Viterras Wärmecontracting ohne Vertrag |
Die E.on Tochter Viterra AG versucht immer noch, ihren
zukünftigen Börsenwert mittels umstrittener Heizkostenabrechnungen
zu steigern |
von ANNIKA JOERES |
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REVIER taz – Der Wohnungskonzern Viterra will sich gegen
die wachsende Zahl der Bürgerinitiativen wehren. Die
hundertprozentige E.on-Tochter hat angekündigt, gegen die
Betrugsvorwürfe der Mieterinitiative Emscherbruch in Herne
rechtliche Schritte einzulegen. Die Initiative hatte behauptet, die
Heizkostenabrechnung ihrer Wohnungen sei Betrug. Peter
Weispfennig von der 200 Mieter starken Initiative will von seinem
Vorwurf nichts zurücknehmen. „Viterra hat uns auf jeden Fall
betrogen.“ Jede Mietpartei habe Nachzahlungen von mindestens 300
Euro zu bewältigen. „Der Konzern hat die Mieter doppelt abgezockt“.
Sie zahlten nicht nur höhere Heizkosten, sondern auch noch die
Instandsetzung der Öfen. Auslöser der Proteste ist das
sogenannte Wärme-Contracting. Seit 1994 hatte Viterra ohne
Einverständnis der Mieter über das Tochterunternehmen „Viterra
Wärmecontracting GmbH“ sogenannte Wärmeabrechnungen erstellen
lassen. Die alten Heizungsanlagen wurden zum Teil saniert, weil aber
nicht nur die tatsächlichen Kosten für verbrauchte Energie berechnet
werden, sondern auch die Instandsetzung, zahlen die Mieter unter dem
Strich mehr als vorher. „Wieso zahlen wir mit moderneren Heizungen
mehr Energiekosten als vorher“, fragt Weispfennig. Mehr als 2.500
Bewohner der Emscherbruchsiedlung haben schon Widerspruch gegen die
Heizrechnung eingelegt. Auch in anderen Städten regt sich
Widerstand. 40 Bürgerinitiativen wehren sich inzwischen gegen die
Unternehmenspolitik des aus VEBA und VIAG fusionierten
Energieriesen. Viterra gehören im Ruhrgebiet ganze Stadtteile,
allein im nördlichen Ruhrgebiet sind es 174.000 Wohnungen. Um
Viterra an die Börse zu bringen, hat E.on die Gewinnerwartungen an
seine Tochterfirma nach oben geschraubt. Fünfzehn Prozent Rendite
sollen es sein, mit der bloßen Bewirtschaftung von Wohnungen hat
Viterra bisher aber nur vier Prozent erzielt. „Das Wärmecontracting
soll nun auf Kosten der Mieter höhere Gewinne einfahren“, sagt
Weispfennig. Dabei hat sich Viterra eine schlechte Kuh zum
Melken ausgesucht. Viterra-Wohnungen finden sich in Stadtteilen mit
einkommensschwacher Bevölkerung. Die nordrhein-westfälische
Landesentwicklungsgesellschaft schätzt, dass ein Drittel der
Viterra-Mieter nur über ein geringes und instabiles Einkommen
verfügt. Viele Alleinerziehende und Sozialhilfeempfänger zahlen
weniger als 300 Euro Monatsmiete. „Unsere Mieter trifft die
Nachzahlungen besonders hart“, sagt Helmut Lierhaus vom Dortmunder
Mietverein. In seinen Augen sei die Änderung des Mietvertrages auf
jeden Fall zustimmungspflichtig gewesen „Die Nachzahlungen von
manchmal bis zu 800 Euro sind höher als die Rente der älteren
Bewohner.“ Früher hätten die Mieter für die tatsächlich verbrauchte
Energie gezahlt, jetzt zahlten sie die Viterra Gewinne
mit. |
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