Der letzte der sieben Riesenzwerge

Triumph TR 7 Drophead

0, 2, 3, 4, 5, 7, aus.

Die Ausz�hlreime der Automobilindustrie haben zuweilen einen seltsamen und traurigen Takt. Gerade als sie den Triumph TR endlich auch - wie seine sechs Br�der zuvor - als Roadster herausgebracht hatten, kam von Leyland das AUS f�r Triumph.

(Gemischter Fahrbericht von Philipp Waldeck. Fotos von Bernd Schilling, Autorevue 7/1981)"Schnell, bevor es zu sp�t ist"

(Werbeslogan zum TR 7- Drophead).

Wir alle, die Werbetexter eingeschlossen, haben diese Zeilen einige Monate lang f�r einen brauchbaren Gag gehalten, dabei war's die Wahrheit und nichts als sie. Ein paar neue TR 7-Roadster stehen zwar noch auf Lager und wer sie erwischt, wird wohl irgendwann ein gutes Gesch�ft machen, und sei's nur das wichtigste, das mit der Lebensqualit�t, aber im Grunde ist es aus und vorbei und Sense. Mit Triumph ist es zu Ende. Die Cabrios der Modellreihe TR sind zur endg�ltigen Legende freigegeben. Der goldene Lorbeerkranz – Kennung der Liebkindmarke harter Sportfahrer – wandert auf das Grab seiner selbst. Man hat mir vor einiger Zeit den ersten offenen TR 7 in die weit ausgebreiteten Arme geworfen. Respekt vor dem edlen Instinkt: So wurde diesem Roadster der Abschied durch einen harmvollen Tester zuteil, der selbst in seiner siebten Entwicklungsstufe steht, der – wie der TR – anfangs f�r ein Ger�cht gehalten wurde, sp�ter f�r einen Konservativen, bald schon f�r einen Reaktion�r, sodann f�r einen Sentimentalen und einen Narren und schlie�lich f�r einen Totenvogel und Nachrufspezialisten. Es kann sich nur mehr um Stunden handeln, bevor sie diese Etiketten durch jene eines Schwachsinnigen erg�nzen. Dabei w�re eine fehlerfreie, pr�zise Zuordnung seit geraumer Zeit m�glich: Schon lange, bevor die TR-Serie ins Koma kam, war ich auf Grund zahlreicher anderer Kondolenzf�lle ein trauernder Hinterbliebener, der nie mehr so richtig bei Trost sein wird. Drei Stunden, bevor ich den TR 7-Drophead zur�ckgegeben hatte, erfuhr ich die Nachricht vom Todesurteil, das �ber die gesamte Marke vom rationalisierungswilligen Leyland-Konzern ausgesprochen wurde. Die Nachricht stand in der "Schweizer Automobil Revue" war daher �ber jede Unkorrektheit erhaben und versetzte mich in w�tende Trauer. Mein erster Sportwagen war schlie�lich ein roter TR 5 gewesen, mit dem ungeb�rdigen Sechszylindermotor und einer unverge�lichen Stra�enlage. Sie pendelte um den Wert Null, was aber keineswegs den Tiefpunkt darstellte, denn im Herbst �nderte sie sich mit der Au�entemperatur ins reine Minus, und machte vor allem auf nassem Laub den Isaac Newton durch restlose Aufhebung der Schwerkraft l�cherlich.

Seinen Neffen also haben sie nun verdammt, der letzte seines Namens zu sein.

Die erste Handlung des Tages war f�r das innere Gleichgewicht ebenso unentbehrlich wie f�r Henry Miller ein junges Fischweib vor dem Fr�hst�ck

Mein tiefer Ingrimm ob dieser vorwitzigen Entscheidung – derartiges geh�rt vors Parlament oder auf die Liste der Volksabstimmungen – bef�higte mich zu einer kurzschl�ssigen Tat, die weder geschmackvoll noch gottesf�rchtig, f�r das innere Gleichgewicht aber ebenso unentbehrlich war wie f�r Henry Miller ein junges Fischweib vor dem Fr�hst�ck: Ich gab mir, es war grad Mittag, die erste �lung des Tages in Form einer gestrichenen Flasche „Seagrams Royal Crown". Mir ging's also noch ganz gut beim Trauern und so gab ich auch meinem silbernen TR 7 einen passenden tiefen Schluck, was ich, nach dem dritten Becher Gerstenschnaps, geschmacksicher als letzte �lung bezeichnete: Ein H�uberl vom zweitbesten �l – Synthetics w�ren hier schmaler Stil gewesen –, in Erinnerung an alte TR-Zeiten ein L�fferl Ober�l und zum Schlu� ein Fingerh�tchen von der K�niglichen Krone nebst dem Saft eines Himmelschl�sserls.

