Abfall und Abwasser als Problem auf beiden Inseln
Sören Dammann


Abb. 15/1: Illegale Müllhalde auf La Réunion (Foto: Sören Dammann)

Abfallproblematik auf La Réunion

1995 wurden 98 % des Haus- und Sperrmülls auf Halden verkippt. So gab es 12 Halden, von denen nur eine den europäischen Standard aufwies. Sechs von ihnen fehlte eine Genehmigung. Bei den vegetalen Abfällen wurden 85 % verkippt (und teilweise verbrannt) und 15 % kompostiert. Wiedergewonnen wurden hauptsächlich Glas, Papier, Altöl und Eisen. Dies geschah hauptsächlich nur bei Abfällen aus Unternehmen, seltener aus Haushalten. In Frankreich gibt es eine nationale Richtlinie, den plan départemental de l’elimination des déchets ménagers et assimilés. Er umfasst Maßnahmen zur Verringerung des Abfallproblems auf der Insel. Europa (bzw. Frankreich) spielt dabei die Rolle des Geldgebers. So wird die Verwaltung der Abfälle zu 70 % subventioniert. Durch die Zugehörigkeit zu Frankreich gelten auf La Réunion auch die europäischen Normen. Der plan départemental d’elimination des déchets ménagers et assimilés besteht aus zwei Phasen. In der ersten Phase von 1995 - 1999 sollten 6.000 Behälter zur Kompostierung in den Gärten und 800 Doppelcontainer für Papier und Glas aufgestellt werden. Außerdem sollten 20 Déchetterien (Recyclingsammelstellen), 10 Kompostierungsanlagen für vegetale Abfälle, 2 Transitstationen zum Umladen des Abfalls auf größere Müllfahrzeuge und eine Müllverbrennungsanlage gebaut werden. Während der zweiten Phase von 2000 - 2005 sollen noch weitere 19 Déchetterien, 6 Plattformen zur Kompostierung und ein Mülltrennungszentrum gebaut sowie 400 Doppelcontainer für Papier und Glas aufgestellt werden.

Die Planerfüllung der ersten Phase sieht wie folgt aus: Die beiden Transitstationen sind gebaut worden. Von den 20 Déchetterien sind nur 3 realisiert worden. Für den Bau der Müllverbrennungsanlage wird noch nach einem Standort gesucht und von den 10 Kompostierungsanlagen sind nur zwei errichtet worden. Die Mülltrennung auf freiwilliger Basis wurde nicht angenommen, so dass die Containeraktion abgebrochen wurde. Die Mülltrennungsanlage aus der zweiten Phase wurde bereits umgesetzt. Ein großes Abfallproblem besteht durch die Altwagen und die alten Autobatterien. So gibt es für Batterien keine Behandlungsmöglichkeit auf der Insel, obwohl jährlich 2000 t importiert werden. So landet ein Großteil in den Ravinen oder wird trotz Verbot eingegraben. Des Weiteren gibt es auch eine Papierrecycling-Anlage. Doch hat sie nur eine geringe Kapazität, da sie vorwiegend Zeitungspapier der beiden Tageszeitungen verwendet. Eine besondere Situation bildet die Entsorgung des Inselinneren. Der Cirque de Mafate ist nur zu Fuß zu erreichen. Eine Erschließung durch eine Straße wurde seitens der dort lebenden Bevölkerung abgelehnt, so dass ein Problem bei der Müllentsorgung entsteht. Es fallen jährlich 250 - 300 t Müll durch Wanderer (ca. 50.000) und zusätzlich täglich 400 g Müll/Einwohner (680) des Cirque an. Zunächst wurde dieser Müll durch Hubschrauber entsorgt. Dies wurde aber bald zu teuer, so dass diese Form der Entsorgung im Juni ´96 eingestellt wurde. Inzwischen werden vom OFN (Office National de Forêt) Müllsammler eingesetzt, die einmal wöchentlich mit einem 50-l-Müllrucksack die Wanderwege ablaufen. Allerdings kann diese Form der Abfallbeseitigung nicht den Umfang der Hubschraubereinsätze ersetzen und der vollständige Abtransport des Mülls ist nicht zu realisieren. Somit müssen vegetale Abfälle kompostiert und andersartiger Müll verbrannt werden. Der Abtransport von speziell zu behandelnden Abfällen kann aber nur durch Hubschrauber oder Fußgänger erfolgen. Da dies kaum möglich ist, entstehen illegale Halden, die die ohnehin raren Trinkwasservorkommen gefährden. Im Cirque de Cilaos ist die Situation günstiger. Es gibt eine Zufahrtsstraße und die Orte sind durch Straßen miteinander verbunden. Hier besteht das Ziel in der Transportminimierung. Eine Halde für Hausmüll kam nicht in Frage und für eine Verbrennungsanlage waren die Kapazitäten zu gering. Der Transport nach St. Pierre war nur unter bestimmten Bedingungen realisierbar. So wurde eine Kompostierungsanlage für groben Hausmüll eingerichtet sowie eine Transitstation mit Kompaktierern zum Weitertransport gebaut. Es entstanden außerdem eine Déchetterie und ein Verkippungszentrum für Sperrmüll und Bauschutt. Im Cirque de Salazie gab es keine Probleme bei der Müllbehandlung, da dieser sehr gut erschlossen ist.

