Originalseite: AUSCHWITZ PERPETRATORS - Auschwitztäter
Homepage des Projekts: Aktion Reinhard Campus
Wie begründet Zillich seinen Publikationsentschluss? Dr. Hans Kaufmes (2), der damals in Nordamerika wohnende zweite Schwiegervater des Volksgruppenführers Andreas Schmidt, ein Verwandter Kleins und Freund Zillichs, soll ihm kurz vor seinem Tod den Wortlaut dieses Abschiedsbriefes geschickt haben, damit „Kleins letzte Worte zu geeigneter Stunde“ veröffentlicht werden (3) . Dass Zillich dieses ausgerechnet anlässlich seines Ausscheidens aus der Schriftleitung tat, sollte die Gewichtung des Kleinschen Textes unterstreichen und dessen Wirkung auf die Leserschaft verschärfen. Da das nicht irgendein Abschiedsbrief ist, sondern der eines vorgeblichen Märtyrers, der ein Opfer der "Siegerjustiz" geworden war, wollte und sollte auch Zillichs Person und langjährige Tätigkeit bei den „Vierteljahresblättern“ zumindest den Hauch der märtyrerhaften Aura von Fritz Klein abbekommen. Zillich beabsichtigte also, seinem redaktionellen Abgang einen pathetischen Anstrich zu geben, der in einem inszenierten, forciert-falschen Pathos ausartete: der Leitgedanke ist der, dass er wie der zum Symbol hochstilisierte Fritz Klein immer und ausschließlich im „Dienste seines heißgeliebten deutschen Volkes“ (4) gestanden hat und das auch weiter tun werde. Es leuchtet also ein, dass Zillich Kleins Brief zum Anlass nahm, auch ein eigenes Bekenntnis abzulegen.
Es ist ein indirektes Bekenntnis zum Nationalsozialismus und zur SS, die
bekanntlich die Verwaltung und den Betrieb der KZ besorgte und der auch
Fritz Klein angehörte. Zillich treibt kein Distanzierungs-, sondern
der heißeste Identifizierungswunsch. Ganz anders der im Monat September
1998 verstorbene Hans Wolfram Hockl, der 1980 in Offene Karten. Dokumente
zur Geschichte der Deutschen in Rumänien. 1930-1980 seine nationalsozialistische
Vergangenheit mit deren Fehlern offen zugab (5).
Zillich bekennt sich durch die Veröffentlichung des Klein-Briefes
nicht nur zur nationalsozialistischen Ideologie, sondern auch zu dem von
ihm bis zum Lebensende rührig betriebenen Revisionismus. Ein Armutszeugnis,
aber auch unverblümte Uneinsichtigkeit und Gewissenlosigkeit!
Zillichs und Kleins Bekenntnis zum Nationalsozialismus bedeutet die Ignorierung der christlichen Botschaft, der Nächstenliebe, des christlichen Menschlichkeitsverständnisses, also des mit Schuld, Sühne und Erlösung eng verbundenen Gewissens. Der Nationalsozialismus substituiert dem christlichen Schuldbewusstsein (6) ein aufs deutsche Volk fixiertes Menschenverständnis, in das nur der "Volksgenosse" und die "Volksgemeinschaft" eingeschlossen waren. Die furchtbarste Folge nationalsozialistischer Trennungsmanie war die Einengung des Gewissens bis hin zur Abtötung. Die nationalsozialistische Weltanschauung und Mentalität lässt ein auf allgemeine Menschlichkeit zugeschnittenes Gewissen nicht zu, weil sämtliche Handlungen und Unternehmungen weder der abstrakten Kategorie Mensch, noch dem Menschen in seiner individuellen Vielfalt, nur dem Menschen als "Volksgenosse" und der Menschengemeinschaft als Volksgemeinschaft vorbehalten sind.
In der militanten nationalsozialistischen Phase wurde der Schwerpunkt von der Gewissensebene in die Gesinnungs- bzw. Bewusstseinsebene verlagert. Nicht Verinnerlichung, Reflexion, christliche Nächstenliebe, sondern Handeln und bis zum Paroxysmus getriebener Aktionismus waren an der Tagesordnung. Die Tagespolitik des NS-Staates forderte zum völkisch-bewussten Einsatz von "Treue", "Pflicht", "Gehorsam", "Dienst" und (Unter)"Ordnungssinn". Für die in Deutschland geschulten, aber auch für die in Siebenbürgen lebenden, vornehmlich jungen und im mittleren Alter stehenden Siebenbürger Sachsen, war diese auf der einfachen Maxime „Wer nicht für das deutsche Volkstum ist, ist gegen uns“ aufgebaute Ideologie ebenso leicht zugänglich wie für ihre binnendeutschen Zeitgenossen. So nimmt es kein Wunder, dass Fritz Kleins Abschiedsbrief vollgespickt ist mit nazistischen Gemeinplätzen, die um die Begriffe „Volk“, „Deutschtum“, „Arbeit“, „Dienen“, „Pflicht“, „Kämpfen“, „Glauben“, „Verantwortung“, „Opfer“ kreisen. Auch die Wahrheit, die Freiheit und die Zukunft kommen nicht zu kurz.
