Bahnreisen

"Und wie gefällt dir dieses Teil?", fragte eine leise, kaum hörbare weibliche Stimme. "Mensch, das gibt es doch gar nicht! Das ist genau die Farbe, die ich schon seit Wochen gesucht habe!", antwortet eine andere Stimme, zwar noch immer irgendwie gedämpft, aber doch deutlicher vernehmbar.

Alex drehte sich auf die andere Seite, um weiterzuschlafen, und beinahe wäre ihm dies auch gelungen, wenn die Unterhaltung, die er bisher nur bis an den Rand seines Bewusstseins gedrungen war, nicht weiter gegangen wäre.

"Probier's doch mal an!", forderte die zweite, lautere Stimme die andere Person auf. Nach einem kurzen, angenehm ruhigen Augenblick, meldete sich die gleiche Stimme erneut, dieses Mal noch lauter: "Wahnsinn! Perfekt! Kann ich's auch mal anprobieren?" "Na klar! Warte...."

Angi und Lisa waren seit der Schulzeit miteinander befreundet. Seit sie sich für das gleiche Studium entschlossen hatten und im selben Studentenheim hausten, steckten die beiden noch öfters zusammen als noch in der Schulzeit. Egal ob Uni, Kino, Disco, Pub und Shopping - die zwei Mädchen waren unzertrennlich und genossen die neuen Freiheiten, die sie nun als Studentinnen hatten. Lisa hatte Angi gerade am Mobiltelefon angerufen und ihr mitgeteilt, dass sie ihr unbedingt etwas zeigen musste. Angi hastete also hinüber zu Lisas Zimmer - die beiden wohnten auf der selben Etage - und stürmte ohne Anklopfen in Lisa's Zimmer. Die Tür flog mit einem lauten Knall ins Schloß und mitten im Zimmer stand Lisa, die ihrer Freundin Angi in Sichthöhe und mit weit vorausgestreckten Armen ein weinrotes, bauchfreies Oberteil mit Spaghettiträgern in Größe 36 entgegenstreckte. "Und, wie gefällt es dir?", fragte Lisa lachend. Angi hatte genau dieses Teil schon seit Wochen verzweifelt gesucht, aber nirgends gefunden. Es war einfach nicht zu glauben, dachte Angi, als Lisa schon in das Oberteil geschlüpft war. Es stand Lisa perfekt - wie vermutet. Und alles, was Lisa stand, war auch wie geschaffen für Angi. Schon immer hatten sich die beiden gegenseitig mit Kleidungsstücken ausgeholfen. Sie hatten nicht nur eine sehr ähnliche Figur, sondern waren auch der gleiche, dunkle Typ. Nicht selten wurden Angi und Lisa für Schwestern gehalten.

Angi konnte es nicht erwarten, bis Lisa aus dem Top heraus war und sie sich selbst im Spiegel betrachten konnte. Eilig schlüpfte Angi aus ihrem T-Shirt und zog das hautenge Top über Kopf und Busen so weit wie möglich Richtung Nabel. Es war wirklich perfekt, dachte Angi, als sie sich im Spiegel betrachte. Im selben Augenblick bemerkte sie allerdings, dass das Top verflucht eng saß. Ihr Gefühl täuschte sie nicht: Das Ende des Tops schnitt, zwar kaum merklich, aber bei genauerem Hinsehen deutlich sichtbar, in ihre Taille. War Lisa das Teil gerade eben auch zu eng?, dachte Angi, verwundert über die Möglichkeit, dass ihrem kritischen modischen Auge so etwas entgehen könnte! Vielleicht war es ihr in der ersten Euphorie tatsächlich entgangen. Angi drehte sich nun zur Seite - und damit war der Schock perfekt. Eindeutig und ohne einen zweiten Blick investieren zu müssen, merkte Angi, dass dieses Top einfach zu eng war - und der Grund dafür war sonnenklar: Ihr Appetit in den letzten Wochen. Kaum nachdem sie mit ihrem Studium begonnen hatte, ihr Zimmer bezogen hatte und die Vorteile des Studentendaseins zu erforschen begonnen hatte, hatte sich bei ihr ein gesteigerter Appetit eingestellt. Irgendwie hatte sie dies im Zuge der ganzen Umstellungen, die ihr neues Lebensumfeld erforderte, verdrängt. Ab und zu blitze der eine oder andere warnende Gedanke schon in ihrem Bewusstsein auf, beim Essen etwas aufzupassen, doch die ständige Abfolge für sie neuartiger Ereignisse versetzten sie in eine emotionale Ausnahmesituation, die offenbar zur Folge hatte, dass sie diese Warnungen einfach ignorierte. Nun stand sie in Lisa's Zimmer, vor Lisa's Spiegel, in Lisa's neuem, weinroten Top, welches derselben perfekt - wirklich perfekt - passte, und ihr war es einfach zu eng.

"Sag mal, kann es sein, dass du ein bisschen zugenommen hast?", fragte die erste, leise Stimme. Alex saß nun kerzengerade und hellwach in seinem Bett. Plötzlich fand er den langweiligen und ihn am Schlaf hindernden Dialog höchstinteressant. "Shit -merkt man es so deutlich?", gab die zweite Stimme, nun etwas leiser und mit deutlich vernehmbarer Zerknirschtheit im Tonfall, zurück. "Na ja - eigentlich schon...", meinte die erste Stimme, vorsichtig und nicht minder verlegen. "Irgendwie hab ich zuviel gefuttert, seit wir hier sind, befürchte ich", meinte nun wieder das eine Mädchen (jenes mit dem offenbar gerade entdeckten Figurproblem, schloss Alex). "Ach was, das ändert sich wieder!", versuchte das andere Mädchen ihrer Freundin einzureden. Hoffentlich nicht, dachte sich Alex, der versuchte, sich die gerade ablaufende Szenerie im Nachbarzimmer seines Studentenheims auszumalen: Eine wunderschöne, erotische Frau, die in ihre Kleidung reinschlüpfen will, aber von neuen, üppigen, weichen und an allen Körperpartien überquellenden Fettpölsterchen darin gehindert wird. Wieder mal ging seine Fantasie mit ihm durch. Wahrscheinlich standen drüben auf der anderen Seite zwei gertenschlanke Mädels mit kaum feststellbaren weiblichen Formen, die sich übertrieben über einen Hauch von Elastizität entsetzten, der sich vermeintlich auf ihre fitnesscentergestählte Bauchmuskulatur gewagt hatte.

Wie auch immer - Alex genoss diese kleine Episode. Auf solch erfreuliche Weise geweckt zu werden - es sollte nichts schlimmeres passieren. Schon immer fand er rundere weibliche Formen unglaublich attraktiv. Dem Überfluss in unseren geographischen Breiten war es zu verdanken, dass doch das eine oder andere Mädchen trotz herrschendem Schlankheitswahn sein Fett abbekam. Seine Vorliebe blieb bisher Alex Geheimnis. Auch den beiden Mädchen, mit denen er bisher längere Beziehungen hatte, verriet er kein Wort. Nichtsdestoweniger genoss er es stets, wenn er in der Uni, in diversen von Studenten frequentierten Lokalen oder einfach nur auf der Straße einen Blick auf pralle Schenkel, ausufernde Hinterteile und gutgenährte Bäuchlein werfen konnte. Auch jetzt, Alex marschierte Richtung Bahnhof, waren seine Blicke stets auf der Suche nach einem solch erotischen Anblick. Während er seine Fahrkarte löste und kurz darauf im letzten noch leeren Abteil des Nachtzuges Platz nahm, überlegte er, welches der vielen Mädchen des Studentenheimes - wenn sie überhaupt dort wohnte - jenes mit den neuen Pfunden sein könnte. Wahrscheinlich würde er es nie erfahren.