Abb. 15/2: Müllhalde auf Mauritius in
unmittelbarer Nähe einer Lagune

Abfallproblematik auf Mauritius

Auf Mauritius stellte sich die Situation 1990 ähnlich der auf Réunion dar: Die Müllbehandlung war unbefriedigend. Die Hauptfaktoren liegen in unregelmäßigen Abholzeiträumen und geringer Arbeitsproduktivität durch die Benutzung ungeeigneter Fahrzeuge und häufiger Abwesenheit der Arbeiter. Außerdem wurden unzureichend Mülltonnen bereitgestellt (sowohl für Haushalte als auch in Industrie und Handel). Der Standard bei der Mülllagerung (Halden etc.) war im Allgemeinen sehr gering, wodurch sich mögliche Gesundheitsrisiken ergaben. Auch die geringe öffentliche Aufklärung trug zu dieser Situation bei. Das Resultat war, dass sich an allen möglichen Stellen Müll anhäufte und sich die illegalen Halden stark vermehrten. Mittlerweile soll sich die Mülleinsammlung beträchtlich verbessert haben. Die häufigste Methode der Müllentsorgung ist die Ablagerung auf Müllhalden mit geringer oder vollständig fehlender Kontrolle. Häufig werden die Halden angezündet, um das Volumen zu reduzieren. Es gibt fünf „offizielle“ Halden und weitaus mehr illegale Halden. Nachteile der offenen Müllhalden sind Emissionen von Luftschadstoffen und Gerüchen. Außerdem gefährden sie das Grundwasser bzw. die Wasserreserven in Flüssen und Lagunen. Ein Problem ist auch der Windaustrag von leichten Bestandteilen wie z. B. von Plastiktüten.

In Nachbarschaft zu Lagunen häuft sich verschiedenster Müll auch in der Lagune an. Mittlerweile sind einige Halden zu Transferstationen umgewandelt worden, wo der Müll zusammengepresst und zur Müllhalde Mt. St. Pierre transportiert wird. Dort wird dieser dann deponiert und mit einer Tonschicht abgedeckt. Auch auf Mauritius gibt es einen Plan zur Beseitigung des Mülls, den National Solid Waste Management Plan. Er sieht vor, Senken etc. mit Müll zu verfüllen und mit Erde abzudecken. Diese Art der Müllablagerung soll die Hauptmethode der Müllentsorgung werden. Auf längere Zeit betrachtet wird die 121 Müllverbrennung die beste Methode sein. Zunächst allerdings bestehen mehr als 50 % der Abfälle aus organischem Material, was eine Verbrennung zu „unproduktiv“ werden lässt. Es sind fünf Deponien geplant, die die bisherigen Halden ablösen sollen: im Norden, Osten, Süden und Westen sowie eine für Port Louis. Dafür sind auch Transferstationen notwendig. Von zwei angefangenen Deponien wurde eine bis heute realisiert. Die zweite scheiterte am Widerstand der Bevölkerung. Mare Chicose wird eine Betriebsdauer von 18 Jahren prognostiziert bei einer Mülleinlagerung von 300 t/Tag und 9 Jahre bei 600 t/Tag. Zur Zeit werden ca. 600 t/Tag deponiert, so dass bei den steigenden Müllmengen dringend weitere Deponien nötig sind. 1994 fielen täglich 780 t Müll an (¾ häusliche Abfälle, 19 % Industrie und Handel, 6 % Hotels). Für das Jahr 2010 werden 1.500 t/Tag vorhergesagt. Weitere Abfallprobleme ergeben sich wie auf Mauritius durch Altwagen. Durchschnittlich 3.000 Autos werden jährlich aus dem Verkehr gezogen. Trotz zweier Unternehmen, die Karossen exportieren, landet ein Teil in der Umwelt. Außerdem werden jährlich 5 Mio. Liter Öl importiert. Davon sind potentiell 60 % wieder verwendbar, aktuell wird aber nichts recycelt. Auch 28 Mio. Metalldosen werden jährlich importiert. Recycling ist mehr oder weniger unbekannt: Von Papier und Plastik wird nur ein Bruchteil wieder verwendet. Für Metalle existieren überhaupt keine Behandlungsmöglichkeiten.

