Rezensionen

©Klaus Popa 1996, 1997



Sándor Tonk, Die Notariatsurkunden und die Notarszeichen in Siebenbürgen, in: Graphische Symbole in mittelalterlichen Urkunden,. Beiträge zur diplomatischen Semiotik, hg. von Peter Rück (Historische Hilfswissenschaften, Bd.3), Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen, 1996, S.709-715.

Nur ein Viertel der in diesem Band vereinigten Beiträge gehen auf Vorträge zurück, die am 25. und 26. September 1989 auf dem dritten Marburger Kolloquium für Historische Hilfswissenschaften gehalten wurden. Tonks Beitrag gehört zu der Gruppe der nachträglich für den Band bestellten Aufsätze. Im Textteil stellt Verfasser fest, daß bis zum 14. Jahrhundert sich keine der Bedingungen ergab, die das Erscheinen des Notariats in Siebenbürgen ermöglicht hätte (laut Zs. JAKÓ; R. Manolescu, A latin írás története, Budapest 1987). Das war durch die Herausbildung der typischen Institution der ‘glaubwürdigen Orte’ (loca credibilia) (Kapitelssitze und Klöster wie das Kapitel in Weißenburg (Alba Iulia), die Klöster von Warad (Großwardein, Oradea) und Kolozsmonostor (Mãnãºtur)) vorgegeben. Schließlich tauchte das Notariat doch auf und es sind 200-250 Notariatsurkunden erhalten, was ein kleiner Bruchteil der insgesamt 12000 bis 13000 in Rumänien überlieferten lateinischen Urkunden ist.

Bezüglich der in Siebenbürgen benutzten Notariatssignets stellt Tonk fest, daß sie aus drei Teilen zusammengesetzt sind: Signetfuß, Signethals und Signetkopf. Neben dem in ganz Europa beliebten Motiv des Kreuzes kommen in Siebenbürgen auch andere christliche Symbole vor. Häufig sind die ‘redenden Signete’ oder Zeichen, die konkrete Hinweise auf den Inhaber, seine Initialen oder seinen Geburtsort enthalten. Zwei Beispiele erläutern diese Feststellung: Laurentius Pauli Sartoris de Scekelwasarhel hatte die Schneiderschere als Zeichen, die den Beruf seines Vaters kennzeichnete. Der Heinburger Lucas Duerner baute das Kronstädter Wappen in sein Notarszeichen ein, um seine neue Heimat anzudeuten. Tonk bemerkt abschließend, daß in den einzelnen Notarszeichen alle Wandermotive der Zeit (vom 2. Jahrzehnt des 15. bis zum 3. Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts) in Europa benutzt wurden.

Von den insgesamt 41 abgebildeten Notarszeichen entfallen wenigstens 25 auf Notare siebenbürgischer Herkunft, wovon folgende Siebenbürger Sachsen waren: Cristianus de Zazsebes (Mühlbach) natus Matthei Rewdolphi (1516); Nicolaus Thoscha natus Georgii de Prasmar (Tartlau) (1429-1449), Lucas Ways natus Matthei de Theca (Tekendorf) (1448); Georgius Diac natus Johannis Diac de Megies (Mediasch) (1509); Dominicus Anthonii de Byrthalben (Birthälm) (1523-1526); Nicolaus quondam Michaelis Fabri de Rupe (Reps) (1503); Eustachius natus quondam Ludovici Strammer de Cibinio (Hermannstadt) (1511); Andreas natus Simonis Schobb de Stritfordia (Streitfort) (1517); Petrus Ungelter de Schelk minori (Kleinschelken) (1415-1428); Matthias Fritsch natus Andree de Megies (1432); Laurentius Kopprer ex Bistricia (Bistritz) (1502-1510); Johannes de Byrthalben (1502-1507); Stephanus Jacobi Adam de Coloswar (Klausenburg) (1498-1511); Nicolaus Pictoris de Zegesuar (Schäßburg) (1514)

Auch die Thematik rumänischer feudaler Urkunden ist durch Maria Dogaru, Eléments figurés dans les documents féodaux roumains (S.643-667) vertreten. Verfasserin behandelt das fürstliche Monogramm (Le monogramme princier), die Initiale (La lettre initiale) und das Symbol der Anrufung (L’invocation symbolique) von Urkunden aus dem 15. bis 17. Jahrhundert.

Verfasserin behandelt auch Urkunden, die im Kronstädter Stadtarchiv aufbewahrt werden, unter Berufung auf Ion Bogdan, Documente si regestre privitoare la relatiile Tãrii Românesti cu Brasovul si cu Tara Bîrsei în sec. XV si XVI. Sie führt auch die den Kronstädtern durch Woiwoden der Walachei ausgestellten Urkunden vom 30. Januar 1431 (Urkundenbuch IV, Nr.2109), vom 7. Oktober 1476 (Urkundenbuch VII, Nr.4149) und vom 17. August 1511 (Colectia privilegii 742) an.

(Abgedruckt in: Karpatenrundschau, Jg.30, Nr.35, 30. August 1997, S.3).

Mehrsprachigkeit und Multikulturalität

Zu: Christian Schesäus, Historiae Annæ Kendi. Istoria Anei Kendi. Die Geschichte der Anna Kendi. Kendi Anna Históriája.
Übersetzung, Einleitung und Textgestaltung Joachim Wittstock, Gernot Nussbächer und Andrea Szász, Dacia Verlag Verlag Cluj-Napoca; Arbeits- kreis für Siebenbürgische Landeskunde Gundelsheim/Neckar 1996.

Das Erscheinen dieses Bändchens war überfällig, nachdem sich
der 400. Todestag des bedeutendsten siebenbürgisch-sächsischen humanisti-
schen Dichters Christian Schesäus bereits 1985 jährte. 

Die Erstausgabe dieses Textes, dessen Entstehungsgeschichte in der Ein-
leitung erläutert wird, kennzeichnet sich durch Viersprachigkeit, ein bisher
unseres Wissens einzigartiges Projekt in der siebenbürgischen Verlags-
geschichte. Die Einleitung samt Erläuterungen sind in deutscher, rumä-
nischer und ungarischer Sprache wiedergegeben, der Dichtungstext in der
lateinischen Originalsprache und in dreisprachiger Übersetzung (die rumä-
nische Übersetzung besorgte Valeria Caliman, die ungarische Hegedüs
István). Damit setzt das Bändchen ein doppeltes Zeichen: für die Mehr-
sprachigkeit und Multikulturalität Siebenbürgens als historische Erschei-
nung und als zeitgenössische Realität. In diesem Sinn schließt die Ein-
leitung mit den Worten: "Die Zusammenarbeit rumänischer, ungarischer
und deutscher Kräfte bei dieser Veröffentlichung hat die Beteiligten mit
Genugtuung erfüllt...".

Mit der Herausgabe der "Geschichte der Anna Kendi" wird auch die Neuaus-
gabe der von FerencCsonka betreuten, in Budapest herausgegebenen Ausgabe
der Gesamtwerke von Chr. Schesäus (1979) ergänzt, in der nur die ungari-
sche Übersetzung im Anhang vorliegt. Das Herausgeberkollektiv unter-
streicht, daß die "Historia ..." eine der ersten heimischen Liebeselegien
ist und Ovids Dichtung zum Modell hatte. Bezüglich des Textes stellen
sie fest, daß der lateinische Text lediglich in zwei Abschriften vorliegt,
die eine von Marcus Tartler (1685-1757) im Staatsarchiv Kronstadt und
die andere in der Abschrift von Joseph Trausch aus dem Jahr 1815 im Ar-
chiv der Schwarzen Kirche. 