Der Zug war gerade angefahren und Alex kramte in seiner Tasche nach dem Buch, das er während der Fahrt lesen wollte, als jemand die Kabinentür aufriss. Eigentlich hatte er gehofft, das Abteil für sich allein zu haben - doch als er sah, dass ein ziemlich hübsches Mädchen gerade im Begriff war, das Abteil zu betreten, war sein Ärger auch schon wieder verflogen. Sie hatte kastanienrote, schulterlange Haare, dunkle Augen - und war für seinen Geschmack leider viel zu dünn. Trotzdem sehr hübsch, dachte Alex. "Ist hier noch ein Platz frei?", fragte das Mädchen, und schickte ein bezauberndes Lächeln hinterher. "Aber klar doch!", entgegnete Alex, möglichst um einen gelassenen Tonfall bemüht. Erst jetzt bemerkte er, dass die Tasche, die das Mädchen in der Hand gehalten hatte, als sie die Tür aufschob, gar keine Tasche, sondern eine Tüte von irgendeiner Fast-Food-Kette war. Sie hatte die Tüte auf einem der leeren Sitzplätze abgestellt, um beide Hände zum Verstauen ihrer Reisetasche freizuhaben. Als sie die Tasche mit gestreckten Armen in die Ablage über ihrem Sitzplatz hievte, hatte Alex die Gelegenheit, unbemerkt einen genaueren Blick auf ihre Figur zu werfen. Denn als seine Reisebegleiterin die Tasche in die richtige Lage manövrierte, rutschte kurz ihre Jeansjacke nach oben. Die "Diagnose" war eindeutig: Po und Beine einer schlanken jungen Frau - äußerst reizend, aber nicht Alex bevorzugte Dimension. Pech gehabt, dachte Alex, als er schnell wieder in sein Buch schaute und den Lesenden markierte. Inzwischen breitete sich der typische Geruch eines Fast-Food-Menüs im Abteil aus. Als sich das Mädchen hinsetzte, bemerkte Alex, dass sie völlig außer Atem war und ihr der Schweiß auf der Stirn stand. "Den Zug wohl auf dem letzten Abdruck erwischt?", fragte Alex so freundlich wie nur möglich. "Du sagst es!", antwortete sein Gegenüber, "Musste noch schnell etwas Reiseproviant besorgen!", lachte sie und machte sich an der Tüte zu schaffen. "Nur rein mit dem Zeug, dir kann's nicht schaden!", dachte Alex, während das Mädchen mit Appetit in einen Burger biss und sich anschließend in ein Magazin vertiefte. Alex Leselust war allerdings vorbei. Mit verstohlenen Blicken beobachte er, wie die rothaarige Schönheit neben ihrer scheinbar sehr spannenden Lektüre Bissen für Bissen des Burgers vertilgte. Nachdem der Burger in relativ kurzer Zeit verschwunden war, begann das Mädchen erneut in der Tüte zu kramen. Zu Alex Freude zog sie etwas ans Tageslicht, was wie panierte Hühnchenstücke aussah. "Die Gute hat aber einen hervorragenden Appetit", dachte Alex, als seine hungrige Mitreisende das erste Stück tief in eine Sauce tauchte und in ihrem Mund verschwinden ließ. "Wenn du bloß öfters so zulangen würdest!", dachte Alex, "dann würde ich jetzt mit meiner Traumfrau in diesem Abteil sitzen!" Verstohlen beobachtete Alex in der nächsten Viertelstunde, wie Stück für Stück der McNuggets in diesem zierlichen Körper verschwanden. Gleichzeitig musterte er die Papiertüte, aus denen das Mädchen Burger und McNuggets hervorgezaubert hatte. Sie sah vielversprechend aus - irgendwas musste darin noch verborgen sein, denn leer war sie auf keinen Fall! Nachdem das letzte Stück verschwunden war, wartete Alex mit wachsender Spannung, ob das kleine Gelage weitergehen würde. Es war schon ein seltener Zufall: Vor wenigen Tagen dieses höchstinteressante Gespräch, und jetzt dieses Schauspiel. Kleine Überraschungen dieser Art konnten einem den Alltag schon versüßen!

Tatsächlich machte sich das hungrige Mädchen bald an einer kleinen Süßigkeit zu schaffen. Auch die verschwand sehr schnell. Die Tüte war nun aber leer. Die restlichen eineinhalb Stunden nuckelte Alex fremde Mitreisende nur noch Gelegentlich an ihrer Wasserflasche. Dann verließ sie das Abteil.

Angi konnte sich ihr Essverhalten einfach nicht erklären. Der Schock vor Lisa's Spiegel hätte normalerweise eine radikale Blitzdiät verlangt, dachte Angi. Und wie reagiere ich? Das Entsetzen über das zu enge Top verflüchtigte sich so rasch, wie es gekommen war. Zwei Tage schaffte es Angi, keine weiteren kulinarischen Sünden zu begehen, von einer erfolgreichen Diät war sie motivationsmäßig meilenweit entfernt. Als sie am dritten Tag nach der unerfreulichen Anprobe schon wieder die ersten kleinen Esssünden beging und dabei nicht die Spur von schlechtem Gewissen empfand, war Angi's Verwunderung perfekt. Früher hätte es erstens nicht passiert, überhaupt zuzunehmen. Wenn es ihr aber doch passiert wäre, hätte sie mit eiserner Willensstärke die überflüssigen Pfunde sofort wieder heruntergehungert. Wiederholte Rückfälle während der Diät, und diese ohne den Anflug von schlechtem Gewissen - all dies wäre vor wenigen Monaten noch völlig undenkbar gewesen. Jetzt naschte sie ständig von den Erdnüssen, während sie am Computer saß und an einem Referat für die Uni arbeitete. Und obwohl sie bei jeder Nuss, die sie sich in den Mund steckte, an ihr Erlebnis vor Lisa's Spiegel denken musste, empfand sie bestenfalls Gleichgültigkeit.

Das meisten verwunderte Angi ein Ereignis in der vorigen Woche. Sie plante, am Wochenende nach Hause zu fahren, um ihren Freund, ihre Eltern und Freunde wieder einmal zu besuchen. Obwohl sie drauf und dran war, den letzten Zug zu versäumen, musste sie sich unbedingt noch schnell mit Reiseproviant versorgen. Als sie von der Ferne das berühmte gelbe "M" auf rotem Hintergrund sah, überkam sie plötzlich ein Heißhunger nach Pommes. Eigentlich war es kein Hunger - es konnte gar kein Hunger sein, hatte sie doch noch im Studentenheim noch zu Abend gegessen - trotzdem lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Noch vor kurzem hätte Angi mit Leichtigkeit das bisschen an Disziplin aufgebracht, das nötig gewesen wäre, um an diesem Fast-Food-Lokal vorbeizugehen - noch dazu, wo sie es eilig hatte. Nun aber suchte sie in ihrer Tasche schon nach ihrer Geldtasche - obwohl sie noch gar nicht am Lokal angekommen war. Nachdem Angi mit einem größer als geplanten Fresspaket im Laufschritt am Bahnhof ankam, hatte sie nur noch wenige Minuten Zeit, um das Ticket zu kaufen, auf den richtigen Bahnsteig zu kommen und in den Zug zu steigen. Der Ärger, sich selbst unnötig in diese Zeitnot zu bringen, wurde sehr schnell von der Vorfreude auf den kleinen Imbiss verdrängt.

