Vladimir Umeljic

KRIEG GEGEN SERBIEN IST DAS ZIEL, ALLES ANDERE NUR VORWAND

 

DIE NATO UND DAS GELTENDE RECHT - ARGUMENTE STATT PROPAGANDA

Die NATO führt nun seit mehr als zwei Monaten einen Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat in Europa und das einzige Recht auf ihrer Seite ist das Recht des Stärkeren. Es scheint beinahe überflüssig geworden, zu erwähnen, was - neben dem NATO-Statut selbst! - dabei ansonsten an Recht und Grundsätzen mit Füßen getreten wurde und wird: die UN Charta und das Völkerrecht, das Verbot der Kriegführung gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen, die UN Konvention über das Verbot eines ökologischen Krieges (der Gebrauch von Uranium-Projektilen und Splitterbomben, gezielte Bombardierung von chemischen Industrien, etc.), der völkerrechtlich bindende Vertrag "4+2" (geschlossen bei der Wiedervereinigung Deutschlands) sowie die bundesdeutsche Verfassung, usw.

Fazit:
Der Rechtsbruch der NATO ist so eklatant und so offenkundig, dass  mit jedem neuen Tag, an dem die internationalen und nationalen Rechtsinstitutionen die NATO stillschweigend gewähren lassen, sich immer mehr der Abgrund einer faktischen Rechtlosigkeit  abzeichnet: Die momentan mächtigste Militärmaschinerie der Welt als einziger - und weltweiter - Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person. Ist dies das "neue Völkerrecht" - als Grundlage einer "Neuen Weltordnung"?

DIE NATO UND DIE MORAL - DER KERN DES PROBLEMS

Um den oben erwähnten und nicht wegzuredenden (nach dem rechtstaatlichen Wortgebrauch eindeutig kriminellen) Akt aus der öffentlichen Meinung zu verdrängen, greift die NATO zu einer vermeintlich gesinnungsethischen Keule, die auch dann, falls ehrlich gemeint wäre, von nur zweifelhaften, da einseitigen Wert wäre. Falls nicht, dann müsste man von einer unverhältnismäßig brutalen, ja unmoralischen Kriegspropaganda sprechen.
Man versucht sich als eine "internationale Wertegemeinschaft" in einem hochmoralischen Kampf gegen das "Reich des Bösen" darzustellen: der Kampf der Zivilisation gegen die Barbarei. Dazu ist es notwendig und unabdingbar, den Gegner zu entwerten. Um jedoch der diesem Ziel abträglichen Vergleiche zu entgehen, d.h. die Enthumanisierung des Feindbildes, wie sie bei expandierenden Machtpotentaten in der Geschichte üblich war, bedient man sich einer ausgesprochen semantischen Terminologie: Die über tausend von der NATO bisher ermordeten Zivilisten müssten eigentlich alle Slobodan Milosevic heißen! Die bald völlig vernichtete wirtschaftliche Infrastruktur eines ganzen Landes und somit die Lebensgrundlage aller dort lebenden Staatsbürger, die bereits jetzt radioaktiv und chemisch enorm verseuchte Umwelt, die Zerstörung kultureller Güter von unschätzbarem Wert, die durch den andauernden Bombenterror immer mehr psychisch und physisch gebrochenen Kinder und Erwachsenen - dies alles sind "Kollateralschäden" eines Krieges, der gegen einen einzelnen Machtpotentaten ausgerichtet und rein humanistisch motiviert ist!?

Die NATO-Semantik beginnt schon mit einem relativ harmlos anmutenden Austausch von sprachlichen Begriffen. Dazu äußern sich die deutschen Sprachwissenschaftler Heidrun Kämper (Institut für deutsche Sprache, Mannheim) und Martin Wengeler (Düsseldorf) wie folgt: "Einige in der Regierung vertreten jetzt Dinge, gegen die sie früher auf die Straße gegangen wären. So verwendet man das distanzierte Wort 'Kampfhandlungen', nicht das Reizwort 'Krieg'. Man traut sich nicht, das Kind beim Namen zu nennen [...] Es heißt nicht 'Krieg', man redet von dem 'Ziel, einen friedlichen Kosovo zu schaffen', oder besonders abenteuerlich von 'Friedenserzwingungsmission' [man wählt] "weiche" Worte, um den Militäreinsatz zu rechtfertigen. Wenn von humanitärer Intervention gesprochen wird, ist das eine Legitimationsstrategie, um zu verdeutlichen, dass man das Richtige tut [...] Wenn man die Gegner [Milosevic] des Völkermordes beschuldigt, wird die Richtigkeit des eigenen Handelns betont..." (vgl. Main Echo, Aschaffenburg, 20. Mai 1999)
In Bezug auf den "Völkermord" der Serben an den Albanern sagt Noam Chomsky: "Stellen wir als erstes die Proportionen klar. Nach NATO-Angaben wurden bis zum Beginn der Bombardierung 2 000 Menschen im Kosovo getötet, die meisten von ihnen von serbischem Militär, das ab Sommer 1998 auf die Guerilla-Angriffe auf Polizeistationen und Zivilisten, ausgeführt von einer vom Ausland finanzierten UCK, reagierte. [...] Bereits hier könnten wir die Frage stellen, wie die US-Regierung im Fall von Angriffen auf Polizeistationen und Zivilisten in New York, ausgeführt von einer von Libyen unterstützten Guerillabewegung reagieren würde." (vgl. Noam Chomsky: USA handelt wie ein Mafia-Boss;
http://www.skdz.de\arch\arch4_18.htm)