Die insgesamt 358 Verse des Poems schildern die unglückliche Liebesge-
schichte der Anna Kendi und des jungen János Szalánczi.  Es geht Schesäus
um die "gewagte", "heimliche Liebe zweier sehnender Herzen", denen "weder
Gesetz" noch "der Verstand" zählt. Er beklagt, daß "der Sproß eines stol-
zen Geschlechtes zu Fall" kam (Anna stammte aus dem Geschlecht der Kendi).
Der moralisierende Ton des Poems spricht aus Stellen wie: "Kopflos sind
jene, die einmal von Wollust ergriffen,/Ohne Bedenken und keiner Gefahr
bewußt"; "Schönheit nützt aber wenig, fehlt es an stiller Keuschheit,/Jenem
wird sie gefährlich, dem es an Tugend gebricht" (Anspielung auf Anna).

Interessant ist, was Anna vor ihrer Hinrichtung über das Frauendasein
sagt: "Opfer sind wir desSchicksals, das mit uns immerfort spielt". Sie
wird in mehrfacher Weise bestraft: indem weder ihr Gatte noch ein Ver-
wandter ihrem Wunsch nachkommt, ihr nach hunnischem Gesetz den Todes-
stoß zu geben, wurde sie praktisch aus dem Familienverband verstoßen.
Das kann auch dahingehend verstanden werden, daß keiner der Verwandten
mit ihrem durch Ehebruch unreinen Blut in Berührung kommen will. Die Hin-
richtung Annas durch die Hand eines ungläubigen Türken war gleichbedeu-
tend mit ihrer Ausschließung aus dem Verband der Christgläubigen. Warum
nun ihr Henker sein Grab selbst graben mußte, um dann von den Dienern
getötet und in den Graben geworfen zu werden, bleibt unklar. Es könnte
sich um ein sagenhaftes Element handeln, das Schesäus in seine Dichtung
eingewoben hat.  Johann Szalánczi, der Geliebte Annas, wurde geköft
und sein Leichnam gevierteilt, womit das Volk laut Schesäus die lehr-
reichen Worte verband: "An diesen Galgen befestigt man das Gebein eines
Hurers,/Der wie ein Kuckuck ins Nest eines andren flog".

Die Schuldproblematik der ehebrecherischen Anna, so wie sie von Anna
selbst, von deren Mann Johann Török und vom Dichter formuliert und ge-
sehen wird,  ebenso die Hinrichtungsgepflogenheiten liefern ein aufschluß-
reiches Bild der siebenbürgischen hohen Gesellschaft in der zweiten Hälfte
des 16. Jahrhunderts. Schesäus erweist sich als Kind seiner Zeit, indem
er den Fall der Anna und ihres Geliebten als abschreckendes Beispiel dar-
stellt: "Lernet, ihr Jungen, die Liebe verständig zu meistern,/Wer eine
Ehe gebrochen, wird sicher gestraft./Küsse und Blicke, Geplauder, Gekose
und Scherze/Sind die Begleiter der Venus - o schützt euch davor!" Schesäus
war schließlich Geistlicher (bis1569 Pfarrer in Tobsdorf und bis zu seinem
Tod 1585 General-Dechant des Mediascher Kapitels).

© Klaus Popa

(Erschienen in: Siebenbürgische Zeitung 19. Januar 1997, S.7).


Klaus Heitmann: Deutsche und rumänische Kultur am Hofe Carols I. und Carmen Sylvas, in: Höfische Kultur in Südosteuropa. Bericht der Kolloquien der Südosteuropa-Kommission 1988-1990, hrsg. von Reinhard Lauer und Hans Georg Majer (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philosophisch-historische Klasse, Nr.203), Göttingen 1994, S.305-338.

Der Autor schickt voraus, daß die historische Forschung sich bisher noch
nicht mit den Gegebenheiten Hof, Hofleben und Hofkultur im Königreich
Rumänien befaßt hat. Deshalb will und kann die vorliegende Studie eine
Skizze auf geschichtswissenschaftlichem, speziell kulturgeschichtlichem
Neuland sein. Sie gilt der Regierung Carols I. (1866-1914). Die von ihm
begründete Dynastie war deutschstämmig. Heitmann nimmt sich vor,
umrißhaft darzustellen, inwieweit das Leben bei Hofe einerseits deutsch
und andereseits rumänisch geprägt war.

Die deutsche Dynastie führte nur auf wirtschaftlicher Ebene zu einer Vor-
herrschaft Deutschlands bis zum ersten Weltkrieg. Im Zusammenhang mit
Carol stellt Heitmann fest, daß er im Herzen stets Deutscher blieb. Am
äußeren Rahmen des Hoflebens stellt Verfasser fest, daß die Sommerre-
sidenz in Sinaia sowohl außen als auch innen der deutschen Renais-
sance nachempfunden ist. Heitmann meint behaupten zu dürfen, daß
Schloß Peles der einzige markante Beitrag Karls von Hohenzollern-
Sigmaringen zur deutschen Komponente der rumänischen Hofkultur im
letzten Drittel des 19. und im frühen 20. Jahrhundert ist (S.311).

Zur Schaffung einer gewissen deutschen Atmosphäre bei Hof trugen
auch einige Intellektuelle bei. An erster Stelle ist die Schriftstellerin
Mite Kremnitz zu erwähnen, die von 1882-1897 Hofdame und Vorleserin
der Königin Elisabeth war. Sie verfaßte das anonym erschienene Werk
"Aus dem Leben König Karls von Rumänien. Aufzeichnungen eines
Augenzeugen" (Stuttgart 1894-1900).

Im V. Abschnitt behandelt Heitmann den preußischen Geist, den Karl von
Hohenzollern seiner Umgebung aufzuoktroyieren bemüht war. Der Köni-
gin lagen Preußentum und militärischer Geist nicht. Verfasser beschließt
den Abschnitt mit der Feststellung: "Respekt ohne Liebe - in dieser Formel
verdichtet sich vielleicht insgesamt die Reaktion der rumänischen Umwelt
auf all das, was die Hohenzollerndynastie an deutschen Akzenten im
Lande setzte" (S.316).

Die Rolle der rumänischen Kultur am Hofe Carols und Carmen Sylvas il-
lustriert der Verfasser am Beispiel des Königs, der die rumänische Sprache
zwar schnell lernte, aber beim Sprechen einen starken Akzent hatte. Die
Königin war bemüht, die nationale rumänische Kultur systematisch
mporzubringen. Sie propagierte die rumänische Volkstracht in derselben
kulturpolitischen Absicht (S.317). Sie gründete auch Institutionen zur
Erweckung des nationalen Hausgewerbes, wie die Vereine "Concordia"
und "Furnica".

Erfolgreicher war die Königin bei der Erschließung eines deutschen
Publikums für die rumänische Literatur. Sie arbeitete sich in das rumäni-
sche Schrifttum ein (S.319) und übersetzte aus dem Rumänischen. Ihre
Übersetzungen erschienen ab 1878. Sie übersetzte Gedichte von Vasile
Alecsandri, Theodor Serbanescu und Mihai Eminescu. 1881 erschien in
Leipzig der Band "Rumänische Dichtungen". Die drei Auflagen des
Bandes belegen, daß er in Deutschland gut aufgenommen wurde.

Im VIII. Abschnitt bringt Heitmann einen summarischen Überblick über
die Beziehungen zwischen höfischer und literarischer Welt zwischen
1866 und 1914. Dieser ist umsomehr angebracht, als diese Beziehungen
in der kommunistischen Literaturgeschichte nicht zur Sprache kommen
durften (S.321).