Als sie völlig außer Atem in den Zug kletterte, konnte sie nur noch an die leckeren Dinge in der Papiertüte denken. Sie wunderte sich selbst über ihre unglaubliche Gier nach Ketchup, warmem Fleisch, weichem Brot, Pommes, Majo. Nicht einmal ansatzweise dachte Angi in diesem Augenblick an die vielen Kalorien oder ihre Figur - der verlockende Duft in ihrer Nase und das Wasser in ihrem Mund war einzige, an das sie denken konnte.

Als sie das erstbeste Abteil betrat, hätte sich Angi am liebsten sofort über die Köstlichkeiten gestürzt. Nur die Befürchtung, einen allzu sonderlichen Eindruck auf den Typen, der am Fenster in der Ecke saß, machen zu können, brachte sie dazu, erst die schwere Reisetasche zu verstauen, ihre Jacke auszuziehen und sich zuerst ihrem Magazin und dann - endlich - Burger, Pommes und der süßen Nachspeise zu widmen. Angi wunderte sich, dass sie sich früher besser zurückhalten konnte. Jetzt konnte sie es allerdings nicht - im Gegenteil. Sie konnte gar nicht schnell genug beißen, kauen und schlucken. Der würzige Geschmack, das Ketchup, das vor lauter Hast fast über ihr Kinn in das Magazin getropft wäre, die fettigen Pommes-Finger - alles war plötzlich irgendwie aufregend neu, obwohl sie genau wusste, dass dies nicht stimmte. Angi war froh, das Magazin als Sichtschutz zur Hand zu haben. Der Typ in ihrem Abteil - er sah gar nicht mal so schlecht aus, wie sie beim ausstiegen bemerkte - bemerkte auch so ihr seltsames Verhalten.

Das Wochenende zu Hause verlief dann ohne besondere Vorkommnisse. Weder Eltern noch Freunde bemerkten Angi's kleine Gewichtzunahme - Angi hielt sich beim Essen zurück und ging auch in Sachen Kleidung auf Nummer sicher. Nicht mal Angi's Freund Bernd sagte etwas - obwohl sie sich sicher war, das es ihm nicht entgangen war. Angi war es recht, das ersparte ihr eine unangenehme Situation. Alex saß gerade an seinem über seinen Büchern, als er aus dem Zimmer nebenan zwei wohlbekannte Stimmen vernahm. Es war inzwischen schon mehrere Wochen her, dass er von diesem höchst interessanten Dialog aus dem Schlaf gerissen wurde. Inzwischen waren ihm die beiden Stimmen wohlbekannt. Ein ähnlich spannendes Gespräch hatte es allerdings nicht mehr gegeben. Meistens unterhielten sich die zwei Mädchen über Filme, irgendwelchen Unikram, Lokale, Mode, Jungs und Musik - mehr oder weniger das übliche. Dieses Mal allerdings wurde die Sache wieder spannend.

"Recht erfolgreich ist deine Diät wohl nicht?", fragte die Bewohnerin des Nachbarzimmers, die, wie er inzwischen herausgefunden hatte, Lisa hieß. Das andere Mädchen, sie hieß Angi, meinte nur: "Ich fürchte nicht! Ich weiß auch nicht, ich kann mich beim Essen einfach nicht mehr beherrschen! Es ist eine Katastrophe, wie gefräßig ich zur Zeit bin. Hoffentlich hört das bloß bald wieder auf!" "Das kannst du laut sagen!", stellte ihre Freundin lachend fest. "Hast du dir im Spiegel schon einmal deinen Po angeschaut? Ich würde mal einen Blick riskieren!" "Vielen Dank!", gab Angi halb belustigt und halb gekränkt zurück. "Ich merk' auch so, dass ich bald in meine Sachen nicht mehr reinpasse! Dazu brauch ich keinen Spiegel!" "Hast du dich eigentlich schon mal auf eine Waage gestellt?", bohrte Lisa nach einer Weile nach. "Nee, hab' keine Lust dazu. Will mein Gewicht auch gar nicht wissen!", gab Angi trotzig zurück. "Ah, verstehe!", lachte Lisa, "verdrängen statt hungern - auch eine Taktik!" "Nerv' nicht!", entgegnete nun Angi, langsam ungeduldig werdend. "Was sagt eigentlich Bernd dazu?", ließ Lisa nicht locker. "Erinnere mich bloß nicht daran! Als ich das letzte mal zu Hause war, hat er noch nichts gesagt - da hab' ich aber auch noch locker in meine Sachen gepasst. Der wird kaum begeistert sein, fürchte ich!" "Ach was, wird halb so schlimm sein! Es soll ja Typen geben, die auf runde Formen abfahren!" "Na klar, im Traum, oder was ? Und überhaupt - du tust so, als hätte ich 100 Kilo! Das ist ja nicht zum Aushalten! Wenn du glaubst, dass ich wegen der paar Kilo gleich in Panik verfalle, irrst du dich aber!" Das entsprach sogar der Wahrheit, dachte Angi im selben Augenblick. Panik, dass sie dick werden könnte, hatte sie überhaupt nicht. Nicht mal ein schlechtes Gewissen. Noch immer machte sich in ihr bestenfalls ein Gefühl der Gleichgültigkeit breit. Es war wirklich seltsam. Als sie kürzlich feststellte, dass sie in eine ihrer Hosen fast nicht mehr reinpasste, nahm sie dies mit einer stoischen Gelassenheit und Ruhe zur Kenntnis, als ob es das normalste und selbstverständlichste auf der Welt wäre! Jede vernünftige 20jährige, die entdeckte, dass sie nicht mehr in ihre Sachen passte, sollte von Panikattacken, Depressionen, Schuldgefühlen oder zumindest einem unendlich schlechten Gewissen, gepaart mit rigorosen Diätplänen, geplagt werden, dachte Angi. Als Reaktion darauf einen weiteren Schokoriegel in den Rucksack zu stecken, um sich die Zeit in den Vorlesungen zu versüßen, war einfach keine adäquate Reaktion auf eine solche Entdeckung!

Zwei Wochen später kam dann die Stunde der Wahrheit. Wenn sie dieses mal nach Hause kommt, würde sie Bemerkungen über ihr Gewicht nicht mehr entgehen können. Zu deutlich hatte sich eine zarte Fettschicht auf dem Po und in der Nabelgegend sowie in der Taille festgesetzt. Mit einer Selbstverständlichkeit, die sie gar nicht mehr verwunderte, steuerte Angi vor ihrer Abreise wiederum den McDonalds in der Nähe des Bahnhofs an. Wieder ließ sich Angi ein großes Fresspaket einpacken - diesmal sogar mit voller Absicht. In den letzten Wochen hatte sie nie ohne Hemmungen ihren Heißhungerattacken nachgeben können. Vor Lisa wie blöd zu futtern anzufangen wollte sie irgendwie nicht - und da sie stets beisammen steckten, fühlte sie sich immer bemüßigt, zumindest so zu tun, als ob sie auf Diät sei. Beide wussten aber natürlich , das dies nicht stimmte. Nicht ohne Grund wurden Angi's Jeans rund um Po und Oberschenkel immer enger. Die Kalorien, die dafür verantwortlich waren, stammten von Pistazien, Erdnüssen, Cashewkernen, Chips und sonstigen fetten Snacks, die sie sich während der Arbeit am Computer vergönnte. Die lange Zugfahrt nach Hause würde sie dazu nutzen, endlich wieder mal so richtig zuzulangen. Zu Hause, vor ihren Eltern und vor allem vor Bernd, musste sie wieder auf Diät machen.