Kein ernst zu nehmender Mensch kann und will Milosevic in Schutz nehmen, aber warum ist es plötzlich in Deutschland nicht mehr "ewiggestrig" sondern gesellschafts- bzw. gar "bundesregierungsfähig" geworden, Adolf Hitler, Auschwitz und Holocaust so schamlos zu relativieren?

Den grobschlächtigen Teil des Medienkrieges der NATO-Demokratien gegen die Serben kennt man seit dem Anfang der Krise im ehemaligen Jugoslawien. Grundsätzlich hat sich bei der diesbezüglich angestrebten Dämonisierung des Feindbildes nichts geändert. Ich zumindest sehe keinen qualitativen Unterschied zwischen dem damaligen, nekrophil an- und zumutenden Auftritt eines CDU-Täters Schwarz mit seiner öffentlichen Behauptung, die Serben hätten 60 000 Musliminnen vergewaltigt und serbische Ärzte hätten den unglücklichen Hundefötusse in die Gebärmütter implantiert und dem neuerlichen Auftritt eines SPD-Täters Scharping, mit seiner gleichartigen Ungeheuerlichkeit, die Serben entnähmen den massenweise vergewaltigten Kosovo-Albanerinnen menschliche Fötusse aus dem Bauch und brieten sie am offenen Feuer. 

Ein Unterschied liegt allerdings darin, dass die damalige, genauso schleichende wie fast perfekt gelungene Gleichschaltung der Medien nicht mehr so angsterregend global greift. So kann man heute durchaus auch kritische Analysen der Ereignisse in den westlichen Medien antreffen.


Wie haben sich die Rechtfertigungsversuche der NATO für ihre Aggression auf den souveränen jugoslawischen Staat mit der Zeit gewandelt?

1. Zuerst hieß es, man würde die Serben bombardieren, weil sie den "Friedensvertrag" von Rambouillet und Paris nicht unterzeichnen wollten.

Zunächst also, keine Rede von den "längst geplanten, bzw. bereits in Gang gesetzten massiven 'ethnischen Säuberungen' ("Hufeisenplan") und dem hochmoralischen Einsatz für elementare Menschenrechte der Kosovo-Albaner". Das ultimative und unerfüllbare Friedensdiktat von Rambouillet und Paris ist inzwischen in der Öffentlichkeit hinreichend bekannt. Hier deswegen nur kurz über die drei wesentlichen Punkte:

a) Dies waren von Anfang an keine Verhandlungen. Die NATO hat sofort betont, dass im Vertrag kein Jota geändert werden darf. Entweder werden die Serben unterschreiben, oder sie werden bombardiert.

b) Im zivilen Teil des Vertrages hätten die Serben einen sofortigen Kosovo-albanischen "Staat im Staat" akzeptieren müssen (nicht nur die kommunale Verwaltung, Steuern, Bildungs- und Gesundheitswesen, sondern auch die Justiz, die Gesetzgebung und die Polizei wären komplett der serbischen und jugoslawischen Souveränität entzogen worden bzw. hätten sich nicht dem jugoslawischen Bundesrecht unterordnen müssen. Die jugoslawische Armee wäre total aus dem Kosovo entfernt worden und die UCK hätte mit der NATO-Besatzungstruppe aushandeln dürfen, ob sie ihre Waffen abgibt oder sich in eine "reguläre" Truppe umwandeln möchte) - und zwar für eine Übergangsphase von drei Jahren. Danach hätte "die Bevölkerung von Kosovo&Metohija" (mit einer albanischen Mehrheit) über eine formale eigene Souveränität entscheiden sollen. Wäre jemand jemals auf die Idee gekommen, die Begriffe "UCK, Kosovo&Metohija, Serbien und Jugoslawien" durch die Begriffe "IRA, Nordirland, England und Großbritannien" zu ersetzen und Tony Blair unter Kriegsandrohung zur Unterzeichnung zu zwingen?

