This interview is taken from: Black Goddes

DER WAHRE GEIST DES BLACK METAL?

 

Wohl kaum eine andere Band hat in den letzten Monaten für so viel Furore und erboste Reaktionen gesorgt wie Kanwulf mit seinem Solo Projekt Nargaroth. Sei es durch haßerfüllte Lyrics, politisch anstößige Äußerungen im Booklet der CD "Herbstleyd" oder kontroverse Statements in Interviews, Kanwulf ließ offenbar keine Gelegenheit aus, den Leuten vor den Kopf zu stoßen. Viele werden sich jetzt wundern, warum dann gerade einer Band wie Nargaroth in dieser Form ein Forum geboten wird und wenn ich an die wütenden Reaktionen denke, mit denen ich mich schon vor Veröffentlichung des Interviews herumschlagen durfte, kann ich mir gut vorstellen, daß einige Reaktionen weit über 'sich wundern' hinausgehen werden. Deshalb möchte ich hier erst einmal die Möglichkeit ergreifen, zu erklären, wie und unter welchen Umständen es zu einem Interview in dieser Form kam.

Zum einen bin ich der Ansicht, daß die freie Meinungsäußerung eine Grundessenz der Demokratie ist. Von daher lehne ich es kategorisch ab, Ansichten, die nicht der allgemein anerkannten Meinung entsprechen, zu zensieren. Das bedeutet jetzt nicht, daß ich alle Aussagen Kanwulfs für mich bejahen kann, aber deshalb habe ich, genausowenig wie irgend jemand anderes, noch lange nicht das Recht, ihm sozusagen den Mund zu verbieten, indem ich alle Äußerungen, die für Diskussionen sorgen könnten, einfach wegkürze, weshalb auch in diesem Interview sicher einige Kommentare stehen, die vor Political Correctness nicht gerade strotzen. Ursprünglich war dies als 2 bis 3 Seiten Artikel geplant und ich hatte vor, Kanwulf aus seinen eigenen kontroversen Aussagen einen Strick zu drehen, doch zu meiner eigenen Verwunderung mußte ich feststellen, daß er keinesfalls der infantile Spinner ist, für den ich ihn anfangs hielt, der Sprüche klopft, um auf sich aufmerksam zu machen, sondern daß seine Aussagen durchdacht sind und er in der Lage ist, zu erklären und zu begründen, warum er so denkt.

Ein weiterer Grund, warum der Artikel in dieser Form erscheint, ist der, daß Kanwulf ungeachtet dessen, ob man ihn nun mag oder nicht, von der psychologischen Seite her betrachtet, ein äußerst interessanter Charakter ist. Deshalb dreht sich das Interview auch nicht so sehr um die Musik von Nargaroth, sondern vorrangig um den Menschen Kanwulf. Ich denke auch, daß dieses Interview auf keinen Fall ein normales Durchschnittsinterview darstellt. Das soll jetzt keine Arroganz oder Selbstüberschätzung sein, sondern ist damit begründet, daß meine Bekanntschaft mit Nargaroth (oder wie immer man das auch nennen mag) nicht erst durch dieses Gespräch zustande kam, sondern nun schon einige Monate zurückreicht. Wobei ich sagen muß, daß ich kein Nargaroth Fan bin und die erste Zeit dieser Bekanntschaft von gegenseitiger Antipathie und Verachtung geprägt war (nähere Erläuterung siehe weiter unten). Ich schreibe das hier nicht, um mit ellenlangen Erklärungen unnötig Seiten zu füllen, aber diese Vorgeschichte ist für das Verständnis der Interviews essentiell, da Kanwulf in seinen Antworten mehrfach darauf eingeht. Auch wäre ohne diese 'Vorbelastung' mit Sicherheit nie ein derart offenes und persönliches Interview zustande gekommen.

Doch genug der Einleitung und los geht es mit der

 

CHRONIK EINES INTERVIEWS

Im Dezember 1998 nimmt das Unheil seinen Lauf als ich für Deftone (RIP) Ausgabe Nr.9 folgende CD Review schrieb.

NARGAROTH

"Herbstleyd"

(No Colours)

Irgendwie ist diese CD eine relativ zweischneidige Sache, denn auf alles, was man zu diesem Album sagen könnte, folgt gleich darauf ein dickes Aber. Angefangen von der weiblichen Sprechstimme, die zwar äußerst angenehm klingt und mit einer 0190 Nummer sicher auch viel Geld verdienen könnte, aber leider so einen geistigen Durchfall verzapft, daß man vor lauter Ärger fast eine Magen-Darm Verschlingung bekommt. Vielleicht liegt es ja auch daran, daß ich mit meiner beschränkten Intelligenz die tiefere Bedeutung von Tante Bertas Märchenstunde nicht verstehen kann, aber die bedeutungsschwangeren Stories über Herbstdepressionen oder Wölfe aus der Unterwelt nerven einfach, vor allem nach mehrmaligem Anhören. Mit der Musik verhält es sich so ähnlich. Zieht sich beim ersten Einlegen noch ein wohlwollendes Grinsen über das Gesicht, als die Anzeige 70 Minuten Spielzeit aufweist, vergeht einem dies ziemlich schnell. Schon der Titelsong "Herbstleyd" wartet mit 16 Minuten Spielzeit auf, wovon allerdings die ersten 10 Minuten aus einem eintönigen Intro mit seltsamem Singsang, prasselndem Feuer, Trommeln und Tante Bertas Frustration bestehen. Wenn die Band dann endlich mal loslegt, schaffen sie es direkt, den inzwischen doch ziemlich genervten Zuhörer mit ihrer Musik positiv überraschen, doch sobald sich etwas Atmosphäre aufgebaut hat, wird sie auch gnadenlos wieder von einem weiteren nervigen Intro oder ewigem Rumgeklampfe zerstört. Genau hier liegt in meinen Augen auch das Problem von Nargaroth begründet: Sie haben zwar durchaus gute Ideen und der hier vertretene Black Metal könnte glatt begeistern, wenn sie nur nicht jede Idee wie einen plattgefahrenen Igel auf der Landstraße so lange auswälzen würden, bis es einfach nur noch unappetitlich ist. Wirklich schade drum, denn wenn die Intros und Tante Berta drastisch reduziert worden wären und sie das Songmaterial etwas zusammengefaßt hätten, dann wäre wahrscheinlich ein ziemlich gutes Album dabei rausgekommen - denn, wie gesagt, Ideen haben sie ja. (6 Punkte)

Mi, 03.03.1999 Eigentlich wäre das Thema Nargaroth damit für mich schon beendet gewesen, doch durfte ich mir dann von einem sichtlich erheiterten Chefredakteur gratulieren lassen, daß ich die erste in der Redaktion sei, die eine Morddrohung erhalten hätte. "...diese arrogante Art der Reviewschreibung zu der Band Nargaroth, ist hier fast schon ein Akt der Beleidigung! .... Ich fühle mich persönlich angegriffen und bin über die flache Denkweise enttäuscht. ... Ich aber lebe auf der Straße und habe ohne fremde Hilfe versucht meine Empfindungen zu repräsentieren, die von diesem Weib gemartert wurden. ... Euer ganzes Konsortium erscheint als ein korruptes und verlogenes Pack denen das wahre Interesse an der Musik verlorengegangen zu sein scheint. Objektive Kritik oder Ablehnungen und daraus resultierende schlechte Bewertungen sind für mich sehr akzeptabel, nicht aber infantile und arrogante Beleidigungen, sie suggerieren Haß in mir. Diese beleidigende Ausführung dieses Weibes zu Nargaroth wird Folgen nach sich ziehen, dennoch ist nichts bestimmst. Nur eines besteht, ich werde es nicht nach (m)einem rationellen gesunden Menschenverstand beurteilen, sondern meinen Haß meine Gedanken führen lassen!!! Kanwulf von Nargaroth"

Do, 25.03.1999 Dimmu Borgir, Dark Funeral Konzert in Lichtenfels. Nichts böses ahnend stand ich in der Umbaupause im Fotograben, als sich ein Typ über das Gitter beugte und fragte "Diana Glöckner vom Deftone?". Auf mein Nicken stellte er sich vor "Ich bin der von Nargaroth!" An den genauen Gesprächsablauf kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, da ich mich von der Situation total überfahren fühlte. Die Quintessenz des Ganzen war jedoch, daß er von mir Erklärungen über meine Review haben wollte und der Meinung war, ich hätte den Sinn seiner Lyrics nicht verstanden. Als er hörte, daß ich die Texte nie bekommen hatte, räumte sogar er ein, daß es unmöglich sei, die Intros und die Bedeutung der einzelnen Songs zu erkennen, wenn man nicht die Texte dazu hat. Die anfänglich noch einigermaßen vernünftig geführte Diskussion scheiterte jedoch relativ schnell an den gnadenlos verhärteten Fronten, so daß er mich letztendlich ziemlich entnervt stehen ließ, was mich nicht gerade mit Trauer erfüllte.

April 1999 Ich bekam die Ablaze Ausgabe mit dem Nargaroth Interview zu Gesicht und durfte erstmals erfahren, daß Kanwulf bereits wegen Totschlags im Gefängnis gewesen war. Auch hier trumpft er wieder mit extremen Äußerungen auf.

Mo, 17.05.1999 Nach einiger Vorarbeit von Florian (Chefredakteur des euch hier vorliegenden Meisterwerks journalistischer Kompetenz) startete ich schließlich den ersten telefonischen Angriff auf die feindliche Nargaroth Front. Um zu verhindern, daß Kanwulf gleich wieder auflegt, meldete ich mich erst mal nur mit "Magacinum Ab Ovo". Wir verabredeten für nächsten Montag einen Termin für ein telefonisches Interview. Nachdem er meine Frage danach, ob er Probleme mit einem kritischen Interview hätte, verneinte, raffte ich mich schließlich noch auf, zu sagen "Dann hast Du hoffentlich auch kein Problem damit, wenn Du jetzt hörst, wer ich bin." Doch bevor ich überhaupt weiterreden konnte, unterbrach Kanwulf mich mit einem absolut ruhigen, gelassenen "Nein, Diana!". - "Woher weißt Du das?" - "Ich kenne Deine Stimme! Ich habe sie gehört!" Hat irgendwie was von Hannibal Lector....

Er erklärte mir dann, warum er keine Telefoninterviews geben will und nachdem ich schriftliche Interviews ablehne, einigten wir uns schließlich auf ein persönliches Treffen. Zu meiner eigenen Verwunderung entwickelte sich aus der Termin- und Treffpunktabsprache dann ein ziemlich langes Telefonat, wobei meine vorgefertigte Meinung über Kanwulf doch ins Wanken geriet. In Ermangelung einer besseren Idee wurde schließlich der Entschluß gefällt, das Interview in meiner Wohnung stattfinden zu lassen. Eine Entscheidung, deren mögliche Konsequenzen mir irgendwie erst nach dem Auflegen klar wurden...

 

DAS INTERVIEW

Sa, 29.05.1999: Kanwulf schafft es mal wieder gekonnt, mich total zu überrumpeln, indem er bereits eine knappe halbe Stunde zu früh bei mir klingelt, noch dazu hält er sich gar nicht erst mit derart unwichtigen technischen Errungenschaften wie Sprechanlagen auf und steht gleich direkt vor meiner Wohnungstür. Nach Öffnen der Tür stapft Kanwulf an mir vorbei, ohne mich auch nur anzusehen, ignoriert meine unhöfliche Begrüßung "Du bist zu früh!" mit konsequentem Schweigen, läuft quer durch mein Zimmer, schließt das Fenster und legt einen Dolch auf den Schreibtisch.