Der Zug war natürlich wieder total voll. Eigentlich hatte sie gehofft, ein Abteil für sich allein zu haben, um sich ohne Rücksichtnahme auf andere ihrem Fresspaket widmen zu können. Natürlich war im ganzen Zug kein Abteil frei. Als Angi gerade in den letzten Wagon gehen wollte, bemerkte sie, dass in dem Abteil, an dem sie gerade vorbeigegangen war, der Typ saß, mit dem sie schon vor einigen Wochen gemeinsam in einem Abteil saß. "Der kennt meine Reisegewohnheiten schon, und gestört scheinen sie ihn nicht zu haben", dachte Angi und betrat den Wagon.

"Dieses mal bin ich pünktlicher!", sagte das Mädchen, das gerade die Tür des Abteils aufgeschoben hatte. Alex erkannte sein Gegenüber sofort: Es war die hungrige Rothaarige, mit der er schon einmal in diesem Freitag-Nacht-Zug gesessen war. "Spinn ich jetzt oder hat die zugenommen?", dachte Alex im nächsten Augenblick. Er konnte nicht sagen, warum er diesen Eindruck hatte - irgendwie sah sie - nun - einfach bessser - aus! Sie hatte wieder eine riesige Reisetasche und auch wieder eine gut gefüllte Papiertüte mit dem gelben "M" dabei. Alex wusste sofort, dass er die Zugfahrt genießen würde. Er hatte sich gerade damit abgefunden, dass die Gewichtzunahme, die er im ersten Augenblick an der Rothaarigen festgestellt hatte, doch eher seiner Fantasie zuzuschreiben war, als das Mädchen damit begann, ihre Tasche wieder in die Ablage über den Sitzen stemmte. Ein heftiger Hitzestoß erfasste seinen ganzen Körper, als er in diesem Augenblick den Hinterteil und die Oberschenkel kurz zu sehen bekam. Es bestand nicht der geringste Zweifel - da hatte sich einiges hin zum besseren verändert! Ihr Po war eindeutig runder und voller, außerdem zeichnete sich deutlich ein offenbar zu knapper Slip durch den hellen Stoff ihrer Hose ab. Auch die Oberschenkel waren ein Nuance praller als noch vor einigen Wochen. Alex glaubte im siebten Himmel zu sein! Das gibt's doch gar nicht - so lange war doch die erste Zugfahrt noch nicht her! Oder hatte er sich damals getäuscht?

Kaum hatte sich Angi gesetzt, fiel sie mit unbändiger Lust über ihr Fresspaket her. Als ihr die diversen Gerüche in die Nase stiegen wunderte sie sich, dass sie es so lange ohne eine Mahlzeit nach Herzenslust ausgehalten hatte. Heute hatte sie ihren Heißhunger aber wenigstens so weit unter Kontrolle, dass sie mehr von ihrer Umwelt mitkriegte. Der Typ, der da saß, war - zumindest optisch - wirklich ganz o.k. Eigentlich wirkte sich die Anwesenheit andersgeschlechtlicher Zeitgenossen in den letzten Wochen ebenso appetithemmend auf Angi aus wie die Lisas oder Bernds Anwesenheit oder auch die ihrer Eltern. Dies war nun seltsamer Weise anders. Obwohl der Kerl, nachdem sie das Abteil betreten hatte, nur kurz mit ihr geplaudert hatte - belanglosen Small Talk natürlich, der für eine mehrstündige Zugfahrt nicht genug Gesprächsstoff bot - und seitdem schweigend in sein Buch reinschaute, hatte sie den Eindruck, er wartete von Anfang an nur darauf, dass sie zu essen anfing. Angi war sich ziemlich sicher, dass sie ihr Gefühl nicht täuschte. Sie bemerkte genau, dass er wiederholt verstohlen zu ihr rüberblickte, wenn sie wieder eine Fuhr Pommes in ihren Mund steckte, in ihren Cheeseburger biss oder an dem Milch-Shake nuckelte. Irgendwie war ihr dies aber gar nicht mal unangenehm. Sollte es ihr denn unangenehm sein? Wieso eigentlich? Weil sich ein - trotz der leichten Aufwärtstendenz in der letzten Zeit - schlankes Mädchen, das sich ausnahmsweise Unmengen an kalorienreichen Köstlichkeiten vergönnt, Selbstvorwürfe machen? Bisher hätte sie sich dieser Konvention untergeordnet - nun fiel er dieser Regelverstoß überhaupt nicht schwer. Der Burger, die Pommes, das ganze andere Zeug - es war einfach herrlich! Und Angi fand es zunehmend amüsanter, wie sich ihr Gegenüber bemühte, sie beim Essen zu beobachten, ohne dabei seinerseits erwischt zu werden. Angi konnte sich nicht vorstellen, was der Kerl so interessant dabei fand, ihr beim Essen zuzusehen - doch wenn sich ihre Blicke ab und zu trafen, hatte Angi das sichere Gefühl, dass der Bursche das, was er zu sehen bekam, alles andere als abstoßend fand. Wirklich eigenartig.

Irgendwie hatte Angi die ganze Situation doch irritierend und seltsam empfunden. Doch allzu lange hatte sie nicht Zeit, darüber nachzudenken, da sie nun, nach ihrer Ankunft, mit Freund und Verwandten fertig werden mussten. Dieses Wochenende würde unvermeidlich ihre etwas weiblichere Figur zur Sprache kommen. Schon seit Wochen hatte sie sich überlegt, wie sie sich dabei verhalten sollte. Falls die Kommentare freundlich-diplomatisch ausfallen, würde sie versuchen, mit Humor und Gelassenheit zu reagieren. Wenn die Kommentare aber hämisch oder gar ablehnend sind, würde sie sich zur Wehr setzten: Mit all dem Blabla, dass ihr bisher selbst immer auf den Nerv ging, wenn sie es hörte: Dass diese Kommentare typisch wären für eine vom Schlankheits- und Fitnesswahn dominierte Gesellschaft, dass sie - gerade im Zeitalter der Emanzipation - ihr Selbstwertgefühl nicht von ihrer Personenwaage abhängig machen werde, dass die Monroe in den 50er Jahren mit Größe 42 Sexsymbol war, etc., etc,....

Nachdem sie aus dem Zug gestiegen war und sie ihr Freund mit den Worten "Kommst Du überhaupt noch zum studieren oder bist du nur noch am essen?", begrüßte, wusste Angi, dass ihr ein schwieriges Wochenende bevorstand. Schlimmer noch als diese "nette" Begrüßung war aber die Tatsache, vor lauter Schreck über Bernds Freundlichkeit völlig auf ihre sorgfältig zurechtgelegte Verteidigungsstrategie zu vergessen. Stattdessen versuchte es Angi mit Entschuldigungen und Erklärungsversuchen, die Bernd aber nicht sonderlich beeindruckten. Er tat zwar verständnisvoll, doch Angi hatte sofort den Eindruck, dass alles nur geheuchelt war. Das ganze Wochenende hagelte es versteckte Andeutungen und als Witz getarnte Angriffe. Mit jeder Spitze, die Bernd auf Angi losließ, fühlte sie sich deprimierter und unglücklicher. Das im Grunde freundliche "Die Verpflegung stimmt offenbar im Studentenheim!" ihres Vaters und der vielsagende, fast mitleidige Blick ihrer Mutter heiterten Angi auch nicht besonders auf.