Die Dichterin Kremnitz teilt mit, daß Vasile Alecsandri schnell zu einem
beliebten Gast in Sinaia wurde. Sie teilt auch mit, daß die Königin durch
Alecsandri für die rumänischen Märchen und Sagen so interessiert wurde,
daß sie begann, einige der Texte aus der Sammlung "Poezii poporale.
Balade (Cìntece batînesti) adunate si îndreptate de Vasile Alecsandri"
(1852-1856) ins Deutsche zu übersetzen.

Die Königin hatte auch zu Eminescu, dem bedeutendsten rumänischen
Dichter, Kontakte. Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre
übersetzten sie sich wechselseitig. So war die Übersetzung des Gedich-
tes "Melancolie" die erste Übertragung Eminescus in eine fremde
Sprache überhaupt (1878).

Die Königin spielte im Bereich der musikalischen Kunst eine Mäzenaten-
rolle. Ein besonderer Ruhmestitel ist die Entdeckung von George Enescu.
Sie unterstütze ihn zeitlebens und er gedachte ihrer am 100. Geburtstag
1943.

König Carol zeigte kein Interesse für die Künste, allein für die alte Archi-
tektur. Er ließ die Klosterkirche von Arges, die 1914 zur Grablege der
Dynastie wurde, und die Kirche Trei Ierarhi in Iasi erneuern. Er unter-
stützte die Wissenschaft mit Geldmitteln und durch die Universitäts-
stiftung Carol I", die 1891 zum 25. Regierungsjubiläum gegründet wurde.

Das Fazit seines "Tour d'horizon" faßt Heitmann wie folgt zusammen:
"... daß bei Carol das Deutschtum bis zum Ende dominiert hat, während
Elisabeth sich um eine Synthese von deutschem und rumänischem Ele-
ment zumindest immer bemüht hat" (S.335).

 © Klaus Popa

Erschienen in: Karpatenrundschau, 7. Dezember 1996, S.3.


Ondrej R. Halaga (Bearbeiter), Acta Iudiciaria Cicvitatis Cassoviensis (Das älteste Kaschauer Stadtbuch), (Buchreihe der Südostdeutschen Historischen Kommission, Bd.34), R. Oldenbourg Verlag, München 1994, 468 S., 5.Abb.

Das älteste Kaschauer Stadtbuch ist eigentlich ein Verzeichnis von
Schuldfällen aus der Zeitspanne 1339 bis 1405. Es enthält insgesamt
fünf Bezugnahmen auf Siebenbürger Sachsen:

Am 22. März 1395 wird die Schuld von 9 Gulden des Hannus Beystricz
beim Kaschauer Bürger Johannes Myld vermerkt; Christel de Walachia
ist als Händler von Tierhäuten (cutibus), Wachs (cere) und Hausenfisch
(husonibus) in der Schuldenangelegenheit einiger Kaschauer Bürger am
26. April 1395 urkundlich; Ladislaus piscator de Brascho verpflichtet
sich ebenfalls am 26. April 1395 Thomas dictus Dusch aus Sarospatak
am Fluß Bodrog in Ungarn am Martinstag (11. November) 30 Gulden
Kaschauer Prägung auszuzahlen und bis dahin sein Haus in der
Kaschauer Fleischergasse an Thomas zu verpfänden; am 29. Januar
1401 wird die Schuld des Niclos von der Cronstat von 10 Schilling bei
Hannus Pasil vermerkt; in Verbindung mit dem Verkauf von vier
"canilium"-Tuch für 93 Kaschauer Gulden durch Laurencius Scholthesse
an Petrus Redischer am 6. Juni 1404 wird Nicz nadler (nodler) de Clau-
senburg erwähnt, der dieses Tuch seinem Freund Laurencius zwecks
Schuldentilgung und Ankauf zukommen ließ.

Diese Eintragungen liefern einen zwar schmalen, aber doch aufschluß-
reichen Einblick in den wohl intensiven Handelsaustausch zwischen den
siebenbürgisch-sächsischen Städten bzw. Kaufleuten deutsch-sieben-
bürgischer Herkunft (Christel de Walachia) und der Stadt Kaschau an der
Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert. Es ist bemerkenswert, daß die
Handelsgüter von Christel de Walachia und Nicz Nadler de Clausenburg
bei der Schuldentilgung eingesetzt werden, während Hannus Beystricz
(von Bistritz), Ladislaus piscator de Brascho und Niclos von der Cronstat
persönlich als Schuldner in Kaschau auftreten. Der als Fischer (piscator)
ausgewiesene Ladislaus de Brascho (Kronstadt) ist sogar Hausbesitzer
in einer Kaschauer Hauptstraße. Er scheint also Bürger der Stadt gewe-
sen zu sein.

Die Aufzeichnungen des ältesten Kaschauer Stadtbuches liefern dem-
nach wichtige Hinweise über die zwischen dem Donau-Karpatenraum
und dem damaligen Oberungarn gehandelten Güter: Häute, (Bienen)-
Wachs, Schwarzmeerfische (Hausen), Tuch. In handelsgeschichtlicher
Hinsicht darf davon ausgegangen werden, daß die siebenbürgischen
Kaufleute, welche im Kaschauer Stadtbuch dokumentiert sind, Fern-
händler waren. Christel de Walachia stammte wahrscheinlich aus
Langenau (Cîmpulung-Muscel), in dem eine starke sächsiche Bevölke-
rungsgruppe bereits an der Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert bezeugt
ist (Grabplatte des Komes Laurentius 1300).

Klaus Popa

Erschienen in: Karpatenrundschau, 29. Juni 1996, S. 3.


Hirschfelder, Gunther: Die Kölner Handelsbeziehungen im Spätmittelalter, Köln 1994 (Veröffentlichungen des Kölnischen Stadtmuseums, Heft X), 662 Seiten.

Im Rahmen seiner umfangreichen Untersuchung, die im Sommersemester
1992 vom Fachbereich III der Universität Trier als Dissertation angenom-
men wurde, behandelt der Verfasser im 6. Kapitel, "Der Kölner Handel in
den südosteuropäischen Raum" (S.138-151) ausschließlich das alte
Königreich Ungarn, mit den thematischen Schwerpunkten Preßburg
(Bratislava); Ödenburg (Sopron) und Budapest; Siebenbürgen; das ober-
ungarische Bergrevier.

Den ersten Nachweis kölnischen Handelsbetriebs in Ungarn liefert eine
Urkunde Ludwigs des Großen von 1344, in der die Kaufleute aus Köln,
aus Huy und aus anderen Gegenden am Rhein in seinem Reich den
gleichen Zollbestimmungen unterstellt wurden, die für böhmische und
mährische Kaufleute galten. Der Aufschwung des kölnischen Ungarnhan-
dels setzte zur Zeit Ludwigs ein, im Kontext der reichen Goldfunde in
Ungarn, welche den Ungarn ermöglichten, massenhaft Golddukaten zu
prägen und damit den leergefegten europäischen Edelmetallmarkt zu
beeinflussen. Bis dahin hatten österreichische Zwischenhändler das
Tuch, das Kölner ihnen geliefert hatten, in den ungarischen Raum ver-
kauft.

Die erste Kölner Familiengesellschaft, welche in Ungarn aktiv wurde,
waren die van der Bach, deren Mitglied Mathias 1365 die Bestätigung
eines Zollprivilegs für die Kölner Kaufleute in Ungarn einholte. Weitere
Kölner Tuchhändler waren die van Heimbach, Christian von Greveroide,
Bruno von Lechenich, Simon Engelbrecht, Emunt van Lynnich und
Heinrich van Hilden.