Um von meinen Überlegungen, ob das jetzt ein ausgeprägter Sinn für Theatralik oder ein Hinweis auf das, was mich heute noch erwartet, sein solle, abzulenken, frage ich schließlich nach dem Booklet, das er mir mitbringen wollte, damit ich endlich die Texte lesen konnte. Immer noch schweigend reicht er mir dieses und vermeidet auch weiterhin eisern, mich anzusehen. Während ich versuche, mich auf die Texte zu konzentrieren, läuft Kanwulf mit verschränkten Armen den Raum ab und inspiziert jede Kleinigkeit. Immer noch mit dem Rücken zu mir gewandt, bricht er schließlich sein Schweigen, indem er einige meiner Bücher kommentiert. Während meine Konzentration auf die Texte nun endgültig den Nullpunkt erreicht hat, wendet sich Kanwulf meinem CD Regal zu, nimmt die Graveland CD und stellt sie demonstrativ woanders hin. Auf meine irritierte Frage, was denn das jetzt solle, kommt nur die Antwort, es schmerze ihn, diese CD neben Bands wie Goddess of Desire stehen zu sehen. Nachdem er die Untersuchung endlich abgeschlossen hat, setzt er sich mit einem Gesichtsausdruck, der seinen Unmut deutlich zeigt und gibt damit sozusagen den imaginären Startschuß zu dem wohl schwierigsten Interview, das ich je geführt hatte und das letztendlich mehrere Stunden dauern sollte.

M: Fangen wir einmal mit Deiner Musik an. Das Material auf der CD ist ja mittlerweile schon 10 Jahre alt. Ich weiß, Du hast es schon einmal beantwortet, aber mach es bitte noch mal: Wieso ist es erst jetzt veröffentlicht worden?

K: Es ist zuerst als Demo rausgekommen und nachdem ich dieses Demo veröffentlicht hatte, erkannte ich für mich damals schon diesen gewissen Verfall, diese Werteumkehrung im Black Metal und ich fand, daß diese Musik und auch ich mir zu schade waren, mich da einzureihen. Aufgrund einer Freundschaft mit Steffen von No Colours ist es mehr oder minder aus rein freundschaftlichem Interesse so zustande gekommen, daß ich die CD jetzt veröffentliche, sonst wäre es wahrscheinlich nie dazu gekommen.

Die Kontakte, die mir damals sehr wert waren, haben sich verloren und diese Menschen haben sich verändert, in eine Richtung, die ich für mich und für meine Musik nicht akzeptieren konnte. Der Grund, daß ich es jetzt rausgebracht habe, ist eigentlich wirklich nur, daß es ein Wunsch von Steffen war, aber auch mein Interesse, vielleicht doch noch eine gewisse Meinung kund zu geben, die in mir steckte. Ob das nun jemanden interessiert, ist die andere Sache - wohl weniger. Aber ich wußte, es würden Menschen hören und in der Hoffnung, von diesen alten Menschen, die sich vielleicht dem Grundgedanken dieser Musik noch etwas verbunden fühlen, diese noch zu erreichen, einige wenige, irgendwo... Dem war leider nicht so!

M: Woher kannst Du das wissen?

K: Die Reaktionen bis jetzt beschränken sich auf eher oberflächliche Dinge. Die Musik bedeutet mit wirklich viel. Alles ist sehr emotional geladen, die einzelnen Texte, die Musik und was damit in Verbindung stand: Der Tod meines einzigen Freundes, den ich je hatte, gewisse Tiefschläge, der Tod auch von anderen, mir mittlerweile nahestehenden Menschen, sind in diese Musik verwachsen, weil sie in der Entstehungsgeschichte dieser Lieder inbegriffen sind.

Die Oberflächlichkeit bezieht sich auf die Äußerungen auf der ersten Seite in diesem Booklet und das stört mich. ("Zur höheren Ehre der deutschen Soldaten der Wehrmacht 1933-1945. Die Negierung ihrer Leistungen sowie das Augenverschließen vor ihrer Opferbereitschaft, gerade im letzten Kriegsjahr, ist die Schande unserer Nation!", "German hateful and misanthropic Black Metal, made from White man for White man.") Es heißt doch immer: Wir wollen trennen, Musik von irgendwelchen Ideologien. Dann sollen sie das Booklet verbrennen und sich nur die Musik anhören! Sie wissen doch, wenn sie das Booklet haben, sie kennen doch diese Texte. Es ist doch keine nationalsozialistische Idee dahinter! Das würde ich niemals tun! Nationalsozialismus schränkt ein, setzt Grenzen. Das wäre mein geistiger Selbstmord! Die freie Entfaltung finde ich nur in dieser Musik!

M: Aber es ist nunmal so: Wenn einem die Musik gefällt, dann interessiert einen auch die Band oder der Mensch, der dahinter steht. Wenn Du solche Äußerungen bringst, kannst Du nicht erwarten, daß die Leute, die die CD kaufen, denen das dann vielleicht auch gefällt, das dann rein auf die Musik beschränken, weil eben der Mensch dahinter auch interessant ist!

K: Das Booklet mit den Äußerungen, die den Anstoß erwecken, war nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Es sollte auf 200 Stück limitiert werden und das andere, das jetzt auch im Vertrieb ist, sollte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Leute, die dieses anstößige Booklet bekommen hätten, hätten mit diesen Begriffen etwas anzufangen gewußt. Sie hätten verstanden, daß kein faschistoider Gedanke dahintersteckt, weil sie wissen, daß ich die Kriegsgräberfürsorge und die MIA International unterstütze (Missing In Action, eine Organisation, die Vermißte des Vietnamkriegs ausfindig macht).

Diese Leute hätten verstanden, warum das mit der Wehrmacht drinsteht, warum mir das so wichtig war, daß wir die Soldaten nicht vergessen, weil wir sie, glaube ich, irgendwie vergessen haben. Das mit Absurd ("Absurd, good to know yeah out of jail!!!") war aufgrund des Wunsches, bei meiner Hochzeit einen Mörder als Trauzeugen zu haben, das wollte ich unbedingt, ich wollte keinen Durchschnitt und nicht zuletzt auch aufgrund meiner guten Beziehung zu ihm. "From White man for White man" das gebe ich schon zu. Das zu erläutern würde, glaube ich, niemand akzeptieren, weil es doch wirklich eigentlich so ist, wie es dort steht. Es ist nicht so, daß ich das einfach dahinsage, weil ich irgendwelche Ausländer nicht mag, es ist halt wirklich, daß ich so oft in meinem Leben mit Ausländern zu tun hatte. Privat hat das immer ganz gut funktioniert, sobald es um die Musik ging, war kein Weg - weder Verständnis noch Akzeptanz! Da war nichts da! Ich kann es schon tolerieren, wenn ein Afghane oder ein Vietnamese nicht auf diese Musik steht. Das ist doch voll in Ordnung! Aber daß sie die CD dann teilweise kaputt gemacht haben, habe ich wirklich nicht verstanden.

M: Aber wenn Du etwas veröffentlichst, kannst Du nicht bestimmen, wer das kaufen darf und wer nicht!

K: Ist richtig. Ich kann das nicht beeinflussen, aber meinen Wunsch wollte ich damit klarmachen. Ich hätte das wirklich etwas anders formulieren sollen, aber naja, mein erstes Release, da kann man ja auch mal Fehler machen. Es ist schon wahr, da gibt es eigentlich nicht viel zu erklären, das wird natürlich sofort ziemlich rechtsgerichtet ausgelegt, hat aber wirklich meiner Meinung nach mit Rechtsradikalismus nichts zu tun. Aber das ist... selber schuld!

M: Es ist aber ja schon faschistisch, weil Du diesen Gruppen grundsätzlich absprichst, daß irgend jemand dabei ist, der die Musik verstehen oder einen tieferen Bezug dazu haben könnte.

K: Aus Erfahrung! Es ist wirklich die Erfahrung. Ich habe ja nicht einmal einen einzigen gefunden. Ich kenne sogar welche aus Grönland, die damit nichts anfangen können, obwohl die ja weiß wären, das ist wirklich sehr schade. Aber die stärkste Ablehnung war wirklich bei südlichen Bevölkerungsschichten, die die CD sogar kaputt gemacht haben, nur der Musik wegen. Das fand ich schon schlimm.

Ich mache ja keinen Black Metal, in diesem bronzefarbenen Booklet steht ja nur noch Metal da, weil Black Metal für mich irgendwo mal satanisch war, sollte doch mal so sein und ich habe nicht viel mit Satan am Hut. Darum finde ich, es ist kein Black Metal. Es wäre für mich eine ziemlich starke Beleidigung, wenn ich diese Musik als Black Metal bezeichnen würde, denn das ist es nicht. Dafür ist mir Black Metal, dieser Bergriff, viel zu viel wert.

Ich favorisiere aber diese weiße Rasse dadurch überhaupt nicht, die Weißen sind eher mit das Schlimmste!

M: Aber Du versuchst ja offensichtlich schon, innerhalb Deiner eigenen Rasse zu bleiben.

K: Weil ich dort bisher immer auch die stärkste Akzeptanz gefunden habe. Ich meine, was heißt Rasse? Grönländer, na gut, da kenne ich einen einzigen, der gesagt hat, daß ihm "Das schwarze Gemälde" gefallen hat, aber das hat ja mit Metal nichts zu tun. Äh, jetzt habe ich den Faden verloren. Wo sind wir stehengeblieben?

M: Du versuchst, innerhalb Deiner Rasse zu bleiben.

K: Ich wußte, daß es immer die stärkste Akzeptanz gewesen ist und da ist etwas, das mich damals sehr berührt hat: Es gab Leute oder ganz speziell einen Menschen, der mir heute noch sehr am Herzen liegt. Ich habe heute leider den Kontakt zu ihm nicht mehr, aus beidseitigem Verstehen. Wir haben uns wie Männer getrennt: Wir haben uns umarmt und sind auseinander gegangen. Er hat mir seine Interpretation zu den Liedern gegeben und das war meine! Das war meine Interpretation, die ich in mir gefühlt habe und die hat er mir gegeben. Das ist ein weißer Mensch gewesen, ein Deutscher, das war jemand wie ich, weißt Du? Die Interpretation, dieses Hineinfallen in die Musik, wie ich es verspüre bei Graveland oder Burzum, das hätte ich gerne bei einigen Menschen.

M: Siehst Du es dann so, daß die Hautfarbe ausschlaggebend ist...

K (unterbricht): Für Intelligenz und Interpretation? Nein!

M: Nicht für Intelligenz und Interpretation, sondern gewisse Charaktereigenschaften und Grundzüge, glaubst Du, daß das durch die Hautfarbe bestimmt wird oder dadurch, daß man in einer anderen Kultur aufwächst, daß es sozusagen Erziehungssache ist?

K: A letzteres und B, Du studierst im Nebenfach Psychologie, oder? Es gibt eine Theorie, die besagt, daß Gemütszustand und Charakterentwicklung vom Klima abhängig sind. Die Theorie ist zwar schon sehr umstritten, aber sie ist wahr. Ich kenne viele Spanier und Türken, die eine gewisse Weltoffenheit haben und ich denke schon, daß das durchaus mit den klimatischen Bedingungen zusammenhängt.