c) Die NATO wollte für sich im militärischen Teil des Abkommens alle Rechte einer Okkupationsmacht in ganz Jugoslawien erpressen. Der Lieblingseinwand des deutschen Außenministers Joschka Fischer gegen diese Feststellung, den er stets mit leicht angeekelten Gesichtsausdruck vorzutragen pflegt, lautet, dass Milosevic sowieso keine fremden Truppen im Kosovo zulassen wollte und somit diese Forderung der NATO nicht als einer der Gründe für das Scheitern der "Verhandlungen" herhalten könne. Fischer sagt allerdings die Unwahrheit: Es ist eine inzwischen auch in westlichen Medien veröffentlichte Tatsache, dass das serbische Parlament NATO-Truppen im Kosovo ablehnte, dieses gleichzeitig eine UN-Streitmacht, die das politische Abkommen überwachen sollte, akzeptiert hatte. (vgl. Stefan Erlanger, New York Times, April 8, 1999; vgl. auch Noam Chomsky: USA handelt wie ein Mafia-Boss)

Fazit:
Zwingende Schlussfolgerung muss lauten: Die NATO war von Anfang an an keiner friedlichen Lösung des Konfliktes interessiert und wollte den Krieg.

2. Die NATO führe den Krieg, um eine "humanitäre Katastrophe" zu verhindern sowie den Milosevic zu schwächen.

Die zwei einzig klar voraussehbaren Folgen des NATO-Angriffes waren

a) die unendlichen Flüchtlingsströme (mehr darüber siehe unten), also erst recht eine humanitäre Katastrophe und

b) das völlige Lahmlegen der demokratischen Opposition in Jugoslawien. Fazit: Die obige Erklärung war kein Meisterstück der NATO-Kriegspropaganda. Man muss es entweder als sträfliche Ignoranz oder als bodenlose Heuchelei bezeichnen. ·

3. Die NATO bombardiert weiter, um die Rückkehr der Flüchtlinge zu ermöglichen.

Zunächst möchte ich etwas Grundsätzliches betonen: Selbstverständlich erschüttert mich das Schicksal sowohl der kosovo-albanischen als auch der serbischen Flüchtlinge aus Kosovo und Metohija, und das vermutlich noch mehr als einen durchschnittlichen Bürger im Westen, denn ich befasse mich seit Jahren mit dem Los der über 750 000 vertriebenen Serben. Diese Menschen stammen hauptsächlich aus Kroatien und wurden hauptsächlich nach der Beendigung der Kriegshandlungen vertrieben (Karl Bildt: "Dies ist die größte ethnische Säuberung in diesem Krieg. Der kroatische Präsident Tudjman ist ein Kriegsverbrecher!"), aber auch aus Bosnien und Herzegowina. Ich kann mich zwar nicht entsinnen, dass die aktuellen entrüsteten Apologeten der kosovo-albanischen Menschenrechte damals Kroatien mit irgendwelchen Sanktionen bedroht, geschweige denn mit NATO-Bomben überzogen haben - sind die heutigen "Möchte-gerne-Moralapostel" in Wirklichkeit eigentlich "Doppelmoralapostel"? Ich meine, ja. Ich bin jedoch ungeachtet dessen der Überzeugung, dass das menschliche Elend und Leid unteilbar sind und keine nationalen oder konfessionellen Grenzen kennen. Allen Flüchtlingen muss umgehend geholfen werden!

Wie bereits erwähnt, die Kroaten haben hunderttausende Serben nach der Beendigung der Kämpfe vertrieben und dies war eindeutig eine verbrecherische und massive "ethnische Säuberung". Wie entstehen jedoch die Flüchtlinge während eines Krieges zwischen den serbischen Streitkräften, der UCK und der NATO? Wenn man dem deutschen Teil der NATO-Kriegsherren und zugleich den obersten Doppelmoralaposteln (Schröder, Scharping, Fischer) sowie den immer gleichen deutschen Fernsehbildern glaubt (die "eindeutig aus einem einzigen Pool kommen und damit die Anbiederung an die Rührseligkeit des Publikums verbunden [ist] oder sogar die Anheizung der Stimmungen, die in den Kolumnen mancher deutscher Gazetten an die Parole 'Serbien muss sterbien' aus dem Ersten Weltkrieg erinnern", vgl. Peter Scholl-Latur, NDR-Talk vor Mitternacht vom 2. April 1999; 'Die Welt' vom 1. April 1999), dann sind alle Kosovo-Albaner entweder "ethnisch gesäubert" oder landesintern vertrieben und dienen den Serben darüber hinaus als "Schutzschilde", bzw. als "lebende Blutbanken". Diese überzogene und deutlich interessengeleitete Instrumentalisierung des unverkennbaren Flüchtlingselends ist allerdings kaum realistischer als die abenteuerliche These Milosevics, die Flüchtlinge seien bezahlte Statisten in einem NATO-Gruselfilm.