Obwohl die Triumphs mit dem Himmel eigentlich nichts zu schaffen haben. Dort n�tzen sie uns nichts. Es m��te nat�rlich hei�en: Fahr zur H�lle, Silberner. Dort treffen wir uns ja alle, der James Dean und sein Porsche und die alten Corvetten und die Thunderbirds jener Jahre, in denen sie diesen Namen verdienten, und die Alvis-Roadster und all unsere rasenden Motels, der Puch 650 TR – Puderdose, you remember ? – und "petty" MG-A und mein Gott, selbst der kleine Triumph-Herald, in Emergency-F�llen auch f�r vier geeignet und der offene, riesige 300er-Mercedes, den wir des Tages als Limousine f�r Staatsempf�nge hergeborgt haben und am Abend als Araberzelt f�r fortschrittliche Klassentreffen.

Die Pompf�neberer, die den Wagen um f�nfzehn Uhr holten, waren aus der Art geschlagen. Sie waren p�nktlich, trocken um die Augen und auch sonst schlugen sie Nasses aus. Daf�r krachte der TR 7-Drophead noch einmal hart mit der Ersten, weil die n�chternen Weichlinge zu zart gekuppelt hatten. Ich fand das sehr sch�n als letzten Gru�, und als der Auspuff am Horizont, der ein wenig aus dem Wasserlot lief, verschwand, drehte ich mich um und ging schlafen.

Leisten konnte ich mir das. Der Test war geschrieben, bevor ich besagte Nachricht bekam und er lautet wie folgt, und es wurde kein Wort ge�ndert, weil ja eh kein Wort was �ndert.

 

Am Vorabend der ersten Ausfahrt waren die ersten Touristen �ber mein Stammwirtshaus hergefallen. Mit schweren Fl�gelschl�gen und heiseren Rufen der Erleichterung taumelten sie in die h�lzernen Nischen. Schwei� von ihren Federn troff auf meine Lieblingspl�tze, auf die Hocker und auf die Theke. "Guck mal, der Kaiser", sagte ein sch�nes, aber schwachsinniges Weib, und zeigte mit lackierten Krallen auf des Wirten Gro�vater, der goldgerahmt �ber der Gaccia h�ngt.

Die Okkupation hatte Tradition, war ganz und gar unausweichlich, eine Abwehr auch chancenlos. Meine einzige Guerillabewegung war ein lautes "Zahlen" ohne bitte. Mein Wirt verstand sowieso. Mit einem letzten warmen Blick, der in den Winkeln schon der K�lte seiner Gier aufs Touristengeld wich, schob er mir einen Gratis-Grappa �bers feuchte Holz, sagte fahrig Nimmsleicht und Gutenacht.

Fr�h zu Bett gezwungen zu werden, habe ich eigentlich nur in vier F�llen gern, darunter in den folgenden dreien: eine weite Reise anderntags anzutreten, mit 5 Uhr fr�h am Schalter in Schwechat, oder ein neues Motorrad oder ein neues Auto im Stall, f�r den Morgensport. Letzteres traf zu und so trollte ich mich ohne Groll. In der Garage trat ich auf den TR 7 zu, dachte kurz nach, was mir die erste Ausfahrt am n�chsten Tag bescheren k�nnte, und holte dann die alte Underwood heraus, auf der ich normalerweise nur mehr Anweisungen f�r meine Mechaniker schreibe, der erste Paragraph lautet dabei immer, hier werden die H�nde gewaschen vor der Reparatur, die Autos, die ich fahre, sind schlie�lich keine Massenware. Aber diesmal brauchte ich keine Anweisung f�r Mechaniker. Der Wagen hatte mit exakt 3067 Kilometer gerade die n�tigste Einfahrzeit hinter sich und angeblich keine Kinderkrankheiten gezeigt, was mich zwar argw�hnisch macht und mir nicht einmal sonderlich sympathisch ist, aber ich mu�te es glauben. Was ich schreiben wollte, war ein Waschzettel f�r Neugierige. Die Zeiten sind vorbei, da ich die staubigen Fragen jedes idiotischen Gl�hers sehr gern und mit unendlicher Geduld beantwortet habe. Und so schrieb ich in Versalien f�r Sonnenbrillentr�ger und gesperrt f�r Gleichgewichtsgest�rte und rot unterstrichen f�r Debile und mit Rufzeichen f�r Temperamentlose dieses hin:

