Der Vormarsch autoritären, antidemokratischen und nationalsozialistischen Gedankenguts in der rumäniendeutschen Studentenschaft


II. Folge

Die Notwendigkeit des sogenannten "Volkszugehörigkeitszeugnisses"



        


 Der Zentralverband Auslanddeutscher Studierender mit Sitz in Leipzig  wendet sich am 14. April 1932 mit einem Schreiben an alle ihm  angeschlossenen  Verbände auslanddeutscher Studenten  mit der Forderung, sogenannte "Volkszugehörigkeitszeugnisse"  für jeden auslanddeutschen Studenten  von den jeweiligen "Heimatorganisationen"  sich ausstellen zu lassen.  Diese Maßnahme wird mit einer Reihe ideologischer Argumente begründet und verdeutlicht,  dass die "auslanddeutsche" Studentenschaft sich mit Meilenschritten dem Prinzipien der national-rassischen Ausgrenzung und Abschottung näherte und diese zu einem Grundelement ihrer Politik erhob, wodurch sie sich den Vorstellungen von Hitlers NSDAP nicht nur annäherte, sondern praktisch einen Grundsatz dieser autoritär-totalitären Führerpartei zu praktischer Anwendung brachte. Damit ist ein weiterer Anhaltspunkt vorhanden, dass die Nazifizierung der auslanddeutschen Studenten lange vor dem Machantritt der Nationalsozialisten im Jahr 1933 Realität war.

       Überaus aufschlußreich sind auch die Namen der beiden Unterzeichner dieses Rundbriefes: (Josef) Schönborn, der Vorsitzende, war in späteren Jahren ein prominenter NS-Apparatschik der "Deutschen Volksgruppe in Rumänien" und des ebenfalls nazistischen "Verband der Deutschen in Ungarn". Schönborn war Gebietsführer Sathmar und Stabsführer des von Dr. Basch geleiteten VDU. Aus im Bundesarchiv Berlin vorliegenden Unterlagen ist ersichtlich, dass Schönborn eigentlich ein Vertrauensmann von Andreas Schmidt war und für diesen und dessen Machtambitionen, einmal der Führer aller "Südostdeutschen", gewiß mit Gnaden des Hitlerreiches, zu werden, Spitzeldienste leistete.  Der Außenamtsleiter des Z.A.D.St., Andreas Binder, hat  ebenfalls einen siebenbürgisch-deutschen Hintergrund, womit dieses Rundschreiben auch belegt, dass die Initiative, deren Radikalität damals kaum zu überbieten war, eben von Deutschen aus Rumänien vertreten, getragen und auch verwirklicht wurde. Mit anderen Worten, Rumäniendeutsche waren es, die die Segregations- und Apartheidmaßnahmen nationalsozialistischer Prägung in Hinblick auf die nationale und rassische "Reinheit" der auslanddeutschen Studentenschaft vorantrieben und verwirklichten. Wiederum kein rühmliches Kapitel in der Geschichte dieser Minderheit.

          Das Schreiben wird vollinhaltlich wiedergegeben.



Der Vorstand des Zentralverbandes Ausland-
        Deutscher Studierender Leipzig
ZADSt
Zentralverb.Auslanddeutscher Stud. Leipzig C1, Nikolaistr.10, Zimmer 75

    Postcheck-Konto Leipzig 65505
Bank-Konto: Commerz- und Privatbank,     Leipzig, Tröndlinring
   
Tagebuch Nr.: 1680/31/32        Den 14.4.32

An alle Heimatorganisationen
und Akademikerverbände


    Als vor nunmehr 12 Jahren der ZENTRALVERBAND AULANDDEUTSCHER STUDIERENDER (Z.A.D.St.) gegründet wurde mit dem Ziel, in der Arbeit um die Erhaltung und Förderung des auslanddeutschen Volkstums durch Zusammenschluß aller in Deutschland, Deutsch-Österreich und Danzig studierenden auslanddeutschen Akademiker entscheidend seinen gesunden Jugendidealismus einzusetzen, war sich jeder Deutschfühlende darüber klar, daß dies selbstverständliche aber um so mehr bewundernswerte Tat auch ihre guten Erfolge zeitigen werde. Welcher Art diese Erfolge im Kampf um die Existenz des Gesamtauslanddeutschtums waren, braucht nicht erste erwähnt zu werden, denn dieser Aufruf richtet sich an Organisationen, die seit Jahr und Tag den Z.A.D.St. in seiner Entwicklung unterstützt haben.