Was die eifrigen NATO-Apologeten zu gerne vergessen, ist z.B. der Bericht des Auswärtigen Amtes vom November 1998 (vgl. AA: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Jugoslawien), in dem es u.a. heißt: "In diesem Sinne [der Sezession von Kosovo&Metohija, Anm. des Autors] politisch aktive albanische Volkszugehörige werden nicht wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit, sondern als Separatisten verfolgt..." (S. 5)

"In manchen Orten hat die albanische Bevölkerung ihre Wohnstätten im Zuge der Kampfhandlungen gegen die UCK vermutlich unter deren Führung verlassen..." (S. 9) "Im Zuge der Gegenoffensive der Sicherheitskräfte zogen sich UCK-Einheiten zurück. Mit ihnen flüchtete jedoch nahezu die gesamte Zivilbevölkerung aus den betroffenen Ortschaften. [...] Beobachter trafen [...] in der [...] Ortschaft Malisevo (ehemals fast 20 000 Einwohner) nur noch einen einzigen Einwohner an" (S. 17)

Warum sollte die UCK ihre Taktik, die ins NATO-Rechtfertigungskonzept gegenwärtig so hervorragend passt nun geändert haben? Und warum kommt es in Belgrad (mit über 100 000 kosovo-albanischen Einwohnern) und in den anderen Teilen des Landes, wo nur die NATO und nicht auch die UCK den Krieg hinein trägt zu keinen "ethnischen Säuberungen"?

Die bereits einmal zitierten Sprachwissenschaftler (Martin Wengeler und Heidrun Kämper) ordnen auch diese Sprachwandlung unter "Die Rechtfertigung des NATO-Einsatzes" und sagen: "Aus den anfänglichen 'Flüchtlingen sind so auch 'Vertriebene' geworden [...] Vertriebene sind Opfer, während jemand, der flüchtet, das aus eigenem Antrieb macht."

Der schwedische Friedens- und Zukunftsforscher Jan Oberg ist noch expliziter: "Die westlichen Anführer versuchen die Geschichte zu umschreiben, um ihre Bombardierung des Balkans zu rechtfertigen. Der Wechsel an Informationen, Rhetorik und Erklärungen seit dem Anfang der Bombardierung am 24. März ist eine literarische, eine geistige Akrobatik. Höchstwahrscheinlich haben sie Angst, dass sie ein sehr dunkles Kapitel der Geschichte aufgeschlagen haben [...] Eine Möglichkeit, ihren Fehler als Erfolg darzustellen, ist eine mächtige Medien-Realität zu erzeugen und damit die wirkliche Realität zu ersetzen. Dies ist der Kern des Medienkrieges und das geschieht gerade." Er sieht drei Gründe für das aktuelle Flüchtlingsdrama:

a) Die Serben/Jugoslawen "säubern" Kosovo von den Albanern, weil sie das Gefühl haben, dass die andauernde Zerstörung Jugoslawiens eine Folge albanischer Politik ist.

b) Die Flucht der zivilen Bevölkerung als eine Folge der Kämpfe zwischen den Jugoslawen und der UCK und

c) weil die NATO-Bomben immer wieder zivile Ziele treffen.

Die nachgeschobenen Zusatzerklärungen, die "ethnischen Säuberungen" wären von langer Hand vorbereitet und lange vor dem NATO-Angriff begonnen worden, sind wenig überzeugend. Warum hat die NATO nichts darüber zeitig veröffentlicht? Der Medienkrieg war schon längst im Gange. Warum haben die damals anwesenden OSZE-Beobachter sowie die zahlreichen Angehörigen der verschiedenen humanitären Organisationen nichts darüber verlauten lassen? Warum hat das Auswärtige Amt in seinem Bericht vom November 1998, warum haben deutsche Gerichte bis März 1999 immer wieder bestätigt, dass den Albanern im Kosovo und Metohija keine staatlichen Repressalien wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit drohen? Kann man die planmäßige Vorbereitungen, etwa eine Million Menschen zu deportieren überhaupt geheim halten?

