Deckel von Glaskokillen-Behältern könnten bei Flugzeug-Attacke möglicherweise bersten

 

"Falltests" mit Mini-CASTOR - Sicherheitsexperte: Transport-Stoßdämpfer nicht Zulasungskonform

Für Wut und Aufregung bei den Besuchern sorgte am vergangenen Freitag (2. 11. 01) eine Veranstaltung im Wendland, auf der der Fachexperte Friedhelm H. Timpert öffentlich nachweisen konnte, daß die sog. CASTOR-Behälter, die bereits nach Gorleben transportiert wurden, bzw. die in den nächsten Tagen von La Hague aus der Wiederaufbereitung in das Zwischenlager geschafft werden sollen, in keiner Weise den hohen Sicherheitsanforderungen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA genügen. Die angeblichen Nachweise der mechanischen und thermischen Belastungen beruhen, so Timpert, nicht auf realen Tests, sondern zum Teil auf vor über 20 Jahren durchgeführten Experimenten mit Mini-Modellbehältern und daraus abgeleiteten Berechnungen. Das seien "Halbnachweise, keine Belege", so Timpert. Auch sei die nach IAEA-Richtlinien vorgeschriebene Baumusterprüfung nicht in Einklang mit den tatsächlich transportierten Behältern zu bringen. Die Stoßdämpfer, die bei den wenigen Versuchen verwendet und bei den Modellrechnungen vorausgesetzt worden waren, wurden für den Transport durch konstruktiv stark veränderte ersetzt.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat einen entsprechenden Widerspruch Timperts gegen die erteilte Transportgenehmigung abgewiesen. Dem Hinweis Timperts, daß die zu den Transportbehältern gehörenden Stoßdämpfer bei der Umladung entfernt, bzw. ein nicht zulassungskonformer Dämpfer verwendet werde, begegnet das BfS lapidar mit der Bemerkung, so etwas sei "nach den Bestimmungen der angegriffenen Beförderungsgenehmigung nicht vorgesehen". Originalton BfS: "Die zulassungsgerechten Stoßdämpfer sollen (!) nach den Regelungen der Beförderungsgenehmigung bis zur Beendigung des Transportvorganges am Behälter angebaut bleiben". Nach Auskunft des Eisenbahn-Bundesamtes, der für die Überwachung des Schienentransports zuständigen Behörde, lägen "keine Erkenntnisse vor, daß von dieser Festlegung abgewichen worden ist, oder zukünftig abgewichen werden soll".

BfS: "Widerspruch unzulässig"

Telefonisch von Sicherheitsfachmann Timpert vorgetragene Hinweise auf mangelnde Zulassungskonformität, sowie nachgereichte Abbildungen und Skizzen wurden vom BfS nicht gewertet, da der "Widerspruch unzulässig" sei, weil Timpert nicht "die Verletzung eigener Rechte" nachweisen könne.

Timpert, als Sicherheitsexperte selbst Mitwirkender der Wiener IAEA, und bekennender Kernenergiebefürworter, hatte in Lüchow-Dannenberg vor den dortigen Atomkraftgegnern Punkt für Punkt die Fakten vorgetragen. Dabei beruhen seine Ausführungen ausschließlich auf Veröffentlichungen, die von den Kernenergieprotagonisten selbst verbreitet wurden.

Basis jedes der vielen verschiedenen Typen der Brennelementbehälter "Typ B" für hochaktives Inventar seien Fallversuche, die bereits Anfang der 80er Jahre an Modellen im Maßstab 1:10 vorgenommen wurden. Der Mini-Castor von etwa Schrittlänge wurde dabei von im Verhältnis ziemlich dicken Stoßdämpfern an den beiden Seiten weit überlappend geschützt.

