Die UNANTASTBARKEIT DER PERSOENLICHKEIT

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Unlaengst wiesen die "Kritischen Blaetter...." darauf, aus welchem geschichtlichen und Absichtshorizont die Forderung des Administrators" Guenther Melzer bezueglich seines "Fragenkatalog"-Projektes, keine Personen zu nennen, also nicht zu personalisieren, herkommt (Vgl. Zu der Atrappe der "Fragenkatalog"-Aktion, die Guenther Melzer als sein alleiniges Bemuehen herauszustellen versuchte

Nun erweist sich, dass in dem auf " Vergangenheitsbewaeltigung" 1 und " Vergengenheitsbewaeltigung" 2 zwischen dem 04.05. - 22.06.2001 gefuehrten Streit um die Definierung dessen, was als Nazi-Taeterschaft zu gelten bzw. nicht zu gelten habe, Johann Lauers Rasterung und auch Klaus Weinrichs Aeusserungen ganz auf der Linie eines weiteren Prinzips stehen, das ehemalige Nazis in den fuenfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zu ihrer eigenen und zur Entlastung ihrer Gesinnungsgenossen postulierten: die sogenannte "Unantastbarkeit der Persoenlichkeit". Der BDI-Praesident Fritz Berg sagte bei der Kundgebung "Der deutsche Unternehmer. Leistung und Verpflichtung" am 8. November 1950 in Koeln:

Es ist nicht nur der Begriff des Eigentums, der in den Demokratien unantastbar bleiben muss. Das Gleiche gilt auch von der persoenlichen Freiheit und der persoenlichen Ehre. Auch dies ist eine Lebensfrage der Demokratie. Zur Unantastbarkeit der Persoenlichkeit gehoert es auch, dass man sie nur einer Urteilsfindung unterwirft, die auf der genauen Kenntnis der Verhaeltnisse, unter denen ein Tatbestand sich entwickelt hat, beruht. Noch immer sind zahlreiche Industrielle im Landsberger Gefaengnis. Auch heute wieder gebe ich der Besorgnis Ausdruck, [...] dass nach unserer Auffassung den Richtern, die diese Industriellen verurteilt haben, die genaue Kenntnis der Verhaeltnisse, unter denen wir vor 1945 lebten, gefehlt haben. Ich kann diese Urteile nicht anerkennen und erhebe erneut die Forderung, unsere Freunde zu entlassen. [...] Wir haben in Europa Wichtigeres zu tun, als in der Vergangenheit zu wuehlen. [...] (Tim Schanetzky, Unternehmer: Profiteure des Unrechts, in: Norbert Frei (Hg.), Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945, Frankfurt a.M., 2001, S.73-126, hier S.94).
Zu der auch von Hans Bergel in Verbindung mit Heinrich Zillich und seinesgleichen kultivierten Legende der "ihrer Epoche verhafteten Maenner" (vgl. unseren gleichnamigen Aufsatz ) gesellt sich in den Ausfuehrungen des damaligen BDI-Praesidenten noch der  wiederholt gerade von Seiten der jungen Leserschaft des SbZ-Forums geaeusserte Hinweis, die Gegenwart und die Zukunft seien wichtiger als das "Herumwuehlen" in der siebenbuergisch-saechsischen NS-Vergangenheit. Also allessamt Elemente einer Mentalitaet, die bei den ehemaligen NS-Taetern Schule machte und leider auch heute noch zu geschichtsrevisionistischen und  verharmlosenden Rechtfertigungszwecken eingesetzt wird.


Johann Lauer
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Registriert: Okt 2000
erstellt am 04.05.2001 um 23:58 Uhr

Zitat:

Original erstellt von RA Fabritius in Eigenlob und Selbstdarstellung:
Die Debatte zur NS-Vergangenheit habe ich vorerst nur quergelesen,...
Andererseits habe ich etwas gegen unreflektierte Kollektivschuld aller Folgegenerationen. Und dagegen dass denjenigen, die in jungen Jahren vielleicht Fehler gemacht haben, auf ewig abgesprochen werden soll, dass Menschen lernfaehig sind und dass deren spaeteren Verdienste wegen der Anfangsfehler alle wertlos sein sollen.

Na prima, der Nationalsozialismus war also eine Jugendsuende.
Hannes Schuster hat, angesprochen auf seine kommunistische Vergangenheit, in einem Interview gesagt: "wir haben auch so manches geschrieben und auch getan, was man aus dem Blickwinkel von heute nicht mehr ganz rechtfertigen kann"
(Karpatenrundschau/Jg. XXXIII (XLiV)/19.August 2000/S.1).
Auch gut, der Kommunismus war also eine Jugend- und Erwachsenensuende (dauerte etwas laenger).
Damit haetten wir dann die Vergangenheit bewaeltigt und koennten weiter unseren Spass haben.
Spass beiseite, zumindest fuer diejenigen, denen ernsthafte Auseinandersetzungen das Leben bereichern und nicht verderben.
Klaus Popa u.a. haben Recht, wenn Sie eine kompromisslose Aufklaerung betreiben.
Verbrecherische Handlungen oder Lobpreisungen von Untaten koennen nicht, wie dies hier einige tun, dadurch relativiert werden, dass man alles als Jugend- oder sonstwelche Suenden hinstellt oder sagt, aus der heutigen Sicht kann man das nicht rechtfertigen. Auch aus der damaligen Sicht war das nicht zu rechtfertigen. Es ist naemlich weitere Demuetigung von Menschen, die nicht mitmachten und dafuer persoenliche Opfer wie Abbruch der Karriere, Ihr Leben aufs Spiel setzen oder gar fuer Ihren Widerstand mit dem Leben bezahlen mussten. Eine relative Ethik ist KEINE Ethik. Moralische Haltungen sollen und muessen sich doch in kritischen Situationen bewaehren. Aber Opportunisten und Wendehaelse aller Coulleur freuen sich ueber jede Relativierung.
Auf der anderen Seite kann ich die Kritik von Bernd und Siegbert an Klaus Popa teilweise teilen. Ich, aber auch Klaus Weinrich, haben schon oben darauf hingewiesen, dass eine differenzierte Betrachtungsweise und kontroverse
Diskussion notwendig ist. Man muss sowohl den Menschen ueber die man ein Urteil ausspricht gerecht werden als auch denjenigen, die versuchen diese Zeit aufzuarbeiten (Historiker, Paedagogenetc.). So muessen auch die Meinung von anderen beruecksichtigt werden, ohne pauschale Verurteilungen vorzunehmen, wie dies Klaus Popa ueber Harald Roth oder dem Arbeitskreis fuer siebenbuergische Landeskunde tut, damit habe ich NICHT alleVeroeffentlichungen verteidigen.
Folgendes koennte meiner Meinung nach die Diskussion befruchten:
1. Vergleich Nationalsozialismus - Kommunismus ist notwendig.
Die nationalsozialistischen Verbrechen bilden im negativen einen Hoehepunkt in der menschlichen Geschichte.
Diese Behauptung teile ich. Aber wenn dies nicht nur eine Glaubenssache, sondern eine wissenschaftliche Aussage sein soll, dann muss dies durch einen Vergleich mit anderen Verbrechen (in Frage kommen nur die kommunistischen) bewiesen oder besser (fuer Popper Anhaenger) diese Aussage muss durch Vergleich falsifiziert werden. Solange eine Falsifizierung nicht gelingt, kann dies als wissenschaftliche Aussage gelten. Daher sind z.B. Buecher wie "Das Schwarzbuch des Kommunismus" geradezu notwendiger Teil einer wissenschaftlichen und serioesen Auseinandersetzung.
Der negative Nationalismus (z.B. Nationalsozialismus) ist vergleichbar mit einem Krebsgeschwuer. Wenn er auftritt, wissen wir, dass es am besten ist, wenn man in radikal herausschneidet, d.h. sofort vernichtet. Der Kommunismus ist wie Bluthochdruck, man kann den Druck nicht abstellen, weil dies den Tod bedeutet. Auf Dauer fuehrt Bluthochdruck genau wie Krebs zum Tod. Fuer die Opfer ist es egal, ob er im KZ oder im GULAG umgekommen ist, ob braune oder dunkelrote (nicht nur
farblich kaum zu unterscheiden) Verbrecher ihn vernichten.
Beim Nationalsozialismus kann ich keinen einzigen positiven Zug erkennen. Beim Kommunismus stimmen wenigsten einige Prinzipien - Solidaritaet, Gleichheit - bzw. ohne diese Prinzipien ist eine Gesellschaft weder ueberlebensfaehig noch gerecht. Die
Frage ich nur, wie z.B. Gleichheit herstellen, ohne Gleichmacherei erzeugen. Es ist also wie beim Blutdruck eine Frage der Dossierung.
2. Handlungsmoeglichkeiten von Menschen in Diktaturen differenziert behandeln.
Ich glaube, dass man idealtypisch folgende Verhaltensweisen festhalten kann:
1. ueberzeugungstaeter (Nazi oder Kommunist), die fuer Ihre Taten und Worte sogar bereit sind Ihr Leben zu opfern.
2. Opportunisten - willige Vollstrecker, die von der Falschheit und moralischen
Verwerflichkeit Ihrer Handlungen wissen, aus Bequemlichkeit oder primitiven Motiven mitmachen.
3. Unschuldig Schuldige. Dies ist sicherlich eine contradictio in adiecto, (im Adjektiv wird das Gegenteil ausgesagt wie im Substantiv). Wer z.B. wie Eginald Schlattner ein Jahr lang brutal misshandelt wurde und dann Verrat betreibt, ist so ein Fall. Er hat Schuld auf sich geladen, hat dies eingesehen und ueber Jahre dafuer gebuesst. Ganz anders die vielen Wendehaelse, die fuer nichts verantwortlich waren bzw. die Verantwortung andern in die Schuhe schieben und fuer all Ihre Untaten eine billige Entschuldigung oder wenn es gar nicht anders geht moralische Relativierung betreiben.
4. Unpolitischen Menschen, die nach einer Nische suchen und versuchen selbst nicht schuldig zu werden.
5. Widerstandkaempfer, die direkt oder indirekt Widerstand leisten.
Jedes Schicksal muss also gruendlich bearbeitet werden. Daher werde ich die von Klaus Popa oben erwaehnten Personen weder als Nazi hinstellen noch verurteilen, weil ich zu wenig ueber diese Menschen weiss. Deren Handlungen und Worte verurteile ich ohne Einschraenkung aufs schaerfste.
So, jetzt habe ich mich zwischen allen Stuehlen gesetzt.
 

Klaus Popa
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Beitraege: 314
Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 05.05.2001 um 02:40 Uhr

Lieber Herr Lauer,

der erste Teil Ihrer Ausfuehrungen haette durachaus auch einen Platz auf Ihrem "Eigenlob und Selbstdarstellung"-Thread verdient. uebrigens sind die Aeusserungen von RA Fabritius an Herrn Michaelis gerichtet, deshalb habe ich auch nicht in diese Sparte der Diskussion eingegriffen. Nun, da Sie es getan haben, kann ich nur mein Einvestaendnis mit Ihren Gedankengaengen aeussern. Allerdings waere noch eingehender auf Herrn Fabritius' Ansichten einzugehen, was ich zu anderem Anlass tun werde.
Ihre Forderung, den beiden Totalitarismen gerecht zu werden, ist durchaus berechtigt. Allerdings bezweifle ich, dass sich Forumsmitglieder finden werden, die eine so komplizierte Diskussion auf sich nehmen. Meinen Standpunkt habe ich in der "Halbjahresschrift" geaeussert und auch hier wie auch in Ihrer Diskussionsspalte anlaesslich der Angriffe von Sachs vollinhaltlich gebracht.
Statt Ihrer weiteren Ausfuehrungen haette ich konstruktive Bemerkungen zu den beiden Fallbeispielen H. Krasser und E. Huegel erwartet. Doch Sie ziehes es vor, ein bischen der "Schlammschlacht" zu exerzieren.
Sie schreiben:
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Zitat:

Ich, aber auch Klaus Weinrich, haben schon oben darauf
hingewiesen, dass eine differenzierte Betrachtungsweise und kontroverse
Diskussion notwendig ist. Man muss sowohl den Menschen ueber die man ein Urteil
ausspricht gerecht werden als auch denjenigen, die versuchen diese Zeit
aufzuarbeiten (Historiker, Paedagogenetc.).