Als die Hussitenunruhen ausbrachen, begann das Kölner Interesse an
Ungarn nachzulassen (in den 20er Jahren des 15. Jahrhunderts). Der
Verfasser behandelt Siebenbürgen im Kapitel "Indirekte Handelsbezie-
hungen zum übrigen Südosten" (S.148-151). Da der südöstlichste Punkt
im Kölner Fernhandelsnetz des Spätmittelalters eindeutig Ofen war (S.149)
gelangten Kölner Tuche über Zwischenhändler nach Siebenbürgen. Der
Verfasser hebt das Städtedreieck Bistritz, Hermannstadt und Kronstadt
hervor, konzentriert sich aber ausschließlich auf Kronstadt, das "im 15.
Jahrhundert mit über 6000 Einwohnern der wirtschaftliche Vorort der Re-
gion" war (S.149).

Der Verfasser erwähnt mehrere siebenbürgische Urkunden, in denen
Kölner Tuch bezeugt ist. Er hat auch zahlreiche einschlägige Quellen-
editionen und Studien herangezogen. Die siebenbürgisch-sächsischen
sind durch Norbert Csallner (1908), Thomas Nägler (1974), Hermann
Schlandt (1952), durch die "Quellen zur Geschichte der Stadt Kronstadt
in Siebenbürgen" (1886), "Quellen zur Geschichte Siebenbürgens aus
sächsischen Archiven" (1880) und durch das "Urkundnebuch zur Ge-
schichte der Deutschen in Siebenbürgen" (1892-1981) vertreten.

Klaus Popa

Erschienen in:  Karpatenrundschau, 6. Juli 1996, S.3..


Rumänische Oppositionsparteien als Forschungsobjekt

Dorotheé de Nève:
Die parlamentarische Opposition in Rumänien. Überlegungen zu den Ursachen des Mißerfolgs demokratisch- oppositioneller Kräfte nach 1989. Südosteuropa-Mitteilungen (Vierteljahresschrift der Südosteuropa-Gesellschaft e.V.), München 1995/4, S. 322-332.

Die Verfasserin behandelte das Thema der Oppositionsparteien in Rumä-
nien im Rahmen einer politikwissenschaftlichen Diplomarbeit 1995 an der
Freien Universität Berlin. Der vorliegende Aufsatz umfaßt einzelne Aspek-
te dieser Arbeit.

Die Autorin stellt fest, daß die demokratischen und antisozialistischen
Kräfte des rumänischen Parteienspektrums bisher keine Chancen hatten,
sich bei Wahlen durchzusetzen. Die Ursachen dieser Entwicklung bilden
das Hauptthema ihrer Ausführungen. Sie weist darauf hin, daß die Front
der Nationalen Rettung aufgrund ihrer besonderen Nähe zum alten Re-
gime eine kritische Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit
des Landes blockiert und seit ihrem Machtantritt 1989 den wirtschaftli-
ichen und politischen Transformationsprozess bremst. Es besteht noch
kein neues Parteiengesetz und das am 31. Dezember 1989 verabschie-
dete Parteiendekret ist die Hauptursache für die überstrapazierte
Parteienlandschaft Rumäniens, welche sich bei den ersten Parlaments-
wahlen auf 72 Parteien und ethnische Organisationen bezifferte. Die
Autorin stellt fest, daß "diese hohe Anzahl von Parteien eine erhebliche
Verunsicherung der WählerInnen verursacht", was "im Interesse der
neuen politischen Elite" zu sein scheint, "die auf diese Weise das System
des politischen Pluralismus systematisch diffamierte und sabotierte".

Nach einer kurzen Bestandsaufnahme der Regierungsparteien und deren
Verbündeten geht die Verfasserin auf die parlamentarische Opposition
und auf die ethnischen Parteien ein. Bezüglich der letzteren bemerkt sie,
daß diese in den meisten Fällen in der Abgeordnetenkammer die Regie-
rung unterstützen. Der Opposition stehen lediglich die Vertreter der
magyarischen, deutschen und der armenischen Minderheit nahe.

De Nève identifiziert vier Ursachengruppen, die den bisherigen Mißerfolg
der Opposition in Rumänien generiert haben: 1.Das Erbe Ceausescus;
2.programmatische Schwäche; 3.inhaltliche Abgrenzungsprobleme;
4.Zersplitterung. Bezüglich 1. stellt die Verfasserin grundsätzlich fest,
daß die rumänische orthodoxe Mehrheitskirche besondere Nähe zum
Ceausescu-Regime pflegte, daher ihre Glaubwürdigkeit als Institution
verloren hat und heute kaum einen Einfluß auf die politischen Entwick-
lungen des Landes hat. Die nach 1989 gegründeten politischen Parteien
der Opposition hatten keinen sozialen Rückhalt in der Gesellschaft, indem
ihre politischen Ziele sich vor allem an den Bedingungen der Zwischen-
kriegszeit in Rumänien oder an westeuropäischen Modellen orientieren.
Sie blieben eine stetige, offene und kritische Auseinandersetzung mit der
jüngsten Vergangenheit und den besonderen Bedingungen des Landes
schuldig.

Dasselbe gilt auch bezüglich der programmatischen Schwächen der
Oppositionsparteien, deren Politik sich trotz der zwischenzeitlichen Ver-
änderung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen
problematisch gestaltet. Eine Hauptursache dieser Entwicklung ist die
Überalterung der jeweiligen Parteieliten. Auch in der Schwäche der
regierenden Partei der Sozialen Demokratie Rumäniens (PDSR) glaubt
die Verfasserin einen wesentlichen Grund zu erblicken.

Als inhaltliche Abgrenzungsprobleme identifiziert die Verfasserin das Feh-
len von Programmen bei den regierenden Parteien, gegen die sich die
Oppositionellen abgrenzen könnten. So verfügt die Regierungspartei seit
1992 über kein gültiges Parteiprogramm. Die Opposition begnügt sich mit
Korruptionsvorwürfen, die meistens ohne rechtliche Folgen bleiben. Es
fällt auf, daß sich Angehörige aller Parteien darin einig sind, daß die eth-
nischen Minderheiten ein Problem darstellen und daß sie zu viele Sonder-
rechte fordern. So sind die Ressentiments gegenüber der magyarischen
Minderheit im ganzen politischen Spektrum konsensfähig. Auch roma-
feindliche Standpunkte werden allseits vertreten.

Die von den Regierenden vermittels des zahlenmäßig überproportionier-
ten  Parteienspektrums offenbar angestrebte Konsolidierung der eigenen
Position hat sich als wirksam erwiesen, denn die Zersplitterung der Par-
teienlandschaft hat die politische Stärke der regierungskritischen Parteien
zusätzlich geschwächt. Das Beispiel der Demokratischen Konvention, die
1991 ins Leben gerufen wurde, belegt diesen Prozess. Durch den fakti-
schen Ausschluß des magyarischen Dachverbandes am 21. März 1995
ist die Idee eines gemeinsamen Oppositionsbündnisses praktisch geschei-
tert.

Als vorherrschende Entwicklungsperspektive der rumänischen Parteien-
landschaft identifiziert de Nève eine nicht zu unterschätzende Bereit-
schaft der Bevölkerung, für antidemokratische Konzepte zu votieren, wie
das eine Meinungsumfrage im März 1993 zeigte, als sich 27% der Rumä-
nen für eine autoritäre Führung aussprachen. Zur Zeit sei jedenfalls nicht
zu erwarten, daß die Parteien der Opposition bei den bevorstehenden
Wahlen 1996 besser abschneiden werden. De Nève meint abschließend:
dies "wirft allerdings auf die Entwicklungsperspektiven Rumäniens und
den Demokratisierungsprozess ein eher zweifelhaftes Licht, das auch bei
einer wohlwollenden Interpretation nicht als Hoffnungsschimmer erschei-
nen will."