 

1. Nein, er geht keine 200 ! Messungen ergaben im Schnitt 175 km/h, bergab mehr, bergauf weniger.

2. Nein, er schafft es nicht unter 10 ! Auf hundert braucht er genau 11,5 Sekunden, das gilt aber nur f�r tatterfreie H�ndchen, weil F�nfganggetriebe (vom Rover, jawoll !) enge Stufen haben.

3. Nein, er ist nicht so teuer, wie er von vorn und vom breiten Hintern her aussieht! Er ist nur so teuer wie von der Seite: 216.000 Schilling inklusive MWSt.

4. Richtig, er braucht Benzin ! Und zwar Super, weil er auf 1:9,25 verdichtet ist: 7,5 Liter bei 90, 9,2 bei 120 und 12,5 in der Stadt, was jeden interessiert, den die DIN 70030 interessiert.

5. Abermals richtig: Er hat PS ! Genau 106, macht 78 Kilowatt, das Ganze aus 2 Liter Hubraum minus einem Stamperl.

6. Ob eine Frau das Verdeck schlie�en kann ? Wenn Sie so viele kennen wie ich: ja. Eine derhebt mich, aber ich nicht sie. Die andere, die wir beide gut kennen, die mit den hervorragenden Fingern�geln, braucht einen Chauffeur.

Oh ja, ich bin mit dem Wagen sehr zufrieden, und dabei bin ich schon 30 Kilometer mit ihm gefahren.

Im Gegensatz zu meinen schreibenden Freunden, die Weltmeister der kurzen Form sind, neige ich zu einer gewissen seri�sen Ausf�hrlichkeit. So geriet mir auch der Notizzettel etwas zu ger�umig f�r die Windschutzscheibe. Ich klebte ihn auf die rechte Beifahrert�r. Als ich anderntags beim ersten Wirtshaus stehen blieb, trat einer von links heran und fragte, geht er 200 ? „Nein", sagte ich, „er geht dreihundert, aber nur auf der Pasterze, irgendwas mit dem Vergaser ist nicht in Ordnung, er braucht d�nne Luft, haben Sie zuf�llig welche bei sich ?" Ich zeigte ihm dann, wie satt eine Beifahrert�r ins Schlo� f�llt und ging auf einen Ro�bacher mit G�ssinger und lie� den Wagen stehen und fuhr mit dem Taxi heim.

Der Test beginnt also strenggenommen am zweiten Tag und ich habe das alles nur vorweg genommen, weil ich das mit den technischen Daten und der Fragerei nicht mehr h�ren kann, nicht einmal von mir.

Von der Seite schaut er aus wie kein anderer. Da wirkt er unendlich jung

AIso der zweite Morgen. Es war f�nf Uhr, lIse Buck war noch nicht auf und auch sonst versprach es ein blendender Tag zu werden.