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Hier stelle ich fest, dass Sie zwei grundverschiedene Dinge der Forderung nach Differenzirung und "Gerecht werden" unterordnen: einmal die Menschen, die man beurteilt, dann die Menschen, die versuchen, diese Zeit aufzuarbeiten. ueberaus stoerend empfinde ich Ihre sententielle Formulierung "man ein Urteil ausspricht".
Ich fuehle mich mit dieser Aeusserung angegriffen und darf ihr entnehmen, dass Sie meine Aeusserungen bezueglich der Art, wie ich Bewertungen vornehme, nicht gelesen haben. Ich antwortete Guenther am 03.05.01 unter anderem:
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Zitat:

Original erstellt von Klaus Popa:

Allerdings versuchte ich durch Fallbeispiele und deren Erklaerung auf die einzelnen Teilbereiche der Aufarbeitungs- bzw. Bewaeltigungsproblematik einzugehen, und das auf die einfachste Art, naemlich schulmeisterhaft. Dieser Stil mag bei manchen auch anecken, aber ich meine, mehr ist doch von einem Schulmeister, der ich nun auch bin, nicht zu erwarten.
Doch zurueck zum Vorurteil, eine Diskussion wie die hiesige erzeuge Schuldgefuehle. Dieses Vorurteil ist eng verbunden mit einem anderen, naemlich dem, ich beabsichtige, Einzelpersonmen oder Gruppen zu "kompromittieren". Letzteres wurde mir durch S. Bruss in seiner Antwort auf meine Gedanken zu seinem Mieskes-Artikel vorgeworfen (Siehe dort). Kompromittiert und schuldig kann sich nur der fuehlen, der an die Aufarbeitung der Vergangenheit, sei es in eigener, sei es in der Sache anderer, eben mit diesen Vorurteilen beladen herangeht. Ich gehe im Gegenteil faktisch vor, d.h., ich stelle Fakten, Tatsachen, der Oeffentlichkeit zur Verfuegung, ich nehme Wertungen nur dann vor, wenn die Sachlage eindeutig ist - siehe den Brief des KZ-Wachmanns Klein aus Nussbach (auf S. 3 "Vergangenheitsbewaeltigung" des SbZ-Forums) -. Dass nun die von der fixen Idee der Schuld und der Kompromittierung Heimgesuchten dann meine Offenlegung von Fakten als pauschale Schuldzuweisung und Kompromittierung auslegen, damit muss nun wirklich nicht ich, sondern die Betreffenden selbst zurechtkommen.

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Ich glaube hier klar und eindeutig gesprochen zu haben! Es liegt nur an der Art und Weise, wie die von mir veroeffentlichten Fakten aufgefasst und verstanden (=rezipiert) werden, u.zw. ensteht der falsche Eindruck, ich wuerde mit meinen Offenlegungen

U R T E I L E

sprechen. Eine richterliche Instanz bin ich beileibe nicht! Das empfinden zweifelsohne nur die, die mit der Aufarbeitung der Vergangenheit Probleme haben. Wahrscheinlich das Problem, dass sie die Aufarbeitung eigentlich nicht moegen, deshalb halbherzig daran gehen. Aber das kann nur zu Verzerrungen und keinesfalls zu einer serioesen Diskussion fuehren.
Wenn ich nun die obige Arguementation auf Ihre Vorgehensweise anwende, dann trifft auf Sie zu, dass sie ebenfalls mit einem VORURTEIL operieren, mit dem der Pauschalierung. Fuer Sie scheint Klaus Popa gleichbedeutend mit pauschalen Urteilen zu sein. So etwas verbiete ich mir! Geben Sie doch zu, dass das Problem auf der Seite derer liegt, in deren Namen Sie hier Angriffe gegen mich einflechten!

Sie bemerken ferner:
Zitat:

So muessen auch die Meinung von anderen beruecksichtigt werden, ohne pauschale Verurteilungen vorzunehmen, wie dies Klaus Popa ueber Harald Roth oder dem Arbeitskreis fuer siebenbuergische Landeskunde tut, [...]

Darauf kann ich nur entgegnen, dass ich die krassen, unverzeihlichen Fehltritte von H. Roth, U.A. Wien et al. sowohl in der "Halbjahresschrift" wie vor allem in meinen "Kritischen Blaettern..." schwarz auf weiss, aufgrund von Zitaten aus deren "hervorragenden" Werken belegt habe. Nichts ist da aus der Luft gegriffen (=pauschal)!
Roth und die anderen haben noch einiges zu lernen, vor allem auf politikwissenschaftlichem und ideologiekritischem Gebiet. Das systematische Verharmlosen der NS-Anfaenge bei den Siebenbg.-Sachsen durch Roth, Zach, Reinerth ist eine unbestreitbare Tasache und nun so zu tun, als ob deren Verfehlungen doch nicht so gravierend sind, dafuer kann ich kein Verstaendnis aufbringen.
Sie berufen sich auch auf das Recht auf Meinungsvielfalt. Wollen Sie damit darauf anspielen, dass ich nur eine, naemlich meine eigene Meinung gelten lasse und andere Meinungen nicht respektiere bzw. unterdruecke ? Ich glaube, es handelt sich auch hier um ein Missverstaendnis: der Grundsatz, dass jede Meinung zaehlt, weil jede Meinungsaeusserung wichtig ist, meine ich, ist dahingehend zu erweitern, dass Meinungen, die so manchem nicht ins Konzept passen, nicht nur aufgrund des genannten Grundsatzes, sondern solange ihre Gueltigkeit bewahren, bis der Gegenbeweis erbracht ist! Das ist eine Grundregel gesunder Diskussions- und Argumentationskultur. Nun darf ich Sie fragen: hat einer der von mir Kritisierten ueberhaupt den leisesten Versuch unternommen, meine Kritik argumentativ zu entkraeften oder in den Dialog einzusteigen, den ich bereits 1998 anbot, als ich die "Kritischen Blaetter..." startete ? Nein. Schon deshalb nicht, weil es wohl einfacher war und ist, mit Seitenhieben und sonstigen rufschaedigenden Aktionen zu parieren. Aber auch, weil sich diese Herrschaften noch immer in der guten alten Tradition der landsmannschaftlichen

Amtswalter - UNFEHLBARKEIT
waehnen, die sich mit dem Alleinvertretungsanspruch auch in Fragen der landeskundlichen Forschung in Form eines starr behaupteten Meinungsaeusserungs-, Meinungsbildungs- und Informationsmonopols verquickt.
Ich glaube, Sie kennen diese Verhaeltnisse ganz gut und sollten mir auch schon deshalb meine Ablehnung dieser Missstaende nicht uebel nehmen.
Bezueglich der Differenzierung, die Sie auch ansprechen, ist jene Differenzierung fehl am Platz, die zur Verschleierung und Verwaesserung des eigentlichen Diskussionthemas fuehrt. Und wenn klare Fakten auf dem Tisch liegen - wie im Fall Klein aus Nussbach, H. Krasser oder Huegel aus Kronstadt auf der einen, H. Roth, U.A. Wien et al. auf der anderen Seite, dann ist Differenzierung ueberfluessig, also fehl am Platz.
Auch faellt mir auf, dass Sie zwar im ersten Teil RA Fabritius stark angreifen, andereseits aber in dem Punkt meiner angeblichen pauschalen Anwuerfe und der Differenzierung ganz ins Fahrwasser von Fabritius gelangen. Ich vermag keinen gehaltlich-intentionellen Unterschied zwischen Ihrer Forderung
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Zitat:

Man muss sowohl den Menschen ueber die man ein Urteil ausspricht gerecht werden als auch denjenigen, die versuchen diese Zeit aufzuarbeiten (Historiker, Paedagogenetc.).

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und Fabritius' aeusserung
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Zitat:

[...] Andereseits habe ich etwas [...] dagegen dass denjenigen, die in jungen jahren vielleicht Fehler gemacht haben, auf ewig abgesprochen werden soll, dass Menschen lernfaehig sind und dass deren spaeteren Verdienste wegen der Anfangsfehler alle wertlos sein sollen.

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ausmachen.
Ich meinte, mit meinem in diesem Thread geaeusserten Standpunkt, Persoenliches beiseite zu lassen und zurueck zum eigentlichen Diskussionthema zu kehren, dieses "Schlammschlacht"-Kapitel ueberwunden zu haben, doch Sie, Herr Lauer, belehrten mich eines besseren. Wenn ich nun die ausdrueckliche Bitte habe, von Vorstoessen wie der Ihrige fortan abzulassen, mache ich nur des Vorrechts Gebrauch, das einem Themenmoderator zusteht.
In der Tat haben Sie sich zwischen zu viele Stuehle gesetzt!
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Klaus Popa

[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 05.05.2001 editiert.]
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 05.05.2001 editiert.]
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 05.05.2001 editiert.]
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 10.05.2001 editiert.]
 

Klaus Popa
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Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 05.05.2001 um 09:49 Uhr

Nachtrag zu heute Nacht
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Sehr geehrter Herr Lauer,

Wie ich zur Meinungsvielfalt stehe, die Sie einfordern, indem Sie schreiben, „auch die Meinung von anderen“ muesse beruecksichtigt werden, darueber habe ich mich bereits geaeussert. Ihre Aussage benennt aber nur eine Seite der Medaille: die Meinung bzw. Meinungsaeusserung an und fuer sich, nicht aber die moegliche(n)

I N T E N T I O N (E N),

die diese verbergen. Aus dieser Sicht ist es unangebracht, H. Roths, U.A. Wiens et al. unverzeihlichen Ausrutscher, die dann von Rezensenten wie Cornelius Zach, Dietmar Plajer und Dietmar Mueller in lobhudelnder Weise ganz verschwiegen werden, als „Meinung“ oder Meinungsaeusserung zu qualifizieren. Die sind nur das Ergebnis des systematischen Widerstrebens, quellenmaessig belegte Fakten als solche anzuerkennen und wirklich wissenschaftlich zu wuerdigen. Bei den Genannten ist die Intention erkennbar, also vorhanden, NS-Anfaenge und brisante Belege fuer NS-Engagement so gut wie moeglich auf Sparflamme zu halten, auf der Ebene der hoechstmoeglichen Verharmlosung einzufrieren. Das sind keine Meinungen, das ist keine Wissenschaft, das sind

A L I B I – V E R A N S T A L T U N G E N:

Nun zu Ihrem in zwei Punkten und zahlreichen Unterpunkten festgehaltenen Kriterienkatalog, den sie einer vergleichsweisen Behandlung von NS und Kommunismus und der Bestimmung der Handlungsmoeglichkeiten von Menschen in Diktaturen zugrundelegen moechten.
Wie bereits in der Auseinandersetzung mit Sachs erklaert, gehoert der Vergleich zwischen den beiden Totalitarismen nicht zu dem Thema der Vergangenheitsbewaeltigung wie ich es einleitend umriss. In dieser Diskussionsrunde geht es um die NS-Vergangenheitsbewaeltigung bzw. Aufarbeitung, was natuerlich nicht ausschleisst, dass auch gelegentlich Parallelen zu kommunistischen Gepflogenheiten hier zur Sprache kommen. Der von Ihnen erstrebte Vergleich sollte einen Thread fuer sich besetzen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit verwaessert, moeglicherweise sogar marginalisiert wird. Mir scheint es angebrachter, im Rahmen der von mir moderierten Aufarbeitungsdiskussion auf das Thema des Totalitarismus einzugehen, in dessen Rahmen die Gemeinsamkeiten der beiden Systeme zur Sprache kommen sollten.
Bezueglich der 5 Reaktions- bzw. Verhaltensmuster von Menschen in Diktaturen bemerke ich, dass diese Aufrasterung nur dann sinnvoll ist, wenn sie nicht zu Zwecken der Verwaesserung eingesetzt wird. Auch ist es fraglich, ob die „willigen Vollstrecker“ als Opportunisten zu gelten haben. Sie scheinen nicht gelesen zu haben, was ich am 04.05.01 in meiner Entgegnung zu Danielis ueber die Ueberzeugungstaeterschaft aeusserte.
Ich meine, Aussagen wie die von H. Krasser, E. Huegel oder dem KZ-Wachtmeister Klein aus Nussbach sagen alles ueber die damalige Einstellung und Ueberzeugung dieser Menschen aus. Da ist weiter nichts zu diskutieren und herumzufeilschen, ob die nun „Ueberzeugungstaeter“, „Opportunisten“ usw. waren. Die sind aufgrund ihrer damaligen Aussagen eindeutig als Nazis zu bezeichnen. Und selbst wenn sie ihre Aussagen aus Opportunismus getan haetten, mit welchen Mitteln versprechen Sie sich, Herr Lauer, diesen vermeintlichen Opportunismus zu belegen ? Dies ist nur ein Beispiel fuer die Unschluessigkeit, fuer das Hin und Herlavieren ob dieser oder jener nun Ueberzeugungstaeter, Opportunist oder sonst was war, die sich aus Ihrer Rasterung ergibt. Sie macht naemlich feststehende Aussagen unmoeglich, fuehrt m.E. unausweichlich zur

R E L A T I V I E R U N G

von Erklaerungen und dem Verhalten von Personen in der NS- oder kommunistischen Zeit.
Allerdings kann Ihre Rasterung als Ausgangspunkt zur verfeinerten Differenzierung dienen. Dabei ist an manchen Definitionen, so vor allem an 2 und 3 noch zu feilen.
Dass „willige Vollstrecker“ nicht gleich zu behandeln sind mit „Opportunisten“ habe ich in meiner Entgegnung auf Danielis vom 04.05.01 klargestellt. Hier nochmals die damaligen Ausfuehrungen vollinhaltlich:
Zitat:

Original erstellt von Klaus Popa:
Doch meiner Meinung nach besteht zwischen den beiden Faellen ein wesentlicher Unterschied: der Wilde Westen war relativ duenn besiedelt und das Zivilisationsgefaelle zwischen den Kolonisten und den Eingeborenen war auch sehr hoch. Nichts dergleichen beispielsweise in Polen, das doch als altkatholisches Land zu den Laendern zaehlte, die man bis zum NS als "europaeisch", der "westlichen Zivilisation" zugehoerig betrachtete. Nun kam der NS-Staat, der nicht nur die Juden als grundsaetzlich minderwertige und lebensunwerte Rasse einstufte, sondern auch die Polen selbst, weil zu der slawischen Voelkerfamilie gehoerend, die in der NS-Ideologie ebenfalls zum "Untermenschentum" gezaehlt wurden. Schon diese ideologischen Voraussetzungen, die durch jahrelange Propaganda zu Ueberzeugung verfestigt waren, genuegten doch, um die sich ebenfalls als "Herrenmenschen" waehnenden Ordnungspolizisten zu Greultaten zu veranlassen. Ich meine, es bedarf nicht grossartiger Untersuchungen, die den Motiven fuer Missetaten in Polen und im gesamten "Osten", aber auch auf dem Balkan (z.B. im zerschlagenen Jugoslawien) nachgehen, wo die Kausalkette doch so einfach ist: die durch jahrelange offizielle Indoktrination zu Ueberzeugungen gereiften Wert- bzw. Unwertvorstellungen des NS genuegten, um den einfachsten Menschen, so auch unseren KZ-Wachmann Klein aus Nussbach, zum Juden- und Slawenhasser zu machen und entsprechend bedenkenlos gegen Vertreter dieser "minderwertigen", ja "lebensunwerten" (=Juden) Rassen vorzugehen.
Natuerlich spielt hier noch ein Element eine wesentliche Rolle: die allgemeine Aushebelung des ueberkommenen, vom NS verschrieenen und deshalb auch abgeschafften, buergerlichen Rechtesempfindens, das wegen seiner christlich-judaeischen Wurzeln schon sowieso NS-unkonform war, aber auch durch seine voelkeruebergreifende Verankerung den nur auf das eine und einzige Volk, naemlich das deutsche, fixierten Nazis als internationalistisch, vom internationalen Judentum vertretenes Wertesystem inakzeptabel war. Wenn nun dieses allgemeine, ueber alle nationalen Grenzen und Interessen hinaus gueltige Rechtsempfinden durch das NS-typische "Recht", das ja keines war, ersetzt wurde, so musste auch der Mord an ganzen Menschengruppen, weil dieser der "neuen" Rechtsauffassung entsprach, weiter kein Kopfzerbrechen bereiten.
Hier liegt ja das kriminelle Potential des NS und der von ihm Zeit der Besetzung Europas zum alleinigen Recht proklamierte Komplex. Alles, was den Interessen des deutschen Volkes und der neuen "Ordnung" dienlich erschien - und hier hatte die Beliebigkeit und Willkuer ein breites Feld der Behauptung - war rechtens. Und weil dieses "neue" Recht auf blanker GEWALT aufbaute und auch aus dieser hervorgegangen war - wie ja auch der NS selbst - warum sollte es dann Bedenken geben, auch die bis dahin unerhoertesten Gewaltmittel - denken Sie nur an die Menschenversucche in den KZs - wahllos einzusetzen? Man war naemlich ueberzeugt, damit den "hehren" Interessen des eigenen, deutschen Volkes, der "Herrenrasse" zu dienen. Das nannte man "Pflichterfuellung". So konnte der eindeutige Mord auch Bestandteil der NS-Pflichterfuellung werden. Recht haarstraeubend, aber wahr!

Der NS als totalitaeres System lieferte den Naehrboden fuer UEBERZEUGUNGSTAETER, u.zw. auf unbeschraenkte Weise, indem er ganze Gruppen (Kollektive) dazu erzog und befaehigte, wie z.B. die sich als Eliteorden gebaerende SS. Deshalb gab es auch keine Bedenken, ehemalige Verbrecher, die selbst zeitweilig in KZs einsassen, zu SS-Fuehrern zu kueren, wie Dirlewanger und dessen Sturmbrigade. Zu diesem vermerkt das "Biographische Lexikon zum Dritten Reich":
"D. verkoerperte, moralisch haltlos und machtbesessen, den Typ des Landsknechts, der, von Grausamkeit und Willkuer getrieben, Verbrechen zum Prinzip des Kampfes macht."

Sie sehen, Herr Lauer, dass man in der Beurteilung von NS-Engagement, Taeterschaft usw. auch die ideologischen Voraussetzungen, die Zertruemmerung der „buergerlichen“, „bolschewistisch-judaeischen“ Werteskala durch den NS nicht aussen vorn lassen darf, weil diese wesentliche Erklaerungsansaetze fuer dieses oder jenes Verhalten der Menschen in der NS-Diktatur liefert.
Fuer Ihre Einforderung eines Vergleichs von NS und Kommunismus als unabdingbar fuer den Schritt von der „Glaubenssache“, die NS-Verbrechen bildeten „im negativen einen Hoehepunkt in der menschlichen Geschichte“ hin zur wissenschaftlichen Aussage, berufen Sie sich auf Karl Poppers Prinzip der Falsifizierung. Doch Sie bleiben mit der Anwendung dieses Prinzips auf der halben Strecke stecken, weil sie die Falsifizierung Poppers auf den Vorgang des Vergleichs reduzieren. Doch meines Wissens ist die Vergleichsphase nur die Vorbedingung der Falsifizierung wissenschaftlicher Erkenntnisse, d.h. dass die Ergebnisse der Vergleichsphase erst in die Phase der eigentlichen Popperschen Falisfizierung muenden muessen. Und worin besteht diese ? Meines Wissens nicht darin, dass Forschungserkenntnisse nicht unwidersprochen bleiben, sondern gerade darin, dass ihnen nach der Vergleichsphase widersprochen wird. Und diese Prozedur hat Popper vor allem auf die Erkenntnisse im Bereich der exakten Wissenschaften angewandt. Im geisteswissenschaftlichen Bereich ist diese Vorgehensweise deshalb meines Erachtens mit Vorsicht einzusetzen, und, wenn eingesetzt, dann im Sinne Poppers.
Denn wenn wir im Verlauf eines Vergleichs von Kommunismus und NS zu dem Schluss gelangen sollten, dass die NS-Verbrechen nun doch nicht den „negativen Hoehepunkt in der menschlichen Geschichte darstellen“, weil den Kommunisten beispielsweise zahlenmaessig bei weitem mehr Menschenopfer nachzuweisen sind, dann ist das, was Sie „Glaubenssache“ in Verbindung mit den NS-Verbrechen nennen, doch widerlegt, also im eigentlichen Sinn Poppers widerlegt. Nun, so einfach stehen die Dinge nicht. Das habe ich in meiner Stellungnahme zu Bergels Besprechung des „Schwarzbuches des Kommunismus“ in der „Halbjahresschrift“ doch klargestellt und diesen Aufsatz informationshalber auch hier und auch in dem von Ihnen moderierten Diskussionsthema am 21.04.01 wiedergegeben. Ich bitte Sie, doch mal dort nachzulesen und sich dazu zu aeussern.
Ein Vergleich der beiden Totalitarismen ist durchaus sinnvoll, wenn er nicht mit quantitativen Kriterien operiert. Es ist belanglos, ob die Nazis oder die Kommunisten mehr Menschenleben auf dem Gewissen haben. Die Abscheulichkeit beider Systeme und Ideologien kann durch quantitative Nachweis- und Schuldzuweisungsversuche ueberhaupt nicht vermindert werden. Dass diese Taten geschahen, sollte doch genuegen, um die beiden Systeme als menschenfeindlich, menschenverachtend und kriminell einzustufen. Und zweitens sind die beiden Totalitarismen, obzwar in vielen Punkten verwandt, trotzdem Einzelerscheinungen und als Einzelfaelle zu betrachten und zu behandeln. Die Gefahr, die der ledigliche Vergleich der beiden Extremen naemlich in sich birgt, ist der, dass die spezifischen Ausdrucks- und Erscheinungsformen jeweils vergessen werden, also untergehen. Wichtig und entscheidend ist doch gerade, das jeweils Wesenhafte herauszustellen. Und der ergiebigste und kuerzeste Weg dahin, meine ich, ist der, unbestreitbare Fakten offenzulegen. Das Ein- und Zwischenschalten von Konstrukten wie das Ihrige, Herr Lauer, mag bestimmten Erforschungsphasen zugute kommen, doch, wenn systematisch durchgezogen, droht es im Schematismus zu verkommen.
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> Klaus Popa
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 05.05.2001 editiert.]
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 06.05.2001 editiert.]
 

RA Fabritius
Moderator
Beitraege: 155
Von:D-81679 Muenchen
Registriert: Okt 2000
erstellt am 05.05.2001 um 19:05 Uhr

Zitat Lauer: "Na prima, der Nationalsozialismus war also eine Jugendsuende "
Johann, Du gibst Dir wohl reichlich Muehe, mich misszuversten... NS war sicher keine Einzelhandlung, die Jugendsuende (oder auch nicht) sein koennte! Ich habe wohl ganz deutlich Einzelhandlungen gemeint, die Jugendsuende sein koennen. Und ich habe ausdruecklich betont, dass ich niemandes Handlungen speziell meine. Aber ich bereue meinen Beitrag schon: ich habe nicht mehr daran gedacht, wer da alles auf der Lauer liegt...
Und ich habe keinesfalls Herrn Klaus Popa (und auch nicht seine Beitraege) angegriffen. Ich habe ihm dafuer gedankt, dass er stetig (erfolgreich) versucht hat, die Diskussion unter "Eigenlob und Selbstdarstellung" zu versachlichen. Ich finde sowohl die Diskussion als auch die Art und Weise, wie Herr Popa diese fuehrt, gut. Ich waere froh darueber, wenn sich andere Personen in gleicher Weise in den Foren einbringen. Auch kontroverse Standpunkte lassen sich so gut vermitteln.

Johann Lauer
Mitglied
Beitraege: 134
Von:
Registriert: Okt 2000
erstellt am 06.05.2001 um 02:16 Uhr Zitat:

Original erstellt von Klaus Popa:
:Wenn ich nun die obige Arguementation auf Ihre Vorgehensweise anwende, dann trifft auf Sie zu, dass sie ebenfalls mit einem VORURTEIL operieren, mit dem der Pauschalierung. Fuer Sie scheint Klaus Popa gleichbedeutend mit pauschalen Urteilen zu sein.

Lieber Klaus Popa,
wenn man nur meinen letzten Beitrag liest, dann koennte in der Tat dieser Eindruck entstehen, dafuer moechte ich mich entschuldigen. Sowohl in meinem letzten Beitrag als auch in anderen Beitraegen habe ich Ihr Engagement und Beitrag zur NS-Diskussion ausdruecklich hervorgehoben. Dies haette ich nicht getan, wenn fuer mich "Klaus Popa gleichbedeutend mit pauschalen Urteilen" waere.
Allerdings nehme ich mir auch das Recht, in diesem Falle Teile Ihrer Beitraege zu kritisieren. Ihre Stellungnahmen sind genau wie meine nur eigene Meinungsaeusserungen, die nach besten Wissen und Gewissen erstellt wurden. Keiner von uns hat das Recht oder Anspruch letzte Wahrheiten zu verkuenden.
Sie haben sich gruendlich mit aller Literatur zur siebenbuergisch-saechsischen NS-Zeit auseinandergesetzt und auch Ihre Kritik begruendet, daher ist das Wort "pauschal" sicherlich fehl am Paltz. Auf der anderen Seite, das hatte ich schon mal angemahnt, unterstellen Sie allen im Arbeitskreis, das sie eine "systematische Verharmlosung" betreiben, persoenliche Motive verfolgen und sprechen von Wissenschaftlern in Hochkommata (vgl. meinen Beitrag von Seite 3, moechte diesen ejtzt nicht mehr zitieren). Dies sind in der Tat persoenliche Angriffe, die das Wort "pauschal" meiner Meinung nach gerechtfertigt erscheinen.
Achtung: Ich habe nichts dagegen einzuwaenden, dass Sie der Meinung sind, diese Menschen verharmlosen durch Ihre Buecher die NS-Zeit. Nur dagegen, dass Sie Ihnen unlautere Motive unterstellen. Damit liefern Sie diesen Herren geradezu einen Vorwand sich mit Ihren Argumenten nicht auseinanderzusetzen. Dies finde ich schade.
Es sind in Ihren Beitraegen nur einzelne Saetze, die eigentlich Ihrer guten Arbeit extrem Schaden. Das wollte ich zum Ausdruck bringen.
Zitat:

Original erstellt von Klaus Popa:
: Fuer Sie scheint Klaus Popa gleichbedeutend mit pauschalen Urteilen zu sein. So etwas verbiete ich mir! Geben Sie doch zu, dass das Problem auf der Seite derer liegt, in deren Namen Sie hier Angriffe gegen mich einflechten!