Nehmen wir einmal an, es gäbe keine Grenzen, es gibt nur Süden und Norden. Diese nordischen Völker sind rein geschichtlich immer ein sehr primitives und auch sehr aggressives Volk gewesen. Wie soll ich das richtig erklären, ohne daß es jetzt wieder falsch aufgefaßt wird? Ich glaube, daß die Region, in der ein Mensch aufwächst, gewisse Charakterzüge beeinflußt, die für das Verständnis der Musik, die ich mache, notwendig sind, da ich selber hier aufgewachsen bin, zumindest teilweise, ich bin nicht nur in Deutschland aufgewachsen.

Wenn ich sage, ich bin Rassist, was eigentlich nicht stimmt, ich habe es halt im Ablaze Interview geschrieben, dann sehe ich Rassist nicht als etwas faschistoides. Denn wenn in Brasilien ein Peruaner den Brasilianer haßt, ist das auch Rassismus, es hat aber nichts mit Faschismus zu tun. Kann man nicht Rassismus einfach nehmen, ohne zu sagen, daß es faschistisch ist? Ich habe einfach etwas gegen die Interpretation oder den Mißbrauch anderer Kulturen in Bezug auf meine Musik. Das Private hat damit gar nichts zu tun! Meine Musik ist mir mehr wert, als alles andere, mehr wert als alle Menschen, die je mit mir zusammen waren, die mußten das auch erdulden. Wenn mit der Musik etwas schiefging, habe ich die Menschen entsprechend behandelt. Wäre die Musik nicht, wäre auch ich nicht und das ist der Grund, warum ich diese Eingrenzung gemacht habe. Am liebsten würde ich die CD nehmen und sie nur Leuten in die Hand geben, die ich kenne, aber das ist nun natürlich gar nicht möglich. Wenn jemand die CD bestellt, dann müßte er mir normalerweise seinen Lebenslauf schicken, ich müßte sehen, welche Einstellung, welche Urgedanken er hat, wo ich dann sagen kann: OK, das wäre es mir wert, sie ihm zu geben. Weil es mir wirklich so viel bedeutet, so privat ist, was wieder im Gegensatz dazu steht, daß es veröffentlicht wird. Aber ich habe Steffen nicht dazu gekriegt, das so zu machen, wie ich wollte, weil er auch ein finanzielles Interesse hat, was mich in letzter Zeit sehr stört.

M: Du hast gerade gesagt, daß das Klima die Einstellung beeinflußt. Damit sprichst Du sozusagen allen Bands, die z.B. aus dem mediterranen Raum kommen, ab, daß sie diese Musik verbunden mit der entsprechenden Lebenseinstellung machen können.

K: Ich spreche ihnen nicht die Fähigkeit ab, Gitarre zu spielen, aber ich spreche ihnen vielleicht die Fähigkeit ab, den historischen Hintergrund zu leben. Nimm z.B. Rob Darken - der hat mit rechts überhaupt nichts am Hut, ich glaube auch nicht, daß er sich in irgendeiner Form damit beschäftigt - der wirkt an der Nachbildung alter historischer Schlachten mit. Ich habe mir, als ich am Wochenende bei ihm war, ein Video angeguckt - alle Achtung! Er ist sogar noch besser als ich. Diese Verwirklichung der Historie ist etwas, daß er erlebt und das beschreibt er teilweise in seinen Texten. Er lebt das, er ist auf Viking Treffen, er bestreitet Zweikämpfe mit anderen. Darum habe ich ihn getroffen, weil ich dergleichen auch tat. Wir wollten einmal gegeneinander antreten, das hat sich aber bis heute nicht realisiert.

M: Ist es das, was für Dich Black Metal ausmacht? Zählt die Einstellung sogar noch mehr als die Musik selbst?

K: Man könnte das gegen mich auslegen, aber Ja! Es mag jetzt widersprüchlich sein, aber das wird Dir jeder bestätigen, der mich kennt: Eine Musik kann mich unheimlich verzaubern, aber wenn ich die Leute kennenlerne und sehe, daß sie nach der Probe in irgendwelche Discos gehen, dann verliert das sofort an Wert für mich. So ist es bei Burzum nicht gewesen und auch nicht bei Graveland! Bei Graveland war ich am Anfang sehr skeptisch. Es hat mir gefallen, aber ich hatte Angst, den Menschen kennenzulernen. Was ist, wenn das ein einfaches Kind ist, ein einfacher Heini, der lieb irgendwo herumtanzt und auf Volksfesten irgendwelche Techno Lieder zelebriert? Dann habe ich ihn kennengelernt und gemerkt, er ist so, wie er diese Schlachten besungen hat. Das war, als hätte ich meinen Gott gefunden, nicht in ihm, aber in dieser Musik!

Es ist doch die Grundsubstanz, daß die Leute nicht einfach aus dem Proberaum gehen und dann ganz andere Menschen sind. Wenn ich zu Konzerten gehe und den Veranstalter treffe und er mir erzählt, er war mit Gorgoroth essen, die ja ach so grimmig erschienen "Ach, die waren so lustig, haben mit Essen gespritzt und Witze erzählt.". Da frage ich mich: Was soll denn das?! Ich kann mich doch nicht auf eine Bühne stellen, einen gewissen apokalyptischen Sinn vermitteln und dann der feinste Humanist und Spaßmacher sein! Genauso können die Leute von mir nicht verlangen, wenn ich ein Lied mache "Vom Traum, die Menschheit zu töten", daß ich Humanist bin oder in irgendeiner Form freundlich gegenüber Menschen reagiere. Ich könnte aber nie brutal oder negativ zu Behinderten sein, das könnte ich z.B. nicht, auch nicht zu alten Menschen, weil ich einen gewissen Respekt vor der Würde des Alters habe, obwohl das Alter in unserer Gesellschaft sehr würdelos geworden ist.

Dieses 'Dahinterstehen' ist fast wichtiger als die Musik. Da kann mir sogar eine Musik gefallen, die nicht sofort meinen Geschmack trifft, sofern ich weiß, wie stark dieser Mann dahinter steht und was er dafür von sich opfert. Das ist mir das Wichtigste und darum sage ich zu allen Bands, daß sie Pisser sind, weil sie ganz andere Menschen sind. Ich habe wirklich schon viele kennengelernt - Du sicher bedeutend mehr, als ich jemals kennenlernen werde - aber die, wo ich dachte, daß sie mir etwas bedeuten. Darum habe ich auch nur einen Stapel CDs, weil ich die anderen gleich kaputtmache, die kann ich nicht behalten.

M: Du hast ja jetzt schon in mehreren Interviews gesagt, daß der Black Metal tot sei und auch im Supplement von "Herbstleyd" gehst Du darauf ein. Warum denkst Du so?

K: Es geht mir darum, daß der grundlegende Spartanismus absolut verlorengegangen ist. Der Black Metal, der mir ans Herz gewachsen ist, hat eine gewisse Roheit besessen und war frei von jeglicher Pseudo-Professionalität. Als plötzlich, von mir aus auch wirklich Intellektuelle anfingen, sich dem Black Metal anheim zu fühlen, ihn für sich bejahten und plötzlich selber Black Metal machten, waren auf einmal ihre Gesetze geltend. Wenn ich jetzt ein Demo abliefere, das so klingt, wie das von Graveland, ich brauche mir bloß Deine Kritik anzusehen! Mit welchem Recht urteilst Du darüber? So hat es angefangen! Welches Recht maßt Ihr euch an, sowas zu schreiben? Nur weil irgendwelche pseudointelligenten Pisser plötzlich anfangen, ihre tollen Sachen zu machen und dann auch noch intellektuelle Speerspitze des Black Metal genannt werden, sollen diese Gesetze plötzlich geltend sein. Den wahren Gedanken, die alten Demos kennt doch niemand mehr. Wenn ich heute so etwas rausbringen würde, dann würde das mehr Hohn und Spott ernten als der eigentliche Gedanke in sich barg. Wenn ich mir ansehe, welche Bands heute in Booklets gegrüßt werden, kommt mir echt das Kotzen. Was ich da an Aggressivität in mir verspüre, das vermag ich gar nicht richtig zu erklären. Diese 3. Generation, die ab 1996 versuchte, mit ihrem Schmierfinkengehabe irgendwas rauszubringen, das hat mit Black Metal gar nichts mehr zu tun.

(Kanwulf ereifert sich immer mehr, wird immer lauter und gestikuliert wild um sich, bis er mich schließlich ansieht und zu lachen beginnt.) Deine Blicke sagen wirklich alles!

Der Black Metal ist tot! Die Musik, die diese extremen Gedanken in sich barg, die dann in Mord, Totschlag und Brandschatzung geendet haben, was dann als infantil und stumpfsinnig betrachtet wurde, gibt es nicht mehr. Wer hat denn das Recht, diesen Leuten Stumpfsinnigkeit vorzuwerfen? Niemand hat den Black Metal gepachtet, aber dann können die heutigen Fotzen, die die Musik vergewaltigen, nicht irgendwelche Gesetzmäßigkeiten aufstellen, die geltend sein sollen.

M: Aber nicht alles, was für Dich nicht in die Sparte wahrer Black Metal fällt, ist deshalb automatisch schlecht.

K: Warum nehmen diese Leute sich das Recht heraus, den Begriff Black Metal zu verwenden? Ich schäme mich ja selber schon, daß in meinem 1. Booklet Black Metal steht. Wenn ich sie fragen würde, die kennen keine von den alten Bands, z.B. Azhubham Haani. Das ist einer der tiefgründigsten und stärksten Vorreiter dieser Szene, das kennt doch heute keine Sau mehr.

M: Wenn Du so eine Underground Attitüde hast, so lege ich das jetzt mal aus, dann passen aber einige andere Sachen auch nicht dazu.

K: Weil ich die CD rausgebracht habe? Sicher!

M: Ja! Und weil Du ein Nargaroth T-Shirt anhast.

K: Das ist peinlich, stimmt. Aber ich habe nicht viele Sachen und ich wollte mich hier jetzt nicht halbnackt hinsetzen, das wollte ich Dir echt nicht antun. Das hier habe ich von Steffen geschenkt bekommen und da bin ich echt froh, obwohl es wirklich peinlich ist, wenn jemand ein T-Shirt von seiner eigenen Band trägt.

M: Das habe ich jetzt gar nicht gemeint. Das Thema ist einfach, daß es überhaupt ein T-Shirt gibt, das ist schließlich auch Kommerz.

K: Das ist der Grund, warum ich mit No Colours zur Zeit nicht klarkomme. Ich war gegen diese Kommerzialisierung, aber ich habe überhaupt keinen Einfluß darauf. Ich stehe damit überhaupt nicht konform, aber was soll ich denn dagegen machen, im Vertrag steht, daß von jedem Album ein T-Shirt gemacht wird.

M: Um noch mal auf das "Schmierfinken" Thema zurückzukommen, Du kannst es keinem von uns vorwerfen, daß wir Deine Gedanken und Ideologien nicht richtig interpretieren oder den tieferen Sinn nicht erfassen, wenn wir von Deinem Label nicht einmal die Texte mitgeliefert bekommen.

K: Das finde ich auch nicht OK, aber was soll ich denn dagegen machen? Ich habe doch keinen Einfluß auf die Labelpolitik.

M: Aber dann kannst Du uns nicht als unwissende Schmierfinken betiteln!

K: Wenn Du aber schon sagst, wie wenig Infos Ihr habt, dann ist es interessant, wieviel ihr dann in diese wenigen Infos reininterpretiert.

M: Was habe ich denn bitte reininterpretiert?

K: Du nicht, aber ich habe ja noch von anderen Leuten Interpretationen erfahren. Ich fand es aber trotzdem eine Frechheit, was du geschrieben hast. Das macht man einfach nicht! Eure Magazine sind nicht meinungswiederspiegelnd, sie sind meinungsbildend und das ist das Problem.