So schreibt Klein über seine Tätigkeit:
„Und die schönen Stunden der Arbeit, des Dienens und Helfens im Berufe, des Kämpfens und Wirkens im Dienste meines Volkes zähle ich zu den höchsten, heiligen meines Lebens.“ Ferner:Kämpferisch äußert sich Klein auch über seinen Tod, den er in Ehrenhaftigkeit verklärt:
„[..] ich fühle mich schuldlos, habe immer und in allem nur meine Pflicht (7) getan, erhaltene Befehle durchgeführt und fürchte darum den Tod nicht, [...].“
„Ich halte meinen Tod für ebenso ehrenvoll, als wenn ich an der Front, vor dem Feinde in der ersten Linie gefallen wäre“.Dem Volks- und Deutschtumsgedanken gelten folgende Abschnitte:
„So bin ich denn froh und stolz, daß ein scheinbar grausames Schicksal mich auserwählt hat, als Opfer für mein heißgeliebtes Volk, für mein aufrechtes Deutschtum zu sterben:“ Oder:
„[...] bin aber ebenso gern bereit, für mein deutsches Volk zu sterben, wenn es sein soll.-“
Über seinen vorgeblichen Opfertod schreibt er auch:
„Millionen Opfer hat der Krieg verlangt. Warum soll nicht auch eins aus unserer engsten Familie darunter sein?“
„»Lieber mit der Wahrheit fallen, denn mit der Lüge siegen. Wer mit der Wahrheit fällt, fällt in Gottes Arme«„ , und:Aus dem Bekenntnis eines so überzeugten Nationalsozialisten darf Fichte, ein Wegbereiter des deutschen Nationalismus, nicht fehlen. Den Brief beschließt ein achtzeiliger Ausspruch Fichtes, wo man ermahnt wird, an Deutschlands Zukunft und „An deines Volkes Auferstehen“ zu glauben und unter keinen Umständen diesen Glauben aufzugeben. Fichte ermahnt auch zu einem übersteigerten Verantwortungsgefühl:
„Die Not muß ganz, ganz groß sein, die unser »stirb oder werde!« bewirkt, eine große heilige Not, aus der die neue deutsche Zukunft geboren wird. Die Freiheit fällt nicht vom Himmel, sie will verdient, hart und zäh erkämpft werden.“
„Und handeln sollst du so, als hingeDie bisher zitierten Stellen verdeutlichen, wie zerstörerisch sich der NS-Volkstumsdogmatismus aufs Einzelbewusstsein ausgewirkt hat: die Gehirnwäsche, gefolgt von NS-Indoktrination pervertierte Menschen, leider auch Siebenbürger Sachsen, zu faselnden Phantasten, die vermeinten, mit ihrem krankhaft-obsessiven Deutschtumsglauben der Wahrheit, Freiheit und Zukunft zu dienen. Die Nationalsozialisten glaubten, die Maxime Fichtes sei eine Vorgabe und Aufforderung zu dem ihnen eigenen blinden Aktionismus, sie fordere die absolute Tat, die eigentlich jenseits jeder Gewissenszensur, jenseits jeder Verantwortung, außer der für ein mythisiertes "deutsches Volk", angesiedelt ist. Dieser Tat-Fetischismus bedurfte in nationalsozialistischer Sicht keiner besonderen Berechtigungsprüfung. Doch Fichte hatte eigentlich das auf sich gestellte, zu eigenen Entscheidungen und Eigenverantwortung fähige Individuum vor Augen, keinesfalls den abgerichteten Executanten wie ein Klein, ein Zillich oder Gesinnungsgenossen, die nur ihre „Pflicht“ zu tun vermeinen und nur erhaltene Befehle ausführen. Von richtigen Nationalsozialisten wurde nur blinder Aktionismus erwartet, der unter dem Zeichen des „als ob“ von Fichte stand (8). Also eine entschieden un- und antichristliche Option. (9)
Von dir und deinem Tun allein
Das Schicksal ab der höchsten Dinge
Und die Verantwortung wäre dein ... .“
Der Mensch Klein geht in diesem „Brief“ ganz unter im unverbesserlichen Fanatismus eines „Frontsoldaten“, der im „Dienste“ seines Volkes kämpft und wirkt, der „tapfer“ und „treu“ bis zum letzten Atemzug ist; der immer und in allem nur seine „Pflicht“ getan, erhaltene Befehle durchgeführt hat; der lieber mit der „Wahrheit“ fallen will. Der KZ-Arzt Klein ist ein zum Instrument degradierter, monströser Todesengel. Gott, der Christenglaube, sind bei solch einem Retortengeschöpf nur Sprechblasen: der Verbrecher Klein wähnt, in Gottes Arme zu fallen, weil er für die „Wahrheit“ fällt. Ein weder göttliches, noch christliches, sondern zynisches Wahrheits- und Freiheitsverständnis spricht aus seinen Aussagen, der Mensch halte unglaublich viel aus, "wenn er nur richtig will" (10), ferner dass die Freiheit "verdient, hart und zäh erkämpft werden" will.
Dieses Gefasel um Durchhaltevermögen und Freiheit, die angeblich von
der Präsenz des „Willens“ abhängen, ist ein Hohn auf alle NS-Opfer.
Der KZ-Aufenthalt wird ganz in SS-Manier zum Bewährungsfeld deklariert,
wo nur die „Willensstarken“ eine Chance hätten.
Es sei abschließend noch der Verdacht ausgesprochen, dass Kleins
Brief apokryph ist, d.h. nachträglich verschönt und ergänzt
wurde. Verdächtig sind gerade die ideologisch überfrachteten
Passagen. Dafür spricht Zillichs Angabe, er habe „den Wortlaut“ des
Abschiedsbriefes, also nicht die Originalunterlage, von Kaufmes erhalten.
Auch die von Zillich erwiesenermaßen willkürlich konstruierte
Beziehung des ehemaligen Diplomaten Werner Otto von Hentig zu Fritz Klein
(11) erhärtet die Hypothese, dass der Klein-Brief
ein Machwerk ist. (12)