    So manchesmal haben die sieben jungen Studenten, die als Vorstand (Z.V.) den Z.A.D.St. leiten, Gelegenheit gehabt, unter Hintanstellung ihrer persönlichen Interessen zu zeigen, daß sie gewillt sind, jeder Zeit ihre Kräfte in den Dienst der deutschen und speziell der auslanddeutschen Sache zu stellen. Solchen Beispielen folgten stets Gleichgesinnte in den einzelnen örtlichen Vereinigungen.

    Nur zu oft aber ist auch Verantwortung größten Ausmaßes von einigen Wenigen zu tragen gewesen - sie haben es getan in der vollbewußten Überzeugung, daß sich der Z.A.D.St. heute aus der Front der um ihr Volkstum verzweifelt Ringenden nicht mehr wegdenken läßt !! -; ein Stolz ist es, das zu wissen - ein Stolz, der nicht gipfelt in einer phantastischen Zukunftsträumerei, sondern in jedem Einzelnen von uns zähen Mut und opferfreudige Begeisterung erweckt, die den Antrieb zu neuem Tun in sich tragen.

    Der Verband hat auch manches Stadium durchschritten, wo der ernste Wille über das Können und Mögen nicht zu siegen vermocht hat.
    Von dem Tage seiner Gründung an hat der Zentralverband durch verschiedenste Vereinbarungen und Arbeitsabkommen mit allen Heimatorganisationen versucht, seine Arbeit zu präzisieren. Auf Grund der Arbeitsabkommen ist jede Heimatorganisation mittels Rundschreiben von der Arbeit des Z.A.D.St. in Kenntnis gesetzt worden und jedesmal sind Gedan- / (2) ken und Ideen auf ihre Durchführungsmöglichkeit zusammen mit den Führern in der Heimat geprüft worden. Von Jahr zu Jahr ging die Entwicklung des Verbandes dank der intensiven "Zusammenarbeit" vorwärts. Es war eine natürliche Folge unermüdlicher, uneigennütziger Arbeit des Z.A.D.St., besonders auch mit den Heimatorganisationen.

    Und heute !  - ? Mehr den je sind wir vor die größten Aufgaben gestellt; mehr denn je sind wir als studentischer Verband gerade heute, wo beispielsweise das "Kulturamt für Siebenbürgen" aufgelöst worden ist und vielleicht auch noch andere Volksorganisationen denselben Weg zu gehen verdammt sind, gezwungen, jeden Einzelnen an seine Pflicht zu mahnen - von jedem Einzelnen seinen Beitrag nicht nach "Wollen" sondern nach seinem "Können" zu der gemeinsamen Arbeit zu verlangen.

    Wir sind gewohnt, mit kritischem Ernst an die Beurteilung von lebenswichtigen Fragen heranzugehen. Unsere Rundschreiben, die nur bis zu einem gewissen Grad der Ausdruck unserer Arbeits ein können, zeigen Ihnen allen, daß wir ernstlich bemüht sind, an uns und somit für alle so lange zu arbeiten, bis wir befähigt sind, an irgendwelcher Stelle in der heimat unserem Volke zu nützen.

    Kraft dieser Tatsache dürften wir auch verlangen, unsere jetzige Arbeit mit dem nötigen Ernst zu bewerten.

    Festzustellen ist, daß seitens mancher Volksorganisationen in der Heimat unserer Arbeit bestimmtes Desinteresse entgegensteht und somit der Entwicklung unseres Verbandes Hindernisse in den Weg gelegt werden, die hinwegzuräumen wertvollste Kraft erfordert - Kraft, die für "ein Nichts" vergeudet wird.

    Nach wie vor sollten alle Heimatorganisationen das regste Interesse daran haben, den ausländischen Akademiker in seiner Ausbildung bewußt zu beeinflussen.

