückten Bronzebaldachin Berninis gelegen, über dem sich die
Kuppel Michelangelos wölbt, erhebt sich dieser Papstaltar über dem
Boden der Basilika und weiter über dem Boden der 'Confessio', und zieht
so die Aufmerksamkeit und Ehrfurcht der Gläubigen auf sich. Fast vier
Jahrhunderte sind vergangen, seit Papst Clemens VIII. (1592-1605) ihn
errichten ließ. Doch was stand hier vor Clemens VIII.?
Unter dem Altar Clemens VIII. befindet sich ein zweiter Altar: jener
Calixtus' II. (1119 -1224). Unter diesem Altar stößt man auf einen
dritten, den Gregor d. Gr. (590-604) errichten ließ. Dieser letzte
Altar wurde in denjenigen Calixtus' II. einbezogen und sozusagen von ihm
umgeben. Unterhalb dieses Altares trifft man ein viereckiges, mit
kostbarem kleinasiatischen Marmor und rotem Porphyr verkleidetes
Denkmal. Wir stehen vor jenem Monument, das Konstantin dem Apostel
Petrus an der Stelle weihen wollte, an der die Überlieferung sein Grab
wußte. Es ist selbstverständlich, daß der erste Gedanke Konstantins
und seiner Architekten war, den verehrten locus Petri, wenn auch
nur provisorisch (solange die Basilika noch nicht errichtet war), zu
schützen und und würdig auszuschmücken.
|
Città del Vaticano:
Mausoleum G der vatikanischen
Nekropole
nach den zwei Jahre
dauernden Restaurierungsarbeiten |
Die konstantinische
Basilika, dehnte sich auf dem
Gelände jenseits der Straße aus, die an der Nordseite des Circus des
Gaius und Nero entlangführte. Hier befanden sich bereits im 1.Jhdt.
einige Grabstätten (der ager Vaticanus, das Gebiet der
vatikanischen Hügel lag außerhalb des pomerium, so daß
Bestattungen hier erlaubt waren). Nachdem der Circus nicht mehr benutzt wurde,
entstand hier eine wirkliche Totenstadt, die sich so ausdehnte, daß in
der Mitte des 2.Jhdts die Gräber sogar bis in das Gebiet des Circus
selbst vorgedrungen waren.
Um die Fundamente zu legen, auf denen die Basilika zu Ehren des
hl.Petrus errichtet werden sollte, mußten die Architekten Konstantins
aufgrund der Hanglage des Baugrundes einen nicht geringen Teil der noch
benutzten Bestattungsanlagen mit Erde zuschütten und durch mächtige
Verstrebungen stützen. Außerdem mußten sie einen Teil des Hügels
selbst einebnen. Das alles beweist den zähen Willen, das Gebäude
gerade hier und nicht anderswo zu errichten, also an jenem Orte, an dem
die Überlieferung das Grab Petri wußte und wo seit bereits eineinhalb
Jahrhunderten eine ehrwürdige Aedicula bestand, die Kaiser Konstantin mit einem
Marmordenkmal hatte verkleiden lassen.
|
Città del Vaticano:
die Nordwand des Mausoleums
O vor und nach der zwei Jahre
dauernden Restaurierung
|
Fragt man sich nun nach der Besichtigung, wie es dazu
kommt, daß die Aedicula Petri einen im Vergleich zu den übrigen
Grabmonumenten der Nekropole vergleichsweise desolaten und bescheidenen
Eindruck macht (schon die geringe Höhe der in situ erhaltenen Säule
der memoria erstaunt jeden Besucher, der vorher das Modell der Aedicula
ohne Größenangaben gesehen hat), so ist die Antwort recht naheliegend:
Das Grab Petri war ein schmuckloses Erdgrab des 1.Jhdts. in einem
Gräberfeld noch nicht sehr zahlreicher weiterer Erdgräber gelegen; es gab dort noch keine
Mausoleen. Im 2. und 3. Jhdt entstanden die Mausoleen von Familien, die
über beachtliche finanzielle Mittel verfügten und sich den Luxus von
mit Fresken, Mosaiken und und wertvollen Stuckarbeiten ausgeschmückten
Grabhäusern leisten konnten. Jahrhundertealte Erdgräber wurden
überbaut. In dieser Situation bestand in noch heidnischer Umwelt für
die Christen die ernstzunehmende Gefahr, daß das Grab Petri überbaut
würde. Um dies zu verhindern wurde die nach ihrem inzwischen bis auf
geringe Reste verschwundenen roten Verputz bezeichnete "Rote
Mauer" errichtet un din diese, und das ist wichtig, nicht
nachträglich, sondern bereits während des Baus die Aedicula mit drei
Nischen eingefügt, deren unterste das erhaltene Erdgrab Petri
darstellt. Später wurden die Gebeine aus diesem Ergrab in ein Grabfach
einer kleinen, im rechten Winkel an die "Rote Mauer"
angebauten Mauer umgebettet, wo sie auch heute wieder liegen. Die
"Rote Mauer" wurde also eigens zu dem Zweck errichtet, das
Grab Petri als Erinnerungsort zu sichern und zu erhalten. Die Verehrung
dieses Ortes zeigt sich u.a. dadurch deutlich, daß sowohl die
"Rote Mauer" als auch die Grabmauer mit Graffitis übersät
sind, in denen am häufigsten die Kürzel für Christus und Petrus
auftauchen.
Nachdem nun Konstantin (im übrigen noch vor Baubeginn der ersten
Petersbasilika wohl 315 zeitgleich mit der Einwihung seines
Triumphbogens) die Aedicula mit einem kostbaren Marmordenkmal umgeben
hatte, entfiel die Notwendigkeit und später nach weiterer Überbauung
auch die Möglichkeit, ihren Zustand zu erhalten oder zu restaurieren,
denn die Ausgestaltung des Grabes war ja nun schöner und prächtiger
als je zuvor.
|