Erschienen in: Siebenbürgische Zeitung, 46. Jg., 7/30. April 1996, S. 3

Dietrich Kurze

Klerus, Ketzer, Kriege und Propheten. Gesammelte Aufsätze, hg. von Jürgen Sarnowsky, Marie-Luise Heckmann und Stuart Jenks, Fahlbusch Verlag Warendorf, 1996

Den Anlaß zur Herausgabe dieses Bandes bot die Emeritierung von Dietrich Kurze am 1. Oktober 1995 am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universi- tät Berlin. Die Herausgeber möchten damit ihrem gemeinsamen akademischen Lehrer ihren Dank abstatten.

Kurze ist in der Siebenbürgen-Forschung durch den am 19. April 1969 in Aachen auf der 7. Jahrestagung des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde gehaltenen Vortrag „Zur historischen Einordnung der kirch- lichen Bestimmungen des Andreanums“ bekannt, der nun, durch die notwendigen Anmerkungen ergänzt, in diesem Sammelband aufgenommen wurde (S.124-152).

Es geht dem Verfasser darum, „die andreanische Freiheit der Pfarrerwahl in weitere Horizonte zu stellen“ (S.125), u.zw. in Verbindung zur deutschen Pfarrerwahlgeschichte, die besonders mit dem 12. Jahrhundert einsetzt.

Verfasser möchte der Zuversicht der siebenbürgischen Forschung nicht bei- pflichten, die im Andreanum verbriefte Freiheit der Pfarrerwahl gehöre dem „geysanischen Kern“ der Urkunde an (S.127).

Kurz stellt zunächst fest, daß die Präsentation der Pfarrer vorgesehen ist (et electos repraesentent), aber nicht gesagt wird, wem sie vorzu- stellen sind. Er schließt daraus, daß auf eine Abfassungszeit zu denken ist, als die kirchenrechtliche Stellung der Hermannstädter Provinz noch nicht endgültig entschieden war. Damals, im ersten Drittel des 13. Jahr- hunderts, wurde ja um die Errichtung eines eigenständigen Hermann- städter Bistums gerungen (S.128-129).

Kurze wendet sich anschließend gegen die Lehre vom Eigenkirchenwesen, das auch durch „die bisherige siebenbürgische und deutsche Forschung“ „mit überraschender Einmütigkeit und Selbstverständnis“ vertreten wurde, wonach die freie Pfarrerwahl zusammen mit anderen kirchlichen Rechten den siebenbürgischen Kolonisten von vornherein eigen war (S.130).

In den deutschen Landschaften des 12. und 13. Jahrhunderts sind die Pfarrwahlrechte neu erworben. Für die Problemstellung erachtet Verfasser die Geschichte der frühen städtischen Pfarrerwahlen aufschlußreich und leitet die Wahlen des 12. und frühen 13. Jahrhunderts im deutschen Alt- siedelland im wesentlichen aus der Entwicklung der gemeindlichen Selbst- verwaltung ab (S.132-135).

Nun schreitet Kurze zur Überprüfung der siebenbürgischen Entwicklung im Kontext der allgemeinen Norm der Pfarrerwahlen. Bezüglich der nord- und nordwestdeutschen Kolonisationsgebiete stellt er fest, daß die territorialen, hochkirchlichen und grundherrschaftlichen Mächte ihr Patronatsrecht aufrecht- erhielten (S.137). Auch in Polen (Schlesien) lag das Patronat bei den Loka- toren, daher fehlt das gemeindliche oder genossenschaftliche Wahlrecht. Das Patronat an den Pfarrkirchen war in der Regel von der Grundherrschaft abhängig (S.138-139).

Verfasser identifiziert nach der Ausstellung des Andreanums mindestens 20 weitere Siedlerverbände bzw. städtische Gemeinden der Arpadenzeit mit dem Recht der Pfarrerwahl, wie Szatmár (1230), Karako und Igen (Krakau/Cricãu) (1265), Klausenburg (1270-72) (S.141-143). Aus der Verteilung der Ortschaf- ten schließt Verfasser, daß die Pfarrerwahlfreiheit in allen von deutschen hospites bewohnten Teilen, nicht nur bei den Siebenbürger-Sachsen, schon im Verlauf des 13. Jahrhunderts Verbreitung fand.

Kurze erkennt zurecht, daß die Pfarrerwahl, weil sie in königlichen Frei- briefen neben der weltlichen Richterwahl erscheint, obwohl sie in ihrem Wesen der kommunalen, genossenschaftlichen Selbstverwaltung zugehörig ist, mit dem ungarischen Königsrecht und der ungarischen Königspolitik in Zusammenhang steht (S.147). Der König bot „den umfassenden Schutzmantel, den die Kolonisten in anderen Ländern entbehren mußten“ (S.147f.). Ver- fasser beruft sich auf den Hinweis von H. Zimmermann (1966) auf die Deter- mination der libertas durch die Eigenschaft des Königs als Grund- herr für die Deutung der kirchlichen Selbstverwaltungsprobleme der Siedler und schlußfolgert, daß das Pfarrwahlrecht der hospites „als vom König zuzugestehende Privilegierung begriffen werden“ muß (S.148f.).

Verfasser findet seine These durch siebenbürgische und sonstige Quellen bestätigt. Es fällt auf, daß in allen arpadischen Freibriefen den hospites „gar nicht das Patronat, sondern in Analogie zur Richterwahl „nur“ das Pfarrerwahlrecht verliehen wird“. Doch das diesbezügliche Argument Kurzes, daß sich Pfarrerwahlen auch in nichtköniglichen, grundherr- schaftlichen Gemeinden auf Komitatsboden ohne patronatsrechtliche Voraussetzungen finden (S.150), setzt voraus, daß diese Gemeinden immer grundherrschaftlich waren, was nicht zutrifft, weil sie durch königliche Verleihung in diesen Stand gelangt waren, doch ihr ursprüngliches, freies Pfarrerwahlrecht behielten.

Es ist insgesamt festzustellen, daß Verfasser die urkundlichen Aussagen auf sich beruhen läßt. So legt er die urkundliche Ersterwähnung der Pfar- rerwahl auch als absoluten Anfangspunkt aus. Er stellt zwar fest, daß die Verleihung des Pfarrewahlrechts Königsrecht war (wofür auch die drei letzen Urkundenbeispiele sprechen: Latina villa (Zips): regalis plebania; Klausenburg: sicut in aliis civitatibus nostris est con- suetum; Unterwallendorf (Bistritz): ius praesentandi ex consuetudine terrae), doch er verkennt, daß das Pfarrwahlrecht der hospites kraft des Königsrechts vorgegeben (d.h. diesem Recht immanent und konstitutiv) war. Gegen diese Sichtweise hatte er sich bereits eingangs gewendet und sie „zu gradlinige Translationstheorie“ genannt (S.130). Der bisherige Standpunkt daß die freie Pfarrerwahl den siebenbürgischen Kolonisten wie allen hospites von vornherein eigen war, sollte also nicht ohne weiteres aufgegeben werden.