M: Da sprichst Du unseren Lesern aber gewaltig ihre eigene Intelligenz ab!

K: Ja, durchaus! Die Fähigkeit, eigenständig zu denken, ist selten, v.a. wenn man die CD nicht hat. Wenn man die Review irgendwo liest, will man es vielleicht erst mal selber hören, aber für den Großteil dieser Gymnasiastengesellschaft, die sich jetzt in diese Musik hineinsteigert, seid ihr absolut meinungsbildend. Wenn Du das in Deinem Kämmerchen aufschreibst, ist es Deine Sache, aber Du publizierst es und bist damit meinungsbildend. Du hättest es durchaus auch anders schreiben können als z.B. das mit dem plattgewalzten Igel. Diese Form von Humor trage ich überhaupt nicht! Das kann ich für mich nicht akzeptieren!

M: Ich halte die Review immer noch für gerechtfertigt und von der musikalischen Seite her bist Du ja schließlich nicht so schlecht weggekommen.

K: 6 Punkte, ha! Das ist ja wohl mehr als mäßig!

M: Aber 6 Punkte sind zufällig auch als Durchschnitt im kompletten Soundcheck rausgekommen.

K: Wenn ich mir anschaue, daß manche Leute aus dem Soundcheck Power Metal hören, ist es ja wohl klar, daß die mit Black Metal nichts anfangen können. Das sind halt die Geschmäcker, aber wenn ich Reviews schreiben würde, dann würde ich nicht so in die beleidigende Schiene gehen.

M: Findest Du, daß ich beleidigend war?

K: Für mich auf jeden Fall! Ich habe Dir gesagt, was mir die Musik bedeutet, dadurch bin ich wahrscheinlich emotional sehr gefährdet. Es ist nicht so wie bei den anderen Spinnern, die das machen, um sich selber einen Thron zu bauen. Jeder in der Szene spielt doch in irgendeiner Band, alle knallen mir irgendwelche Bandnamen an den Kopf. Die wollen Mucke spielen und live auftreten. Wenn dann Reviews rauskommen, in denen die Texte als bedeutungsschwanger bezeichnet werden, aber OK, die Lyrics hast Du ja gar nicht gekannt, dann werden sie sich sicher kurz aufregen, aber sie stecken es eher weg als jemand, der wirklich tiefe Gefühle mit dieser Musik verbindet. Für mich ist Kritik schwerer zu verarbeiten, v.a. weil ich sie nicht angemessen fand. Nächste Frage!

M: Du hörst Dich ja langsam ganz schön gefrustet an.

K: Nein, das hat mit Frust nichts zu tun, aber wir kommen bei der Menge Deiner Zettel hier nicht voran.

M: Du hast in einem Interview gesagt, Du hättest die Entstehung unwürdiger Bands verhindert. Stimmt das?

K: Ja.

M: Wieso maßt Du Dir an, zu entscheiden, welche Band würdig ist?

K: Weil die Leute dem Geiste der Musik nicht nahe standen, das habe ich vorher schon erklärt. Die standen so nicht dahinter und ich wollte nicht, daß noch mehr davon passiert und glaube mir, diese Gothics und Punks, die da was versucht haben - schrecklich! Es war auch zu unserem Besten.

M: Aber Du hast doch bei unserem letzten Telefonat gesagt, Du maßt Dir nicht an, über anderen Menschen zu stehen.

K: Nein!

M: Aber das tust Du ja in dem Sinne dann.

K: Wenn Du das so siehst. Ich finde, meine Musik ist nichts Besonderes, es ist nichts Besonderes dabei, außer den Gefühlen, die ich reininterpretiere, aber ich finde meine Musik selbst ist nichts Besonderes. Das steht sicher ganz, ganz unten im Vergleich zu den anderen Sachen, die veröffentlicht werden. Es ist absolut nicht Besonderes! Ich höre sie mir auch nicht an, also ich höre die CD vielleicht einmal in zwei Monaten, da höre ich mal das Intro oder "Das schwarze Gemälde", den Rest kann ich mir gar nicht antun. Es geht nur um die Gefühle, die ich habe für die Musik, aber es hat nichts damit zu tun, daß ich mir anmaße, daß ich was Besseres bin. Nein, es ging mir allein um den Geist dieser Musik.

M: Du hast mir ja gerade wieder vorgeworfen, daß ich v.a. Deine Intros runtergemacht habe, dann erkläre doch, was Du damit ausdrücken willst.

K: Nein!

M: Warum nicht?

K: Ich bin auch irgendwo nicht dazu da, den Leuten zu erklären, was damit gemeint ist. Wenn sie nicht diese eigene Phantasie für sich selber entstehen lassen können, dann sollen sie sich einfach die Musik anhören und den Rest wegspulen, aber ich will nicht erklären, was ich mit dem Intro meine. Ich will nur nicht, daß es als "bedeutungsschwanger" hingestellt wird (Kanwulf schweigt effektvoll und wirft mir einen bitterbösen Blick zu). Das ist es nicht! Es steckt etwas dahinter, aber ist die eigene Interpretation nicht mannigfaltiger als wenn ich es jemandem direkt erkläre?

M: Aber nachdem Dir Deine Ideologie ja so wichtig ist, kann es doch passieren, daß jeder es anders interpretiert und daß es im Endeffekt wieder falsch interpretiert wird.

K: Das wird garantiert falsch interpretiert, so wie alles! Auch in diesem Interview wird wieder vieles falsch interpretiert werden. Damit muß ich leben. Ich habe einfach keinen Bock, das zu interpretieren, das sind mir die Hörer auch nicht wert.

M: Das ist ja ganz schön arrogant.

K: Ja! Nenne es arrogant, es ist einfach wirklich so! Wenn ich die Reaktion der Hörer schon sehe, sie wollen sich nicht damit auseinandersetzen, sondern hängen sich nur an einzelnen Teilen auf. Einige wenige finden das ganz toll und wenn ich frage, was sie toll finden "Ist doch geile Mucke!". Was soll ich mit solchen Leuten anfangen, da habe ich keinen Bock drauf.

M: Ich habe langsam echt den Eindruck, Du suchst Dir ganz bewußt Ärger.

K (offensichtlich vollkommen erstaunt): Warum?

M: Wenn einige Leute Aussagen lesen wie "Was soll ich mit diesen Leuten anfangen?", "Die Hörer sind es mir nicht wert." oder "Ich halte eure Leser für dumm.", dann glaube ich nicht, daß Du Dir mit solchen Kommentaren viele Freunde machen wirst, also scheinst Du es ja bewußt zu provozieren.

K: Meine Antworten sind irgendwo eine Reflexion von dem, was ich von den Hörern erhalten habe, noch bevor ich in irgendeiner Form das Maul aufgetan oder beleidigt habe. Von vornherein kamen so primitive Sachen, die Hörer haben sich nicht damit auseinandergesetzt. Das ärgert mich einfach und dann habe ich auch keine Lust, denen das noch zu erklären. Es ist sicher, daß ich damit auch Leute anspreche oder beschimpfe, die nicht so sind, aber die habe ich noch nie getroffen.

M: Du bist ja ganz schön vorurteilsbelastet.

K: Wenn Du von einem Rechteck immer eine aufs Maul kriegst, würdest Du jedesmal, wenn Du ein Rechteck siehst, Angst bekommen. Du lernst es irgendwann! Ich habe so lange mit dieser Musik zu tun, ich kann da wahrscheinlich gar nichts dagegen machen, daß diese Erfahrungen sich jetzt so in mir auswirken und ich so handle. Würde ich die Musik einfach so machen, wäre es mir egal. Dann würde ich hier irgendwelche Sachen erzählen, die mir gar nichts bedeuten. Dann wären alle glücklich, aber das bringt's doch nicht.

M: Aber vielleicht verurteilst Du auch einige Leute, die...

K: Ja, ist richtig. Das mache ich ganz bestimmt.

M: Du hattest ja auch schon Deine feste Meinung über mich, bevor Du auch nur ein Wort mit mir geredet hast.

K: Ja, ich hatte ja schon gesagt, daß ich da falsch gelegen habe.

M: OK, Themawechsel. Du hast für einige Intros Passagen aus dem Film "Zeit der Wölfe" verwendet. Was hat Dich an diesem Film so beeinflußt oder beeindruckt?

K: Diese Passage am Anfang. Es geht um diesen Grundcharakter des Menschen, Du weißt ja, was sie spricht. Diese Dreistigkeit des Menschen, etwas Artfremdes in Schranken zu weisen und vielleicht sogar zu versuchen, es auszulöschen. Das ist ein ganz markantes Bild der Menschen. Das ist schlimm. Das bezieht sich nicht nur auf den Wolf, das ist eher ein Grundgedanke des Menschen. Der Mensch ist ein Angstbeißer, könnte man fast sagen.

M: Aber das ist doch teilweise genau das, was Du machst, wenn man das jetzt wieder auf den Spruch "From White man for White man" bezieht. Du machst genau dasselbe: Das Artfremde wird ausgeschlossen.

K: Sehe ich jetzt zwar nicht so, aber wenn Du es so interpretierst, das ist Deine Meinung.

M: Wieso siehst Du es nicht so?

K (wird ziemlich laut): Ich glaube, das habe ich vorhin eigentlich erklärt!

M: Aber es ist doch dasselbe Grundprinzip! Ob man es jetzt auf Wölfe oder andere Rassen bezieht, aus Angst oder Unsicherheit gegenüber anderen Rassen oder Nichtkenntnis der fremden Kultur...

K: Das ist Erfahrung! Es ist ja nicht so, daß ich von vornherein dieses Vorurteil hatte, daß ich auf die Welt kam mit dieser Meinung. Zu DDR Zeiten und auch danach, wo ich im Wohnheim war, hatten wir ständig mit Vietnamesen, Afghanen usw. zu tun, das kann ich gar nicht aussprechen, wo die überall herkamen, dennoch hat einer mir sogar wirklich etwas bedeutet. Der hat mir von seinem Buddhismus erzählt und gab mir damit in der damaligen Lebenslage die Ruhe, die ich suchte. Es bezieht sich nur auf die Musik, wo ich aus Erfahrung glaube, daß das Verständnis bei denen nicht ankommt. Das wollte ich auch klarmachen, daß ich die Musik eben nur für die Leute mache, denen das auch irgendwo wertvoll ist.

M: Ich habe mir zwei Zitate aus dem Film aufgeschrieben und will Deine Meinung dazu wissen. Erstens "Die schlimmsten Wölfe sind innerlich behaart."

K: Schön. Weiter.

M: Deine Meinung dazu will ich wissen!

K: Was ich gerade gesagt habe.

M: "Sobald Du vom Weg abkommst, bist Du rettungslos verloren."

K: Vielleicht nicht rettungslos, rettungslos vielleicht im Sinne von einem gewissen Hauptgedanken. Der Weg, den Du gehst, wird sich weiter spalten oder aufteilen und Du wirst Dir immer Deinen Weg suchen. Insofern ist es egal, von welchem Weg Du abkommst, denn die Frage ist ja, welcher Weg ist es, von dem Du abkommst. Denn Dein eigener Weg ist mit Sicherheit nicht der Hauptweg - solange Du selber damit nicht verloren bist.

M: Du hast jetzt auch schon relativ dramatische Erlebnisse hinter Dir. Würdest Du das als vom Weg abgekommen bezeichnen?

