Schuldknechtschaft und 
Schuldturm

Zur Personalexekution im sächsischen Recht 
des 13. -16. Jahrhunderts

von Steffen Breßler

Duncker & Humblot, Berlin 2004

 
Mit “Schuldknechtschaft” und “Schuldturm” handelt die Arbeit von Formen der Zwangsvollstreckung gegen den nicht zahlungsfähigen Schuldner, die das vertraute Klischee vom finsteren Mittelalter zu bestätigen scheinen. Hierzu werden die Rechtszustände in dem größten und bedeutendsten partikularen Rechtsraum - dem des sächsischen Rechts - untersucht. Dieser umfasste im Spätmittelalter nahezu den gesamten Norden und Osten und in der frühen Neuzeit insbesondere Mitteldeutschland. 

"Schuldknechtschaft" in einer Bilderhandschrift des Sachsenspiegels
Nach einführenden wissenschaftsgeschichtlichen und methodenkritischen Ausführungen im ersten, schreitet die Arbeit in ihrem zweiten Teil das Panorama der Quellen sächsischen Rechts ab. Bei den normativen Quellen spannt sich der Bogen vom Sachsenspiegel, der die Überantwortung des Schuldners in die Hände des Gläubigers beschreibt über Quellen beispielsweise aus Freiberg, Goslar, Zwickau, Meißen und Eisenach bis zu den kursächsischen Konstitutionen von 1572, mit denen der Schuldturm als öffentliches Gefängnis für fraudulente Schuldner eingeführt wird. Innerhalb der Quellen der Rechtsliteratur, wie den Gerichtsleuften Kilian Königs und Georg von Rotschitz, der Differentienliteratur  Ludwig Fachs, Benedikt Reinhards und Christoh Zobels oder dem Richtsteig Landrechts, sticht vor allem die Buchsche Glosse heraus. Sie erweist sich beim Konflikt der einheimischen Aushändigung des Schuldners an den Gläubiger mit dem kanonischen und römischen Recht als ein Paradebeispiel scholastischer Harmonisierungskunst. Dagegen kritisieren andere einheimische Juristen, wie etwa der Wegbereiter Benedict Carpzovs, Matthias Coler, die Überantwortung als “valde iniquum et crudele". Die Zeugnisse aus der Rechtspraxis entstammen einerseits den Präjudizienbüchern des späteren Mittelalters, andererseits der Originalüberlieferung von Magdeburger Schöffensprüchen für Breslau. Eindrucksvoll lässt sich aus diesem Quellenbestand die Lebenskraft der Privathaft sowie der öffentlichen Haft im Rechtsleben eines europäischen Wirtschafts- und Handelszentrum des Spätmittealters belegen. 

Schuldturm aus einem Druck der kursächsischen Konstitutionen.
Der dritte Teil führt schließlich die Ergebnisse der Quellenstudien problemorientiert zusammen. Dabei zeigt sich unter anderem, wie wenig man die mittelalterliche Haft angesichts ihrer zahlreichen Funktionen (vor allem Sicherung, Pression und Strafe) sowie ihrer flexiblen Handhabung als isoliertes und abgrenzbares Rechtsinstitut begreifen kann. Zahlreiche schuldnerschützende Bestimmungen im Rahmen der archaisch anmutenden Privathaft veranlassen ferner dazu, das Bild von der fortschrittlicheren öffentlichen Haft, nichtzuletzt angesichts desolater Zustände in den Gefängnissen, zu hinterfragen. Es erweist sich, daß vor allem die Ausbildung des öffentlichen Gewaltmonopols und die Bedürfnisse des Handels dem Schuldturm zur Durchsetzung verhalfen. 
Die Dissertation wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg i. Br. mit dem Carl-von-Rotteck-Preis ausgezeichnet.
Bezugsmöglichkeiten:
Über ihren Buchhändler (ISBN 3-428-11348-9, Amazon.de oder direkt Online beim Verlag
Letzte Änderung / Last change: 03/2004 
© Dr. Steffen Breßler LL.M.


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