Das Pfarrerwahlrecht der hospites fußte auf rechtlichen Voraus- setzungen, die ganz anderes gestaltet waren, als im binnendeutschen Raum Es war durch königliche dos und fundus, also durch königliches Patronat vorgegeben. Dort, wo das freie Pfarrwahlrecht erstmals urkundlich ist, handelt es sich in der Regel nicht um eine Erstverleihung, sondern um die Bestätigung eines allmählich in Vergessenheit geratenen oder wissent- lich ignorierten hospites-Rechtes (so im Falle von Krakau und Krapun- dorph 1265 und Unterwallendorf/Bistritz 1295, die dem Druck des siebenbür- gischen Bischofs ausgesetzt waren).

Damit ist auch die Frage Kurzes nach dem „tatsächlichen Alter der jeweiligen Pfarrerwahlrechte“ (S.144) gegenstandslos, weil dieses Recht jeweils so alt wie die betreffende Siedlergruppe war.

JÖRG K. HOENSCH (Hg.):

Itinerar König und Kaiser Sigismunds von Luxemburg 1368-1437

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(Warendorf: Fahlbusch 1995. 172 S., 5 Karten = Studien zu den Luxemburgern und ihrer Zeit 6).


Verfasser gliedert sein Buch in 8 Abschnitten. Ungarn und ungarische Beiträge zur Sigismund-Forschung sind in den Kapiteln „Schwerpunkte der Sigismund-Forschung nach 1945“ (S.12-29), im „Itinerar König und Kaiser Sigismunds von Luxemburg (1368-1437)“ (S.43-147), im „Verzeichnis der verwendeten Quellen und Sekundärliteratur“ (S.148-152) und in „Legenden und Karten von Reiseverläufen ausgewählter Zeiträume“ (S.153-163) präsent.

Von ungarischen Urkunden- und Aktenpublikationen hat Verfasser den Codex Diplomaticus Hungariae ecclesiasticus ac civilis, Tomus X, Bd.1-8, hrsg. von Georgius Fejér, die Decreta Regni Hungariae 1301-1457, hg. von Vera Bacskai, György Bónis und Ferenc Döry, Budapest 1976, das Sopron Szabad Város Története, 1. Abt.: Oklevelek és Levelek, Bde. I-III, hg. von Jenö Házi, Sopron 1921-1924, das Székely Okleveltár, hg. von Károly Szabó und Lajos Szádeczky, 7 Bde. Kolozsvár 1872-1898, das Zsigmondkori Okleveltár, Bde. I-IV, Budapest 1951-1995 und die Chronik des Johannes Thwrócz, pars IV, hg. von Johannes Georg Schwandtner, Wien 1766 sowie das Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen, Bde. 2-4, Hermannstadt 1897-1937 herangezogen. Als Sekundärliteratur benutzte Hoensch Györi Történelmi és régészeti füzetek, hg. von Károly Ráth und Flóris Rómer, Bde. I-IV, Györ 1861-1865 und Mályusz Elemér, Zsigmond király uralma Magyarországon, Budapest 1990.

JÖRG K. HOENSCH baut auf das „Itinerar“ seine Monographie

Kaiser Sigismund. Herrscher an der Schwelle zur Neuzeit 1368-1437,

München: C.H. Beck 1996, 652 S. 5 Karten. 33 Abb. auf. Genealogische Tafeln (S.611-621), die Reiserouten der 5 Karten (S.622-629), ein Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen (S.630), eine Übersicht des Währungssystems in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (S.631), eine Ortsnamenkonkordanz (S.632- 365) und ein Personenregister (S.637-652) ergänzen den reichhaltigen kritischen Apparat, der die Seiten 549-610 besetzt.

Hoensch hält zunächst den allgemeinen politischen Rahmen fest, in den der spätere König von Ungarn und König bzw. Kaiser des Römischen Reiches deutscher Nation hineingeboren wurde (S.13-31). Es war die Krisenziet des Spätmittelalters, die durch das „Abtreten einer Generation „großer“ Könige“ und das Vordringen der Osmanen auf dem Balkan gekennzeichnet ist (S.22). Sigismund wurde durch Ludwig den Großen zum Verlobten seiner Zweitgeborenen Maria am 21. Juni 1373 ernannt und am 14. April 1375 wurde der Ehevertrag für die beiden in Brünn abgeschlossen. Am 17. September 1382 übernahm Maria problemlos die Nachfolge in Ungarn, doch noch unter der Regentschaft ihrer Mutter Elisabeth. Sigismund mußte gegen die innerungarischen Parteiungen und den sizilischen König Karl III. der Kleine antreten. Er wurde schließlich am 31.März 1387 in Stuhlweißenburg gekrönt. Im Abschnitt „König von Ungarn -Schwierige Lehrjahre 1387-1396“ (S.64-92) verfolgt der Verfasser die einfallsreiche Kader- und Personalpolitik Sigismunds, die zur Festigung seiner ungarischen Herrschaft beitrug. In diese Zeit fällt die Schlacht von Nikopolis, in der die christlichen Heere unterlagen und Sigismund nur knapp sein Leben retten konnte, ebenso die Reform der Militärverfassung, die den abhängigen Kleinadel in verstärktem Maße zur Wehrpflicht heranzog. Ende 1397 und Anfang 1398 hielt sich Sigismund in Südsiebenbürgen auf, um den Grenzschutz zu verbessern.

Die aufrührerischen Jahre 1401-1403 überwand Sigismund mit einem Teilsieg, indem er am 8. Oktober 1403 eine Generalamnestie verkündete. Damit hatte der König seine Herrschaft insoweit gefestigt, daß er 1404-1410 seine Machtstellung ausbauen konnte (S.119-147). Hoensch befindet, daß die zweite Hälfte seiner Herrschaft in Ungarn von einer ungewöhnlichen personellen Stabilität und Kontinuität gekennzeichnet war (S.119). Er hebt hervor, daß unter den von Sigismund für Regierungsämter ausgesuchten Baronen wenige Kirchenfürsten waren und auch aufstiegsorientierte Vertreter des mittleren Guts- und Kleinadels herangezogen wurden (S.120). Sigismund achtete darauf, „daß sich die aus wohlhabenden Adligen herausbildende neue Aristokratie bruchlos in das bestehende monarchische System einfügte“ (S.125). Gewissermaßen als Wahrer der ungarischen Interessen, aber eher zum Schutz des Patronatsrechtes der ungarischen Könige hatte Sigismund bereits 1394 eine Verordnung erlassen, die den Kapiteln untersagte, vom Papst ernannte ausländische Kleriker aufzunehmen und ihnen Pfründen zu übertragen. Diese Bestimmung bekräftigte der König am 6. April 1404 und behielt sich sowie den adligen Patronatsherrn ein Vetorecht bei der Besetzung geistlicher Stellen vor. Diese Politik erfuhr durch das Konzil Konstanz am 19. September 1417 eine Bestärkung, als die anwesenden Kardinäle ihm für Ungarn ein Oberpatronatsrecht zugestanden (S.127f.). Hoensch bespricht die liberale Städtepolitik Sigismunds (das wichtigste Moment ist das am 15. April 1405 erlassene „Städtedekret“) und meint, daß es ihm nicht gelang, „im ungarischen Städtewesen mit dem in West- und Südeuropa erreichten Standard gleichzuziehen“ (S.133). Auch zu der von Sigismund gewünschten Entwicklung des niederen Adels zu einem eigenständischen politischen Faktor als Gegengewicht zum beherrschenden Einfluß der Großgrundbesitzer kam es nicht (S.134). Die größten außenpolitischen Schwierigkeiten bereitete Sigismund das Ausgreifen Venedigs auf die dalmatische Küste, was 1411 zum offenen Krieg führte.