K: Ja - in Bezug darauf, wie das gesellschaftliche Auge mich sieht. Ich selber sehe es natürlich nicht als vom Weg abgekommen an. Ich gehe meinen Weg und merke aber anhand von Reaktionen, daß ich schwerstens gestört zu sein scheine, Du sagst ja auch, daß ich arrogant bin, die Leute hier diskreditiere. Ich sehe das anders. Ich sehe das nicht so, daß ich sie vollschnattere, weil ich sie damit ärgern oder beleidigen oder ihnen wehtun will. Ich mache halt nur mein Maul auf. Im Auge der Gesellschaft oder im Auge der Moral bin ich auf jeden Fall abgekommen, denke ich.

M: Du hast mir das letzte Mal erzählt, daß das was im Ablaze über den Totschlag stand falsch war.

K: Ja, das ist richtig.

M: Was ist denn dann die korrekte Version?

K: Es hatte mit der Bundeswehr überhaupt nichts zu tun. Wäre das zur Bundeswehrzeit gewesen, hätte ich bedeutend mehr bekommen, denn dann wäre ich ja volljährig gewesen und das war ich schließlich nicht, aber es ist schon hart an der Grenze gewesen.

M: Und was ist damals eigentlich passiert?

K: Ich wüßte nicht, warum ich es ausgerechnet Dir erzählen sollte, wo ich es nicht mal meiner Frau erzähle.

M: Du warst ja sicher relativ lange im Gefängnis. Hat Dich diese Erfahrung sehr verändert?

K: Ich denke schon, das verändert jeden.

M: In welcher Hinsicht?

K: Zwei gegensätzliche Gefühle werden ziemlich stark ausgeprägt: Wut und Angst, auch bei anderen, wie ich erfahren habe. Man steht da drinnen für das, wofür ich verurteilt wurde, nicht gerade hoch im Kurs. Darum denke ich, formen sich manche zu etwas, dem eigentlich im Gefängnis hätte entgegengewirkt werden sollen. Sie wollen Dich gesellschaftlich integrieren, machen Dich aber gesellschaftsunfähig.

M: Meinst du damit, daß man im Gefängnis zum Verbrecher gemacht wird?

K: Es kommt darauf an, welchen Vollzug Du bekommst. Es gibt manche Vollzüge, da hast Du Glück, da bauen sie Dich auf und Dein Umfeld ist OK oder Du kommst in ein Mangelmilieu rein. Es ist ziemlich stark abhängig vom Unterbewußtsein, wie Du das erlebst, aber da drin sind wirklich die gesammelten Werke krimineller Erfahrung, davon bist Du ständig umringt. Die meisten erkennen nicht die Sühne, die das eigentlich bewirken sollte, dem kann man sich einfach nicht entziehen. Vielleicht bin ich aber auch nicht so edel gewesen, das alles zu erkennen.

M: Jetzt im Nachhinein betrachtet: Würdest Du alles wieder genauso machen?

K: Das ist wirklich eine Gewissensfrage! Es gibt viele Sachen in meinem Leben, mit denen ich einverstanden bin, weil sie mich zu etwas machen, das nicht in eine Schablone paßt. Ich schätze mich als ein gewisses Individuum ein, das nicht in gesellschaftliche Normen paßt, darum bin ich auch relativ froh, daß ich mich nie angepaßt habe. Zum anderen erschwert es natürlich vieles, auch Dinge, die einem dann selber als Mensch wehtun. Ich bin trotzdem ein Mensch! Ich habe trotzdem Gefühle! Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser wäre, wenn ich einfach ein ganz normaler Stino (Stinknormaler) wäre, der nicht soviel nachdenkt und einfach nur lieb ist. Aber ich bin einfach zu "rebellisch", so daß ich keine Normen und Obrigkeiten anerkenne. Ich weiß nicht, woran das liegt, da ist wahrscheinlich in meiner Erziehung etwas schiefgelaufen, daß ich zuviel durchgesetzt habe als Junge...

M: Wie gehst Du damit um, daß Du ein Menschenleben ausgelöscht hast?

K: Wenn es Tag ist und die Welt ist hell und das Zimmer, in dem man lebt, weist immer noch gewisse Konturen auf und ich lasse meine Gedanken darüber fahren, dann glaube ich, daß ich aufgrund meiner Ehrverletzung, die das irgendwo katalysiert hat, es als gerechtfertigt sehe. Es war Verteidigung, die Rache gegenüber meiner Ehre, sowie auch... Ich kann das jetzt nicht sagen, ohne daß es von allen falsch aufgefaßt wird. (Kanwulf ringt nach Worten, überlegt eine Zeit lang, schaltet schließlich mein Diktiergerät aus und erzählt in groben Ansätzen, was damals passiert ist, wobei er mich eindringlich beobachtet.)

K: Wenn es dann aber dunkel wird in dem Raum und man kann überall hinsehen, nimmt jedoch keine Konturen mehr wahr, sondern hat dieses Flimmern vor den Augen, dann hört man diese Szene wieder. Der Puls wird auch bedeutend schneller und man beginnt auch wieder zu schwitzen, so daß ich glaube, daß ich es nicht verarbeitet habe, aber ich kann nicht sagen, ob ich es bis jetzt für mich toleriert oder akzeptiert habe. Solange ich dabei schwitze und Herzrasen bekomme und nicht kalt einfach nur dazu nicke, glaube ich, ist es nicht verarbeitet. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

M: Du studierst ja auch Psychologie. Glaubst Du, daß Dir das in dem Sinne weiterhilft?

K: Ich glaube, es hat mir in der Form gar nicht geholfen. Das einzige, was ich bei meinem Jura Nebenstudium erfahren habe, ist, daß ich damals ziemlich gut weggekommen bin.

M: Du hast das letzte Mal gesagt, Du studierst es nur aus privatem Interesse.

K: Mein Interesse galt der Kriminalpsychologie, dem Grundverhalten des kriminell gewordenen Täters. Das bezieht sich auf einen Film von 1931: "M - Eine Stadt sucht einen Mörder". Wie er da stand und sagte: "So steh' ich da an der Litfaßsäule und lese über meine Tat und frage mich, ob die Leute erkennen, wie es in mir aussieht. Und frage mich, ob die Leute wissen, wer ich bin. Will nicht! Will nicht! Ich muß!" Das hat mich immer interessiert, woran das liegt. Was es ist, das einen zum Massenmörder macht. Denn wenn ich mir selber die Frage stelle: "Könnte ich Amok laufen?" könnte ich es mit Ja beantworten. Ich hätte nicht einmal Skrupel dabei! Da sollte man über sich nachdenken, wenn man diese Frage mit Ja beantworten kann.

M: Woraus resultiert Deine Verachtung für Menschen? Ist das Erfahrung oder eher eine Grundeinstellung?

K: Beides. Aber ich kann meine Erfahrung natürlich nicht zum Grundsatz gegenüber den Menschen machen. Denn die Menschen mit denen ich diese Erfahrungen gemacht habe, reagieren ja auch auf mich. Vielleicht habe ich mich falsch verhalten, so daß sie so auf mich reagiert haben. Aber ich sehe doch, wenn ich den Fernseher anmache, was die Menschen auf der Welt machen, ihr Verhalten untereinander, ihr Verhalten gegenüber der ganzen Welt. Wir haben bis heute nicht begriffen, wie weit das letzten Endes führt, denn wir Menschen sind ja nicht alleine. Es gibt doch noch andere Lebewesen, die genauso das Recht haben, hier zu leben, die schon vor uns da waren und wir gefährden sie doch mit! Wir sind allgemeingefährlich für diesen Planeten und alles, was darauf lebt. Die Natur ist mir wirklich wichtiger als der Mensch. Alles dreht sich nur ums Geld und das macht mich verrückt! Ich lebe vielleicht noch 30 Jahre mit meinem Geld und der Rest ist mir egal. Dieses Bewußtsein ist doch grundfalsch! Ich finde den Mensch schlimm. Ich bin selber einer und darum gehöre ich dazu. Ich sehe absolut keine Lösung, vielleicht bin ich auch zu beschränkt, aber ich sehe keine.

M: Ich nehme an, darauf war es auch bezogen, als Du gesagt hast, die menschliche Dummheit ist schmerzhaft, weil wir es zwar erkennen, aber nichts dagegen tun.

K: Das stimmt. Es gibt viele Menschen, die wirklich mit der Natur leben, die sie achten, die, wenn sie ein Tier finden, es nehmen und pflegen. Ich will ja nicht sagen, daß alle Menschen Idioten sind. Ich kann ja nicht alle Menschen umbringen! Es gibt doch wirklich Leute, die mit der Natur leben, z.B. die Naturvölker. Die sind mehr wert als wir, die sind mehr wert als ich es je sein werde. Ich würde ja gerne mit denen leben, aber wenn ich im Urwald wäre, da würde ich ja nach 3 Tagen an irgendwelchen Krankheiten oder Schlangenbissen verrecken, wenn ich da nackig hin- und herrenne. Ich würde gerne mit diesen Menschen leben, aber dafür ist mein Körper gar nicht geschaffen.

M: Würdest Du denn ein Leben, wie es vor Hunderten von Jahren war, vorziehen?

K: Wir Menschen haben jetzt ja eine gewisse Lebensqualität erreicht und ich glaube, daß der Mensch von heute mit der Lebensqualität von vor hundert Jahren nicht mehr klarkommen würde. Wir würde elendiglich zugrunde gehen. Damals gab es ja auch Kriege, da hat einer den anderen ausgebootet. Der Vorteil des einen war der Nachteil des anderen, die waren auch nicht sonderlich viel netter oder freundlicher. Ich weiß von einer funktionierenden Kultur, wo die Frauen das Sagen haben. Da hat es noch nie Krieg gegeben. Die Männer sitzen im Hintergrund und warten, daß die Frauen es zulassen, daß sie an den Essenstisch kommen. Das ist auch wieder ein bißchen Unterdrückung, aber zu 99,9% werden ja immer die Frauen unterdrückt, wenn es dort halt mal nicht so ist, dann ist das auch in Ordnung. Es könnte durchaus sein, daß es in einer Frauengesellschaft weniger Kriege geben würde. Es sind Männer gewesen, die die Atombombe gebaut haben. Es sind Männer gewesen, die Kriege angefangen und versucht haben, Imperien aufzubauen und der Meinung waren, damit die Überlegenheit der männlichen Rasse zu demonstrieren. Das ist doch Schrott! Sowas nervt mich absolut! Die größten Mißstände sind durch Männer gekommen und auch die meisten Amokläufer und Vergewaltiger sind immer noch Männer. Ich glaube auch, damals waren die Frauen noch schlimmer dran. Im Jahre 925 gab es eine Kirchengemeinde, in der beraten wurde, ob Frauen überhaupt Menschen seien und denke nicht, daß die gesagt haben "Naja, es könnte sein.". Es wurde über eine Woche beraten und sie haben sich sogar geprügelt und mit gerade einer Stimme Mehrheit wurde der Frau eine Seele zugesprochen und die Frau als Mensch anerkannt.

M: Wenn Du die Menschen allgemein so wenig schätzt, versuchst du dann auch den Kontakt weitestgehend zu vermeiden?

