PRUSSIA
Gesellschaft für Heimatkunde Ost- und
Westpreußen e.V.
Dieter Rimat (+)
Über die Bedeutung des Oberpräsidenten von Ost- und Westpreußen,
Theodor von Schön,
als Initiator der Burgwallforschung frühgeschichtlicher prußischer Burgwälle
in Ost- und Westpreußen
Aus den nach Einsicht in die Akten des Königsberger Staatsarchivs aufgefundenen
Aufzeichnungen des Oberpostrats Hans Crome, der in den 20er und 30er Jahren des
vorigen Jahrhunderts privat am PrussiaMuseum im Königsberger Schloß arbeitete,
geht hervor, daß Theodor von Schön der Initiator der Erforschung der Burgwälle
gewesen ist.
Zu Beginn seiner Regierungszeit hatte er nämlich angeordnet, daß alle Landräte
die Überreste der alten prußischen Burgwälle und deren jeweilige Übernahme durch
den Deutschen Orden dem „Oberpräsidenten Theodor von Schön" zu melden hätten,
"dem die landesgeschichtliche Forschung, besonders der Ordens- und
Vorordenszeit, eine Herzenssache war und der dem Vaterlande ein Andenken aus
früheren Zeiten erhalten wollte".
In Leutnant Johann Michael Guise fand Theodor von Schön einen Zeichner und
Inventarisator für die 600 Fundstellen. Alle diese Unterlagen übergab Theodor
von Schön dem Königsberger Staatsarchiv und später der 1844 gegründeten
Prussia-Gesellschaft. Ihm gebührt also das Verdienst, mit großem Engagement das
Fundament für alle weiteren archäologischen Burgwallforschungen früherer
deutscher und heutiger polnischer, litauischer und besonders russischer
Expeditionen geschaffen zu haben. In viele heimatkundliche Periodika konnten die
prußischen Burgwälle aufgenommen werden, zum Beispiel bereicherte sie Otto
Lippke (Allenburg) mit den 13 Burgwällen an der Alle und am Pregel zwischen
Friedland, Wehlau und Tapiau. Besonders wichtig war, daß auf allen
Meßtischblättern (1: 25.000) die Burgwälle eingezeichnet waren.
Burgwallanlagen im Samland (nach H. Crome)
So konnte die in Moskau 1973 gegründete Baltische Archäologische Expedition in
Nordostpreußen unter Dr. W. I. Kulakow in ihrer 27-jährigen erfolgreichen
Prußenforschung immer wieder auf die Kartenschätze des Bundesamtes für
Kartographie und Geodäsie in Berlin zurückgreifen. Dementsprechend konnte im
heutigen Königsberger Museum für Geschichte und Kunst in zwei Sälen die bisher
größte Sammlung der 2000 aufgearbeiteten prußischen Exponate zusammengetragen
werden, wobei zu sagen ist, daß - 20 % davon aus alten wiedergefundenen
Prussia-Beständen stammen.
Vor allem hatte Hans Crome aufgrund des Vergleichs der Guiseschen Zeichnungen
von 1826 und 1827 mit dem schlechten Bild, das 47 Burgwälle im Samland 100 Jahre
später boten, das Problem des Verfalls erkannt.
Zusammenfassend kann man Theodor von Schön als den Begründer einer
systematischen Prußenforschung und damit als Vorläufer der Prussia bezeichnen.
Nachwort
Im August 1998 wurde in Arnau das Denkmal für den Oberpräsidenten Theodor von
Schön, ein quaderartiger Granitblock, eingeweiht, auf dem in deutscher und
kyrillischer Schrift der Name und an einer Seite die Lebensdaten stehen.
Anwesend waren u.a. die Vorsitzenden des "Gedenkstätten Königsberg Vereins",
Beate Volkerding (Hamburg) und Genadi Semjonow (Königsberg). Meine Kontakte mit
beiden, die zum Ziel hatten, in einem vom Verein geplanten Gedenkzimmer im
benachbarten Pfarrwitwenhaus Theodor von Schön auch als den Initiator der
Prußenforschung würdigen zu lassen, begannen 1998. Sie brachten jetzt den
Erfolg, daß in der Planung der Würdigung Theodor von Schöns im Gedenkzimmer der
Titel "Initiator der Prußenforschung" bereits an 4. Stelle im siebenstelligen
Katalog aufgeführt worden ist. Bestimmte Hinweise auf archivierte Unterlagen für
Theodor von Schöns Initiative waren:
Zusammenarbeit Theodor von .Schöns mit Prof. Wilhelm Voigt, Direktor des
Geheimen Staatsarchivs in Königsberg, Autor zur Prußengeschichte ...
Adolf Bötticher benutzte die durch Theodor von Schön geschaffenen Unterlagen und
Schriften für sein Buch "Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz
Ostpreußen."....
Prof. Reinhard Wenskus, Universität Göttingen, stützte sich nach dem Krieg in
seiner Schrift "Die kultische Bedeutung prußischer Burgwallanlagen" auf die
durch Initiative Theodor von Schöns inventarisierten Sammlungen des in Göttingen
aufbewahrten Königsberger Staatsarchivs ...
Die Berichte der Altertumsgesellschaft "Prussia" besonders über die Aktivitäten
der Professoren Hagen (1848) und Bujack (1866) in bezug auf die v. Schönschen
prußischen Materialien ...
Nach Übersendung des gesammelten Materials an Prof. Dr. Dr. Ulrich Matthee,
Universität Kiel, und aufgrund einer Absprache, hat Prof. Matthee die neuen
Erkenntnisse in einem besonderem Thema in seine Vortragsreihe über Theodor von
Schön am 28. 1. 2000 in Reinbek, Hamburg, mit einbezogen. Veranstalter: "Freie
Lauenburgische Akademie für Wissenschaft und Kultur e. V.".
So ist die große Bedeutung Theodor von Schöns als Initiator der Prußenforschung
wahrscheinlich zum erstenmal wissenschaftlich offiziell bestätigt worden. Ganz
abgesehen davon ist wichtig, daß es hier um das von der Geschichtsschreibung
vernachlässigte Volk der Prußen geht.
Der vorliegende Beitrag ist ein Vortragsmanuskript unseres auf tragische Weise
tödlich verunglückten Freundes Dieter Rimat, der sich in der Nachkriegszeit um
die Zusammenarbeit mit den russischen Archäologen unserer Heimatstadt besonders
besonders verdient gemacht hat. Das betrifft sowohl die archäologischen
Ausgrabungen als auch die Erforschung der preußischen Burgwälle. - Zu seinem
Gedenken hat die Prussia 2002 eine Exkursion nach Nordostpreußen durchgeführt
und dort unter Führung von A. Walujew Burgwallanlagen und Grabungsstellen der
Vorkriegs-Prussia sowie solche aus neuerer Zeit - auch von K. N. Skmorzow -
besichtigt. Im Verlauf dieser Exkursion wurde uns, in erster Linie von Dr.
Walter T. Rix, eine Vielzahl von historisch, baugeschichtlich und gegenwärtig
bedeutenden Plätzen Nordpreußens demonstriert. Siehe auch S. IX-XXIV.
Dieser Beitrag ist Teil der
Veröffentlichungen der Gesellschaft für Heimatkunde
Ost- und Westpreußens
www.prussia-koenigsberg.de
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