Dieses Summen in den Ohren, wie Meeresbrandung von weit her, zeigte mir an, da� es ein guter Tag werden w�rde, und es wurde der erste hei�e des Jahres. Dieser ist mein wahrer Geburtstag. Die innerlich erstarrte Zeit der K�lte weicht endg�ltig einem Hochsommer, und es ist unvergleichlich, mit klappernden Holzpantoffeln rund um diesen Wagen zu gehen, der fast so breit ist wie lang, so da� man meint, man ginge im Kreis, und so geht man, klapp, klapp, von einem Druckknopf zum anderen, einer auf jeder Seite. Dann macht man die breiten T�ren auf und greift nach den Hebeln �ber der Windschutzscheibe, die elegant verdeckt sind, zieht sie auf, schaltet das Radio lauter und gibt das Verdeck nach hinten. Und weil die Buck immer noch nicht da ist, opfert man gut gelaunt der Sch�nheit dieses Autos und fischt nach dem Schl�ssel f�r den Kofferraum. Dortselbst liegt eine fast �ppige und – wie lange brauchten die Engl�nder, das zu begreifen – gro�z�gig zugeschnittene Abdeckplane f�r das zur�ckgekippte Verdeck.

Speichenradln w�ren wie eine Yakbutterkerze statt Neonlicht in der U-Bahn

Ohne sie geht es nat�rlich auch, mit ihr ist es sehr viel sch�ner. Die blaue Farbe f�r all das, f�r die Sitze, das Verdeck und die Plane, ist ein wenig gew�hnungsbed�rftig, aber gerade noch nicht amerikanisch, und erg�nzt den Silberlack eigentlich recht h�bsch. Und ein offener Wagen ist ja eigentlich immer sch�n, die Abstufungen sind eher geschm�cklerisch. Von vorn schaut der TR 7 aus wie teuerstes und schnellstes Italien. Von hinten auch, wenn er auch ein bi�chen hochkommt mit der Unterkante - und die R�ckleuchten, wie mein Neffe meint, ein wenig schneidiger sein k�nnten. Von der Seite schaut er aus wie kein anderer. Da wirkt er unendlich jung. Da braucht er noch ein wenig Verst�ndnis. Die Keilform ist ein bi�chen halbstark und man wartet eigentlich drauf, irgendwo an der Flanke ein Antiatomzeichen zu finden oder eine aufgespr�hte Kleinigkeit oder ein altes Blechabzeichen, wie es fr�her die Marines im S�dpazifik getragen haben, beim Angriff auf Midway, und wie es heute die Softies unter den Punks tragen, beim Angriff auf den Mittelstand. Aber im Gegensatz zum Coup�, das mit der totalen Keilform auffuhr, ist sie jetzt hinten sanft nach unten verflossen, was besser ist, als man auf Grund der wenigen Millimeter Korrektur vermuten m�chte. Jetzt wirkt er nicht mehr so zur�ckgeb�rstet – ein Vokabel, das in einem fr�hen TR-7-Test der AUTOREVUE, als es noch keinen offenen gab, auftauchte und mir wegen der einzigartigen Richtigkeit des Wortes in Erinnerung blieb. So wie das Auto jetzt dasteht, ist es wahrscheinlich �berhaupt in Ordnung, nur ich passe nicht zum TR-7-Profil, ich und meine Hawara, der Teddy zum Beispiel. Jenseits der Drei�iger, allesamt, haben wir zwar die midlife crisis untertaucht, weil das Bleigewicht eines ausgef�llten Lebens und der �ber Erwarten freundlichen Damen uns bisher daran hinderte, an die Oberfl�che zu kommen und gen�gend Sauerstoff zu kriegen, um richtig nachzudenken und zu schrecklichen, depressiven Erkenntnissen zu kommen. Unsere midlife crisis zeigt sich wahrscheinlich darin, da� wir vor unserem Beisl auf den Gehsteig treten, den Gspritzten in der Hand, das Triumph-Cabrio von der Seite anschauen und sagen, nicht ganz mein Fall.

Aber, mein Gott, was erwarten wir ? Speichenradln w�ren da wie eine Yakbutterkerze statt Neonlicht in der U-Bahn und wir m�ssen �berhaupt aufpassen, da� uns die blinde Verehrung der Stilmittel der f�nfziger und sechziger Jahre nicht als Impotente der achtziger Jahre ausweist, die den H�ftknick am MGA nur deswegen verehren, weil sie damals sowas noch selbst konnten.