K: Ich vermeide die Interaktion, so weit ich nur kann. Ich kenne sicher viele, aber ich rede nicht mit ihnen. Sie rufen auch bei mir an und meistens sage ich dann, daß ich keine Zeit habe oder sie mich in Ruhe lassen sollen. Ich bin auch wirklich so abweisend zu ihnen, aber sie rufen trotzdem immer wieder an. Der Einzige, mit dem ich mich unterhalte, ist Charoon (Session Gitarrist von Nargaroth), weil er mich am längsten kennt, denn er ist von den Leuten, die ich von früher kenne, der einzige, der noch lebt. Es geht ja nicht darum, daß ich alle Menschen in meiner Umgebung ablehne. Größtenteils sind es sogar Frauen gewesen, die mir irgendwie intelligenter erschienen z.B. von der Redensart. Die haben sich nicht für Fußball oder irgendwelche Biergelage interessiert, die mich nur genervt haben. Ich bin mein Leben lang alleine gewesen und ich muß auch allein sein und wissen, daß niemand in der Nähe ist. Ich gehe dann meistens in die Holzplantagen, die wir Wald nennen, setze mich hin und bin einfach ruhig.

M: Mich wundern Deine positiven Aussagen über Frauen, denn nach allem, was ich bisher von Dir gelesen habe, hatte ich eher den Eindruck, daß Du den Großteil der Frauen ablehnst.

K: Ich lehne die Frauen ab, die als Anhängsel fungieren, wie ich es Backstage jedesmal sehe. Da kommt eine mit Darkthrone T-Shirt rein, hat von nichts Ahnung und quasselt mich voll, was sie von den Spice Girls gelesen hat, da werde ich doch wohl zur Sau! Black Metal ist doch eher noch eine männerdominierte Musik und aufgrund dieser Extremitäten haben die Männer auch nicht unbedingt die Chance, überall Mädchen kennenzulernen, möchten aber ein Mädchen haben, das wenigstens ungefähr in diese Richtung geht, also nehmen sie meistens die, die wenigstens Gothic hören. Und dann hören die Mädchen ein bißchen Black Metal, weil der Mann dominiert und bestimmt, was zu Hause gehört wird, kommen dann auf die Konzerte, von nichts eine Ahnung und labern nur Scheiße - das ist Erfahrung! Ich verpauschalisiere das natürlich, aber diese Erfahrungen haben sich zu 99,9% bestätigt. Das 0,1% waren bis jetzt 3 Frauen, die ich gekannt habe, wo ich sagen kann, daß die dem Black Metal auch seelisch sehr nahe waren, die zu Veles ihre Ekstase bekommen haben. Das ist so primitive Musik, daß es schon wieder zu primitiv erscheint. Die haben da ihre Kraft rausgeschöpft. Das sind aber keine primitiven oder dummen Frauen gewesen, die einfach bloß Krach brauchten oder was an der Waffel hatten, die waren intelligenter als ich, denen war ich geistig sicher unterlegen, ist ja nicht so schlimm. Das hat mich gereizt! Dieses amazonisch kräftige Sein, diese kräftige Aura. Die standen einfach da und die Männer hatten auch nicht den Mut oder die Frechheit, sie in irgendeiner Form anzumachen, das haben sie bei denen gar nicht gewagt. Die standen einfach nur da und einen Meter außenrum hat kein Kerl sie auch nur angerempelt. Die haben eine Würde ausgestrahlt und das hat mir gefallen. Es ist nicht so, daß ich Frauen gänzlich ablehne, es geht nur darum, daß Black Metal eigentlich keine Frauenmusik war und bei den Frauen, die ich dann darin gesehen habe, hat es mich natürlich interessiert, wie eine Frau, Frauen werden doch immer als so weich und zart beschrieben, dazu kommt, so eine Musik zu hören. Ist es wegen ihrem Freund oder weil es von ihr kommt, weil es ihr Wesen ist? Meistens war es dann der Freund.

M: Vielleicht machst Du ja Deine Typisierung auch etwas vorschnell, mich hattest Du ja am Anfang auch in diese Kategorie gesteckt, obwohl Du mich noch gar nicht kanntest.

K: Du warst doch etwas so angezogen, mit Deinem kleinen Ritterring, wobei ich Ritterringe schön finde und Deinem Rüschchendingsda - ich weiß noch bildlich, was Du anhattest. Für das Konzert, für die letzte Band war es allerdings passend.

M: Ich muß sagen, durch Deine Typisierung habe ich mich beleidigt gefühlt.

K: Ist ja gut verständlich.

M: Ich ärgere mich selbst oft genug über solche Tussies und wenn ich dann in diese Kategorie gesteckt werde...

K (unterbricht mich sofort): Habe ich Dich so genannt?

M: Nein, aber...

K: Weib! Ich habe Dich Weib genannt!

M: Als Du damals den Brief geschrieben hast, hast Du mich ja noch nicht mal gesehen gehabt.

K: Aber die Fotos von Dir kannte ich schon, sonst hätte ich Dich doch nicht gefunden. Denkst Du, ich gehe durch die Halle "Diana Glöckner? - Sorry! Diana Glöckner? - Sorry! Diana Glöckner? - Bingo!" Nein, so ist es ja nicht gewesen. Ich habe Dich nicht in diese Kategorie gesteckt. Ich war nur der Ansicht, daß Du Dich mit der Musik nicht auseinandersetzt und relativ oberflächlich darüber hinweggehst, das war damals meine Meinung. Ich habe aber keine schlechte Meinung von Frauen. Es geht mir nur darum, daß die meisten Frauen im Black Metal nur als Anhängsel fungieren. Das nervt mich! Ihr könnt doch mit einer Würde durch das Leben gehen, alle Frauen! Ich verstehe nicht, warum die meisten Frauen nicht diese Kraft haben und sich immer noch als Anhängsel dranhängen, das ärgert mich sehr.

M: Gerade im Metalbereich ist es aber für eine Frau manchmal auch ganz schön schwer, sich die Würde zu bewahren.

K: Auf jeden Fall! Ich habe schon gesehen, daß diese Frauen von irgendwelchen Pissern oder Wichsern angemacht oder angetatscht werden. Wenn ich sowas sehe, dann könnte ich den Kerlen nur eine aufs Maul hauen, das nervt mich, aber da kann man wahrscheinlich auch nicht viel dagegen machen.

M: Sprechen wir noch ein bißchen über Deine Lyrics. Ich habe die Texte ja jetzt nur kurz überfliegen können, aber ich lese schon eine gewisse Todessehnsucht heraus.

K (äußerst unmutig): Hm.

M: Könnte man das bei Dir so sagen?

K: Ja, obwohl ich jetzt eine gewisse Verantwortung habe. Das ist halt ein bißchen schwer für mich. Mit 17 habe ich mich neben die Gasflasche gesetzt, mir die Maske aufs Gesicht gesetzt und aufgedreht. Weißt Du, weil ich es einfach satt hatte! Im Nachhinein denke ich, warum ein 17-jähriger dazu kommt und versucht, sein Leben zu beenden. Ich habe für mein Alter, und das hat jetzt nichts mit Angeberei oder irgend etwas anderem zu tun, schon viel erlebt im Sinne von schmerzhaften Erfahrungen, die so schmerzhaft sind, daß sie immer irgendwas Endgültiges waren. Das ist für einen jungen Menschen nicht gut. Man sollte doch glücklich und mit einer gewissen Liebe an seine Kindheit und Jugend zurückdenken - das kann ich nicht. Wenn ich zurückdenke, dann kommt eine gewisse Stelle, da komme ich dann nicht mehr raus. Das ist bis heute geblieben. Ich verdränge das zwar, aber es ist möglich - heute ganz bestimmt nicht - daß ich mitten in einem normalen Gespräch in bittere Tränen ausbrechen kann und kann mich gar nicht mehr halten, weil mir Dinge so weh tun. Und darum habe ich eben öfters gedacht, daß es das Beste wäre. Es ist natürlich feige, wegzurennen, ist schon klar. Derjenige, dem es wehtut, ist es egal, was die Leute da denken.

Naja, ich mußte meiner Frau versprechen, es nicht zu tun, ich habe halt Angst, ob ich das Versprechen auch wirklich halten kann. Zur Zeit ist alles halbwegs OK, aber ich weiß, falls ich diese Frau verlieren sollte, nicht wenn sie jetzt mit einem anderen weggeht, das ist nicht so schlimm, aber sollte ich sie liebend verlieren an den Tod durch irgendwas, werde auch ich hier nicht mehr bleiben wollen. Das hat auch nicht mit ihr was zu tun, dann sehe ich auch nicht die Notwendigkeit für mich, mich mit allem zu belasten. Ob ich Angst vorm Leben habe, kann ich nicht sagen, aber mir fehlt ein gewisser Lebensmut. Ich wüßte auch nicht, wo ich ihn herkriegen sollte.

M: Hast Du Angst vor dem Tod?

K: Ich würde nicht sagen, daß ich Angst vorm Tod direkt habe. Ich mache mir Gedanken, wie er kommt - ob ich mir ins Gesicht schieße? Ich denke, das würde ziemlich schnell gehen, man sagt ja, der Mensch würde diesen Knall noch hören. Ich hätte aber vielleicht Angst, was danach mit mir passiert. Mich würde es ankotzen, wenn sie mich hin- und herkarren und die Leiche aufschneiden und reingucken - das würde mich stören. Ich glaube aber nicht, daß danach irgendwas kommt. Ich denke schon, daß wir Fraß für die Würmer sind. Ich habe schon überlegt, was wäre, wenn ich mich jetzt irre und danach was kommt, vor dem ich nicht entfliehen kann. Und dann mache ich doch die Aussage zu manchen Menschen, die mir das sagen 'So droht mir nicht mit einem Leben nach dem Tod!'. Ich möchte nur hoffen, daß danach wirklich alles vorbei ist und daß man nicht doch noch ein Bewußtsein hat. Das wäre schlimm. Stell Dir mal vor, die verbrennen Dich und Du hast ein Bewußtsein!

Ich weiß halt, danach ist es vorbei. Ich werde nie wieder die Sonne aufgehen sehen, ich werde nie wieder die herbstliche Abendluft im Wald atmen können, ich werde nie wieder irgendwelche Sinnesgefühle haben können. Das Leben ist ja schon irgendwie einzigartig, wenn wir es nun wirklich nur einmal haben. Aber wenn es so quält, wenn man die Seelenruh nicht findet, was ich glaubte, mit dem Veröffentlichen, mit dem endgültigen Niederschreiben, damit zu bekommen und ich habe es nicht bekommen! Es war schlimm, ich habe geweint, ganz bitterlich. Ich habe die CD herausgebracht und gemerkt, daß es mir nicht besser geht. Ich habe es gehofft...

Wie oft bin ich Amok gelaufen und habe irgendwelche Freunde angegriffen, habe anderen Menschen wehgetan, die mir wert waren. Ich habe Dinge verwüstet, die mir wert waren. Ich habe Menschen wirklich weh getan. Ich konnte es einfach nicht kontrollieren. Ich habe immer geglaubt, es wird besser, wenn ich diese Musik rausbringe, daß ich es schaffe, meine Freiheit zu finden, meinen Frieden... es ist nicht geworden. Das ist der Grund, daß ich eben nicht weiß, ob noch mal was von Nargaroth rauskommt, denn ich weiß, mein Seelenheil hängt davon nicht ab - doch wovon? Das ist die Frage.

Und wenn ich mit mir selber nicht ins Reine komme, werde ich mit allen anderen Menschen das auch nicht. Darum sind es manchmal so krasse Antworten wie 'Hey, das interessiert mich nicht!'. Ob ich das wirklich so meine, weiß ich doch nicht! Ich weiß gar nicht, ob das stimmt! Ich weiß nicht, ob es stimmt, daß ich das denen gar nicht interpretieren will! Vielleicht finde ich meine Interpretation selber zu vage - ich weiß es nicht. (Mittlerweile sitzt Kanwulf zusammengesunken da, starrt auf den Boden und flüstert immer wieder): Ich weiß es einfach nicht.