Sonntag Abend waren Angi und Bernd bei Freunden zum Essen eingeladen. Pizza. Eigentlich ein Grund zur Freude - mit Freunden zusammen Pizzas verdrücken. Kaum, als die beiden bei Melanie angekommen waren, merkte diese die etwas gedämpfte Stimmung, die Angi an den Tag legte. Während Melanie die Pizzen zubereitete, schüttete Angi ihrer Freundin das Herz aus. Über ihre Gewichtszunahme und das erniedrigende Verhalten Bernds. Melanie war in letzter Zeit selber ziemlich aus dem Leim gegangen und konnte Angi gut verstehen, auch wenn Melanies Freund daraus keine Staatsaffäre machte. Als ihre Unterhaltung durch ein lautes, aus dem Wohnzimmer kommendes, "He Melanie, stimmt es, dass Angi heute nur Zwieback bekommt?" von Bernd unterbrochen wurde, gesellte sich zu Angi's Gefühl der Niedergeschlagenheit auch Wut - ihr Kampfgeist erwachte. "Der kann mich mal!", flüsterte Angi ihrer Freundin ins Ohr, als beide an der Anrichte standen und die Pizzen belegten. "Wieviel ich esse und wann ich eine Diät mache, bestimme immer noch ich!" "So gefällst Du mir schon besser!", lachte Melanie. "Lass Dir nachher ja nicht den Appetit verderben - der soll ruhig merken, dass du dich nicht kleinkriegen lässt!"

Der restliche Abend verlief für Angi halbwegs erträglich. Melanie und auch die anderen versuchten, das Gespräch nicht auf Bernds neues Lieblingsthema kommen zu lassen. Angi nahm sich zwar Melanies Vorsatz, sich mit Appetit auf ihre Pizza zu stürzten, zu Herzen, wirklicher Gusto kam bei ihr aber trotzdem nicht auf. Anders als zu den sonstigen Mahlzeiten an diesem Wochenende ließ sie diesmal aber nicht den halben Teller übrig, um die von allen erwarteten Diätbemühungen zu belegen. "Es wäre genial, jetzt wie eine Halbverhungerte zu schlemmen zu beginnen", dachte Angi, während sie tapfer ihre Pizza verdrückte. "Bernd würde wahrscheinlich ausflippen!" Irgendwie stellte sie sich vor, bei einem gemeinsamen Essen mit ihren Eltern, Bernd und anderen Bekannten eine hemmungslose Völlerei zu veranstalten und damit einen richtigen Skandal auszulösen. Hier und jetzt, wo ihr dieser Gedanke durch den Kopf geisterte, brachte sie allerdings noch nicht den Mut dazu auf.

Als der Abend fast vorbei war und die gegenseitige Verabschiedung schon in vollem Gange war, zog Melanie ihre Freundin beiseite und drückte ihr eine große Tasche in die Hand. "Ich hab gesehen, dass du dir ständig dein Höschen zurechtzupfen musstest - hier sind ein paar Klamotten, die dir vielleicht besser passen!", flüsterte sie Angi mit einem Zwinkern in den Augen zu. Tatsächlich war Angi schon den ganzen Tag ihr inzwischen etwas knapper Slip in die Poritze gerutscht, und langsam wurde dies lästig. "Ich pass' in diese Sachen ohnehin nicht mehr rein!", fügte Melanie hinzu. Und als Angi fast bei schon bei der Tür draussen war, schickte ihr Melanie noch ein leises "Lass' dir bloß nicht den Appetit verderben!", hinterher. Angi's Stimmung war schlagartig besser. Daran konnte auch Bernds wenig freundliche Verabschiedung auch nichts ändern - im Gegenteil. In vier Wochen würde eine große Geburtstagfeier ihres Vaters, der 50ste, steigen. "Wäre nicht schlecht, wenn du bis dahin ein bisschen Diät hältst - damit du in deinem roten Kleid wieder alle beeindrucken kannst!", meinte Bernd auf der Fahrt zum Bahnhof. Endlich gelang es Angi, eine Antwort nach ihrem Geschmack zu geben. "Sorry Liebling", meinte sie mit einem süffisanten Tonfall, "wann ich eine Diät mache, entscheide immer noch ich! Und wenn ich überhaupt keine mache, muss er dir auch recht sein!" Plötzlich fühlte sich Angi bestens. Jetzt war sie ganz in ihrem Element - nach all den kleinen und großen Bosheiten, die sie ertragen musste, war ihr so richtig nach einem ordentlichen Streit zu Mute. "Mir doch egal, wieviel du isst!", gab Bernd scheinbar gelassen zurück. Die Art, wie er stur auf die Straße schaute und ihrem Blick auswich, kannte Angi nur zu gut - seine Gelassenheit würde bald vorbei sein - genau darauf legte sie es auch an. Sie wusste zwar, dass es dumm war, jetzt, wo sie in einer Viertelstunde im Zug sitzen und dieses Wochenende vorbei sein würde, es auf einen Streit anzulegen. Angi war allerdings überhaupt nicht nach Vernunft. Sie durfte wohl auch zehn Minuten unvernünftig sein, wenn sich Bernd das ganze Wochenende wie ein Vollidiot benahm. "Wenn du so weiter machst, kannst du es ohnehin bald mit Melanie aufnehmen. Hast du ihren Arsch heute nicht gesehen ? Wirklich unglaublich sexy!" Natürlich hatte sie. "Bin ja nicht blind...", murrte Angi. Melanie hatte selbst in ihren schlankeren Tagen ein Talent dafür gehabt, sich so anzuziehen, dass sie runder aussah, als sie eigentlich war. Dieses Talent wirkte sich jetzt aber weitaus drastischer aus. Sogar Angi ertappte sich im ersten Moment dabei, Melanies Outfit unmöglich zu finden - nach dem Motto: "Wenn ich schon so ein Hinterteil hab, dann muss ich auf diese Art Mode verzichten!" Im nächsten Augenblick aber war Angi klar, dass gerade sie an diesem Abend ganz ruhig sein musste. Ihre eigene Jeans saß verflucht eng, und die Probleme, die ihr Höschen ständig machte, waren auch mehr als einfach zu interpretieren. Nachdem Angi in Bruchteilen einer Sekunde ihre eigene aktuelle Situation durch den Kopf gegangen war, kam sie schnell zum Schluss, dass Melanie völlig recht hatte: Sollen die anderen doch denken, was sie wollen! Ein Problem hast man erst, wenn man sich einen fremden Willen aufzwingen lässt. "Soll sie sich von irgendwelchen Schlankheitsterroristen ihren eigenen Stil ausreden lassen? Würde mir an ihrer Stelle auch nicht im Traum einfallen!" "Dann kann man ja nur hoffen, das deine Expansionsphase bald vorbei ist!", murrte nun Bernd, langsam aus der Fassung geratend. "Und wenn ich mit hundert Kilo im Mini herumlaufe, deine modischen Bedenken sind sicher der letzte Grund, eine Diät zu machen!"