Sigismund blieb wiederholtermalen Ungarn für mehrere Jahre fern, so zur Zeit des von ihm patronierten Konzils von Konstanz. Als der Druck der Osmanen auf der Balkanhalbinsel zunahm (1416 unterwarfen sie die Walachei erneut mit Waffengewalt, 1418 suchten osmanische Horden Kroatien mit Agram und Slavonien heim, sie drangen bis ins siebenbürgische Burzenland vor), rief der König vergleichsweise spät am 25. August 1419 das Allgemeine Aufgebot ein. Doch es scheint zu keinen ernsten Kampfhandlungen gekommen zu sein, weil Sigismund nicht wagte, über die Donau zu setzen. So konnten 1420/21 die vom neuen Woiwoden der Walachei, Dan II., unterstützten Türken, erneut in Siebenbürgen einfallen. 1423 stellte sich Dan auf die Seite Sigismunds, wurde aber 1427 von den Türken besiegt, so daß Sigismund zur Organisation der Türkenabwehr nach Siebenbürgen eilte. Ein antiosmanisches Bündnis der katholischen Länder konnte wegen der andauernden Auseinandersetzung Ungarns und Venedigs um Dalmatien nicht zustande kommen. Sigismund scheint geneigt gewesen zu sein, Venedig nachzugeben, doch auf Drängen der ungarischen Barone, die auf eine Rückgabe Dalmatiens bestanden, befolgte der König einen Konfrontationskurs (S.339). Die Expansionsgelüste Venedigs aufkosten Ungarns dürfen also als Hauptursache des nahezu ungehinderten Vormarsches der Türken auf dem Balkan eingestuft werden. Aber auch Sigismunds Mehrfrontenpolitik (wiederholte Kriegseinsätze gegen die Hussiten in Böhmen, seine Bemühungen um die Kaiserkrönung) kam den Osmanen zustatten.

Um die Abwehrkraft Ungarns zu verbessern, erließ Sigismund im Winter 1426/27 die erste Militärordnung für Ungarn. Er begab sich Ende Oktober 1426 nach Siebenbürgen. Als die Festung Golubac in die Hände der Türken gelangte, ließ Sigismund am anderen Ufer Szentlászlóvár errichten. Auch den Deutschen Orden gewann er zur Entsendung von sieben Angehörigen, die 1429 im Banat von Severin (Szöreny) eintrafen. Doch 1432 zerstörten die Türken die noch nicht voll verteidigungsfähigen Burgen des Ordens und dieser zog sich 1433 aus dem Unternehmen zurück. Hoensch argumentiert, daß das Scheitern des Ansiedlungswerkes nicht ausschließlich Sigismund anzulasten ist, „der sich in seinen letzten Regierungsjahren nur noch sporadisch mit ungarischen Angelegenheiten beschäftigte, sondern auch den weitverbreiteten Vorbehalten der ungarischen Magnaten und der siebenbürgischen Sachsen gegen die Neuankömmlinge sowie der Hochmeister selbst...“ (S.345).

In die letzten Regierungsjahre Sigismunds fällt das Basler Konzil, das der nun zum Kaiser Avancierte patronierte. Seinem Einschreiten ist es zu verdanken, daß die Kirchenspaltung (das Nebeneinander mehrerer Päpste) überwunden wurde. Ungarn befand sich in einem beklagenswerten Zustand, als der König am 16. Oktober 1434 in Preßburg eintraf. Die bis zu seinem Tod ergriffenen Abwehrmaßnahmen gegen die Türken unter Einführung neuer Steuern (das Fünfzigstel eines Jahreseinkommens aller weltlichen Steuerzahler in Ungarn, die Einforderung des halben Zehnten der Geistlichkeit) waren zum Teil erfolgreich, wurden aber nach seinem Tod nicht konsequent fortgesetzt.

Der Wunsch Sigismunds, in Ungarn zu sterben, das er patria nannte (S.460), weist auf die Verbundenheit, welche er für seine Wahlheimat Ungarn gefühlt hat (S.505). „Die dem Nationalstolz seiner Untertanen entgegenkommende starke Identifizierung mit Ungarn und dessen großer Vergangenheit sowie seine inbrünstige Verehrung des Ritterkönigs Ladislaus I. des Heiligen, dessen Grab in Großwardein er mehrfach aufsuchte und in dessen Nähe er selbst beigesetzt werden wollte, trugen bedeutend zur Stabilisierung seiner Regierung und zur Hebung seines Ansehens bei“ (505f.).

Zu: Sigismund von Luxemburg. Kaiser und König in Mitteleuropa 1387-1437. Beiträge zur Herrscahft Kaiser Sigismunds und der europäischen Geschichte um 1400, hg. von J.Macek+, E.Marosi, F.Seibt. 1994, Fahlbusch Verlag Warendorf. ISBN 3-925522-11-5.

Der Band vereinigt die anläßlich des 1987 gefeierten 600. Gedenkjahres der ungarischen Thronbesteigung durch Sigismund von Luxemburg und seines 550. Todestages auf dem Budapester Symposium präsentierten Vorträge deutscher, österreichischer, ungarischer und tschechischer Mediävisten und Kunsthistoriker.

Das in sechs Sektionen gegliederte Material (Politische Geschichte; Kirchenpolitik; Städtepolitik; Wirtschafts- und Verkehrswesen; Hof- und Residenzen; Ikonographie) enthält auch Beiträge, die auf Siebenbürgen Bezug nehmen oder die siebenbürgische Problematik gesondert behandeln.

Pál Engel untersucht "Die Einkünfte Kaiser Sigismunds in Ungarn" (S.179-182) und erwähnt die Einkünfte der siebenbürgischen Münzkammer in Höhe von 150.000 Gulden und das siebenbürgische Silber, das 60.000 Gulden abwarf, welche Einkünfte Sigismund dem Deutschen Orden versprach, den er 1429 ins Severiner Banat berief. Verfasser schätzt die Beträge als übertrieben ein. Sie sollten den Rittern ihre Schutzaufgabe schmackhaft machen.

István Draskóczy schreibt über das ungarische Salzwesen unter König Sigismund (S.184-191) und erwähnt die siebenbürgischen Kammern von Thorenburg, Desch, Zek und Salzburg. Ebenfalls in Verbindung mit der Berufung des Deutschen Ordens stehen 1 Million Salzstücke, die Sigismund dem Orden aus den vier südlichen Salzkammern in Szegedin, Keve, Temeschwar und Lippa versprach und aus den Bergwerken von Salzburg und Thorenburg stammten. Zu den bedeutendsten Kammergrafen der Sigismundzeit zählte auch der langjährige siebenbürgische Vizewoiwode Nikolaus von Salzburg (Miklós Vizaknai), der dem siebenbürgisch-sächsischen Adel entstammte.

Der Beitrag von Zsigmond P. Pach "Die Verkehrsroute des Levantehandels nach Siebenbürgen und Ungarn in der Zeit Sigismunds" (S.192-199) ist durch seine Problemstellung und durch die Einbeziehung bisher kaum beachteter siebenbürgischer Urkunden von größter Wichtigkeit für die Geschichte des spätmittelalterlichen Handelswesens in Siebenbürgen. Pach räumt mit der seit Ende des vorigen Jahrhunderts durch D. Csánki und O. Meltzl vertretenen und von der ungarischen Forschung seither vorbehaltslos übernommenen These auf, "daß es im 14. und 15. Jahrhundert zwischen der Levante und Ungarn keine unmittelbare Überlandverbindung gegeben habe". "Die Vertreter dieser These verneinten die Möglichkeit, daß auf dem siebenbürgischen und ungarischen Markt eine von der Gegend des Schwarzen Meeres kommende Einfuhr levantinischer Waren existiert hätte".