Ich kann da auch nur sagen: So etwas verbiete ich mir auch. Ich bin Niemandens Wadenbeisser und lasse mich auch von Niemanden vorschicken. Ich spreche im eigenen Namen.
Sie haben hier Ihre Meinung geaeussert und auf Ihre Beitraege hingewiesen, daher sprechen wir jetzt ueber diese. Sofern Sie von einer ehrlichen Diskussion was halten, dann muessen Sie auch mit Kritik rechnen. Sollten wir ueber die Publikationen von anderen (auch aus dem Arbeitskreis)sprechen, dann werde ich mich auch dazu aeussern, und zwar so wie ich es fuer richtig halte. Ich habe es nicht noetig mich weder beim Arbeitskreis noch bei der Halbjahresschrift anzubiedern.
Zitat:

Original erstellt von Klaus Popa:
:
Herr Lauer, belehrten mich eines besseren. Wenn ich nun die ausdrueckliche Bitte habe, von Vorstoessen wie der Ihrige fortan abzulassen, mache ich nur des Vorrechts Gebrauch, das einem Themenmoderator zusteht.

Ich habe nur Stellung zu den atmosphaerischen Stoerungen genommen, ich hoffe, dass diese jetzt beseitigt sind. Sofern Sie mir glauben, dass ich in meinem Namen und ehrlich an einer Diskussion an diesem Thema interessiert bin (ich kann und will Ihnen auch nicht das Gegenteil beweisen), bin ich bereit auch auf Ihre sachlichen Kritikpunkte an meinem Beitrag einzugehen.
------------------
Herzliche Gruesse
Johann Lauer
 

Klaus Popa
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Registriert: Apr 2001
erstellt am 06.05.2001 um 08:49 Uhr

Lieber Herr Lauer:
trotz Ihrer gewissermassen ultimativ gehaltnenen Forderung
Zitat:

Sofern Sie mir glauben, dass ich in meinem Namen und ehrlich an einer Diskussion an diesem Thema interessiert bin (ich kann und will Ihnen auch nicht das Gegenteil beweisen), bin ich bereit auch auf Ihre sachlichen Kritikpunkte an meinem Beitrag einzugehen.

beharre ich darauf, dass Auseinanderstetzungen dieser Art nicht Bestandteil des Diskussionsthemas Vergangenheitsbewaeltigung“sind, also fortan von diesen Seiten fernbleiben sollen. Meinungsaeusserungen bzw. Meinungsverschiedenheiten dieser Art koennen doch mit Mitteln der Email-Korrespondenz bereinigt werden.
Hier ein weiterer Nachtrag, nun in Bezug auf Ihre Aeusserung vom 04.05.01:
Zitat:

Man muss sowohl den Menschen ueber die man ein Urteil
ausspricht gerecht werden als auch denjenigen, die versuchen diese Zeit
aufzuarbeiten (Historiker, Paedagogenetc.). So muessen auch die Meinung von anderen beruecksichtigt werden, ohne pauschale Verurteilungen vorzunehmen, wie dies Klaus Popa [...] tut.

. Mit diesem Nachtrag bekunde ich zum wiederholten Mal, was ich Gundeslheim und Muenchen vorwerfe: Geschichtsschreibung ist keine

G E S C H I C H T E N S C H R E I B U N G

keine Mythenschmiede in Sachen eigener Geschichte. Und solange diese Arbeitsweise weiter gepfelgt wird, vermag ich bei deren Produkten kein wirkliches Interesse an Wahrheitsfindung erkennen, ebenso keine Wissenschaftlichkeit, weshalb letztere nur zwischen Kommata zu stehen kommt!
Sie betonen die Notwendigkeit, auch den Menschen gerecht zu werden, die versuchen, unsere NS-Zeit aufzuarbeiten, u.a. mit besonderer Berufung auf Paedagogen. Sie meinen damit zweifelsohne Herrn Koenig und seinen Aufsatz aus der Zeitschr. fuer Siebenbg. Labndeskunde, Heft 1/2000, dessen NS-Verstaendnis ich von dem Harald Roths ableite und kritisiere (vgl. mein „Kritisches Blatt“ „Terminologische und politische Bindheit“ unter http://people.freenet.de/Transsylvania/Blindheit.html ).
Nun, die Bereitschaft zum Verstaendnis fehlt mir wirklich nicht, nur kann diese Bereitschaft nicht allein an meiner Person fest gemacht werden. Es handelt sich doch um einen Rezeptionsprozess, der immer zwei Seiten voraussetzt. Die Bereitschaft, fuer die andere Seite, in diesem Fall fuer Herrn Koenig, Verstaendnis aufzubringen, verschwindet bei mir ganz, wenn ich feststelle, dass die Absicht (Intention) seines Aufsatzes die Verharmlosung und Kleinrednerei des NS-Engagements der damaligen Lehrerschaft ist. Man kann von mir kein Verstaendnis einfordern fuer einen Autor, der bereits in der Hauptphase seiner Ausfuehrungen, die hauptsaechlich den Lehrertagen gelten, so wie sie in der Lehrerzeitschrift „Schule und Leben“ ihren Niederschlag fanden, die unverkennbare NS-Praesenz dermassen herunterspielt, dass ihm ueber das gleichgeschaltete Schulwesen in der Volksgruppenzeit und der Zeitschrift, die sich nun „Volk und Schule“ nannte auf den klaeglich wenigen Seiten, die er dieser unruehmlichen Etappe widmet, weiter nichts einfaellt, als allgemein festzustellen, die Ausfuehrungen des Volksgruppenfuehrers Andreas Schmidt vom 11. August 1942 seien „so erschreckend primitiv, ja widerlich, dass man sich unwillkuerlich fragt, was sich die anwesenden Lehrer dabei gedacht haben muessen“ (S.49), oder: „Die Gleichschaltung war perfekt“ (S.51), oder: „Den ideologischen Komponenten [sprich: NS-Gedankengut] begegnete man mit einer weitgehenden politischen Naivitaet“(S.52) u.ae. Dieses allgemeine Bild der Ahnungslosigkeit, das Koenig von der Lehrerschaft jener Jahre entwirft, entspricht in keinem Punkt den Tatsachen. Und von mir als Rezipienten dieser Art von „Wissenschaft“ Verstaendnis zu verlangen, das geht wahrlich zu weit. Zur Untermauerung meiner Einschaetzung, hier einige Belegstellen aus der „Suedostdeutschen Zeitung“ jener Jahre, die durchaus in den Aufsatz Koenigs haetten Eingang finden muessen:

So heisst es am 26. Februar 1942 unter dem Titel: »Landesschulungen der „Deutschen Erzieherschaft“« ueber Kaspar Huegel, den Leiter des Schulamtes der Volksgruppe:

Huegel stellte fuer die Landesschulungen „einen umfassenden Schulungsplan auf, der fuer die Monate November-Dezember 1941 Rassenpolitische Erziehung, fuer Januar-Februar deutsche Geschichte und Maerz-Mai Leibeserziehung vorsah.
ueber die erste Landesschulung in Kronstadt selbst heisst es: Im Mittelpunkt stand die Rassenpolitische Erziehung. „Hierbei nahmen die Amtswalter des Schulamtes der Gebietsverwaltungen Banat, Bergland, Siebenbuergen und Altreich sowie die Kreiswalter aller Kreise teil. In den Monaten Dezember [1941] und Januar [1942] wurden in allen Kreisen der Gebiete Bergland, Banat und Siebenbuergen Kreisschulungen abgehalten. Die Lehrerschaft hat bei diesen Schulungen bewiesen, dass die Parole der Volksgruppenfuehrung in ihren Reihen begeistert aufgenommen wurde. Rund 1300 deutsche Erzieher wurden in diesen Schulungen erfasst. Amtsleiter Pg. Kaspar Huegel, Stabsleiter der Deutschen Erzieherschaft Pg. Hans Zegidi und Abteilungsleiter Pg. Sepp Schlitter besuchten saemtliche Schulungen.“ „Den Hoehepunkt erreichte die zweite Landesschulung mit den Ausfuehrungen des Schulamtleiters Pg. Kaspar Huegel ueber den gegenwaertigen Stand der Schuluebernahme durch die Volksgruppe“.

Aus diesem Bericht ist klar ersichtlich, dass die Rassenlehre die Grundlage dieser „Schulungen“, lies Veranstaltungen von NS-Indoktrination war, also gerade der Bereich, den Koenig in seinem Aufsatz systematisch herunterspielt – bereits fuer die Phase vor dem Volksgruppenregiment. Und einer solchen Sichtweise soll ich, Herr Lauer, Verstaendnis entgegenbringen ?
Der Artikel „Aufbruch im Schulwesen unserer Volksgruppe. Nur eine nationalsozialistische Schule kann Nationalsozialisten formen“ (Suedostdt. Tagesztg. 26. Juni 1942), bringt die rueckblickende Ansprache auf das Schuljahr 1941/42 des damaligen Rektors der St.-L.-Roth-Schule in Mediasch, Julius Duldner, vollinhaltlich, worin es u.a. heisst:

»“Rueckblickend auf das abgelaufene Schuljahr 1941/42 will ich zunaechst eine Feststellung machen: alles, was sich seit Beginn dieses Schuljahres, also seit Anfang September 1941 in unserem Schulleben zugetragen hat, stand im Zeichen des gigantischen Ringens unserer Tage. Zutiefst in unserem Inneren erleben wir die Entwicklung der Kampfhandlungen an der Ostfront, die gewaltigen Siege, die uebermenschlichen Anforderungen des Winters und den Einbruch des Fruehlings mit dem prachtvollen Auftakt von Kertsch und Charkow. Wir erleben das Heldenlied des Generals Rommel, unsere Kaempfe auf allen Meeren und in der Luft, Japans wuchtige Hiebe gegen englische und amerikanische Aufgeblaehtheit und Anmassung. Und wir erleben voll tiefster Ehrfurcht und mit glaeubigem Herzen den uns durch die goettliche Vorsehung gesandten Fuehrer Adolf Hitler: ueber allem, was unsere Seele in dieser Zeit aufnimmt und mit sich traegt an Grossem und erhabenem, steht seine Gestalt, steht sein Genius, der lenkend und wegweisend in das Weltgeschehen eingreift, der aber auch jeden einzelnen von uns, den Kleinsten genau so wie die Aeltesten, anspricht und festhaelt und ihn aufruft und erzieht zu Bescheidenheit und Mut und Tapferkeit und Einsatzbereitschaft, zu Kameradschaftlichkeit und zu Treue.
[...]
Das wichtigste Ereignis aus dem Leben des abgelaufenen Schuljahres war die Uebergabe unseres kirchlichen Schulwesens an die Volksgruppe. Sie erfolget im Zuge der grundlegenden Neuordnung, die durch unseren Volksgruppenfuehrer Andreas Schmidt innerhalb unserer Volksgruppe in Angriff genommen worden ist. Der Ausgangspunkt fuer diese entscheidende Neuerung ist die Tatsache, dass die nationalsozialistische Fuehrung hoechste Bedeutung zumisst der einheitlichen Erziehung der Jugend. Sie fordert: die einheitliche Praegung und Formung des neuen deutschen Menschen, diese aber kann anders nicht gewaehrleistet werden, als durch ein einheitlich geleitetes voelkisches Schulwesen.
[...] Heute kann es keine evangelische und keine katholische Schule mehr geben – denn heute gibt es nur noch die deutsche Schule, [...] heute entscheidet auch hier die Zugehoerigkeit zu Volk, zu Rasse und Blut“
„Gleichzeitig mit der Uebergabe der kirchlichen Schule setzte eine planmaessige Schulung der deutschen Erzieherschaft ein. Ein Wort des Volksgruppenfuehrers war hiebei richtungsweisend: „Die Erziehung, die der deutsche Junge und das deutsche Maedel erhalten, ist eine andere als die von gestern. Die Aufgabe der Familie ist es, dem Volk gesunde Kinder zu schenken. Aufgabe der Schule und der deutschen Jugend ist es, sie zu Nationalsozialisten zu erziehen.“ Diese Parole des Volksgruppenfuehrers hat auch die Erzieherschaft der St.-L.-Roth-Schule auf ihre Fahnen geschrieben, ihre restlose Erfuellung ist ihr heiligste Pflicht und Lebensaufgabe. [...] Schulnot ist Volksnot: diese Tatsache ist durch unsere voelkische Fuehrung nicht nur richtig erkannt worden, sondern es sind aus ihr auch die einzig moeglichen Schlussfolgerungen gezogen worden. Und daher wird heute durch diese voelkische Fuehrung der deutsche Erzieher moralisch und materiell emporgehoben und auf festen Boden gestellt. Heute wird ihm eine Position geschaffen, die ihm seine Minderwertigkeitskomplexe wegnimmt, die ihm Stolz und Selbstbewusstsein gibt und ihn so zum politischen Erzieher, zum politischen Soldaten und Kaempfer werden laesst! [...]“«

Haette Herr Koenig solche Zeugnisse der NS-Verblendung und Verbohrtheit, die die damalige Lehrerschaft im Griff hatte, in seinem Aufsatz sachgerecht und wahrheitsgemaess behandelt, dann haette ich ueberhaupt nichts auszusetzen gehabt. Doch er zog den altbekannten Weg der Halbwahrheiten, der Unwahrscheinlichkeiten, des Herumlavierens um eben die typisch nationalsozialistischen, deshalb brisanten Aspekte unseres NS-Schulwesens vor. Es duerfte einleuchten, dass Verstaendnis fuer dieses erneute, augenscheinliche Versagen der Gundelsheimer „Wissenschaft“voellig fehl am Platz ist.
Klaus Popa
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 06.05.2001 editiert.]
 