Daraufhin herrschte eisige Stille im Auto. Angi stand nun so richtig unter Strom. Es fühlte sich herrlich an. Am liebsten würde sie Bernd noch weiter provozieren. Sollte sie ihm sagen, was in der zweiten Reisetasche drinnen ist? Sie könnte ihm androhen, bis in vier Wochen so viel zuzunehmen, dass ihr selbst Melanie's Sachen zu eng wären? Er würde sie aber durchschauen - er kannte sie zu gut um zu wissen, dass ihr das bisher gesagte durchaus ernst war, die Drohung mit Melanie's Klomotten aber nur pure Provokation. Darüber würde er nur lachen, sich aber nicht ärgern. Inzwischen waren sie am Bahnhof angekommen, und am Bahnhof, in aller Öffentlichkeit, wollte sie nun doch nicht mit Bernd lautstark über ihr Gewicht streiten, auch wenn zu dieser späten Zeit nur noch wenige Menschen am Bahnhof waren.

Kaum saß Angi im Zug, empfing ihr Handy ein SMS. Es war von Melanie: "Schau mal in die Reisetasche rein - Guten Appetit!" Augenblicklich lief Angi das Wasser im Mund zusammen - sie ahnte schon , was sie erwartete - die Portion Tiramisu, die Melanie als Nachtisch serviert hatte und Angi verschmäht hatte. Die Portion, die sorgfaltig in Tupperware verpackt in ihrer Reisetasche auf sie wartete, hatte allerdings mit der Portion, die sie nach der Pizza hätte essen sollen, kaum etwas gemeinsam. Diese war mindestens doppelt so groß...

Angi's seltsame Gleichgültigkeit, was ihren gesteigerten Appetit und die leichten körperlichen Veränderungen, die sie mit der Zeit feststellte, anbelangte, verwunderte sie stets aufs Neue. Als sie sich eines Morgens schminkte und sich dabei, wie immer, möglichst weit über das Waschbecken beugte, um näher an den Spiegel zu kommen, merkte sie überrascht, dass ihre beiden Hüftknochen nicht mehr so hart gegen das Porzellan des Beckens stießen wie noch zu dem Zeitpunkt, als sie sich das erste mal vor diesem Spiegel schminkte. Noch immer über das Waschbecken gebeugt sah Angi verwundert an ihrem Bauch entlang und registrierte die kleine Wölbung, die die Berührung mit der Waschbeckenkante auf ihrem Bauch verursachte. "Speck. Nun beginnt es also auch meinen Bauch zu erwischen.", dachte Angi. Keine Panik. Kein Schreck. Keine Unruhe. Nichts. Nur eine nüchterne Feststellung. Völlig gelassen widmete sich Angi wieder dem Schminkritual, sich über diese absolute Coolness wundernd. Aber dieses Gefühl kannte sie nun inzwischen. Neu war dieses hintergründige Lächeln, dass sie in ihrem eigenen Spiegelbild feststellte. Ein sehr attraktives Mädchen war in diesem Spiegel zu sehen, stellte Angi, mit großer innerer Zufriedenheit fest, und aus irgendeinem Grund musste dieses Mädchen schmunzeln.

Inzwischen hatte Anja ihrer Freundin Lisa jedes Detail des Besuchs zu Hause erzählt. Das war eine gute Gelegenheit, ihr indirekt zu sagen, dass sie einstweilen nicht daran dachte, eine Diät zu machen. Lisa beglückte Angi nämlich mit immer neuen Diät- und Motivationstricks und konnte einfach nicht verstehen, dass ausgerechnet bei Angi alle Methoden scheiterten. Lisa kannte Angi gut genug, um zu kapieren. Diäten waren von nun an kein Thema mehr. Langsam begann Angi nun, Lisa nicht mehr die Hungernde vorzuspielen, sondern so viel zu essen, wie sie wollte.

Auch den Inhalt von Melanies Tasche hatte sich Angi inzwischen in Ruhe angeschaut. Das Sachen waren praktisch neu - kein Wunder, Melanie hat eine zeitlang sehr rasant zugelegt und die Dinge kaum getragen. Spaßeshalber schlüpfte Angi in einen der Röcke um zu sehen, wieviel sie zulegen müsste, wenn sie ihre nicht ausgesprochene Drohung hätte umsetzten wollen. Sie hatte noch viel Platz in diesem Rock, stellte sie fest. Unglaublich, dass Melanie diese Sachen zu klein waren - so dick schaute sie gar nicht aus. Wenn sie selbst allerdings weiterhin mit diesem Appetit zuschlagen würde, würden sie Sachen bald gar nicht mehr so weit sein. Allerdings war sie sich nicht sicher, ob sie Melanies Sachen überhaupt würde anziehen wollen - Melanies Unbekümmertheit war zwar auf seine Art und Weise vorbildlich, andererseits war Angi noch immer etwas skeptisch.

Es war schon wieder eine Woche her, dass Alex ein zweites mal in den Genuss der Anwesenheit dieser außergewöhnlich hungrigen jungen Frau gekommen war. Manche Szenen dieser Zugfahrt wollten ihm nicht mehr aus dem Kopf: Die Entdeckung ihrer etwas runderen Formen, ihr zelebriertes Verspeisen einer Unmenge an Fast-Food und die Augenblicke, als sie ihn bei seinen fast voyeuristischen Blicken ertappte. Dieser Blick... Ständig stellte er sich vor, wie sie mit Begeisterung viel zu viel Süßes und Fettes in sich hinein stopft, sich aus den Fettpölsterchen, die sich mit der Zeit ansetzten nichts machte, sondern es, ganz im Gegenteil, genießen würde, endlich diesen wunderbaren weichen Speck anzusetzen. Stets holte ich ihn sein Realitätssinn wieder ein - so etwas gab es nur in seiner Fantasie. In Wirklichkeit würde dieses unkontrollierte Nachgeben ihrer kulinarischen Begierden nur eine vorübergehende Phase sein. Irgendwann, meist sehr bald, war der Zeitpunkt erreicht, wo die Waage, die herrschende Mode oder ein anderer vermeintlich übermächtiger Zwang, ihren Speiseplan diktieren würde. Hoffen konnte man ja trotzdem...

