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Helmholtz-Preis für die
hochpräzise Bestimmung einer Obergrenze der
Neutrinomasse verliehen
bereits im Frühjahr 2001
Ein sehr kleines, aber zugleich sehr
häufiges Teilchen könnte das Schicksal des Universums
bestimmen. Ist das Teilchen zu leicht oder wiegt es
garnichts, könnte das Universum bis in alle Zeiten
"auf der Flucht" sein und sich ins Grenzenlose
ausdehnen. Ist es dagegen mit einer zwar kleinen, aber
doch merklichen Masse in der Welt, dann wird die
Expansion des Universums irgendwann gestoppt und die
Bewegung aller Massen kehrt sich um - das Universum
kollabiert. Die entscheidende Frage nach der Masse dieses
Teilchens, das die Physiker Neutrino nennen,
kann mittlerweile zumindest zur Hälfte sehr präzise
beantwortet werden: Eine Mainzer Physikergruppe der
Johannes Gutenberg-Universität bestimmte durch
Zerfallsexperimente an radioaktivem Tritium sehr präzise
eine Obergrenze dieser Masse.
Für diese Arbeit erhalten die Physiker Jochen Bonn und
Christian Weinheimer den Helmholtz-Preis des Jahres 2001,
mit dem messtechnische Höchstleistungen ausgezeichnet
werden. Die Messtechnik, mit der die Neutrinomasse
bestimmt werden soll, ist vor allem so schwierig, weil
das Teilchen so flüchtig und unnahbar ist - es nimmt
nicht so leicht Kontakt zu seiner Umgebung und auch nicht
mit einem Messinstrument auf. Jahrelang waren in allen
Experimenten - unabhängig, von welcher Gruppe sie
durchgeführt wurden - die auftretenden Fehler so groß,
dass den Messungen kaum zu trauen war. Teilweise führten
die Auswertungen der Versuche gar zu einer negativen
Masse des Teilchens, was sich nun tatsächlich kein
Mensch und auch kein Physiker mehr vorstellen kann. Die
Mainzer Gruppe um Bonn und Weinheimer hingegen
untersuchte - in 15-jähriger akribischer Arbeit -
verwandte experimentelle Bedingungen sehr systematisch
und konnte die markantesten Fehlerquellen der
Neutrinoexperimente aufspüren und, dies vor allem, bei
eigenen Versuchen ausschließen. Das Mainzer
Versuchsprinzip beruht auf einer Aussage, die schon die
Lehrbücher der Physik seit langem publizieren. Danach
werden Neutrinos stets bei einer gewissen Sorte des
radioaktiven Zerfalls von Atomkernen, dem sogenannten
b-Zerfall, sozusagen en passant neben Elektronen oder
Positronen produziert. Die Aufgabe des Experimentators
besteht nun darin, möglichst viele der vom Kern
ausgesandten Elementarteilchen einzusammeln und ihre
Bewegungsenergie genau zu messen. Aus der energetischen
Verteilung der Teilchen, dem Energiespektrum, lässt sich
dann, zumindest im Prinzip, die Teilchenmasse ablesen.
Die experimentellen Schwierigkeiten fangen jedoch an,
wenn in dem für die Neutrinos interessanten Teil des
Spektrums (am unteren Ende der Energieskala) nur sehr
wenige Teilchen eingefangen und analysiert werden
können. Die zu kleine Stichprobenmenge führt zu
unklaren statistischen Aussagen und gefährdet damit die
Aussagekraft der Messung. Diesen Schwierigkeiten zum
Trotz gelang es den Mainzer Physikern, eine sehr kleine
und zugleich sehr glaubwürdige Obergrenze der
Neutrinomasse aus ihren Experimenten abzulesen. Die
experimentelle Kunst besteht gerade darin, eine
möglichst kleine Obergrenze anzugeben, die damit
möglichst nah an der Wirklichkeit ist. (Ein kleiner
Vergleich, um diese Obergrenze einzuordnen: Keine Kunst
ist es hingegen zu sagen, das Neutrino habe höchstens
eine Masse von einem Tausendstel der Elektronenmasse.
Dies stimmt immer, denn das Elekron, selbst schon eines
der leichten Elementarteilchen, ist im Vergleich zu dem
Neutrino ein echtes Schwergewicht.) Und das Universum?
Expandiert es nun auf ewig oder wird es einst
kollabieren? Darüber werden sich die Astrophysiker noch
eine Weile streiten. Denn die von den Mainzern gefundene
Obergrenze der Neutrinomasse liegt gerade in dem Bereich,
in dem der Umschlag zwischen Expansion und Kollaps
erfolgen könnte.
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