Johann Lauer
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erstellt am 06.05.2001 um 22:49 Uhr

Zitat:

Original erstellt von RA Fabritius:
Zitat Lauer: "Na prima, der Nationalsozialismus war also eine Jugendsuende"
Johann, Du gibst Dir wohl reichlich Muehe, mich misszuversten...

Lieber Bernd,
das gilt eigentlich fuer dich, muss dir diesen Vorwurf zurueckgeben. Ich habe nicht nur den von dir zitierten Satz gesagt, sondern dich teilweise kritisiert und dir aber auch teilweise zugestimmt. Mein Beitrag war eigentlich sowieso schon lang genug.
Auf der einen Seite wollte ich deutlich machen, dass Suenden von Millionen Menschen sich zu einem Desaster entwickeln koennen. Klaus Popa hat Recht, dass man mit nationasozialistischen Suenden nicht ignorieren kann, es ist daher unangebracht Menschen mit brauner Vergangenheit als Vorbilder hinzustellen oder deren Suenden zu verschweigen.
Auf der anderen Seite habe ich dir auch zugestimmt, dass man jedes Schicksal doch gruendlich analysieren muss und dazu einige Vorschlaege unterbreitet, was man dabei beruecksichtigen muesste. Klaus Popa hat gesagt, dass Hans Mieskes aufgrund seiner braunen Vergangenheit das Bundesverdienstkreuz nicht verdient. Er hat angekuendigt naeheres zu sagen, es kam aber nichts. Ich weiss nicht, mit welchen Taten oder Worten sich Herr Mieskes disqualifiziert hat.
Zitat:

Original erstellt von RA Fabritius:
Ich finde sowohl die Diskussion als auch die Art und Weise, wie Herr Popa diese fuehrt, gut. Ich waere froh darueber, wenn sich andere Personen in gleicher Weise in den Foren einbringen. Auch kontroverse Standpunkte lassen sich so gut vermitteln.

Ich finde zwar die von Popa eroeffnete Diskussion fuer gut, bin aber nicht deiner Meinung, was die Art und Weise angeht, wie er die Diskussion fuehrt.
Der Diskutant Popa liefert weit ueber 50% der Texte, der Moderator Popa ruegt andere und wirft Ihnen unlautere Motive vor, wenn Sie den Diskutanten Popa kritisieren. Genau dass, was auch Siegbert Bruss in einer anderen Diskussion gemacht hat. So kann man Kritiker sehr schnell mundtot machen oder die Diskussion sprengen, wer will denn an einer Schlammschlacht teilnehmen?
Meine Kritik moechte ich nochmals zitieren:
Achtung: Ich habe nichts dagegen einzuwaenden, dass Sie (Klaus Popa)der Meinung sind, diese Menschen (Roth, Koenig etc.) verharmlosen durch Ihre Buecher die NS-Zeit. Nur dagegen, dass Sie Ihnen unlautere Motive unterstellen.
Lieber Klaus Popa,
da Sie auch in Ihrem letzten Beitrag genauso wie bisher weitermachen, nehme ich mir fuer ein paar Wochen eine Auszeit. Werde mir Ihre Kritik an meiner Person und meinen Meinungen nochmals in Ruhe durchgehen. Vielleicht tun Sie auch dasgleiche und lesen meine Kritik nochmals gruendlich durch. Wenn die Diskussion eine bestimmte Temperatur erreicht, sollte man eine Pause einlegen, bis sich alles etwas abkuehlt. Weitehrin werde ich verfolgen, wie Sie auf eventuelle Kritik von anderen reagieren, sofern sich ueberhaupt jemand traut auch mal ein kritisches Wort gegen Sie auszusprechen. Mich wundert es aufgrund meiner Erfahrungen und der Art und Weise wie Sie andere kritisieren nicht, dass der Andrang sich hier in Grenzen haelt.
------------------
Herzliche Gruesse
Johann Lauer
 

Klaus Popa
Mitglied
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Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 07.05.2001 um 11:48 Uhr

Lieber Herr Lauer,
Sie schreiben in Bezug auf die "Verstaendnis"-Problematik, deren Gegenstandslosigkeit ich auf den Fall Koenig angewandt, nachweise:
Zitat:

da Sie auch in Ihrem letzten Beitrag genauso wie bisher weitermachen, [...].

Ja, Herr Lauer, ich mache weiter wie bisher, doch nicht in dem Sinn, den Sie in obiger Behauptung mitschwingen lassen. Ihre weiteren Ausfuehrungen sind mir nicht neu. Neu sind die jetzt eingebrachten

V O R U R T E I L E,

die Sie ins Feld fuehren: Missmanagement der Diskussions ("Diskussionsfuehrung"), "Sprengung der Diskussion", "Mundtot-Machen der Kritiker" und "Schlammschlacht"-Absichten. Glauben Sie nicht, dass Sie hier einen ueberzogen-beleidigenden Ton anschlagen ?
Ich vermeinte, mit meinem Appell an Sie, auf die Person gehenden Differenzen per Email-Austausch bereinigen zu koennen, auf Verstaendnis zu stossen, doch....
Es ist Ihr gutes Recht, mit meiner Diskussionsfuehrung nicht einverstanden zu sein, doch mich als Zerstoerer der Diskussion hinzustellen, die ich selbst eingeleitet habe, das ist doch laecherlich! Tun Sie nicht so, als ob Sie nicht wuessten, wer am Auffliegen auch dieser ihm unpaesslichen Diskussionsinitiative Inetresse hat!
Es ist doch so, dass seit meinem Versuch, vom Thema des Antisemitismus zu dem des Rassismus ueberzuleiten - uebrigens habe ich von Ihrer Seite die zu erwartende Meinung eines Diskutanten hierzu nicht vernommen - Sie mit Ihrer "Verstaendnis"-Kampagne in den Diskussionsfaden foermlich hineinplatzten, wo dieser Aspekt in erster Linie zur Mieskes-Diskussion gehoert, die auf einer anderen Seite gefuehrt wird. Und sprengend wirkte sich doch das seither mit mir gefuehrte Disput auf die "Aufarbeitungs"-Diskussion aus, weil das von dem von mir eingeschlagenen Diskussionsfaden kraeftig ablenkt. Deshalb kam ich nicht dazu, Guenthers Hinweis auf den Broder-Artikel weiter zu verfolgen und Guenther zu antworten.
Nennen Sie mir, bitte, wen ich in dieser Diskussion mundtot gemacht habe (ausser Sachs). Wenn Sie sich zu dieser Gruppe zaehlen, dann muss ich Sie darauf hinweisen, dass Sie falsch liegen, auch hinsichtlich meiner Beweisfuehrung der Untauglichkeit Ihres "Verstaendnis"-Konzeptes in Anwendung auf Koenig, das keinesfalls als Nachweis endgueltiger Untauglichkeit zu verstehen ist. Ihr "Verstaendnis"-Konzept mag in anderen Faellen teilweise, oder ganz, zutreffen. Aber im konkreten Fall Koenig haette die Anwendung von "Verstaendnis" in Ihrem Sinn doch dazu gefuehrt, dass Koenigs Verwaesserungstaktik durchgegegangen waere. D.h., Ihr Konzept haette die durch Koenig betriebene Verharmlosung doch

L E G I T I M I E R T.

Dass so etwas nicht zu den Zielen dieses Diskussions-Therads zaehlt, brauche ich nicht weiter zu betonen. Auch duerfte Ihnene bekannt sein, dass ich die Interpretionsmittel (Alibi-Veranstaltungen, RELATIVIERUNG)infrage stelle, nur insoweit zulasse oder ablehne, die sich auf die Klaerung und restlose Offenlegung von NS-Fakten hemmend auswirken.
Es ist ihr gutes Recht, eine Verschnaufpause einzulegen, um sich Klarheit zu verschaffen. Allerdings kann ich mit ihrer Aeusserung
Zitat:

Weitehrin werde ich verfolgen, wie Sie auf eventuelle Kritik von anderen reagieren, sofern sich ueberhaupt jemand traut auch mal ein kritisches Wort gegen Sie auszusprechen. Mich wundert es aufgrund meiner Erfahrungen und der Art und Weise wie Sie andere kritisieren nicht, dass der Andrang sich hier in Grenzen haelt.

ueberhaupt nichts anfangen, weil ich gegen fundierte Kritik nichts einzuwenden habe. Doch unsachliche Aeusserungen zu meiner Diskussonsfuehrung wie die angeblich von mir betriebene Sprengung der Diskussion, mein angebliches "Mundtot-Machen der Kritiker" und sogenannte "Schlammschlacht"-Absichten kann ich hoechstens als

D E S T R U K T I V E K R I T I K

auffassen. Und seien Sie versichert, dass derartige Einlassungen auf dieser Seite fortan keinerlei Beachtung mehr finden werden!
Sie betonen ferner:
Zitat:

Achtung: Ich habe nichts dagegen einzuwaenden, dass Sie (Klaus Popa)der Meinung sind, diese Menschen (Roth, Koenig etc.) verharmlosen durch Ihre Buecher die NS-Zeit. Nur dagegen, dass Sie Ihnen unlautere Motive unterstellen.

[Hervorhebung K.P.]

Ich habe die Bitte, mich endgueltig aufzuklaeren ueber Ihre immer wieder aufgegriffenen Floskel, ich unterstelle den von Ihnen Genannten "unlautere Motive". Ich pflege meine Behauptungen auch grundsaetzlich zu belegen. Bitte tun Sie das in diesem Fall auch! Sie konnten sicherlich feststellen, dass ich schleierhafte, ungenaue Behauptungen, die auf Andeutungen und Anspielungen hinauslaufen, grundsaetzlich vermeide. Ueberhaupt sollten in unserer Diskussion Beilaeufigkeiten vermieden werden.
Und ein letztes Wort: Kritisieren ist relativ einfach, destruktive Kritik pflegen ist kein Problem, doch konstruktive Kritik betreiben, das vermisse ich bisher von Ihrer Seite. Kritik nur der Kritik willen ist l’art pour l’art. Sie wissen doch sicher, dass Kritik, um konstruktiv sein zu koennen, Alternativen zu dem kritisierten Objekt bringen sollte, um nicht zu destruktiver Kritik zu verkommen. Wenn Sie nun so viel an meiner Vorgehensweise zu kritisieren haben, so zeigen Sie doch bitte Loesungsmoeglichkeiten, wie das Ihre "Verstaendnis"-Rasterung ist, also Alternativen auf.
-------------------------
Klaus Popa
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 07.05.2001 editiert.]
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 07.05.2001 editiert.]
 

Klaus Popa
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Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 08.05.2001 um 08:12 Uhr

Liebe Diskutanten,
es freut mich, dass die Diskussion sich vom "Dialog" wieder zur breiteren Teilnahme hin entwickelt.
Lieber Johann Lauer,
es waere in der Tat besser gewesen, wenn Du Deine Meinung zu meiner Sicht- und Vorgehensweise frueher geaeussert haettest. Doch auch der jetzige Zeitpunkt ist nicht "zu spaet".
Dein Bestreben, die
Zitat:

Handlungsmoeglichkeiten von Menschen in Diktaturen

aufzuzeigen, bleibt weiterhin wichtig. Doch einige Punkte, wie ich bereits darauf hinwies, sollten noch geklaert werden.
Es ist in der Tat nicht einfach zu entscheiden, ob die Betreffenden:
a) nur so handeln konnten, wie sie es taten unter Bedingungen der Diktatur;
b) ob sie es aus opportunistisch-karreiristischen Gruenden taten;
c) ob sie es aus fanatischer Ueberzeugung taten.
Ob das "Mitlaeufertum" in diesen Punkten auch erfasst ist, sollten wir noch gemeinsam klaeren. Auch das Bild des "willigen Vollstreckers" sollten wir irgendwo unterbringen koennen in einer gemeinsam entwickelten Rasterung, wobei Deine "Vertrauens"-Klassifizierung die Grundlage liefert.
Ich moechte vorausschicken, dass entscheidend fuer die Einstufung der einzelnen Faelle, ob in der NS-, ob in der kommunistischen Diktatur, nicht der Einzelne selbst, sondern das soziale und politische Umfeld ist, in dem der sich in der zur Diskussion stehenden Zeit bewegte. Und weil Mieskes als Beispiel angefuehrt wurde, so wird er wohl, sobald ich die entsprechenden Daten zusammenfasse, das klare Beipiel dafuer liefern, wie entscheidend die genannten Umfelderfuer fuer die Zuweisung des Einzelfalles sind.
Ich bitte nochmals, und das habe ich gestern auch auf der Mieskes-Diskussionsseite getan, zu beachten, dass mit der Nennung, also Offenlegung der Taetigkeit von Mieskes zwischen 1941-1945 und 1956 ueberhaupt keine Aussage ueber seine spaeteren Verdienste als Wissenschaftler gemacht wird. Es tritt dadurch keinerlei Schmaelerung seiner Verdienste ein, wie das wiederholt durch Dich betont wurde.
Allerdings gibt es Schriften von Mieskes und bestimmte Aktionen in der Bundesrepublik, die, wenn interpretiert, recht erzkonservative, selbst rechtsradikale Toenung haben. Auf diese werde ich auch hinweisen. Allerdings auf der Mieskes-Seite.
Lieber Herr Danielis,
es freut mich, Ihre Stimme wieder wahrnehmen zu koennen.
Sehr geehrter Herr Fabritius,
Ihre Praesenz in dieser Diskussionsrunde ist durchaus wichtig, weil Sie bisher der Einzige aus der landsmnnschaftlichen Fuehrungsriege sind, der sich hier zu Wort meldete. Und Ihr Wort hat durchaus Gewicht, selbst wenn Sie in die faktische Diskussion aus Kennntismangel, wie Sie es nennen, noch nicht eingreifen wollen.
An alle Teilnehmer!
Der Diskussionmoderator hat die Bitte, die Teilnehmer moegen sich die Fallbeispiele zu den Unterthemen "Antisemitismus" und "Rassismus" nochmals ansehen. Bitte um Stellungnahmen dazu.
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Klaus Popa
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 08.05.2001 editiert.]
 