Falltest mit Mini-Modellen

Auch bei Tests mit einem Original-CASTOR in Japan wurden bei dem 9-Meter-Fallversuch die beiden Enden deutlich sichtbar von dicken Stoßdämpfern geschützt. Aus diesen Tests leiten die CASTORisten nun ihre Berechnungen für alle anderen, völlig unterschiedlich konstruierten Behälter ab. Aus den weit über den Behältermantel greifenden Dämpfern sind im Laufe der Zeit solche "Shock-Absorber" geworden, die im bereich der Mantelüberdeckung so dünn geworden sind, dass sie horizontal kaum noch Aufprallenergie vernichten können, bei einem Fall auf die Breitseite des Behälters also keine Wirkung hätten. Skizzen in einer Werbebroschüre der "GKN", Gemeinschaftskraftwerk Neckar GmbH in Neckarwestheim für den CASTOR V/19 zeigen den Behälteraufbau, bei dem - vorschriftsgemäß - die Stoßdämpfer deutlich bis über die sog. Tragzapfen greifen (an denen die Behälter beim Umladen am Kran angeschlagen werden). Das ist auch im begleitendenText nachzulesen: "Während des Transports auf öffentlichen Wegen werden an beiden Stirnflächen des Behälters Stoßdämpfer montiert ( . . . ), welche neben den Stirnseiten auch den größten Teil der unberippten Manteloberfläche" umschließen.

Stoßdämpfer sind nicht Zulassungskonform

Im weiteren wird in dieser Broschüre nochmals darauf verwiesen, daß der CASTOR V/19 eine "Doppelfunktion als Transport- und Lagerbehälter" habe, und gemäß den Regeln der IAEA sowie der deutschen "Gefahrgutverordnung Straße bzw. Schiene" (GGVS/GGVE) zu prüfen und zu handhaben sei. Tatächlich zeigt ein Foto derselben Schrift, daß der Behälter beim Beladen ohne jeglichen Stoßdämpfer am Kranhaken hängt. Auch Schienen sind vermutlich keine "öffentlichen Wege", und daher können wohl auch abgespeckte Stoßdämpfer eingesetzt werden. Denn die eigentlich zulässigen Stoßdämpfer würden auch die Tragzapfen "umschließen", auf denen die CASTOREN in den Transport-Waggons dann allerdings nicht mehr aufliegen könnten.

Die GKN-Broschüre ist auch in weiterer Hinsicht aufschlußreich.

So ist ein Foto dieser tollen Behälter im "Zwischenlager" Gorleben zu finden. Dort wird man vergebens nach irgendeiner Art von Stoßdämpfer suchen - sie existieren schlechterdings nicht! Wie ein derartiger Behälter dann ausreichend gegen "externe Einflüsse", beispielsweise gegen Flugzeugabstürze, geschützt sein soll, das vermögen wohl nur die AKW-Betreiber zu verstehen. Daher beschränken sie sich in dem zitierten Machwerk darauf, "nur auf die sich aufgrund der verkehrsrechtlichen Anforderungen ergebenden Auslegungskriterien für den Behälter" einzugehen, und eine Betrachtung gemäß der "Atomrechtlichen Genehmigung als Lagerbehälter in einem Behälterzwischenlager für abgebrannte Brennelemente" offenzulassen.

"Extremtests": Fallversuch auf Holzbohlen

Dennoch könnte man bei der Lektüre Lachanfälle bekommen, wenn es nicht so furchtbar traurig, gefährlich und wohl auch strafbar wäre, was im Weiteren an Verdummungsversuchen dargestellt wird. "Extremtests" seien mit "diversen Brennelementbehältern" durchgeführt wurden. Ein Foto, das immer wieder für den Nachweis eines "realen" Fallversuchs herhalten muß, zeigt, wie der Behälter auf einen Stoßdämpfer schräg aufprallt. Leider ist das Foto unten so knapp beschnitten, daß man kaum erkennen kann, daß die "feste, unnachgiebige Aufprallplatte" bei der "Freifallprüfung I" mit Bohlen abgedeckt ist, die beim Aufprall erkennbar wüst durch die Luft fliegen. Auf dem Originalfoto, das Sicherheitexperte Timpert zeigen konnte, läßt sich erkennen, daß über den gesamten Längsbereich, auf den der Behälter dann kippen wird, Holzbohlen ausgelegt sind. (Bild: DOK13S10)