Dieses Wochenende würde er nicht nach Hause fahren - vielmehr hatte er sich ein intensives Lernwochenende auferlegt. Das Wetter war ohnehin schlecht. Samstag Abend, er hatte schon einige Stunden Lektüre hinter sich gebracht, entschloss sich Alex kurzfristig, ins Kino zu gehen. In seinen Kopf ging ohnehin nichts mehr rein, irgendein wenig anspruchsvoller Film würde die richtige Ablenkung bringen. So schnappte er sich also kurzerhand seine Jacke und machte sich auf den Weg. Die Gedanken kreisten noch immer rund um seine Bücher, als er sich an der erstbesten Kinokasse in die Warteschlange stellte, und die Barreserven in seiner Geldtasche überprüfte. Gerade, als er gedankenverloren die Münzen zählte, hörte er, direkt vor ihm, zwei wohlbekannte Stimmen. Es handelt es sich um die typische "Wo wollen wir sitzen"-Debatte, geführt von Lisa - seiner Zimmernachbarin - und ihrer ihm unbekannten Gesprächspartnerin. Als er sah, wer Angi war, war die Überraschung perfekt. Er sah Lisa Freundin zwar nur von hinten - es bestand allerdings kein Zweifel, Angi war der süße Vielfrass aus dem Zug! Die roten Haare, die Figur - die Situation war sonnenklar. Einen Auugenblick wunderte sich Alex, dass er sich letzte Woche im Zug im ersten Moment nicht sicher war, ob sie tatsächlich zugelegt hatte. So, wie sich ihm ihre Rückansicht nun präsentierte, waren alle Zweifel ausgeschlossen. Gerade in dem Augenblick, in dem er beschloss, erst mal unentdeckt zu bleiben, zu versuchen herauszufinden, welchen Film sich die zwei anschauen wollten und sich dann um einen Sitzplatz neben den beiden zu bemühen, hörte er schon Lisas fröhliche Stimme: "Wer ist denn das? Mein zurückgezogen lebender Zimmernachbar! Das ist ja eine Überraschung!" "Hi, Lisa!", antwortete Alex ruhig, blickte aber Angi kerzensgerade in die Augen. Ihr war die große Überraschung, die er Sekunden vorher erlebte, nur einen Moment an anzusehen. "Das ist Alex!", stellte Lisa nun ihrer Freundin Alex vor, die von all dem nichts mitbekam. "Hallo Alex!", stellte sich nun Angi mit einem formellen Lächeln vor. "Hallo, Angi! Bist du Lisa's dicke Freundin, mit der sie immer unterwegs ist!" Oops, dachte sich Alex, das könnte als falsch verstanden Anspielung aufgefasst werden! Doch Angi ließ sich nichts anmerken, falls sie diese Bemerkung so interpretiert haben sollte, stellte Alex sofort fest. "So ist es!", meinte Angi, "und du gehst ganz allein ins Kino?" Sie machte einen ausgesprochen fröhlichen Eindruck auf Alex. "Heute ausnahmsweise schon...", begann Alex, als Lisa ihn unterbrach und sofort fragte, ob sie sich nicht gemeinsam einen Film ansehen könnten. Die Chance ließ sich Alex natürlich nicht entgehen, obwohl er ursprünglich einen anderen Film sehen wollte. Nachdem sie die Karten gekauft hatten und sie auf dem Weg zum richtigen Kinosaal waren, meinte Angi plötzlich: "Wartet einen Augenblick, ich hohl mir doch noch schnell ein bisschen Popcorn!", schaute dabei Alex an und setzte das breiteste, freche Grinsen auf, das Alex seit Ewigkeiten gesehen hatte. Alex traf fast der Schlag, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Nachdem Lisa und Alex kurz gewartet hatten, kam Angi, mit einem riesigen Becher Popcorn in beiden Händen, zurück. "Konnte mich nicht beherrschen!", meinte Angi fröhlich, mit einer gespielten Unschuldsmine im Gesicht. "Ich seh's!", meinte Lisa, die schon den Eingang des Saals ansteuerte.

Sofort nachdem sie sich gesetzt hatten, platzierte Angi den Popcornbecher zwischen sich und Alex. "Kannst gerne zugreifen!", forderte sie Alex auf. "Das ist nett, vielleicht später!", gab Alex zurück. Angi hatte inzwischen begonnen, sich über das Popcorn herzumachen. Alex achtete während des Films weniger auf den Film als vielmehr auf Angi, die regelmäßig, ohne Unterbrechung, Popcorn aus dem Becher fischte. Irgendwie hatte Alex den Eindruck, sie provoziere ihn bewusst. Schade, dass es so dunkel war.

Als die Drei das Kino verließen, war der Becher leer und Angi ein bisschen übel. So viel Popcorn hatte sie noch nie verdrückt. Ihr Experiment ist allerdings gelungen! Schon im Zug glaubte sie bemerkt zu haben, Alex uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu haben, wenn sie sich über irgendwas essbares hermachte. Ihr Auftritt mit dem Popcorn und Alex Reaktion auf ihre kleinen Bemerkungen bestätigte sie darin. Komische Welt. Dass so etwas überhaupt möglich war! Es konnte ihm gar nicht entgangen sein, dass sie zugelegt hatte! Und jetzt zog sie diese Show ab - und sie machte damit Eindruck auf diesen Kerl! Angi fand dies schlicht lustig. Nur schade, dass Alex nicht die geringste Bemerkung machte, die ihren Eindruck bestätigte - dann würde sie sich auf sichererem Terrain bewegen.

" Was hält ihr davon, wenn wir uns noch schnell eine Kleinigkeit bei Burger King genehmigen", meinte Alex. Dieser fixierte nun Angi, seinerseits hintergründig grinsend. "Gerne, aber nur eine Kleinigkeit!", gab Angi zurück, der noch immer übel von der Unmenge Popcorn war. "Aber klar doch, was denn sonst?!", gab Alex prompt zurück, den Erstaunten spielend. Angi senkte zwar den Kopf, um das verschmitze Lächeln, dass ihr entkam, zu verstecken - Alex hatte es aber schon längst bemerkt.

In den nächsten Tagen bemerkte Angi, dass sich ihr Appetit und die Mengen, die sie jeden Tag verschlang, weiter steigerten. Nicht nur, dass sie sich inzwischen nicht mehr einschränkte, wenn sie mit Lisa zusammen war, auch wenn sie Alex traf, was in den Tagen nach dem zufälligen Treffen im Kino immer öfter geschah, lief sie, was die Kalorienvernichtung betraf, stets zur Höchstform an. Aus irgendeinem Grund war sie immer besonders hungrig, wenn sie beisammen waren - sie musste ihm, anders als noch im Kino, ihren gewaltigen Appetit gar nicht erst vorspielen. Immer öfter kam ihr nun der Gedanke, dass ihre Gewichtszunahme wohl doch nicht so bald zu Ende gehen würde, eher im Gegenteil. Noch immer regte sie der Gedanke nicht sonderlich auf. Problematisch wurde es allerdings nun mit ihrer Garderobe. Schrittweise musste sie nun ein Kleidungsstück nach dem anderen aussortieren. Es fing schon vor einiger Zeit mit dem einen oder anderen extra-kleinen Teil an, in den letzten Tagen bemerkte Angi allerdings, dass die Zahl der Kleidungsstücke, in die sie nicht mehr reinpasste, rasant angestiegen war. Als sie an diesem Morgen erst die dritte Jeans, die sie anziehen wollte, zuknöpfen konnte und sich zu ihrem Erstaunen selbst dann noch eine schon ziemlich ansehnliche Fettansammlung über den Bund rollte, beschloss sie, sich doch einmal ernstlich mit Melanies Garderobe auseinander zu setzten. Heute Abend musste sie perfekt gestylt sein - Dinner mit Alex stand Angi's Programm - vielleicht sogar noch etwas mehr...