Der auch nachgeschobene ominöse "Hufeisen-Plan" (eine angebliche generalstabsmäßige Operation der 'ethnischen Vertreibung' der kosovo-albanischen Zivilisten) wirft immer noch mehr Fragen, als dass er Antworten gibt. Nicht nur, dass die NATO-Sprecher unter dem Hinweis auf die "Geheimhaltung" immer noch jegliche Überprüfung der Authentizität unmöglich machen. Die angeprangerte "hufeisenförmige" Verlegung der 40 000 jugoslawischen Soldaten und ca. 300 Panzer nach Kosovo und Metohija zu jenem Zeitpunkt würde schwerlich für den angeblichen primären Zweck der Vertreibungen taugen. Wenn man berücksichtigt, dass die NATO damals nicht nur ihre Kriegsdrohungen gegen Jugoslawien ultimativ gesteigert, sondern auch mit der Aufstockung ihres Militärkontingents in Mazedonien von 3 000 auf rund 12 000 begonnen hatte, dann könnte jeder Offiziersanwärter bestätigen, dass die jugoslawische Armee die einzig logische militärische Gegenmaßnahme eingeleitet hatte. Außerdem, die humanitäre Katastrophe ist nach dem Anfang des NATO-Angriffskrieges erst recht und massiv, nicht nur im Kosovo und Metohija sondern im ganz Jugoslawien in Gang gekommen. Steht am Anfang der kausalen Kette der Ereignisse tatsächlich nur ein Einzelner (Milosevic)?

Aber nehmen wir es einmal an (ohne dem wie auch immer gearteten Rassismus Vorschub leisten zu wollen), dass es so was wie einen "selektiven Humanismus" der NATO tatsächlich gibt, d.h. man tritt die Menschenrechte aller anderen Jugoslawen mit Füßen, man bombardiert und tötet sie, man vernichtet ihre gesamte wirtschaftliche Lebensgrundlage und ihre Umwelt, um die Menschenrechte (die Rückkehr der Flüchtlinge) der Kosovo-Albaner zu schützen. Dann muss sich die NATO noch immer die Frage gefallen lassen: Wohin sollen die Flüchtlinge zurückkehren? Die NATO hat nicht nur den Rest Jugoslawiens, sondern auch die gesamte südserbische Provinz Kosovo und Metohija zerstört, eingeebnet, chemisch und radioaktiv verseucht. Die verbotenen Uranium-Projektile beispielsweise werden noch sehr lange die Menschen dort umbringen.

Der kanadische Chemiker Dr. Hari Sharma hat die Folgen der Anwendung der Uranium-Projektile während des Golfkrieges bei den Kindern in der Gegend um die irakische Stadt Basra Jahre lang dokumentiert. Nach seinen Berechnungen werden nach dem Golfkrieg bis zu 35 000 Menschen zusätzlich daran sterben. (vgl. 'Monitor' vom 22. April 1999)

Prof. Doug Rokke, Arzt und Umweltphysiker, war Direktor der Expertengruppe des US-Verteidigungsministeriums, die dieses Verbrechen der "internationalen Staatengemeinschaft" über Jahre im Irak untersucht hat: "Die Apaches und die A-10 (letztere sind längst in ganz Jugoslawien im Einsatz - Anm. d. Autors) feuern in jeder Minute Tausende Urangeschosse ab. Jedes Geschoss enthält rund ein halbes Pfund Uran-238. Wir bekämpfen die Serben, damit die vertriebenen Kosovaren zurückkehren können. Aber wie sollen die Kosovaren in diese Gegend zurückkehren können, in eine radioaktive Wüste, wo ihr Land, ihre Städte mit Urangeschossen übersät sind?" (vgl. 'Monitor' vom 22. April 1999)

Auch wenn sich der brave Professor selektiv humanistisch nur um Kosovo-Albaner sorgt - kann das Motiv der NATO tatsächlich humanitärer Natur sein?

Fazit:
Das Vorgehen der NATO hat vor einiger Zeit Klaus Hartmann, der Vorsitzender des Freidenkerbundes Deutschlands, sehr zutreffend definiert (sinngemäß): "Der Brandstifter kehrt zum Tatort zurück und will unbedingt als Feuerwehr anerkannt werden, obwohl er die ganze Zeit mit dem Benzin löscht."


Bevor man die bisher der Öffentlichkeit weitestgehend verschwiegenen Hintergründe des NATO-Handelns hinterfragt, gilt es den folgenden Tatbestand festzuhalten: Seit dem Anfang der Krise im ehemaligen Jugoslawien stand die NATO ihren dortigen Schützlingen politisch, wirtschaftlich, militärisch und propagandistisch sehr aktiv bei. Die postkommunistischen Anführer der jeweiligen Balkanvölker haben zwar willig und mutwillig mitgemacht und mitgemischt, eigene und fremde Süppchen nach Kräften (mit-)gekocht, auch gelogen, vertrieben, gemordet und geplündert, aber - ist es ein Zufall, dass die Serben zwar regelmäßig am Ende verloren jedoch nicht nur die NATO-Schützlinge gewonnen haben? Ist es ein Zufall, dass mit jeder gewaltsamen Verdrängung der Serben und mit jeder neuen Minimierung des serbischen Staatsgebietes der politische, wirtschaftliche und militärische Einflussbereich der NATO-Demokratien auf dem Balkan dem entsprechend gewachsen ist?