Ich habe daher ein tiefes Mi�trauen zum Urteilsverm�gen meiner Clique gefa�t. Mir ist es wesentlicher geworden, was meine kleinen Freunde sagen, die noch ihrem F�hrerscheinalter entgegenfiebern. Robert findet den TR 7 in Ordnung, was in der k�hlen Sprache heutiger Youngsters ein Adelspr�dikat ist, und Nini meint �berhaupt, ein anderes Auto k�me fortan nur dann in Frage, wenn ein Fernseher eingebaut w�re, in Farbe und mit Video, denn eines ist klar, der Muppet am Piano klimpert auch die Trauer �ber einen verlorenen TR 7-Drophead weg wie nix.

Versetzen wir uns kurz in die alten, �ligen Zeiten. Wir fuhren damals die englischen Langhuber, Sto�stangenmotoren von au�erordentlicher Unkultur, die behutsam warmgefahren werden mu�ten. Wir schlichen bei Antritt einer Reise gute zehn Minuten mit niedriger Drehzahl in tiefen G�ngen durch unbewohntes Gel�uf, weil's so l�cherlich aussah, mit einem Healey 3000 um die Ecken zu kriechen, wie ein Gest�rter. Manche haben die Prozedur psychisch nicht verkraftet, sind nach den ersten Hohnrufen verdutzter Passanten mit roten Ohren voll draufgestiegen und haben die Karre drei H�userbl�cke weiter beim n�chsten Mechaniker abgegeben. Wenn die Aggregate warm waren, vertrugen sie zwar immer noch keine Jubel-Drehzahlen, aber sie hatten diesen unvergleichlichen Bi�, der aus dem Keller kam, und jenes Langhuberr�cheln, das du mit keinem Sonderauspuff der Welt einem modernen Quadrathuber entlocken wirst.

Beim 2-Liter-Motor des TR 7 f�ngt der rote Bereich erst in den vorwitzigen H�hen der Siebentausender an, sein Sound hat mich nicht befriedigt (dieser indes lie�e sich mit modifiziertem Topf verfeinern), aber er hat, was wir anzuerkennen haben, wenigstens noch einen mechanischen Choker und eine kurze st�rrische Kaltlaufzeit.

Deutsche Tester monierten, die starre Hinterachse neige zum Versetzen, was aber nat�rlich gut ist. Wenn wir nur mehr Autos fahren, die kein Eigenleben aufweisen und zur Generation der Leitgestrahlten z�hlen, verk�mmern unsere Instinkte und wir werden keiner schwarzen Katze mehr ausweichen k�nnen, die j�hlings unsere Bahn kreuzt.

Dennoch kam das enorm hohe Ma� an aktiver Fahrfreude, das ich versp�rte, �berraschend. In der Mittelklasse der Traumwagen lag er darin mit dem Lotus Esprit gleichauf, dieser wie jener 2000 Kubik und ein F�nfganggetriebe. Der Lotus war insgesamt kultivierter und bissiger. Daf�r ist der Drophead offen und so wird jede Geschwindigkeit um 40 km/h schneller, weshalb der TR 7 subjektiv der Rasanz des Lotus gleichkommt. Dies ist freilich auch eine Frage der gew�hlten Strecke. Wer mit offenen Autos die langweiligen Autobahnen bef�hrt, verw�hnt wahrscheinlich auch Zauberm�use mit einem Ausflug nach Jesolo und ist jedenfalls selbst schuld, nie das zu sp�ren, was dieser TR 7 am besten kann: Mit einer gl�cklichen Symbiose aus Beschleunigen in den G�ngen zwei, drei und vier, zartem Driften und aufheulendem Herunterhakeln inklusive Einschleifen mittels tip toe eine Gegend zu durchkreuzen die den richtigen Rhythmus aus engen und schnellen Kurven bietet, und aus Geraden, die gerade so lang sind, da� man die F�nfte nicht braucht.

Womit wir zu einem geografischen Geheimtip aus dem Raum Wien kommen, einer Strecke ohnegleichen, deren fahrerischer Reiz internationale Vergleiche nicht scheuen mu�.

Wir Globetrotteln streiten uns zuweilen herum, welche Weltgegend die sch�nste von allen sei. Einfach ist das nicht. Es f�llt ja schon schwer, bei Weibern auf einen Nenner zu kommen, obwohl das leichter ist, weil ihr Appeal wenigstens unabh�ngig von Wind und Wetter ist, es sei denn, sie stehen im Regen und dann sieht die eine hinrei�end aus und die andere, die im Trockenen gleichwertig war, nicht.