Klaus Popa
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erstellt am 14.05.2001 um 07:39 Uhr

Die allgemein gehaltene Frage, wer nun als Nazi zu gelten habe, wird durch folgendes Zitat einer Beantwortung nahegebracht. Die Suedostdeutsche Tageszeitung bingt am 12. November 1942 folgenden Hitler-Text:

„Wenn es nun die Aufgabe der Partei ist, die Organisation zu bilden, in der die politische Auslese der Nation ihre fortdauernde ewige Ergaenzung findet, dann ist es Pflicht, dafuer zu sorgen, dass der Staatsfuehrung ein weltanschaulich stabiler Charakter verliehen wird. Sie hat daher den geschichtlichen Befehl zu erfuellen, in ihrer Organisation die Voraussetzung zu schaffen fuer die Stabilisierung der Fuehrung im Staat durch die Auslese, Bildung u. Abstellung dieser Fuehrung. Sie muss dabei den Grundsatz vertreten, dass alle Deutschen weltanschaulich zu Nationalsozialisten zu erziehen sind, dass weiter die besten Nationalsozialisten Parteigenossen werden und dass endlich die besten Parteigenossen die Fuehrung des Staates uebernehmen.“
Der „Fuehrer“ stellt die „politische Auslese“ als unabdingbar dar fuer den stabilen weltanschaulichen Charakter der Staatsfuehrung. Der Partei (NSDAP) obliegt die geschichtliche Pflicht, ihre Organisation mit den Mitteln von „Auslese, Bildung und Abstellung“ ihrer Fuehrung zu stabilisieren. Bezueglich des deutschen Volkes muss diese Partei den Grundsatz verfolgen, dass dieses zu Nationalsozialisten zu erziehen sei, dass die „Besten Nationalsozialisten Parteigenossen werden“ und dass die „besten Parteigenossen“ auch den Staat fuehren.

Zentral ist das Prinzip der NS-Auslese, wodurch gewaehrleistet werden sollte, dass nur die besten Nazis Parteigenossen werden. Wenn nun dieser Grundsatz bei den Rumaeniendeutschen, also auch bei den Siebenbuerger Sachsen eisern befolgt wurde, dann ist davon auszugehen, dass nur die besten Nazis auch in die NSDAP der Deutschen Volksgruppe in Rumaenien aufgenommen wurden. Die Auslese bediente eine Probezeit, die sogenannte „Parteianwaerterschaft“. Erst nach dieser wurden die Anwaerter zu vollen Parteigenossen verpflichtet. Das geschah immer anlaesslich des Gruendungstages der rumaeniendeutschen NSDAP, die am 9. November 1940 durch Andreas Schmidt in Mediasch erfolgt war.

Es duerfte also einleuchten, dass alle NSDAP- Mitglieder als Nazis zu gelten haben, keinesfalls als Mitlaeufer oder Opportunisten. Letzteres gilt fuer die Verhaeltnisse im kommunistischen System, wo nur in den Anfangszeiten der kommunistischen Regime nach dem Ausleseprinzip vorgegangen wurde, spaeter aber dem Mitlaeufertum und dem Opportunismus, also den Emporkoemmlingen Tor und Tuer der „Partei“ geoeffnet wurden. Das haengt auch ab von der unterschiedlichen Handhabung des sogenannten „Leistungsprinzips“ durch die beiden totalitaeren Systeme. Bei den Nazis wurde „Leistung“ – natuerlich im NS-Sinn – nicht nur grossgeschrieben, sondern auch honoriert, waehrend sie im Kommunismus eher grossgeschrieben denn effektiv betrieben wurde. Damit ist die Frage der Effizienz der beiden Systeme angesprochen. Das NS-System war „leistungsfaehig“ (effizient, im NS-Sinn), weil es am Prinzip der Auslese, selbst mit gelegentlichen Milderungen, festhielt, waehrend Auslese und Effizienz im Kommunismus schnell zu einfachen Propagandafloskeln, also zu Sprechblasen verkuemmerten. In dieser unterschiedlichen Handhabung des Leistungsprinzips darf auch das vorzeitige Scheitern des NS-Projektes, hingegen das jahrzehntelange Dahinsiechen des kommunistischen Systems erblickt werden. Der NS vermeinte seine Leistungsfaehigkeit nur auf kriegerischer Weise unter Beweis stellen zu koennen, weil sein Leistungsprinzip doch ausschliesslich auf Krieg, auf Gewalt, auf Vernichtung anderer, nicht mit dem Leistungsprinzip kompatiblen Menschen und Voelker zielte, waehrend der Kommunismus nicht ausschliesslich auf kriegerische Auseinandersetzung, sondern auch auf subtilere Mittel massgeschneidert war, wodurch ihm auch ein laengeres Leben beschieden war.
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Klaus Popa
 

Klaus Popa
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Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 17.05.2001 um 07:35 Uhr

Zur Belebung der Diskussion:
Ein typisches Beispiel des billigen, an sich schon unglaubhaften, Siegeszuversicht ausstrahlenden Optimismus der Amtswalterschaft der Jahre 1940-1944:
Otmar Schuch, „Der Familienvertrag“, (SODTZ 300. Folge, 24. Dezember 1942):
Zitat:

Nach dem Krieg wird man feststellen, dass wir unseren Volksgenossen nichts vorgemacht haben, was nicht der Wirklichkeit entspricht.

Wer was wem vorgemacht hat, wissen wir allzu gut!
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Klaus Popa
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 17.05.2001 editiert.]
 

klaus.weinrich
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Von:Deutschland
Registriert: Okt 2000
erstellt am 17.05.2001 um 16:09 Uhr

Hallo Klaus Popa,
ich kenne die Zusammenhaenge, in denen das Schuch-Zitat steht, nicht naeher, daher melde ich mich mit einem gewissen Unbehagen dazu zu Wort.
Fuer mich klingt das eher nach Zweckoptimismus, um nicht zu sagen nach Durchhalteparole. Warum sollte sonst jemand auf die Idee kommen zu versichern, dass alles so kommen wird, wie man es versprochen hat? Koennten Schuchs Worte nicht eher darauf hindeuten, dass er aufkommende Zweifel bei seinen Landsleuten zerstreuen will? Ende 42 haben ja manche schon das schlimme Ende geahnt.
Um das Ganze noch in den Religiositaets-Kontext zu stellen, ueber den wir zu Beginn gesprochen haben: In Schuchs Worten liegt so etwas wie "Jenseits-Vertroestung", Vertroestung auf die Zeit "nach dem Krieg". Darin sind zwei Dinge enthalten. Erstens: Das - nach der NS-Propaganda doch so ruhmreiche - "Jetzt und Hier" des Krieges wird zunehmend unertraeglich. Wozu haette Schuch sonst die Zeit "danach" beschwoeren sollen?
Zweitens: Der - ohnehin irrwitzige, aber von den Nazis geschuerte - Glaube, dass eben dieser Krieg der Weg in eine glorreiche Zukunft ist, ist erschuettert. Diese Zukunft wird nicht mehr durch den Krieg hergestellt - das war ja die verordnete Lesart -, sondern man hofft zunehmend, dass es trotz des Krieges noch so etwas wie Zukunft danach gibt. Angesichts dieser Dimensionen menschlichen Leids wirken Schuchs Worte fast schon kleinlaut und hilflos. Das heisst natuerlich beiweitem nicht, dass Ende 42 alle gelaeutert gewesen waeren und ihrem NS-Glauben abgeschworen haetten. Aber diese feinen Untertoene zeigen, dass hier der Gedanke, dass moeglicherweise doch alles anders kommt als jahrelang von den Nazis in Aussicht gestellt, langsam in den Bereich des Denkbaren rueckt - gerade wegen der trotzigen Beteuerung Schuchs.
 

Klaus Popa
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Registriert: Apr 2001
erstellt am 18.05.2001 um 16:19 Uhr

Lieber Herr Weinrich,
insgesamt stimme ich mit Ihrer Interpretation ueberein.
Die Siegeszuversicht spricht Schuch indessen in einem weiteren Artikel aus, in dem es u.a. heisst, dass der Zweck der in Hermannstadt eroeffneten Lehrschau der Deutschen Bauernschaft ist:
Zitat:

die Leistungssteigerung des Bauernhofes als Beitrag des deutschen Bauern fuer den Sieg.

Ferner:
Zitat:

Auch dem letzten Besucher unserer Lehrschau wird es klar, dass nur in der Einigkeit der Gemeinschaft die Kraft zur Gwinnung dieses Krieges liegen kann.

(SODTZ 30. Folge, 7. Februar 1943, S.4,5).
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Klaus Popa
 

klaus.weinrich
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Von:Deutschland
Registriert: Okt 2000
erstellt am 19.05.2001 um 11:26 Uhr

Hallo Klaus Popa,
"Siegeszuversicht"??!! Kaninchenzucht als Wunderwaffe fuer den Endsieg - und das zu einem Zeitpunkt (Februar 43), als Stalingrad schon entschieden war?? Eine Groteske ist das, das letzte Aufbaeumen fuer eine verlorene Sache, ein ritualhaftes Beschwoeren ehemaliger Glaubenssaetze, die von der Realitaet Luegen gestraft und zu Floskeln abgewertet worden sind: "Einigkeit" - war nicht auch diese gleichgeschaltete Einigkeit es gewesen, die das ganze Desaster hervorgebracht hatte?
Diese Bauern-Beschwoerung hat mit Zuversicht wirklich nichts zu tun, sie offenbart eine Hilflosigkeit, die geradezu kabarettreife Stilblueten hervorbringt. Haette auch von Karl Valentin sein koennen ...
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KW
 

Klaus Popa
Mitglied
Beitraege: 314
Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 21.05.2001 um 10:16 Uhr

Hallo Herr Danielis,
die Worte des ehemaligen Bundespraesidenten sollten sich alle zu Gemuete fuehren, aber vor allem die Juengeren und Juengsten, die sich leider bisher gescheut haben, an dieser Diskussion teilzunehmen.
Hallo Klaus Weinrich,
besten Dank fuer Ihre Interpretation. Allerdings moechte ich bemerken, dass meine begleitenden Worte zu den Textausschnitten aus dem Propagandageist und der damaligen, wohl eher suggerierten, daher grundfalschen und illusorischen Befindlichkeit heraus erfolgten, also nicht die sonst uebliche kritische Distanzierung meinerseits ausweisen.
Es ist klar, dass solche Parolen nach Stalingrad der reinste Wahnsinn waren, doch die Reichs- und gleichgeschaltete Pressepropganda der Deutschen Volksgruppe in Rumaenien war auf den vom „Hexenmeister“ der damaligen Propaganda, Goebbels, ausgerufenen

TOTALEN KRIEG

eingeschworen. Deshalb ueberrascht der Berichtsstil der sogenannten „Kundgebungswelle“ vom 7.-14. Februar 1943, die unter der Parole „Alles fuer die Front!“ erfolgte, ueberhaupt nicht. So heisst es in der „Suedostdeutschen Tageszeitung“ vom 13. Februar 1943 im Vorspann:
Zitat:

Jede dieser Kundgebungen [...] gestaltete sich zu einem ueberwaeltigenden Bekenntnis zum totalen Einsatz, den diese grosse und schwere Zeit auch von der Gemeinschaft unserer Volksgruppe fordert. Auch fuer uns gibt es heute nur ein Ziel, das fordernd u. klar vor uns steht: diese Haerteprobe des Schicksals zu meistern und alle Kraefte einzusetzen, damit am Abschluss dieses Leben oder Tod entscheidenden Kampfes, der Sieg des Fuehrers und seiner treuen Gefolgschaft – der Front und der Heimat – steht.[...]
Die Berichte aus den verschiedenen Kreisen begleitet folgender, gleichermassen groessenwahnsinnig-pathetisch gehaltene, kaempferisch –aufwiegelnde Ausspruch Hitlers vom 3. April 1932 in Dresden beim ersten Deutschlandtag:
„Ich habe den Kampf gewaehlt, habe mich ihm verpflichtet, bleibe ihm treu, bis mich die Erde deckt. Dass sie meine Freunde toeten ist moeglich, dass sie mich toeten, ist auch moeglich, dass wir kapitulieren: niemals, niemals, niemals!“
Hier kann keineswegs von Versuchen gesprochen werden, alle Hoffnung auf die Zeit nach dem flehentlich erwuenschten „Endsieg“ zu fixieren, sondern um die Erzeugung bzw. Erhaltung eines fanatischen Opfergeistes, den die Worte des „Fuehrers“ beispielhaft unterstreichen sollen. Wenn man Hitlers Worte heute liest, so weiss man, dass dieser Mann sich daran hielt, doch zu welchem Preis, nicht nur fuer Deutschland und das deutsche Volk, sondern fuer Europa und die ganze Welt! Und diese unbeirrbare, unnachgiebige Haltung des aeussersten Opfers fand damals, als der „totale“ Krieg eingeleitet wurde, in solch grotesken Massenveranstaltungen und propagandistischen Diskursen ihren Hoehepunkt.
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Klaus Popa
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 21.05.2001 editiert.]
 