Es gibt nun mal einige Gesetzmäßigkeiten bei allen Neuauflagen des "Drang nach Osten"-Syndroms. Dies bestätigt bereits eine oberflächliche Lektüre der Geschichte der Kreuzzüge, der deutschen Kampforden, der Napoleon-Kriege, des Dritten Reiches, usw. Und wer kann behaupten, dass das NATO-Militärbündnis nicht dabei ist sich Richtung Osten auszudehnen?

Nur ein hirnloser oder ein böswilliger Mensch könnte die NATO-Demokratien mit Adolf Hitler gleichstellend vergleichen. Um so interessanter ist es die geopolitische Aufteilung Jugoslawiens, die Adolf Hitler 1941-1945 (mit der entschiedenen Unterstützung der politischen Führungen der Slowenen, Kroaten, bosnischen Muslime und Albaner) militärisch erzwungen hat mit der dieses mal maßgeblich von den NATO-Demokratien in diesem Jahrzehnt (mit der gleichfalls entschiedenen Unterstützung der politischen Führungen der Slowenen, Kroaten, bosnischen Muslime und Albaner) militärisch erzwungenen Neuordnung des ehemaligen Jugoslawiens zu vergleichen:

Das Rumpf-Serbien nach dem Willen Adolf Hitlers und das Rumpf-Serbien nach dem Willen der NATO sind de facto gleich. Die ehemalige Bestandteile Jugoslawiens, die dadurch in den Einflußbereich von Hitlers Militärbündnis bzw. heute des NATO-Miltärbündnis gekommen sind, sind de facto gleich.

Die von der NATO angestrebten neuen Grenzen Jugoslawiens bzw. Serbiens

The new Yugoslavian/Serbian boundaries according to the NATO's plans

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Vergleich der geopolitischen Karten Serbiens, wie sie von Hitler (1941) und der NATO (1999?) gezeichnet wurden

Comparison of the geopolitical maps drawn by Hitler (1941) and the NATO (1999?)

Kann ein expansionistisches Militärbündnis aus ausschließlich unethischen Motiven und ein anderes expansionistisches Militärbündnis aus ausschließlich ethischen Motiven das gleiche Ergebnis gewaltsam herbeiführen? Es klingt paradox und irrational, aber falls man der NATO den Glauben schenkt, dann muss die Antwort "ja" lauten. Es ist jedoch legitim zu fragen: Könnte die Erklärung der offenkundigen Übereinstimmung im Ergebnis in einer tatsächlichen Gemeinsamkeit liegen, nämlich im unvergänglichen Machtdenken, bzw. im ganz rational und ganz selbstsüchtig ausgelegten geostrategischen Interesse?

WARUM?

Warum jedoch sollte NATO diesen eindeutig illegalen Krieg angefangen, warum das Risiko eines Zusammenbruchs des internationalen Rechts- und Sicherheitssystems sowie einer nicht mehr kontrollierbaren Eskalation in Kauf genommen haben? Mit dieser Gegenfrage reagieren die "Doppelmoralapostel" auf die oben aufgeführten Argumente fast immer und fügen hinzu, dass Serbien weder Erdöl noch irgend welche andere lukrative Ressourcen besäße sowie, dass man keine Lust mehr hat, sich mit den paranoiden serbischen "Weltverschwörungstheorien" herumzuschlagen. Dieses demagogische Abblocken einer sachlichen Diskussion jedoch greift nicht.

Um deine Nachbarn zu überfallen
Brauchst du Öl, Räuber.
Wir aber hausen an der Straße
Die zum Öl führt.
Bertholt Brecht: Bericht der Serben (1941)

Die reichlich übermütig gewordene Sieger des "Kalten Krieges", die Geostrategen der Amerika-NATO und der NATO-Europäer, haben sowohl gemeinsame als auch eigene Gründe diesen Krieg herbeizuführen und (fast) um jeden Preis auszufechten.

Die Gemeinsamkeit liegt auf jeden Fall in der Tatsache, dass die verwunschenen Serben tatsächlich "an der Straße hausen, die zum Öl führt", nämlich zu den vermutlich weit über 10 000 000 000 Tonnen Erdöl rund um das Kaspische Meer. In diesem traditionell russischen Einfluss- und heutigen Grenzgebiet, mit dem zweitreichsten und noch nicht ganz erschlossenen Erdölvorkommen der Welt, tobt schon seit geraumer Zeit ein erbitterter (obwohl noch nicht militärischer) Krieg zwischen dem Westen und dem immer mehr in die Enge getriebenen Russland.