Abb. 15/3: Kanalisationsysteme und Hauptindustriezonen auf
Mauritius

Abwasserproblematik auf Mauritius

Grundsätzlich werden Industrie-, landwirtschaftliche und häusliche Abwässer unterschieden. Auf Mauritius existieren vier Kanalisationssysteme: zwei für Port Louis (fast vollständig abgedeckt), Plaine Wilhelms (40 % des Ballungsgebiets abgedeckt, wobei die Kapazität bereits erreicht ist) und Coromandel (industrielle und zweitrangig häusliche Abwässer). Auf dem Land gibt es flächendeckend keine Kanalisation. Alle Kanalisationssysteme werden in das Meer eingeleitet. Dabei erfolgt eine Art „Vorklärung“ in Form von Sieben und Entfernen von grobem Sand und Abfällen. Die Meereseinleitungen liegen zu nah an der Küste, so wird durch Strömung und Wellen das Abwasser zurück ans Ufer getrieben, was das marine Ökosystem (v. a. die Korallenriffe) stört. Außerdem liegen die Einleitungspunkte nur in geringer Tiefe bzw. nah an der Wasseroberfläche, so dass die Abwässer praktisch nicht verdünnt werden, bevor sie die Oberfläche erreichen. Ein Ergebnis dieser Verfahrensweise ist der langsame Tod des Riffs bei Pointe – aux - Sables.
Auf Mauritius existieren 426 Industriebetriebe, von denen ca. 100 verschmutztes Wasser an die Umwelt freisetzen. In den drei Hauptindustriezonen, Plaine Lauzun, Coromandel, Vacoas-Phoenix, sind die meisten verschmutzenden Industrien angesiedelt. Hauptverschmutzer dieser Zonen sind Färbereien, Batteriefabriken, Seifen- und Waschmittelfabriken, Ethanoldestillen, Chemie- und Lebensmittelfabriken sowie eine Ölraffinerie. Sie leiten ihre Abwässer nach einer unzureichenden Vorklärung mehr oder weniger unbehandelt in die Kanalisation ein. Bei einer Überflutung der Kanalisation von Vacoas-Phoenix (z. B. bei Starkniederschlagsereignissen) läuft die Kanalisation in den Fluss Du Mesnil über. Als Nebenfluss mündet er in den Grand River Northwest, dessen Wasser zur Trinkwassergewinnung genutzt wird. Über die Insel sind noch einige Ledergerbereien, Galvanisierbetriebe, Batteriefabriken, Färbereien und Waschmittelhersteller verteilt. Trotz zum Teil vorhandener Kläranlagen werden die Grenzwerte der Färbereiabwässer überschritten, da die Abwässer meist nur durch Oxidationsprozesse und die Verbesserung des pH-Wertes behandelt werden und eine fachgerechte chemische Behandlung ausbleibt. Andere Industrien leiten ihre Abwässer in Klärgruben ein, wo die Gefahr einer Kontamination des Grundwassers besteht. Die Abwässer der Färbereien sind wohl die Hauptquelle für die industrielle Verschmutzung auf Mauritius. Sie können toxische Chemikalien enthalten, die nicht biologisch abbaubar sind. Sie schädigen damit die Gewässerökosysteme und können auch gesundheitsschädliche Effekte auf Bewohner haben. Durch Einleitungen ins Oberflächenwasser gelangen Chemikalien in die Nahrungskette: z. B. kommen Fische aus Flussmündungen auf die lokalen Märkte. Pro Kopf und Tag fallen zwischen 63 und 144 Liter häuslicher Abwässer an. 20 % der Bevölkerung ist an eine Kanalisation angeschlossen, der Rest leitet die Abwässer in Gruben ein. Dort besteht die Gefahr, dass die Abwässer ins Grundwasser versickern bzw. in Küstennähe in die Lagunen und so zur Nitrat- und Phosphatverschmutzung der marinen Küstenökosysteme beitragen.

Für Hotels gibt es eine gesonderte Regelung. So müssen alle Hotels mit mehr als 75 Zimmern eine eigene Kläranlage errichten. Jedoch können kleinere Hotels weiterhin in Klärgruben einleiten. Die Folgen sind bekannt, besonders, da die meisten Hotels in Meeresnähe liegen. Der National Sewerage Master Plan auf Mauritius Dieser Abwasserplan für Mauritius sieht mehrere Einleitungen in tieferem Wasser vor (zwei für Port Louis und jeweils eine für die Region Mahebourg und die nördliche Touristenzone). Die Flachwassereinleitungen sollen dann stillgelegt werden. Es sind außerdem zwei Arten der Abwasserbehandlung vorgesehen: eine vorbereitende und primäre Behandlung oder eine vorbereitende sekundäre Behandlung. Die primäre Behandlung besteht aus einer Siebung, einer Grobsandentfernung und einer Zerkleinerung grober Bestandteile. In speziellen Tanks erfolgt dann eine Sedimentation. Der restliche Abfluss aus den Tanks wird dann ins Meer eingeleitet. Die sekundäre Behandlung erfolgt wie bei der primären, nur dass noch eine biologische Behandlung hinzukommt. Die entstehenden Klärschlämme können nach der Trocknung als organischer Dünger genutzt werden. Bis 2010 sollen 75 % der Bevölkerung an ein Kanalisationssystem angeschlossen sein.
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