    Auch Sie müßten alle Abiturienten, die im Reich, Deutsch-Österreich und Danzig studieren wollen, veranlassen, als Mitglieder in unseren verband einzutreten, denn dann haben wir alle um so mehr die Gewähr dafür, daß der einzelne Volksgenosse nicht Gefahren verfällt, die wir in unserem "Merkblatt für den auslanddeutschen Studenten" zeigten. Gerade die Heimatorganisationen sind in der Lage, bei Ausstellung von Volkszugehörigkeitszeugnissen an Abiturienten auf die Notwendigkeit ihrer Zugehörigkeit zu einer Vereinigung Auslanddeutscher Studierender hinzuweisen.

    Auf Grund der von uns letzthin aufgestellten und auch von den akademischen Behörden als allein maßgebend anerkannten Grundsätze zur Ausstellung genannter Zeugnisse, ist die Bestätigung durch den Zentralvorstand unbedingt notwendig. Auch die meisten Universitäten und Hochschulen haben den hohen Wert unseres Zusammenschlusses erkannt und Unterstützungen und Vergünstigungen irgendwelcher Art werden nur Auslanddeutschen zu teil, die im Besitze von Volkszugehörigkeitszeugnis und Mitgliedskarte sind.

    So bietet sich denn gerade hier der Punkt nicht nur scheinbarer Zusammenarbeit, sondern ein Ineinandergreifen und ein Sichergänzen aller Komponenten zu einem Kraftfaktor, der uns einerseits erlaubt, in Bezug auf den notwendigen Bestand unseres Verbandes, optimistischer zu sehen, Ihnen andererseits junge im Kleinen schon erprobte Menschen zuführt. Es ergibt sich hieraus zwangsläufig, daß unser Verband nur bestehen kann, / (3) wenn sich jeder auslanddeutsche Akademiker stolz zu der kleinen Schaar  unserer Verbandsmitglieder zählt. Diesen Stolz in jeden zu pflanzen, ist eine Hauptaufgabe jeder Volksorganisation in der Heimat. Vor Monaten schon sind Ihnen mehrere Exemplare des "Merkblatt für den auslanddeutschen Studenten" zugegangen; diese sollen die erste Aufklärungsarbeit leisten und somit im Besitz jedes auslanddeutschen Studenten sein.

    Der Zentralvorstand weiß, daß jede Heimatorganisation gewillt ist, den Z.A.D.St. in bestimmten Maße zu unterstützen und daß es nicht mehr notwendig ist, Arbeitsabkommen bis ins Kleinste ausgearbeitet vorzulegen -, daß aber vielmehr alle Arbeitsabkommen auf einheitlichen Gesichtspunkten fundiert sein müssen. Es liegt in der Natur der Entwicklung des Verbandes, daß alle alten Arbeitsabkommen durch neue ersetzt werden müssen. Aus diesem Grunde gestattet sich der Zentralvorstand an alle Organisationen mit der Bitte heranzutreten, die gleichzeitig zugehenden, nach einheitlichen Gesichtspunkten ausgearbeiteten neuen Vereinbarungen mit offener Kritik zu prüfen und anzunehmen. Endgültig erfolgte Annahme schließt auch Verpflichtungen in sich, restlos danach zu handeln.
    Hochtrabende Phrasen als "Abkommen" zu Papier gebracht unterbinden lediglich eine positive Arbeit, während ernster Wille für ein Zusamnmengehen eine solche zur Folge haben muß !

    Es liegt uns fern, uns in Kompetenzbereiche von Heimatorganisationen irgendwie einzumischen; wir gehen bei der Fixierung beispielsweise auch der Grundsätze für die Ausstellung der Volkszugehörigkeitszeugnisse nur aus von der Erkenntnis, daß es nur so möglich sein wird, sich gegenseitig fruchtbar zu ergänzen und eine schlagkräftige Einheitlichkeit zu wahren.

    Klares Erkennen unserer Ziele und offenes Bekennen zu unseren Idealen ist Voraussetzung zu unserer Arbeit im Dienste unseres Volkstums ! !

ZENTRALVERBAND AUSLANDDEUTSCHER STUDIERENDER
Der Vorstand

                                                                        Schönborn                                            AndBinder
                                                                        Vorsitzender    [Stempel]                    Außenamtsleiter

Die kursiven Textstellen entsprechen Sperrdruck, die Hervorhebung durch Unterstreichung entspricht dem Orifginal.

Kritische Blätter zur Geschichtsforschung und Ideologie

Datei: Zeugnis.html               Etrstellt: 10.08.2007                     Geändert:                                   Autor und © Klaus Popa 







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