"Lamu", sagt Herbert, "�ber Lamu, Afrika, geht nix". Und weil er dabei sein zutiefst �sterreichisches Lieblingswort verwenden kann, f�gt er neuerdings hinzu, "was sch�neres sehe ich nimmer, g'wi� nimmer". Ich kontere f�r gew�hnlich mit ordin�rer j�discher K�rpersprache und sage: "Kann sein, kann sein auch nicht. Ich tippe eher auf Kweilin, ihr wi�t ja, in Shanghai rechts ab, wenn ihr von Peking kommt, oder in Kanton links hinauf, von Hongkong ausgesehen."

In solchen Momenten falle ich ihnen wunderbar Nerven, weil St. P�lten kennen sie ja ganz gut, die Blo�f��igen, aber China haben sie nat�rlich nie geschaut. Ich bleibe bei der Version, Kweilin sei der sch�nste Fleck Erde, weil sie sich gar so �rgern, aber sicher bin ich mir nicht, ob ich recht habe. Die abgerundeten Kegelstumpfberge, die sich in unendlichen Ketten den Flu� Kweikiang entlangziehen, habe ich nur auf Ansichtskarten in aller Pracht gesehen, obwohl ich einen Tag dort entlang fuhr. Aber wir hatten die Nacht davor Stud-Poker gespielt, bis uns die Sirene zum Hafen rief. Und so sah ich die Kegeln wie in einer amerikanischen Nacht, die beim Filmen so erzeugt wird, da� man ein Schwarzfilter vors Kameraauge setzt und den armen Schauspielern mit 4000-Watt-Lichterln voll ins Gesicht f�hrt, damit man wenigstens sie noch sieht.

Aber nicht nur, weil ich kein brauchbarer Zeuge bin, entziehe ich Kweilin insgeheim die Spitzenstellung. Sondern weil ich aus �berzeugung und als vollbl�tiger Patriot seit j�ngstem eine andere, eine �sterreichische Stelle nennen kann, dem TR 7 sei Dank. Sie befindet sich etwa 20 Kilometer weit au�erhalb Wiens inmitten einer jener Strecken, die f�r Autos vom Schlage der offenen Triumphs wie geschaffen sind.

Von M�dling in den Wienerwald kommend, windest du dich nach Heiligenkreuz die Serpentinen hoch, die sich gleich nach dem Stift breitfl�chig dem ausgedrehten zweiten Gang bieten. Die letzte Kurve geht nur mehr mit Halbdampf, sonst ringelt man sich ein und f�hrt �ber die B�schung in der Diretissima zur�ck, was ungef�hr so ein Gef�hl sein mu� wie die Mausefalle am Hahnenkamm. Nachher geht's eine gestreckte Gerade bergauf, auf der man kaum die F�nfte erreicht. Oben am H�gel w�hlt man die Abzweigung nach Mayerling.

Wenn das idyllische Wirtshaus Marienhof zur Linken auftaucht, empfiehlt sich eine erhebliche Stauchung des Ger�ts, was mit den vorderen Scheibenbremsen ausgezeichnet geht, sofern man die Wadeln eines Au�endeckers vom FavAC hat. Hinter dem Marienhof bietet sich eine einmalige Gelegenheit, den dankbar auf den silbernen Sportwagen niederstarrenden Terrasseng�sten leutselig zuzuwinken, was mit unbewegtem Gesicht gar nicht so einfach ist, da die zwei engen Schl�ngelkurven starke Handarbeit erfordern, was im Gegensatz zum TR 3 zwar mit einer Hand geht, aber nur gerade noch. In Mayerling, im Garten des Gasthofs vor dem Jagdschlo�, wird echtes Cornetto Heidelbeer geboten. Das pa�t mit seinem k�nstlichen Aroma hervorragend zur Vermarktung vom guten Rudolf und seiner armen Mary und wer die Habsburger wirklich gern hat, nimmt doch besser einen Becher vom Roten.