Die Leute werden sich über das echauffieren, was ich sage und man betitelt mich als dummen Jungen. Vielleicht habe ich das gesagt und ich merke, daß es gar nicht stimmt, was ich sage. Ich weiß es einfach nicht. Es ist mein wirrer Geist, den ich selbst zu verstehen nicht begreife. Es ist mein wirrer Geist, den ich selbst von mir nicht mehr erklären kann.

Darum sind solche Interviews ziemlich schwer für mich, weil ich halt nicht weiß, ob das, wie ich es sage, überhaupt stimmt für mich. Es ist mein Augenblicksgefühl, aber ob ich damit recht habe, das bezweifle ich.

Ich bin kein schlechter Mensch! Ich bin auch kein dummer Mensch! Ich habe ein Gerechtigkeitsbewußtsein. Ich weiß, was Recht ist, ich weiß, was Unrecht ist und darüber bin ich sehr froh, daß ich als Mensch Recht von Unrecht unterscheiden kann. Aber es wird immer Leute geben, die sich gegen mich stellen und ich glaube, würden sie mich wirklich kennen - was sie natürlich nicht wollen, wer will schon aus Erlangen mit mir zu tun haben, nach dem, was er von mir erlebt hat bei dem Konzert und was er von mir gelesen hat, ist mir vollkommen verständlich (Kanwulf bezieht sich mit dieser Aussage auf einen Nargaroth Gig hier in Erlangen, bei dem es zu einigen Zwischenfällen kam, die aber aufgrund momentan noch laufender Verhandlungen nicht weiter erläutert werden können / sollen) - aber ich würde denken, würden sie vielleicht nur einen Teil meines Ichs kennen, würden sie nicht diese negativen Gefühle hegen, dennoch fällt es mir schwer, meinen Haß zu regulieren und ihn nicht in Taten auszudrücken.

Die meisten Leute interessieren sich halt nur für das Warum, nicht für das Wie oder Was. Die interessieren sich nicht dafür, daß ich bin oder wie ich bin, nur für das Warum ich bin. Und das bedeutet mir nichts. Sie mögen mich nicht, dafür daß ich da bin, daß ich das Leben teile mit ihnen, wenn ich mit ihnen spreche oder das sie einen Augenblick erkennen: Der ist einfach ein Mensch. Die sehen nur: Der macht irgendwelche Aussagen und dem muß man gleich eine aufs Maul hauen. Denkst Du, mich kotzt das nicht an, daß ich mit einem Messer rumrennen muß, daß ich mich ständig erwehren muß, daß mich Leute anrufen, die sagen, daß sie verdroschen wurden, weil sie ein Nargaroth T-Shirt anhatten? Das schürt nur noch mehr Haß! Ich denke, daß ich irgendwann mal Aussagen treffe, über die ich nicht mehr nachdenken werde - und dann wird es ganz schlimm. Dann denke ich, stehe ich kurz davor, Amok zu laufen. Daß ich es dann einfach satt habe, zu reden, weil es doch gar niemanden interessiert. Daß sie nicht mal zuhören! Und dann kann ich nicht mehr wissen, was passiert! Das könnte geschehen, wenn ich mich selber nicht mehr unter Kontrolle kriege. Das ist jetzt keine Drohung an die Welt. Ich glaube, das Individuum entsteht durchaus durch das, wie die Umwelt auf ihn reagiert. Nur weil ich sage "From White man for White man" heißt das nicht, daß irgend etwas faschistoides dahinter ist. Ja, ich höre mir gerne Gespräche aus dem 3. Reich an, wie der Hitler argumentiert hat - wie eine Nation so verfallen kann! Ich meine, die Menschen haben doch auch denken können, die waren doch auch damals schon intelligent oder etwa nicht?! Die hätten doch sehen müssen, daß etwas falsch ist! Welche Art von Wörtern hat er denn verwandt, um diese Nation, oder mehrere Nationen in Bann zu kriegen; darum höre ich mir das an. Bin ich deswegen ein Faschist? Seit ich bei der Armee war, mag ich Armee - und Marschlieder. Bin ich deswegen ein Faschist? Deswegen werde ich als Faschist tituliert! Nur weil ich nicht will, daß meine Familie, die gefallenen Soldaten jetzt als Kriegsverbrecher gelten, deswegen bin ich ein Faschist?! Aber wir leben ja in Deutschland, da müssen wir die Schnauze halten.

Ich denke schon, daß ich auch aus eigener Schuld - ich bin ja selber daran schuld, daß ich so etwas schreibe und sage - mißverstanden werde. Ich habe wirklich gehofft, daß die Leute zwischen den Zeilen lesen können. Ich habe zuviel erwartet. Ich habe nie damit gerechnet, daß ich jemals politisch angegriffen werde! Ich habe damit gerechnet, daß sie sich aufregen 'Der Pisser schreibt was über Black Metal, was glaubt der denn zu sein hier, daß er alle Leute über einen Kamm schert?', ist ja OK, kann ja sein, damit habe ich auf jeden Fall gerechnet, aber daß ich politisch diskreditiert werde, habe ich nie gedacht. Wirklich, also das hätte ich nie gedacht. Aber ich gelte ja als schwerstens gestört, aber für ein Psychologie / Jura Studium hat es gereicht. Schwerstens gestört - hat mir gefallen. Obwohl ich selber glaube, daß dieser Mann ein Mongoloider ist. (Diese Aussage bezieht sich auf einen Leserbrief im Rock Hard, in dem Kanwulf als schwerstens gestörter Nazi bezeichnet wurde)

M: Kennt er Dich eigentlich persönlich?

K: Nein, überhaupt nicht! Ich habe doch geschrieben, daß Black Metal, wie ich ihn verstehe - Schwerterkampf, Keltentum - nicht in mediterrane Ecken paßt. 'Deutschland für Deutsche oder was?' hat er druntergeschrieben. Wer diese Aussage mit Deutschland für Deutsche assoziiert, da sind seine Eltern wahrscheinlich Verwandte ersten Grades für mich. Das ist doch schon arg, oder? "From..." kann man mir anlasten, man kann mir anlasten, daß ich mich erhaben gefühlt habe, Bands, deren Entstehung zu verhindern. Das ist OK, das habe ich mir sicher angemaßt, aber dazu stehe ich auch, weil mir die Musik so viel wert war! Darum kann ich auch nicht Black Metal zu meiner Musik sagen. Er ist mir viel zu wertvoll, als daß ich ihn damit noch besudle, mit meinem - weiß der Geier, was das auf der CD sein soll - dieses Gitarrengewirrwarr...

Aber faschistoid? Nein! Das lasse ich mir auch ungern nachsagen, darum bin ich da auch sehr ärgerlich darüber, aber ich bin selber schuld.

M: Ich denke, es ist auch deshalb, weil es wenige gibt, denen die Musik so wichtig ist, daß es derart eine Lebenseinstellung ist, darum werden solche Sachen eher überlesen, während sich am Politikthema mehr aufhaken.

K: Das ist richtig! Es ist schade, ich habe halt mehr erwartet von den Leuten, weißt Du. Ich hätte eigentlich so intelligent sein sollen, daß ich das erkenne.

M: Man rechnet irgendwie auch gar nicht mehr damit, daß es noch Leute gibt, die sich so damit identifizieren.

K: Das ist richtig und das ist schlimm. Daraus, glaube ich, resultiert, daß ich die nicht akzeptiere, daß ich sofort Pisser sage. Vielleicht sind es doch ganz interessante Menschen, haben vielleicht noch ein ganz interessantes Hobby nebenbei, aber dann sollen sie nicht diese Musik machen. Das ist meine Meinung, der soll sich niemand anschließen. Ich lebe das auch, was ich singe. Ich meine, das ist wie gesagt, auch kein Poserbild (Coverfoto), hast Du glaube ich auch gelesen, das ist kein Spinnerbild, das ist Caught in the Act, bevor wir losgeritten sind. Das macht unheimlich Gaudi, selbst wenn es nur historische Schlachten sind, die man nachbildet.

M: Na, aber so wie es in dem Interview stand, da hat es sich nicht nach Gaudi angehört.

K: Nein, es war keine Gaudi, aber beides macht Spaß. Ich habe gesagt, auch wenn es nur nachgestellt ist. Obwohl, nachgestellte Schlacht heißt noch lange nicht, daß Du Dir nicht irgendwelche Brüche oder Verletzungen holst. Da ist ja auch immer ein Krankenwagen in der Nähe, da rennt halt mal einer in ein Schwert rein, das passiert. Weil viele doch mitmachen wollen, aber noch nie mit Schwert gefochten haben, dann kriegen sie halt eins über die Rübe. Ich habe damals meinen Helm abgesetzt und seitdem habe ich diese schönen Narben. Ja - ein Kettenmorgenstern tut schon weh! Weißt Du, was ein Kettenmorgenstern ist?

M: Eine Eisenkugel mit Spitzen dran.

K: Ja genau. Da wards auf einmal kurz finster und mein Pferd rannte am Horizont bis ich wieder hochkam und auf einem Auge nichts sah, weil alles voller Blut war. Ich versuche, das halt auch wirklich zu leben - auch im Alltag und das ist natürlich sehr schwer. Black Metal im Alltag zu leben ist sehr schwer. Weil es eben doch sehr kompromißlose Gedanken sind und da kriege ich nur Ärger. Wenn mich eine Polizeistreife anhält, greife ich schon mal einen Polizisten an, wenn er mir dumm kommt. Ich mache das nicht aus Dummheit, sondern das steckt in mir drin - und dann steckt man häufig ganz schnell wo anders drin.

M: Du scheinst ja ein ganz schönes Aggressionspotentiel in Dir zu haben.

K: Wenn es um ganz spezielle Sachen geht oder auch um Ehrverletzung - geht es mir nicht um die Ohrfeige, da geht es von mir aus bis zur letzten Konsequenz. Was natürlich falsch ist in dieser Gesellschaft. Aber ich weiß nicht, ob ich das immer so zügeln kann - das ist schlecht. Ist immer ganz gut, wenn man noch einen Kumpel hat, der 3 Köpfe größer ist und 5 Schultern breiter, der hält mich dann immer ein bißchen fest, dann kann ich mich ausstrampeln und dann ist es OK. Darum haben wir bei Konzerten immer einen Kumpel dabei. Es kann durchaus passieren, daß ich live plötzlich durchdrehe. Ich habe schon die Leute angegriffen, die unten gestanden haben, mit dem Messer oder eine Pistole rausgeholt oder sowas. Der geht dann gleich dazwischen. Wenn da einer vor mir steht und hat ein gewisses T-Shirt an, z.B. von Agathodaimon, da ich auch eine Privatfeindschaft mit Martin Wickler habe (=Sathonys, Gitarrist von Agathodaimon) und ich singe vielleicht gerade das Lied "Vom Traum die Menschheit zu töten", dann kann das ziemlich schnell umschlagen.

M: Das Interview mit Dir im Metal Hammer hat doch aber Martin Wickler gemacht.

K: Steffen von No Colours hat mich damals angerufen "Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Metal Hammer will ein Interview." und ich fragte "Warum ist das gut?" "Die schlechte ist, Martin Wickler macht das." Es hat nicht viel gefehlt und ich hätte das Telefon zerdroschen - da ist so viel wieder hochgekommen.

M: Dafür hast Du aber relativ gelassen reagiert, als Du damals gemerkt hast, daß ich am Telefon bin.