Peter Scholl-Latour analysiert diese neue Strategie aufgrund eines NATO- Öffentlichkeitsbeitrages (vgl. Die Russen sind wieder im Spiel, 'Welt am Sonntag, Nr. 18, 2. Mai 1999): "In diesen Tagen wird im öffentlich-rechtlichen Deutschen Fernsehen ein Film zur Glorifizierung der NATO und zur Bekräftigung der deutschen Rolle im Bündnis ausgestrahlt. Da wird anhand von gestellten Kampfszenen im peinlichen Stil der "Propaganda-Kompanien" einer Strategie des Atlantischen Bündnisses das Wort geredet, die darauf hinzielt, Russland von den Erdöl- und Erdgas-Vorkommen des Kaukasus und Turkestans abzuschneiden. Die zentral-asiatischen GUS-Republiken würden Schritt für Schritt in die NATO einbezogen, um eine geographische Barriere zwischen Russland, Persien und dem Indischen Ozean aufzurichten. [...] Die Präsenz des kasachischen Präsidenten Sultan Nasabajev bei den Jubiläumsfeiern der NATO deutet darauf hin, dass die Allianz sich bis an die Grenze Chinas vorzuschieben gedenkt. Der amerikanischen Planung mag es gut ins Konzept passen, wenn das Reich der Mitte von Taiwan und von Kasachstan in die Zange genommen würde [...] Neben General Naumann meldet sich auch der NATO-Generalsekretär Javier Solana, ein ehemaliger Pazifist, zu Wort, um diese globalisierende Expansion des Bündnisses gutzuheißen..."

Wenn man die traditionelle Verbundenheit Russlands und Serbiens berücksichtigt sowie die historische Tatsache serbischer Widerstandsfähigkeit (Anm.: Serbien verlor im I. WK über 1 Mil. bzw. 25% seiner Bevölkerung; der Verlust an Männer zwischen 18 und 35 Jahren lag bei 51% und gehörte am Ende trotzdem zu den Siegern; ähnlich war es auch im II. WK), dann ist es nicht verwunderlich, dass die NATO ggf. für eine Friedhofsruhe im (bald) eigenen Hinterhof so brutal sorgt.

Die speziell amerikanische Zusatzgründe beschreibt Noam Chomsky (s.o.) folgendermaßen: "Ein anderes Argument, mit dem dieser Krieg gerechtfertigt wird, lautet: Es gehe hier um 'humanitäre Aspekte'. Diese Behauptung ist mehr als fragwürdig. Das ist so, wie wenn ein Mafia-Boss, der der Mörder AG vorsteht, nett zu Kindern ist. Das ist pure Heuchelei. [...] Wenn jemand kein Schutzgeld bezahlt, dann muss der Mafia-Boss seine 'Glaubwürdigkeit' wiederherstellen, damit nicht noch andere auf die dumme Idee kommen, den Gehorsam zu verweigern. Was Clinton & Co sagen, ist: Es sei notwendig, dass alle genügend Angst vor dem Weltpolizisten haben. [...] dass dabei 'humanitäre Aspekte' vorgebracht werden, wurde von allen gewalttätigen Staaten in der menschlichen Geschichte vorgebracht, wahrscheinlich bereits von Dschingis Khan."

Aber auch die NATO-Europäer haben ihre eigenen Zusatzmotive für diesen vernichtenden Feldzug gegen die Serben. Die Idee "Vereinigte Staaten Europas - die neue Weltmacht" ist längst ein konkretes, sich im Eilaufbau befindendes Projekt. Das deutsche Strategiepapier "Europa vor der Vollendung - Das Profil der großen Europäischen Union" als Grundlage dieses Programms wurde auf dem International Bertelsmann Forum, 1998 in Berlin, vorgestellt. Einige Auszüge: "Die Wirtschaftsleistung der großen Europäischen Union wird die der Vereinigten Staaten von Amerika übertreffen [...] Der Status einer Weltmacht [wird begründet u.a. durch] eine herausragende Wirtschaftskraft, gekennzeichnet durch den Zugang zu Rohstoffen [...] Das rohstoffarme Westeuropa bezieht den wesentlichen Teil seiner Energieressourcen über das Mittelmeer und über die Pipelines aus der ehemaligen Sowjetunion. Beide Versorgungsräume und Versorgungswege sind [...] nicht gegen Unterbrechungen und Krisen gesichert..." Wie die neue Weltmacht in spe zu agieren gedenkt wird auch angeführt: " Europa ist eine 'Weltmacht im Wartestand' [...] Diese Welt ist kein Spielplatz für Zivilmächte [...] eine Weltordnungsidee [...] die globale Interessenvertretung [...] die ordnungsprägende Rolle [...] aktive Politik der direkten Nachbarschaft [...] der exemplarische Nachweis der Ordnungs- und Führungsfähigkeit im eigenen regionalen Umfeld..."

