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10. März 2001 © email: Krahmer

Pressemitteilung Gerhard-Mercator-Universität Duisburg, 06.03.2001
Umweltschutz nach '45: 
Die Nachfahren der fröhlichen Wilden 
 
Von Ulrike Bohnsack
"Die Grünen haben die Ökologie nicht erfunden", sagt der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Jochen Zimmer von der Mercator-Universität Duisburg, "dieses Selbstverständnis ist eine Selbsttäuschung." Prof. Zimmer leitet im Auftrag der Deutschen Bundesstiftung Umwelt das mit einer über halben Million Mark geförderte Forschungsprojekt zur Geschichte des "Natur- und Umweltschutzes nach 1945". Auch im allgemeinen Verständnis begann die Umweltbewegung in den 70er Jahren. Die Jahrzehnte davor sind schwarze Löcher. Wallende Gewänder, Jesuslatschen, Zottelhaare: "Ein merkwürdiges Völkchen" befanden die Bauern in Friedrichsfeld, als sich eines Tages eine Gruppe Männer und Frauen ganz in ihrer Nähe niederließen, Häuser errichteten, von den Früchten der Erde lebten und dem konventionellen "zivilisierten" Leben abschworen, weil sie "freie Menschen auf freier Erde" sein wollten. Als Freisassen eGmbH Duisburg gründeten sie "den Staat der Zukunft", schafften den von oben verordneten Schulzwang ab, das Geld gleich dazu (nicht ohne eine eigene Währung zu kreieren) und praktizierten Nacktkultur und freie Liebe. Im Umland hatten die Weltverbesserer bald ihren Namen weg: fröhliche Wilde. Die Medien hätten den Freisassen wohl viel Aufmerksamkeit geschenkt, wenn - ja wenn es ein halbes Jahrhundert später gewesen wäre. Denn in den 70er Jahren schienen solche Ideen neu: aussteigen, alternativ leben, zurück zur Natur. Es ist die Dekade, in der (Zehn-)Tausende gegen Atomkraftwerke, ungesicherte Giftmülldeponien oder chemische Großprojekte auf die Straße gehen, in der vor allem die berühmt-berüchtigten "Schlachten am Bauzaun" von Wyhl, Brokdorf oder Gorleben Umweltgeschichte schreiben und in der, wie es gemeinhin heißt, die Umweltbewegung ihre Anfänge findet. "Ein Trugschluss", sagt Prof. Dr. Jochen Zimmer. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Duisburger Uni und der Berliner Hochschule der Künste hat er die Archivbeständen der deutschen Natur- und Umweltschutzbewegungen, -organisationen und -vereinigungen in Ost und West durchforstet. Das Material wird seit Januar in den Räumen der ehemaligen Kreissparkasse in Hofgeismar bei Kassel ausgewertet. Bis Mitte 2003 soll die Ideen- und Sozialgeschichte der Umweltbewegungen seit '45 aufgearbeitet sein. Das beinhaltet neben dem Erschließen, Erfassen, Katalogisieren der Dokumente auch die Vernetzung der bestehenden Natur- und Umweltschutzarchive. Die wichtigsten Bild-, Ton- und Texterzeugnisse sollen dazu auf CD Rom publiziert werden. "Die Geschichte des Umweltprotests muss neu geschrieben werden", steht für Prof. Zimmer fest. Die 70er mögen den Beginn der Umweltschutzbewegung als Massenprotest markieren, mehr aber nicht. Denn schon lange bevor Demonstranten "AKW - nee!" skandierten oder Greenpeace-Aktivisten Schornsteine erklommen, wehrten sich Menschen gegen Umweltzerstörung. So protestierte etwa Sokrates gegen die Abholzung des Peleponnes für den Athener Flottenbau, oder verhinderten 1826 Bonner Bürger mit ihren Fäusten, dass ihr geliebter Drachenfels abgetragen wurde. "Auch Ökologische Politik und Politiker gibt es in Deutschland schon seit über 200 Jahren: Konservative Grüne wie die 'Deutschen Romantiker', rote Grüne wie den 'Touristenverein', die 'Naturfreunde' oder anarchistische Grüne wie die 'Freisassen'", räumt Prof. Zimmer mit dem Mythos auf, die Umweltbewegung sei eine Erfindung der 70er. "1912 brachte Wilhelm Liebknecht gar den ersten Entwurf für ein Naturschutzgesetz in den Preußischen Landtag ein. Selbst braune Grüne hat es nicht wenige gegeben. SS-Führer Himmler züchtet zunächst in Landkommunen freilaufende Hühner und ließ später im KZ Dachau Nistkästen anbringen und biodynamischen Honig erzeugen." Und nach dem Krieg? Das Wirtschaftswunder, die Teilung Deutschlands und die Wiederbewaffnung sind die Themen der 50er und 60er Jahre. Für Umwelt- und Naturschutz wurde anscheinend nicht gestritten. Zeitdokumente besagen anderes: So hatten gerade in der DDR Heimatschutzgruppen großen Zulauf, und im Westen besetzten in bester Greenpeace-Manier Naturfreunde, Falken und FDJ'ler gemeinsam das als Bombenabwurfgebiet missbrauchte Helgoland, den Knechtsand oder den von Sprengung bedrohten Loreley-Felsen. Dass sich in der Vergangenheit noch niemand daran gesetzt hatte, die Geschichte der Umweltbewegung gerade zu rücken, ist laut Prof. Zimmer "auf die Ignoranz der Historikerzunft gegenüber den Veränderungen der Natur zurückzuführen". Aber es ist auch noch nicht allzu lange her, dass Umweltschützer als Öko-Spinner, Körnerfresser, Müslis oder Fortschrittsfeinde bezeichnet wurden. Übrigens: selbst im Beschimpftwerden waren die Freisassen ihren "grünen" Nachfahren voraus. "Fröhliche Wilde" sagten die einen, andere formulierten es drastischer: "Rhabarberleute, Grasfresser!" (Freisassen-Fotos auf Anfrage.)

 

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1950 begann man in Deutschland mit der Flurbereinigung und erntete heftigen Widerstand von verschiedenen Seiten. Es musste erst klargstellt werden, dass Felderzusammenlegung nichts mit heckenlosen Monokulturen und Bachbegradigungen nicht unbedingt den Grundwasserspiegel senken mussten. Trotzdem wurde viel gesündigt. Aber es gab sie bereits in den Fünfziger Jahren, die konservativen Naturerhalter. Zerstörte Natur wurde an der Schule verbalisiert, aber auch besonnene Kommunalpolitiker waren auf der konservativ ökologischen Seite.
Umweltkataster, Emissionen und Imissionen von Fabriken, Druckereien (Blei) wurden 1960 bereits von diversen Kommunalpolitiker und z.B. der nordrheinwestfälischer Landesregierung und bayerischer Staatsregierung in Auftrag gegeben. Bayer hatte lange vor der Volksbewegung(?) (5-10% Grüne) bereits sein Umweltministerium.
Die Umweltkarten die dann 1980 die "Grünen" benutzten waren fast zwei Jahrzehnte vorher in Auftrag gegeben worden. Diese Nachkriegsgeschichte darf nicht verfälscht und sollte auch nicht vergessen werden. Es regierte nie allein die Ökologie in Deuschland.
p.krahmer

 

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