Klaus Popa
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Beitraege: 314
Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 29.05.2001 um 09:20 Uhr

Lieber Herr Danielis,
Ihren Bemerkungen stimme ich voll und ganz zu.
Lieber Johann Lauer,
nach reiflicher Auseinandersetzung mit Ihrer fuenfteiligen Rasterung der „Handlungsmoeglichkeiten von Menschen in Diktaturen“ gelangte ich zu folgenden Schluessen und Gegenvorschlaegen:

Ihre Auflistung erachte ich als zu allgemein gehalten und zu sehr auf die kommunistischen, hingegen kaum auf die NS-Realitaeten zugeschnitten.
Ich meine, bei solchen Aufstellungen sollte man immer die ideologischen Spezifika des jeweiligen totalitaeren Systems vorausschicken. So ergibt sich im Falle des NS, dass die

GESINNUNGSTAETERSCHAFT

massgeblich fuer eine Typologisierung von Verhaltensmustern ist. Dass ich die Taeterschaft als Angelpunkt einsetze hat ueberhaupt nichts mit der Rueckinterpretation von den Greultaten des NS auf die jeweiligen Individuen zu tun, sondern beruht auf dem ideologischen Kernprinzip des NS:

der WILLE zur TAT.

Die NS-Ideologie draengte foermlich zur Tat, zur Tatausuebung, zur Taetlichkeit. Diese Ueberhoehung, dieser Kult der TAT, der Militantismus und Aktivismus des NS verzerren die sonst im buergerlichen Empfinden und Verstaendnis bestehende Abgrenzung von friedensstiftender und strafrechtlicher Tat zugunsten der letzteren. D.h., dass der NS durch die Ueberbetonung der Taetlichkeit der potentiellen (strafrechtlichen) Taeterschaft Tor und Tueren oeffnete, also Taten, die sonst im normalen, aber vom NS als christlich-judaeisch und westlich verschrienen Rechtsempfinden als Straftaten galten, nun als dem deutschen Volk, der Volksgemeinschaft, dem grossgermanischen Reich usw. dienende Grosstaten heroisiert wurden. Weil der NS es schaffte, durch pausenlose Indoktrination das Rechtsempfinden und Rechtsbewusstsein der Deutschen hin zu seinen kriminellen Zielen zu pervertieren, also das, was bisher unrechtens und straffaellig war, nun als legitim darzustellen, entwickelten sich vor allem zwei Verhaltenstypen bzw. Verhaltensmuster unter der gemeinsamen Kappe der

GESINNUNGSTAETERSCHAFT:

I) der noch nicht zum Straftaeter gewordene Taeter;
II) der zum Straftaeter gewordene Taeter.
Zu I) zaehle ich alle Deutschen, die:
a) sich den NS bis zur Identifikation zueigneten (hierzu gehoeren auch die „Schreibtischtaeter“)
b) die Opportunisten, die sich den NS nur zur Schau aneigneten.
Zu II) zaehle ich alle Deutschen und Nichtdeutschen, die:
a) aus NS-Ueberzeugung menschenunwuerdige Taten begingen (Ueberzeugungstaeter);
b) aus vorgespielter NS-Ueberzeugung menschenunwuerdige Taten begingen.

Diese beiden Gruppen und Unterteilungen sind meiner Meinung nach ausschlaggebend fuer die Feststellung der NS-Taeterschaft.
Die sogenannten „willigen Vollstrecker“ sind zweifelsohne in beiden Gruppen vertreten, denn als solche sollten sowohl Personen zaehlen, die „nur ihre Pflicht“ taten, ohne die Existenz oder das Leben von Menschen aufs Spiel zu setzen, aber auch die, deren ebenfalls nur „pflichtgemaesses“ Tun und Treiben aufkosten von Menschenleben erfolgte.
Diese vier Menschengruppen verfallen ausnahmslos der im moralischen wie im strafrechtlichen Sinn verstandenen Schuld. Sie wurden entweder aus Ueberzeugung oder aus Opportunismus schuldig.

Einen Platz fuer „Unschuldig-Schuldige“ sehe ich in dieser Rasterung nicht. Dieser Begriff ist meiner Meinung nach viel zu dehnbar, deshalb hier fehl am Platz. Er setzt voraus, dass der Betroffene unter dem Druck der Umstaende gezwungen wurde mitzumachen und auf diese Weise Schuld auf sich lud. Ich will nicht verneinen, dass es im NS auch solche Faelle gab, doch die sind den Opportunisten im Sinne von Mitlaeufern zuzurechenen.
Ich erwarte Ihre Meinung,
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Klaus Popa
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 29.05.2001 editiert.]
 

Klaus Popa
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Beitraege: 314
Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 09.06.2001 um 09:30 Uhr

Die seit dem letzten Fallbeispiel vom 26.05.2001 durch Stellungnahmen, die sich nur z.T. auf das Diskussionsthema beziehen, hingegen sich kraeftig an Ruegen und Abfaelligkeiten in Richtung Moderator auslassen, unterbrochene Diskussion soll heute fortgesetzt werden. Auch auf eine Meinung Johann Lauers zu meiner „Taeterprofil“-Skizze wartete ich vergebens.
Ausserdem moechte ich nochmals ausdruecklich darauf hinweisen, dass es weder Sinn, noch Zweck der „Vergangenheitsbewaeltigungs-„ bzw. „Aufarbeitungsdiskussion“ ist, die Person des Diskussionsmoderators oder anderer Diskussionsteilnehmer, die manchem wohl nicht ins (politische) Konzept passen, mit pseudokritischen Bemerkungen regelrecht „durch den Dreck zu ziehen“. Aeusserungen dieser Art werden fortan ignoriert.

Auch bitte der Moderator die Leser, sich Zeit zu nehmen und die Belegtexte aufmerksam zu lesen. Es ist immerhin vorauszusetzen, dass, wer sich aufrichtig an der Diskussionsthematik interessiert, auch die Einsicht mitbringt, dass bei diesem Thema ein einfaches Ueberfliegen der Texte kontraproduktiv ist. Auch die bisher vom Moderator gelieferten Erklaerungen zu einigen NS-Propagandafloskeln, d.h. die kurzen Kommentare, sollten nicht uebersprungen werden. Oberflaechliches Herangehen ans Thema lohnt sich nicht!

Wie tief der NS-Ungeist auch das siebenbuergisch-saechsische Kulturleben erfasst hatte, soll der folgende Text beweisen. Der Kronstaedter Musikprofessor Emil Honigberger berichtet in der „Suedostdeutschen Tageszeitung“ ueber den Lichbildvortrag „Deutsche Kunst und entartete Kunst“ des Kronstaedter Malers Eduard Morres vom 22. Juli 1943 in Hermannstadt:
 

»[...] unternahm es Pg. [Parteigenosse) Morres, in laengeren Ausfuehrungen, die auch in Ausdruck und Form den Geist der Kunst verspueren liessen, dem Kreis der Zuhoerer das an die blutmaessigen Voraussetzungen gebundene Wesen der deutschen Kunst vor Augen zu stellen. Ein Gang durch die Kunstepochen der arischen Menschheit, mit denen die nordisch-germanische Kunst unloesbar verbunden ist, zeigt die Grundzuege unserer Kunst auf; mit dem Formgefuehl, das in Hellas seine hoechste Bluete erreicht hat, verbindet sich die Maechtigkeit der Bewegung von nordisch-germanischer Seite her. In den aeltesten Kunstdenkmaelern, wie in jener Silberschale aus Maikop mit einer ersten Landschaftsdarstellung, aeussert sich das Wesen nordischen Schoepfertums. Ihm Gegenueber steht die voellige Unfruchtbarkeit auf dem Gebiet der Kunst – wie auch im Bereich des Glaubenslebens – die wir beim juedischen Schmarotzer feststellen muessen. Seine egoistischen Instinkte sind auf das Zusammenraffen gerichtet und – auf die Zerstoerung hoher, edler Werte. Die durch das Judentum hervorgerufenen Zersetzungserscheinungen der deutschen und europaeischen Kunst und Kultur gingen auf Entsittlichung, Entgeistung und Entseelung aus. Sie brachten eine Flut von Gemeinheit, Schmutz, Dummheit, ja offensichtlichen Irrsinn. Das zeigte anschaulich ein Bildstreifen, der die juedisch bestimmte Kunst in Deutschland in der Systemzeit neuem deutschem Kunstschaffen gegenueberstellt – „“Pleitegeier“ von einst und Hoheitszeichen von jetzt, der Frontsoldat oder das Frauenideal von einst und jetzt usw. [...]. In Deutschland ist diese Art von „Kunst“ durch die „Reinigung des Kunststtempels“ unter Adolf Hitler beseitigt worden. Aber Kunst und Kulturbolschewismus herrscht im Lager unserer Feinde vor. [...] Kunst ist nicht die Angelegenheit weniger auserwaehlter Aestheten, sondern Sache des Volkes. Aus den schoepferischen Kraeften des Volkes waechst sie, an das unverbildete Gefuehl des Volkes wendet sie sich. Es gilt die Forderung des Fuehrers: „Kunst ist eine erhabene und zum Fanatismus verpflichtende Mission“.«

Auch dieser Text atmet den Ungeist des Rassismus und Antisemitismus, den sich ein Emil Honigberger oder ein Eduard Morres ohne Schwierigkeiten zueigen gemacht hatten, - es handelte sich schliesslich um „unsere Kunst“. Wahres, lebendiges, fruchtbares, volksnahes, zukunftsweisendes Kunstbegehren und Kunstschaffen kann nur nach dem „Stempel“ Hitlers erfolgen: indem das „unfruchtbare“, „krankhafte“, ja „irrsinnige“ „Zersetzungstreiben“ der „juedischen Schmarotzer“, das zu „Entsittlichung, Entgeistung, Entseelung“, ja zu Kunstaeusserungen der„Gemeinheit, des Schmutzes und der Dummheit“ fuehrt, indem der „Kulturbolschewismus“ der damaligen Gegner des deutschen Volkes mit dem wohl von „Reinheit und Gesundheit strotzenden“, „aufbauenden“, „klarsichtigen“, „uebersittlichen“, „geistigen“, von der „Seele“ des „arischen Menschen“ gepraegten „nordischen Schoepfertum“ in der „Maechtigkeit der Bewegung“ ersetzt wird. Damit ist die Gewaehr fuer die Behauptung „nordisch-germanischer Kunst“ gegeben.

Diese barocke Schwuelstigkeit des NS-Jargons, die krankhaft anmutende Schwarz-Weissmalerei des leuchtenden, reinen, sittlich einwandfreien „arisch-germanischen“ Menschen im Gegensatz zum abstossenden, abscheulichen „Schmarotzerjuden“ laesst nur erahnen, was der NS sich auch hinter kulturellem Reinheitsfimmel und kultureller Besessenheit gegen Juden und gegen alle „artfremden“ „Untermenschen“ mit Mitteln der Massenerschiessung, Ghettoisierung und Massenvernichtung erlaubte. Hier wird die abgruendige Tiefe zwischen dem vorgegaukelten Zustand deutscher Makellosigkeit - den die NS-Kunst abbilden sollte – und der masslosesten Staatskriminalitaet greifbar. NS-Hybris (Unfruchtbarkeit)von der uebelsten Sorte! Waren sich E. Honigberger und Eduard Morres, waren sich deren sbg.-saechsischen Zeitgenossen, die in derselben Geistlosigkeit schwelgten, nicht bewusst, dass sie sich dem NS-Todeshauch verschrieben und dessen Sprachgewohnheiten bis zur fanatischen Identifikation verinnerlicht hatten ? Hat das "unsere Kunst", d.h. die deutsche Kunst, hat das das deutsche Volk, in dessen Namen und fuer dessen Wohlergehen solche Sprachorgien in die Welt gesetzt wurden, ueberhaupt noetig gehabt ?
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Klaus Popa
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 09.06.2001 editiert.]
[Dieser Beitrag wurde von Klaus Popa am 09.06.2001 editiert.]
 

hanzy
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Von:D-38678 Clausthal-Zellerfeld
Registriert: Sep 2000
erstellt am 22.06.2001 um 10:59 Uhr

Das "zu viel" war zugegebenermassen zu viel. Worauf es mir ankam war: "Und irgendwann auch immer dieselbe Leier, dieselben GROSS geschriebenen Worte."
Ich stelle mal die Frage in den Raum: Warum klatschen die Sachsen Ihnen kein Beifall? Lassen Sie sich doch mal die beiden Schicksale durch den Kopf gehen, die ich eben angefuehrt habe. So ist es nicht wenigen ergangen, unmittelbar nach dem Krieg. Unschuldige sind schuldig befunden worden. Selbst wenn sie nur Ackerbau und Viehzucht betrieben haben in der vorangegangenen Zeit. Und das geht ja eigentlich noch weiter, bis in unsere Zeit. Was will man den Enkeln dieser Taeter klar machen? Das sie schuldig sind? Was passiert ist, ist eine Sache, die man nicht vergessen darf, schon allein der Toten wegen. Aber deswegen muss doch ein Enkel lange nicht mit gesenktem Haupt durch die Welt gehen. Bevor Sie wieder auf mich springen, Herr Popa, ich rede nicht nur von Ihnen, sondern allgemein von der Aufarbeitung der Nazi-Zeit.
Ach ja, Herr Danielis, um dem NS in Zukunft vorzubeugen, muss man im hier und jetzt ansetzen, und zwar in der Strassenbahn und nicht am Rednerpult
 

Klaus Popa
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Von:BRD, 59909 Bestwig
Registriert: Apr 2001
erstellt am 22.06.2001 um 16:40 Uhr

Ich meine, Hanzy, du aeusserst Dich zu drei, nicht zwei Faellen. Hierzu moechte ich bemerken, dass Du die erwaehnten Daseinslagen von in der rumaenischen, dann in der deutschen Armee dienenden Siebenbuerger Sachsen konstant mit je einem negativistischen Bescheid quittierst, in dem das Woertchen „boese“ vorkommt. Damit meinst Du offensichtlich, ich sollte diese Fragen als bereits beantwortet betrachten und mich darauf ueberhaupt nicht einlassen. Das versuche ich aber trotzdem, weil die einfachsten Antworten sich wieder mal als unzureichend erweisen.