Dies wird in Bezug auf die Serben noch deutlicher, wenn man aus dem gleichen Papier erfährt, dass Serbien sowie die großen slawischen christlich-orthodoxen Länder (Russland, Weißrussland und Ukraine) gar nicht zu Europa gehören - nein, wie die "islamisch-arabische Welt" gehören sie zu einem "eigenständigen Zivilisationsraum in unmittelbarer Nachbarschaft". Und sie "hausen eben an der Straße, die zum Öl führt". Da auf dieser Veranstaltung (3-4.Juli 1998) den Serben bereits massive Kriegsdrohungen wegen Kosovo entrichtet sowie den Paria-Status "einer Enklave innerhalb einer erweiterten EU" in Aussicht gestellt worden sind, habe ich diesbezüglich gefragt: Will man vorsorglich die künftige Enklave, das vorprogrammierte erste Reservat der Weltmacht "Vereinigte Staaten von Europa" zuerst auf ein exemplarisches Erziehungs- und Übungsgelände reduzieren? Der damalige Bundesaußenminister, Klaus Kinkel, stellte lapidar fest: "Die Serben sind die größten Verlierer der Ereignisse und sie werden weiter verlieren."

Ich fürchte, dass die NATO-Bomben gerade die Antwort auf meine damalige Frage liefern sowie Kinkels (prophetische?) Aussage grausam erfüllen.

Den andauernden NATO-Kriegswillen bestätigen immer aufs Neue alle laufenden "Friedensinitiativen" der NATO-Geostrategen, einschließlich der G 8 - Mogelpackung. Man hätte zwar zu gerne eine nachträgliche UN-Legitimierung für das begangene, laufende und bevorstehende Unrecht, aber alle Vorschläge enthalten im Grunde das unselige und unerfüllbare Rambouillet-Ultimatum (plus das ohnehin selbstverständliche Recht der Flüchtlinge auf die Rückkehr). Strebt die NATO einzig und allein die bedingungslose Kapitulation der verbrannten serbischen Erde an, als einen "exemplarischen Nachweis der Ordnungs- und Führungsfähigkeit im eigenen regionalen Umfeld"?

Nun wurden neulich Herr Milosevic und dessen Konsorten vor dem ICTY im Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Deportieren von 740 000 und Ermordung von 340 Kosovo-Albanern) offiziell angeklagt. Die NATO gab an, sie würde die Anklage mit Beweismaterial unterstützen.

Ich wiederhole, mir fällt es überhaupt nicht ein einen Herrn Milosevic zu verteidigen, nur: Wie ist es möglich, dass die NATO-Anführer als eindeutige mutmaßliche Rechtsbrecher und verantwortlich für mehr als ein Tausend ermordete jugoslawische Zivilisten, für die bisher nicht erlebte Zerstörungen sowie für die chemische und radioaktive Verseuchung der Umwelt nicht angeklagt sind? Genauso wie vor einigen Jahren die Anführer der bosnischen Serben angeklagt worden sind und die so offensichtlichen Verbrechen der NATO-Schützlinge, Tudjman (siehe oben: Karl Bildt) und Izetbegovic (z.B. zwei Massaker an Zivilisten auf dem Markt Markale in Sarajevo), nach wie vor keine Beachtung finden?

Gilt für die "selektiven Humanisten" der NATO auch ein "selektives Rechtsauffassungsvermögen" der zuständigen Gerichte in den westlichen Musterdemokratien?

Fazit:

  • Das NATO-Bündnis ist offen aufgetreten, um mit geballter wirtschaftlicher, politischer und militärischer Kraft den Anspruch auf die Weltherrschaft zu verwirklichen. ·
  • In Bezug auf die Verschleierung dieses Vorhabens muss man Jan Oberg Recht geben: "Eine Möglichkeit [für die NATO-Anführer], ihren Fehler als Erfolg darzustellen, ist eine mächtige Medien-Realität zu erzeugen und damit die wirkliche Realität zu ersetzen. Dies ist der Kern des Medienkrieges und das geschieht gerade." ·
  • Dieser Vorgang wird gekennzeichnet durch einen verheerenden Niedergang des internationalen Rechts sowie durch einen Verfall der Ethik und der Moral, die durch virtuelle, semantische Konstrukte ersetzt und ihrer Werte beraubt werden.

Die Welt wird am Tag danach ganz gewiss eine andere sein. Ich bezweifle allerdings, dass sie auch eine bessere sein wird.

 

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