K: War auch nicht so einfach! Aber bei Dir ging es halt nur um das Review. Ich habe mich schon beleidigt gefühlt... Wenn ich Deinen Namen höre, weiß ich sofort, das war dieses Review, Du bist das gewesen! Aber es beeinflußt in der Form halt nicht so mein Leben, obwohl ich schon lange darüber nachgedacht habe, auch über die Sache, als ich Dich dann in Lichtenfels angesprochen habe. Ob das in der Form auch gerechtfertigt gewesen ist, Dich einfach so vollzulabbern, ob das nicht selber ein Armutszeugnis gewesen ist, aber ob ich meine Mißgunst gemäßigt verbal Dir gegenüber sage oder mit voller Gewalt an einer Tür oder jemand anderem auslasse, war mir das schon lieber. Obwohl ich schon einen Spiegel bei mir zu Hause mit der Faust zerschlagen hatte.

M: Dann brauchst Du Dich aber auch nicht zu wundern, warum ich solche Sachen sage, wie daß ich in Lichtenfels damit gerechnet habe, daß Du mir eine reinhaust.

K: Das ist richtig. Hätte möglich sein können - aber laß mal. Ich weiß nicht, soll ich mich auf die Stufe herablassen, eine Frau zu schlagen? Das ist mir einmal passiert, daß ich einer Frau eine gelangt habe und da war mir ganz übel danach. Aber das war eben, ich habe sie halt gerade mit jemandem erwischt und sie war mit mir zusammen und er eine, sie eine und dann bin ich rausgegangen.

M: Aber ich bin ja keine Frau, ich bin ja ein Weib...

K: Nein, Weib ist für mich kein Schimpfwort. Mir wird angekreidet, fehlende Grammatikkenntnisse zu besitzen, aufgrund meiner... (In diesem Moment klingelt zum mittlerweile 3. Mal das Telefon und stört das Interview. Kanwulf brüllt sofort los): Wir sind nicht da!!! (räumt dann aber freundlicherweise doch ein): Naja, geh mal ran, fragen wer's ist, dann kannst Du zurückrufen. (Gespräch abgewürgt und weiter geht es mit Kanwulfs Ausführungen) Es geht darum, mir werden häufig fehlende Grammatikkenntnisse angekreidet, es ist aber so, daß meine Satzstellung sich dem Altdeutschen nähert. Wenn ich so schreiben würde, wie ich wollte, würde ich niemals ei schreiben, sondern immer ey, wie "Herbstleyd". So schreibe ich in Aufsätzen, bei meiner Arbeit in Psychologie, ich schreibe so. Ich versuche, das so stark zu leben, wie ich kann, um mir diese Illusion meiner Welt sehr stark zu halten, gerade in dieser Welt, die mir feindlich erscheint. Daher ist Weib für mich der altdeutsche Begriff der Frau.

M: Aber in Bezug auf mich hast Du es ja wohl schon abwertend gemeint, aber ist ja egal...

K: Nein, Weib! Nein, nein, nein, es ist mir schon klar, daß eine gewisse Mißgunst in dem Brief stand - wenn ich geschrieben hätte mit Haß, dann hätte ich nicht geschrieben, dann wäre ich hier gestanden, hätte Dich über den Haufen geschossen und wäre weggefahren! Es ist schon so gewesen, daß mich Leute so angekotzt haben, da habe ich unten im Auto gesessen mit der Flinte und habe überlegt 'Wenn Du es jetzt machst, überlege, was Du tust, wohin kannst du abhauen'. Aber nein, das ist nicht die Lösung letzten Endes. Konversation ist die Fähigkeit des Menschen - zu diskutieren und einen Konsens zu finden - ist eine Theorie von Erikson, Psychologie. Dachte ich, das mußt Du doch mal machen können, oder?

M: Bin ich jetzt der Testversuch?

K: Nein, das was ich gerade erzählt habe, war viel früher, wo ich noch in sehr jugendlichem Leichtsinn nicht nachgedacht habe.

Weib ist niemals für mich eine Beleidigung, Kerl eigentlich auch nicht. Ich weiß nicht, was gibt es denn noch für Mann?

M: Typ?

K: Ja gut, Typ ist nicht altdeutsch. Des Mannes... Des Mannes... Kraft die Dummheit schafft. Nein. Dem holden Weibe, es ist immer Weib. 'Und findet Ihr den Frieden und fangt ihn und legt ihn den Weibern in den Schoß' Ich sehe darin kein schlimmes Wort, ich habe das auch nicht schlimm gemeint, Du bist ... Es ist die Weiblichkeit, die holde Weiblichkeit. Frau ist doof, das ist ein dummer Begriff.

So jetzt habe ich Dich lange genug belastet. Dreht sich das überhaupt noch? (Er wirft einen prüfenden Blick aufs Aufnahmegerät)

M: Du darfst sogar noch einen Last Comment ablassen.

K: Ich denke, ich habe eigentlich alles gesagt, was ich Dir hätte sagen können. Ein genaues Statement möchte ich darüber auch gar nicht mehr abgeben. Du weißt, wie ich zu der Musik stehe, daß ich mehr empfinde. Ich habe damals im Almanach geschrieben, daß die Leute, die jetzt den Black Metal mehr oder weniger infiltrieren, nicht wissen, was sie damit für manche Menschen kaputtmachen - es gibt noch solche wie mich. Sie sollen uns das nicht nehmen, denn wir nehmen ihnen auch nicht ihr Leben. Denn für manche bedeutet Black Metal manchmal genau das. Ich denke, wenn die Musik nicht wäre, ob ich jetzt so wichtig bin, ist egal... Wenn die "Thousand Swords" (von Graveland) nie gekommen wäre, dieser Inhalt, dieses Schlachtenthema... Wenn ich manchmal die Flinte so in den Mund genommen habe und ich habe diese Platte dabei gehört, denn ich dachte 'Wenn, dann verreckst Du mit der', dann habe ich die Flinte wieder runtergenommen. Die gab mir Kraft. Darum habe ich das letzte Lied Rob Darken gewidmet, weil er sie kreiert hat, weil sie mein Leben geschützt hat. Das ist halt nicht nur eine Platte für mich, sie bedeutet mir sehr viel. Und dann heißt es hier, ich widme meine Platte Graveland! So ein Spinner! Der Name schon alleine!

M: Hast Du Dich bei dem auch gemeldet?

K: Nein, ich schreibe aber noch was. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen, Falschinterpretationen auf keinen Fall. Wenn sie richtig interpretiert sind und sich daran jemand stößt - 1A! Falschinterpretationen kann ich aber nicht gelten lassen. Wenn ich das stehenlasse, ist das für mich wie eine Bejahung. Aber es hört sowieso keiner zu....

Spricht's, nimmt mein Diktiergerät und schaltet es aus. Dann lehnt er sich zurück, lächelt versonnen und wirkt als wäre mit seinem letzten Satz eine Riesenlast von ihm abgefallen. Von der offensichtlichen Anspannung, unter der er den ganzen Abend stand, ist ihm nichts mehr anzumerken. Urplötzlich springt er auf, blickt auf die "Herbstleyd" CD, die er mitgebracht hat und fragt "Willst Du sie behalten?". Als ich etwas verdutzt nicke, nimmt Kanwulf seinen Dolch, reißt ihn hoch und zertrümmert damit die CD Hülle. Während ich schon mein Leben in Sekundenbruchteilen an mir vorbeiziehen sah, sammelt er in aller Seelenruhe die Einzelteile wieder auf, um sie vor mich hinzulegen und zu verkünden "Das ist meine persönliche Art von Widmung!". Dann begutachtet er noch ein paar Fotos, die er anscheinend bei seiner anfänglichen Inspektion übersehen hat und marschiert schließlich genauso wortlos, wie er auch gekommen ist, wieder von dannen.

Mir bleibt eigentlich nur zu sagen, daß dieses Interview aufgrund der Vorgeschichte und den Umständen, unter denen es stattfand, wohl zweifelsohne das ungewöhnlichste und auch interessanteste ist, das ich jemals geführt habe. Ich bin der Meinung, daß die sehr offenen und ausführlichen Antworten Kanwulfs seine teilweise kontroversen Ansichten insoweit erklären und begründen, daß man seine Denkweise nachvollziehen kann, auch wenn man nicht mit seiner Einstellung konform geht. Alle Leute, die sich dennoch von einigen Statements oder von dem kompletten Artikel persönlich angegriffen oder diskreditiert fühlen oder einfach ihre Meinung darüber loswerden wollen, können ihre Briefe an die Legacy Redaktion, zu Händen Diana Glöckner, schicken.

Kanwulf hat mir durch sein Verhalten bei den Telefonaten vor dem Interview, sowie auch beim Interview selbst gezeigt, daß er mit Sicherheit keine blinde Zustimmung erwartet, sondern durchaus in der Lage ist, Ansichten zu respektieren, die nicht seinen eigenen entsprechen und von daher finde ich es absolut gerechtfertigt, wenn er dasselbe von anderen erwartet. Er erscheint als ein innerlich total zerrissener Mensch, der zwar einerseits die Gesellschaft, die ihn nicht versteht, verdammt und verachtet, andererseits aber anscheinend doch von dieser Gesellschaft respektiert werden möchte, sonst würde er nicht unter der Ablehnung, mit der er ständig konfrontiert wird, leiden. Ich finde es zwar falsch, daß viele ihn aufgrund von aufgeschnappten Zitaten oder Ereignissen, die sie nur vom Hörensagen kennen, verurteilen, ohne sich auch nur die Mühe zu machen, sich näher zu informieren, jedoch muß man einen großen Teil der Schuld auch ihm selbst zusprechen. So beschwört er mit seinen kompromißlosen Aussagen und seinem manchmal doch unreflektiert wirkenden Verhalten diese Ablehnung geradezu herauf, ob gewollt oder unbewußt, sei mal dahingestellt. Kanwulf ist weder ein infantiler Spinner noch ein "dummer Junge", wie er es ausdrückt, sondern sein Problem ist vielmehr darin begründet, daß er mit der realen, modernen Gesellschaft nicht zurechtkommt, wie er mir selbst bestätigt hat. Dies liegt nicht an mangelnder Intelligenz, sondern daran, daß er Werte und Ideale wie Stolz oder Ehre hochhält, die heutzutage doch eher in den Hintergrund getreten sind, von daher gleicht sich sein Rechtsempfinden eher diesen Idealen als denen, die heute allgemein in der Gesellschaft gelten, an. "Angst kreiert das Leyd, der Einsamkeit, die den Zerfall begehrt" schreit er in "Herbstleyd" und so könnte man ihn wohl am Besten charakterisieren. Aus dem Wissen um die relative Unfähigkeit, sich den gängigen Normen und der modernen Gesellschaft anzupassen, lebt er ausschließlich für und durch den Black Metal, in dem die Ideale, die für ihn zählen, noch Gültigkeit besitzen. Sein immer weiter wachsender Haß resultiert daraus, daß er zusehen muß, wie auch diese Welt von immer mehr Leuten zerstört wird, die keinen richtigen Bezug zum Black Metal haben oder deren Interesse daran eher dem Kommerzdenken zuzuordnen ist. "Aber vom Black Metal zu leben sollte nicht nach materiellen Dingen streben bedeuten. Vielmehr, sich von ihm zu nähren, ihn zu erleben, ihn zu leben, um nicht zu früh zugrunde zu gehen in dieser Welt."(Supplement "Herbstleyd")

In diesem Sinne,

Diana Glöckner

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