Der erste Fall:
Zitat:

Was ist nun mit dem Sachsen, der Anfang des zweiten Weltkrieges in der rumaenischen Armee gedient hat? Und spaeter begeistert zu der Armee mit dem "besseren Essen und der besseren Kleidung" uebergelaufen ist.
Dass dieser Sachse zur deutschen Armee ueberlief, ist einmal zu verdammen, weil er die Armee, in der er damals den Dienst ableistete oder abzuleisten hatte, rechtswidrig verliess, also desertierte. Hanzy wird wohl alle Sachsen gemeint haben, die mit Begeisterung danach trachteten, sich in den Dienst der deutschen Streitkraefte zu stellen. Ob nun die Ueberlaeufer die Ausnahme oder die Regel waren, entzieht sich meiner Kenntnis. Der „begeisterte“ Wunsch auf deutscher Seite im deutschen Heer zu dienen, ist aber nur ein Aspekt. Auch die Verlockung besserer Lebens- und Dienstbedingungen ist nur ein weiterer. Hanzy vergisst den dritten, massgeblichen Aspekt: in zahlreichen, wenn nicht in den meisten Faellen war die ideologische Motivation massgebend: diese Sachsen waren von der NS-Propaganda, von der NS-Ideologie nicht nur gestreift worden, sondern sie hatten sie sich zueigen gemacht. Es zog sie zum deutschen Heer auch, und vor allem aus ihrer deutschtuemelnden Ueberzeugung. Hier liegt doch der Haken. Der allgemein verbreitete Geist war doch der, dass alles was deutsch ist und aus Deutschland kommt oder mit Deutschland irgendwie verbunden ist, einwandfrei, klasse, grossartig sei, hoechste Qualitaet, eben „made in Germany“. Das dies auf deutsche Erzeugnisse und Dienstleistungen zurtraf, steht ausser Zweifel, doch dass der ideologisch-propagandistische Hintergrund von Grund auf faul war, das ging keinem oder kaum einem durch den Sinn; und wer am NS-Gedankengebaeude Kritik wagte, wie das die sogenannt „buergerlichen“ Politiker um Hans Otto Roth taten, die waren bereits in den 30er Jahren in den Augen der radikalen Nazis der DVR (Deutsche Volkspartei in Rumaenien), gefuehrt von Alfred Bonfert, Waldemar Gust, Fritz Cloos u.a. und dann erst recht in der Volksgruppenzeit (1940-1944) Hochverraeter und wurden mit dem Ausschluss aus der „Volksgemeinschaft“ geahndet (wie das H.O. Roth 1943 passierte). Was diesen dienenden Sachsen, aber nicht nur denen, auch dem Grossteil der Heimgebliebenen vorzuwerfen ist, ist eben die Leichtfertigkeit, die Leichtglaeubigkeit, mit der sie sich vom einheimischen und auch vom reichsdeutschen Nazismus verfuehren liessen. Das gilt uebrigens auch fuer die Mehrzahl der damals im Reich selbst lenbenden Deutschen.
Der zweite Fall:
Zitat:
Und was ist mit dem Sachsen, der zu alt war fuer die Armee, und ein paar Jahre spaeter nicht zu alt fuer den Aufbau der Sowjetunion? So boese war er nicht, aber ein Deutscher, und den Ural hat er nicht ueberlebt.
Zwar gehoert dieser Fall nicht zum engeren Themenkreis der NS-Vergangenheit und deren Aufarbeitung, doch stellt er sich als Folgeerscheinung der NS-Zeit dar. Hier gibt Hanzy als Begruendung nicht die Zugehoerigkeit zur Wehrmacht oder Waffen-SS an, sondern das Deutschsein. Nun, dieser Sachse wurde deportiert, weil er eben als Deutscher Angehoeriger jenes Volkes war, das in der Sowjetunion und sonst in Europa nicht sonders zimperlich gehaust hatte – eigentlich ganz im Einklang zur NS-Doktrin, die die sogenannten „Auslandsdeutschen“ bzw. „Volksdeutschen“ als Teil des grossen „Volkskoerpers“ des „100-Millionen-Volkes“ betrachtete und zu ihre expansionistischen und menschenverachtenden Politik missbrauchte. Nach den Untaten der Deutschen in Russland war von russischer Seite auch nichts anderes zu erwarten, als die argwoehnische Behandlung und Knechtung all dessen, was deutsch war, was sich zum Deutschtum bekannte. Und dieser einfachen Ueberlegung, die auf „Vergeltung fuer erlittenes Unrecht“ gruendete, fielen auch die Siebenbg. Sachsen und Banater Schwaben zum Opfer. Es wurde also Unrecht mit Unrecht vergolten.
Der dritte Fall:
Zitat:
Es war das falsche Pferd, auf das die Siebenbuerger gesetzt haben, und es war nicht allen gegeben, sich nach dem Wind zu drehen. Die Leute haben ihre "Strafe" abgesessen, dabei sollte man es irgendwann auch belassen
Es entspricht nicht ganz den Tatsachen, dass die Siebenbuerger Sachsen „aufs falsche Pferd gesetzt haben“. Es sei mal die Gegenfrage erlaubt: Haetten die SbS etwas tun koennen, um sich der Umklammerkung und Einverleibung durch das Hitlerreich zu entziehen ? In der Anfangsphase wohl, aber kaum mehr in der Kriegszeit, als Rumaenien als Verbuendeter Deutschlands vom Diktator Antonescu geleitet wurde. Sie waeren frueher oder spaeter in den NS-Sog geraten. Dass die Vereinnahmung durch das NS-Reich so reibungslos erfolgte, geht darauf zurueck, dass die SbS sich groesstenteils willig und begeistert der NS-Ideologie verschrieben und dann auch in deren Geist handelten. Das ist den SbS schon vorzuhalten. Und selbst wenn die SbS sich nach dem Wind gedreht haetten, waere ihnen die Deportation nach Russland nicht erspart geblieben, selbst dann nicht, wenn sie mit dem NS ueberhaupt nichts am Hut gehabt haetten. Ihr Deutschsein genuegte, war eben Grund genug dazu.
Die Feststellung, eher die Forderung, man sollte es doch irgendwann dabei belassen, weil die „Leute“ ihre Strafe ja abgesessen haetten, kann ich nicht teilen. Mit dem Absitzen einer Strafe oder der Deportation in die Sowjetunion ist noch nicht alles erledigt. Es fehlt naemlich eine weitere Grundvoraussetzung: die Siebenbuerger Sachsen haben ebenso wie die Banater Schwaben sich noch nicht dazu durchgerungen, den Fakten, fuer die sie zum Teil auch Verantwortung tragen, offen in die Augen zu blicken, diese beim Namen zu nennen. Stattdessen begnuegten und begnuegen sie sich jahrzehntelang mit der Beschweigung, mit der Unterdrueckung und Verharmlosung dieses Teiles ihrer eigenen Geschichte. Einzelne, die das trotzdem taten, wurden gnadenlos als Nestbeschmutzer, als Verraeter gebrandmarkt. In dieser Angelegenheit sollte sich die ja immer rarer werdende Erlebnisgeneration aufraffen und Zeugnis ablegen. Beispielhaft dafuer sind unter anderem die zahlreichen Kurzschilderungen von engsten Vertrauten Hitlers, von einfachen SS- oder Wehrmachtsoldaten, von ehemaligen Offiziersraengen oder leitenden HJ-Funtionaeren, die in den von Guido Knopp realisierten Fernsehserien auftraten. Warum koennten Siebenbuerger Sachsen oder Banater Schwaben nicht mit aehnlicher Offenheit ueber jene Zeit sprechen oder schreiben? Und wenn sie es tun, dann nicht in der Manier des vor einem Jahr in der „Neuen Kronstaedter Zeitung“ abgedruckten Interviews von Fritz Cloos.
Nun zu Deiner zweiten Aeusserung von heute. Du schreibst:
Zitat:
Was will man den Enkeln dieser Taeter klar machen ? Das sie schuldig sind? Was passiert ist, ist eine Sache, die man nicht vergessen darf, schon allein der Toten wegen. Aber deswegen muss doch ein Enkel lange nicht mit gesenktem Haupt durch die Welt gehen.

Zu diesen Fragen habe ich mich bereits im ersten Vergangenheitsbewaeltigungs-Thread geaeussert. Trotzdem wiederhole ich, dass die Soehne und Enkel der „Taeter“, wie Du sie nennst, mit der Schuld der Vaeter ueberhaupt nicht in Verbindung zu bringen sind. Die Sichtweise, dass die nachfolgenden Generationen schuldbeladen sind, ist nicht nachvollziehbar. Allerdings genuegen einfache Lippenbekenntnisse nicht, wenn es um das Nichtvergessen geht. Es sollte ein aktives, anschauliches, ueberzeugendes Erinnern sein, das aber nicht nur von der einen Seite, von der der Offenleger und Aufklaerer, sondern auch von der Seite eben der Enkel betrieben wird. Und diesen ueberzeugenden Beitrag der Enkel vermisse ich in der bisherigen Diskussion. Allerdings koennte Dein Einstieg in die Diskussion ein Anfang in dieser Richtung sein.

Ich moechte abschliessend bemerken, dass in den bisherigen Stellungnahmen, die sich kaempferisch mit meiner Schreibweise auseinandergesetzt haben, zuweilen offen, aber meistens nur als Understatement der Eindruck bzw. der Vorwurf der Kritiker mitschwang, meine Aussagen haetten apodiktischen (unumkehrbaren, fuer allemal gueltigen) Charakter. Das trifft auf meine Gedanken zum wortspielerischen Diskurs in der Tat zu, aber nicht auf die strikt zum Thema der Vergangenheitbewaeltigung in meinen Kommentaren geaeusserten Gedanken. Ich bin nie vom Vorsatz ausgegangen, meine Stellungnahmen seien die einzig moeglichen. Es kamen auch keine Ideen von anderen Diskutanten, ausser von Klaus Michaelis, Johann Lauer und Klaus Weinrich. Auf Beifallklatschen seitens der Sachsen, wie sich Hanzy ausdrueckt, habe ich nie gewartet, aber wenigstens auf das Eingehen auf die von mir geaeusserten Gedanken bzw. eine Diskussion der von mir gemachten Vorschlaege – wie im Fall des von Johann Lauer entworfenen Verhaltensrasters, dem ich eine Taetertypologie entgegenstellte. Doch Lauers Echo vermisse ich bis heute. Oder Stellungnahmen zu meinen beiden juengsten Versuchen, zwei der zahlreichen von Guenther gestellten Fragen ansatzweise zu beantworten. Mein erster Versuch am 18.06.01 wurde mit dem Verriss von Michelbach und den beruehmten „Fallbeispielen“ von Johannes honoriert; mein zweiter Versuch am 19.06.01 blieb ganz unbeachtet. Auf diese Weise kann nun wirklich kein vernuenftiger Gedankenaustausch zustande kommen.
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Klaus Popa


Vgl. auch:  NS - Taeterprofile

  Die Taeterproblematik

Hans Mieskes mit Bundesverdienstkreuz bedacht

Hans Mieskes

Traurige Beruehmtheit ....
Der Auschwitz-Apotheker Viktor Capesius


Datei: Unantastbarkeit.html            Erstellt: 26.05.2002       Geaendert: 14.04.2006      Autor und © Klaus Popa

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