Versuche mit anderem Material durchgeführt

Auch der abgebildete "Brandversuch bei 800 Grad Celsius im Ölfeuer" ist zwar hübsch bunt anzusehen, hat aber keine Aussagekraft. Gemäß Aussage von H. Timpert erreicht ein offenes Ölfeuer, wie dargestellt, aus physikalischen Gründen eine maximale Temperatur von 600 Grad C, aber niemals 800 Grad. Auch die weiteren beschriebenen "Prüfungen" haben mit dem Baumuster des "CASTOR V / 19" nichts zu tun. Die "140-t-Lokomotive mit drei D-Zug-Wagen" die mit "ca. 165 km/h gegen einen auf den Schienen befindlichen Behälter" fährt, trifft nicht den deutschen Guß-CASTOR, sondern ein englisches Modell aus Schmiedestahl, dessen "Dichtfunktion ( . . . ) nicht beeinträchtigt" wird - qed! Und der Brennelementbehälter, der auf einem raketengetriebenen LKW bei 130 km/h "gegen eine Betonwand gelenkt" wird, und dessen "Dichtungssystem dabei nicht beschädigt" wird, stammt auch nicht aus Deutschland, sondern ist ein US-Amerikanisches Schmiedestahl-Modell.

Ordnungsgemäßer Beschusstest hätte Behälter vermutlich "explosionsartig gesprengt"

Völlig unverständlich ist die Nachweismethode für die Sicherheit der Deckelkonstruktion. Wie die GKN-Broschüre darstellt, handelt es sich dabei um "den empfindlichsten Behälterteil". Dazu seien Beschussversuche mit einem 1-Tonnen schweren Projektil bei einer Autrittsgeschwindigkeit von 300 m/ sec (nahezu Schallgeschwindigkeit) durchgeführt worden. Bei dieser Simulation eines Flugzeugabsturzes blieb "trotz Abnahme der Dichtfunktion" die "Integrität des CASTOR-Behälters gewahrt". Der Testbehälter hatte allerdings kein ausreichendes Widerlager. Somit konnte durch die Kraft eine 20 cm dicke Betonwand durchbrochen werden, bis hinein in den dahinter aufgeschütteten Sandwall.

Bei einem unnachgiebigen Fundament wäre der Behälter, so Timpert, eplosionsartig gesprengt worden, so dass von einem Nachweis der "Dichtfunktion" wohl nicht mehr auszugehen wäre. Um Zweifel auszuräumen, sollte man Hrn. Timpert beauftragen, mit einem echten V/19, V/52 bzw. einem HAW 20/28 solch einen Beschußtest unter seiner Ägide und nach seinen Vorgaben nachzustellen.

"Panzerknackers Albtraum" HAW 20/28: Unzureichende Deckelkonstruktion

Bei dem für den kommenden Transport nach Gorleben verwendeten Glaskokillen-Behältern HAW 20/28 sind jedoch noch viel ungünstigere Ausgangsbedingungen anzusetzen, als bei dem angeführten Beschusstest. Der Test-CASTOR hatte nämlich zwei Deckelsysteme, die so angeordnet waren, dass sie innen im Behälter jeweils relativ große Auflageflächen aufweisen, und nach außen durch die Behälterwand großzügig geschützt sind. Beim HAW 20/28 hat man hingegen, wohl um die erforderliche Innenraumhöhe für die vier mal sieben Glaskokillen überhaupt erreichen zu können, die Deckel einfach weiter nach außen gesetzt. Die Deckel werden somit nicht mehr von der Behälterwand vollständig umschlossen, der Sekundärdeckel wird gar völlig außerhalb des Behälters aufgeschraubt. Auch die Auflageflächen der Deckel sind gegenüber dem geprüften "Beschussbehälter" deutlich geringer ausgelegt - die suggerierte Sicherheit von "Panzerknackers Albtraum" (Werbeslogan) scheint lediglich eine Wahnvorstellung des "Deutschen Atomforums" zu sein und kann allenfalls aus dem Bereich der "Mythologie" stammen . . .(Link auf Dokument DOK6S02)

So fordert STM-Chef Timpert denn auch in einem Schreiben die Regierungspräsidentin der Bezirksregierung Lüneburg, Ulrike Wolff-Gebhardt, dieZulassung für die CASTOR-Transport- und Lagerbehälter ohne Stoßdämpfer widerrufen zu lassen, sowie "die Zerstörung bzw. Aushöhlung des Baumusters nicht mehr zu gestatten, den Verantworltichen die Anlieferung von nicht umschlagsfähigen Baumustern zu untersagen" sowie "vor einer Anlieferung der nächsten 'CASTOR-Behälter, eingebettet in Kopf- und Fußstoßdämpfer' komplett als Einheit nachgewiesene Baumuster" zu verlangen.

Dieter Metk

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