Der offene TR 7 macht weit mehr her als er kostet, speziell wenn er mit der Schnauze nach vorn quer zum Zaun steht. Dies als Tip f�r Geizkr�gen, denen es nur um Wirkung geht. Ich z�hle nicht zu jenen. "Der da", sage ich zur sch�nen Kellnerin, "gh�rt mir – und dir auch, f�r einen Tag mit anschlie�endem Fr�hst�ck, wennst willst". Sie will nicht und schaut kurz und ver�chtlich auf mein verfilztes f�nfgangfarbiges Haar und da sehe ich erst, wie grundh��lich sie ist.

Man nimmt nach dem Kaffee die Strecke retour, hinauf jetzt, beim Marienhof wieder vorbei, und die Abzweigung nicht nach Heiligenkreuz, sondern nach links Richtung Alland und dann kommst du zu einer kleinen Pa�h�he und das Land rei�t auf bis zum Horizont und eine Surfwelle Laubwald geht �ber in eine Flutwelle Nadelwald, und dahinter noch eine und noch eine. Wenn es jemals eine Farbperspektive gegeben hat, dann diese Abstufung vom Gr�n einer Flasche, die mit Mouton Rothschild gef�llt ist, bis zum w�ssrigen Lindgr�n ganz hinten, wo du Baden bei Wien vermuten kannst.

Und da steht man dann ziemlich gl�ubig, und setzt sich dann auf die aggressive, warme Motorhaube und schaut sich krumm, und einer um den anderen f�hrt vorbei und schaut neidisch auf den TR 7, statt da� er neidisch w�re auf das, was er bietet und was wir l�ngst zum Motto unserer Cabrio-Leidenschaft gemacht haben: Den Panoramablick, den du in verl�teten Autos nie haben wirst und die Gewi�heit auf der Welt zu sein.

Preis

216.000 Schilling

Motor

Reihenvierzylinder mit obenliegender Nockenwelle (45 geneigt). Hubraum 1998 ccm, Bohrung x Hub 90,3 x 78 mm. Leistung 78 kW (106 PS) bei 5500/min. Maximales Drehmoment 16,5 mkp bei 3500/min. Verdichtungsverh�ltnis 9,25:1. F�nffach gelagerte Kurbelwelle. Zwei SU-HS-6-Vergaser. Wasserk�hlung mit Visco-L�fter. Literleistung 53,1 PS/I. Leistungsgewicht 9,95 kg/PS. Elektrik: Batterie 12 V 40 Ah, Drehstromlichtmaschine 12 V 40 AI1.

Kraft�bertragung

Heckantrieb. Einscheiben-Trockenkupplung. Vollsynchronisiertes F�nfganggetriebe mit Mittelschaltung. Untersetzungen: 3,32 – 2,09 – 1,40 – 1,00 – 0,83. Retourgang: 3,43:1. Achsuntersetzung: 3,9.

Fahrwerk

Selbsttragende Karosserie. Vorderachse: Unterer einfacher Querlenker und McPherson-Federbeine (Schraubenfedern mit Koaxiald�mpfern). Hinterachse: Starrachse mit Schraubenfedern, 2 L�ngs- und 2 Schr�glenker, Teleskopd�mpfer. Vorn und hinten Kurvenstabilisator. Zweikreisbremssystem. Vorne Scheiben-, hinten Trommelbremsen, mit Bremskraftverst�rkung. Bremskraftbegrenzer f�r die Hinterr�der. Stahlfelgen 5,5 J. G�rtelreifen 185/70 HR 13.

Abmessungen und Gewichte

L�nge/Breite,'H�he 4065/1680/1250 mm, Radstand 2160 mm, Spur v/h 1410/1405 mm, Gewicht 1055 kg. Tankinhalt: 54,5 Liter.

Fahrleistungen

0 – 80 km/h 7,6 sec

0 – 100 km/h 11,5 sec

0 – 120 km/h 16,8 sec

40 – 100 km/h 14,5 sec

Benzinverbrauch

Nach ECE-Norm (Super) bei Tempo 90/bei Tempo 120/Stadtzyklus: 7,5,'9,2/12,5 Liter/100 km. Verbrauch in der AUTOREVUE-Testzeit: 13,2 Liter/100 km.

 

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