Verfasser widerlegt obige These, indem er die Frage positiv beantwortet, ob die Vermittlung orientalischer Gewürze durch die siebenbürgischen Städte vom Schwarzen Meer zur Zeit von König Sigismund quellenmäßig nachweisbar ist. Bereits im Privileg von König Ludwig I. von 1358 und aus der Begünstigung des walachischen Woiwoden Vladislaus von 1368 für den "transalpinen" Handel der Kronstädter wird der Handel siebenbürgisch-sächsischer Kaufleute über die Walachei hinaus greifbar. König Sigismund bestätigte 1395 den Freibrief Ludwigs und bestimmte die zollfreie Einfuhr aus der Walachei auch für die Kaufleute aus Hermannstadt (Urkundenbuch III, Nr.1354, S.142f.; Nr.1340, S.125f.). Den springenden Punkt liefern zwei bereits im III. und IV. Band des Urkundenbuchs veröffentlichten, aber in der Fachliteratur "fast unbeachtet gebliebenen" Urkunden: die Urkunde des siebenbürgischen Woiwoden Stibor von 1412 (Ub.III, Nr.1692, S.544-47), welche die Hauptexport- und -importartikel Richtung Walachei anführt: flämisches, italienisches, kölnisches und schlesisches Tuch; Fisch, Vieh, Leder, Wachs, Honig, Pfeffer u.a. Gewürze sowie weitere Orientwaren. Damit verknüpft ist eine "andere wertvolle Quelle von rumänischer Seite", die 1413 von Mircea dem Alten erlassene Zollregelung für Kronstadt, wo die marinis partibus seu trans Danubium (die Meeresgegend oder jenseits der Donau) ausdrücklich als Zielregionen des kronstädter Fernhandels ausgewiesen werden (UB.IV, Nr.2106,2107, S.425-29).

Die zweite Handelsroute verlief über die Moldau und wurde ebenfalls vom Woiwoden Stibor im Jahr 1412 mit zwei Urkunden bedacht: die eine enthält eine Zolltarifliste der Export- und Importwaren (Ub.III, S.526-529), die andere befreit die aus der Moldau und den partibus superioribus (Lemberg, Ostpreußen) kommenden Kaufleute von Zollentrichtung in Kronstadt (Ub.III, Nr.1697, S.554f.). Pach schlußfolgert, "daß die res maritimae von der Schwarzmeerküste auch über die Moldau den Weg nach Siebenbürgen fanden". Verfasser denkt als Ursprungsorte dieses Handels neben Chilia an der Donaumündung auch an die genuesische Ansiedlung an der Dnestr-Mündung Moncastro (Cetatea Alba, Akkerman), unter Bezugnahme auf N.Iorga, Studii istorice asupra Chiliei si Cetatii Albe 1899, und J.Nistor, Die auswärtigen Handelsbeziehungen der Moldau im XIV., XV. und XVI. Jahrhundert, 1911.

Verfasser bespricht auch Handelsverbindungen siebenbürgischer und ungarischer Kaufleute über Kalliakra (nordöstlich von Varna) nach Pera, dem Genuesenviertel von Konstantinopel (S.195). Im zweiten Teil seiner Untersuchung beantwortet Zs. Pach die Frage, wie sich König Sigismund im Rahmen seiner Gesamtpolitik zu dieser östlichen Handelslinie verhielt und stellt fest, daß mit dem Krieg und der Handelsblockade gegen Venedig Sigismund das Ziel verfolgte, die bereits existierende und nach Ungarn führende Handelsroute von der Schwarzmeerküste nach Ungarn aktiv zu fördern. Zu diesem Zweck wollte er das Handelsmonopol der Genuesen in der Gegend des Schwarzen Meeres fördern. Außer der Entsendung einer Gesandschaft im Frühling 1412 nach Kaffa, die Maßnahmen zur Belebung des Karawanenverkehrs von China zum Schwarzen Meer unterbreitete, forderte Sigismund den Kaiser von Byzanz auf, den Venezianern den Bosporus zu ihrer Kolonie Tana an der Donaumündung zu versperren (letztere Information unter Berufung auf S.Papacostea, Quod non iretur ad Tanam. Un aspect fondamental de la politique génoise dans le mer Noire au XIVe siècle, 1979).

Aus siebenbürgischer Sicht dürfen wir feststellen, daß der Krieg von König Sigismund gegen Venedig eine Steigerung des Handelsbetriebs siebenbürgischer Städte ans Schwarze Meer und an die Donaumündungen zur Folge hatte.

István Bertéknyi befindet in seinem Beitrag "Simon von Barrwys Wappenbrief aus dem Jahr 1417" (S.220-226) aufgrund der Identität des Wappenvogels mit beringtem Schnabel, daß damit eine Verwandschaft zur während der Sigismundzeit aufgestiegenen Familie Hunyadi möglich ist, während die Maler der jeweiligen Wappenbriefe nicht in Verbindung stehen. Verfasser erwähnt den Versuch von M. Stourdza-Saucesti (1973), aufgrund der Ähnlichkeit der Wappenbilder die Verwandschaft der Familie Hunyadi und der ersten walachischen Herrscherdynastie der Basarabs nachzuweisen. Auch das Siegelbild von Cîmpulung-Muscel aus der Zeit um 1300 bringt Stourdza-Saucesti mit dem Vogel in der Helmzier des walachischen Geldes von Vladislav Basarab I. aus dem Jahr 1365 in Verbindung.

Siebenbürgische Beispiele kommen in den Ausführungen von Tünde Wehli in "Über Bildfunktionen in Ungarn zur Hussitenzeit" (S.287-292) zur Sprache. Im Zusammenhang mit der bürgerlichen Frömmigkeit (devotio moderna) nennt die Autorin neben den Wandmalereien in der Minoriten- und Pfarrkirche von Löcse (Leutschau) und in Kassa (Kaschau) auch die Wandmalerei der Kirche von Nagygalamfalva (Porumbenii Mari) in Siebenbürgen. Das Tuch der Veronika in der Kreuzigung aus Magyarszovát (Suatu) stellt diese siebenbürgische Darstellung neben die Abbildung des Schweißtuches der Veronika in Lelesz (Leles) und neben das Veronika-Bild in Zseliz (Zelizovce). Zu den mystischen Darstellungen, die ab den 20-er Jahren des 15. Jahrhunderts in den Grenzgebieten zu den Hussiten entstanden, zählt auch das Ölberg-Relief in Nagybánya (Baia Mare), neben dem von Dévény (Devin).

Obwohl Siebenbürgen nicht im Mittelpunkt des Bandes "Sigismund von Luxemburg" steht, ist seine Problematik gut vertreten. Manche Beiträge, wie die von Lothar Schultes (Der Skulpturenfund von Buda und der Meister von Großlobming (S.293-306)) und Michael Viktor Schwarz (König Sigismund als Mäzen und der Weiche Stil in der Skulptur (S.307-346)) liefern sicherlich Anhaltspunkte zur stilistischen Einordnung der zahlreichen Heiligenskulpturen der Schwarzen Kirche in Kronstadt. Schließlich befand sich diese Kirche im Bau, als sie am 21. April 1385 vom Erzbischof von Gran eine Ablaßurkunde bekam (Ub.II, S.598f.) und König Sigismund hielt sich nachweislich persönlich in Kronstadt und im Burzenland vom 12. Februar bis zum 11. März 1395 auf.

(Erschienen in: Karpatenrundschau Nr.6 (2385), 8. Februar 1997, S.3).
©Klaus Popa 1996, 1997

Dokument: .../rezensio.htm/ Erstellt: 19.09.1996. Letzte Änderung: 27.09.97.
Autor: Kaus Popa

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