Es kommt, wie es kommen musste, dachte Angi, als Alex nach dem zweiten leidenschaftlichen Kuss ihr dabei behilflich war, aus Melanies engen, schwarzen Top rauszuschlüpfen. Der ganze Abend steuerte auf herzhafte Intimitäten zu, inzwischen waren sie vielversprechend in Gang gekommen. Endlich war sie aus dem schwarzen Teil und Alex fasste sie nun mit den Händen in ihrer Taille und zog sie zu sich. Als sich seine Finger durch diese Berührung die Fettpölsterchen, die sich selbst über dem nicht allzu engen Rock zusammengeschoben hatten, etwas verformten, empfand Angi dies als das sinnlichste Gefühl, das sie je erlebt hatte. Während des nächstem extra-leidenschaftlichen Kuss bemerkte Angi, wie der sich in den letzen Wochen entwickelte Ansatz eines kleinen Bäuchleins Alex Bauch berührte und sich dadurch leicht verformte. "Schade, dass ich nicht mehr Bauch habe!", schoss es ihr durch den Kopf, während ihre Leidenschaft wuchs und wuchs und sie sich gleichzeitig über ihre Gedanken wunderte. Inzwischen lagen Alex und Angi schon im Bett, die Klamotten im weiten Bogen im Zimmer verstreut. Kurz hatte sich Alex zu den Angi's Oberschenkelinnenseiten vorgetastet. Diese Berührungen erzeugten seltsamer Weise nicht die selben Gefühle wie vorhin. Angi wusste sofort warum, und konnte die Antwort kaum glauben - ihre Oberschenkel waren einfach noch zu fest, zu muskulös, einfach zu wenig - fett. Der Gedanke, dass sie genau jene Berührungen so genoss, die ihre Fettpölsterchen betrafen, schockierte sie - gleichzeitig fühlte sie sich so sexy wie noch nie zuvor. Einen kurzen Augenblick kam Angi der Gedanke, dass sie sich dies vielleicht doch nur einbildete, als Alex begann, ihr sanft in ihren noch relativ jungen Bauchspeck zu beißen. Alle Zweifel waren wie weggefegt - wieder feuerte diese Liebkosung die sich langsam anmeldende Exstase an. Es begann sich, eine neue Tür in Angis Leben zu öffnen - und Angi nahm sich schon jetzt vor, alles zu erkunden, was sich dahinter verbarg.

Nun begann Alex plötzlich, ihr irgendwelche Süßigkeiten in den Mund zu stecken. "Woher hatte er die bloß plötzlich zur Hand?", dachte Angi, während sie den Mund voll Schokolade hatte und Alex vorsichtig in sie eindrang. Mit jedem Stück Schokolade und jeder rhythmischen Bewegung, die ihren Körper erfasste, reduzierten sich ihre Gedanken nur noch auf das eine - sie musste unbedingt mehr essen, mehr Fett ansetzten. Es war einfach traumhaft, welch Gefühlswelten sie gerade entdeckte - es zahlte sich aus, die schlanken Tage hinter sich zu lassen. Wieso konnte sie nicht schon jetzt dickere, weichere Schenkel haben, mit denen sie Alex sanft umklammern konnte! Wieso reichten zwei Finger aus, um ihren ganzen Bauchspeck zu fassen ? Angi wollte unbedingt jetzt schon weicher, runder, schwerer sein. Jedes neue Kilo würde mehr Spaß bedeuten, davon war Angi überzeugt, als die beiden dem Höhepunkt des Abend zusteuerten.

Als Angi am nächsten Morgen aufwachte, war es schon hell in ihrem Zimmer. Eine leere Pralinenschachtel lag am Boden - überhaupt sah es aus wie nach einem Bombenangriff. Angi konnte sich ein stilles Lachen nicht verkneifen. Alex war offenbar schon weg und Angi begann, sich verträumt mit ihrem Bauchspeck zu spielen, der jetzt, wo sie am Rücken lag, kaum zu sehen war. Die Gedanken, die ihr die letzte Nacht gekommen waren, schossen ihr nun wieder durch den Kopf. Im Grunde war es Wahnsinn, welche Pläne sie während der Intimitäten mit Alex geschmiedet hatte. Schon die Tatsache, dass ihr solche Gedanken kommen konnten! Ein bisschen pervers ist das ganze schon, sagte Angi laut zu sich selbst. Wenn sie aber an gestern dachte - würde sie der Versuchung und dem Zauber widerstehen können? Wollte sie dies überhaupt? Als Anja aus dem Bett kletterte, entdeckte sie, dass auf dem Tisch ein riesiges Frühstück stand. Noch bevor Angi dazu gekommen war, sich mit den Fragen auseinander zu setzten, die sich ihr nach dem Aufwachen gestellt hatten, war das erste, dick mit Nudella bestrichene Brot in ihrem Magen verschwunden. Sie dachte an Alex, ihre Oberschenkelinnenseiten und begann, das zweite Brot zu bestreichen...

Die nächsten Tage und Wochen waren wie der siebte Himmel. Angi und Alex waren unzertrennlich und Angi's Appetit riesengroß. Sie konnte kaum glauben, dass sie freiwillig und mit solcher Begeisterung diese Mengen essen konnte. Und sie merkte auch, dass sich die Folgen dieser Schlemmerei nachhaltig bemerkbar machten. Sie nahm zu, und zwar rapide. Ihre Garderobe konnte sie bis auf wenige Ausnahmen nun endgültig aussortieren, Melanies Teile wurden nach einigen Shopping-Touren, die ein Riesenloch in ihr Konto schlugen, durch neue Teile ergänzt. Lisa, die sich schon lange mit jedem Kommentar zurückgehalten hatte, fragte einmal vorsichtig aus, ob Angi nicht etwas übertrieb mit dem Essen in letzter Zeit. Angi konnte nur antworten, dass Lisa wahrscheinlich oder sogar ziemlich sicher Recht hatte - sie aber nichts an ihrem neuen Lebensstil ändern wollte. Oft begutachtete sich Angi im Spiegel - verblüfft beobachtete sie die Veränderungen ihres Körpers. Rippen und Muskelstrukturen verschwanden, weiche, sanfte Rundungen tauchten auf. Angi war sich sicher, die einzige Frau in der westlichen Hemisphäre zu sein, die die Entdeckung stämmiger werdender Oberschenkel erfreute.

Der Geburtstag von Angi's Dad nahte unaufhaltsam. Wenn sie dort auftaucht, gibt es unter Garantie einen einstimmigen Ausruf des Entsetzens. Ihren Dad, der ihre Gewichtszunahme bei ihrem letzten Besuch noch mit dem meisten Humor aufgenommen hatte, warnte Angi beim letzten Telefonat, dass sie mit ihm geführt hatte, vor: Ihre Diätbemühungen seinen nicht gerade erfolgreich gewesen - eher das Gegenteil war der Fall, teiltte Angi ihrem Vater mit. Das war die Untertreibung des Jahres, musste sich Angi eingestehen, als sie sich während des Telefonats mit einer Handvoll Bauchspeck spielte. Mit ihrem Noch-Freund Bernd telefonierte sie auch des öfteren - er reif nur an, um Angi in ihren Diätbemühungen zu unterstützen. Dass Angi zufälliger Weise immer den Mund voll hatte, wenn Bernd anrief und sie ans Telefon ging, verbesserte die Stimmung während der Gespräche nicht unbedingt zum besseren. Nach Angi's Gespräch mit ihrem Vater häuften sich die Anrufe ihrer Mutter verdächtig. Noch verdächtiger waren die Diättipps, auf die die Gespräche immer hinausliefen. Das alles begann schön langsam zu nerven. Angi war froh, wenn sie alle in ihrer ganzen, neuen Fülle zu Gesicht bekämen, dann würden die Fronten geklärt sein.

Tatsächlich wirkte sich der sich anbahnende Besuch zu Hause etwas auf Angi's Appetit aus, was nicht bedeutete, dass sie sich sehr kasteite. Als Angi dann aus dem Zug stieg, war das Entsetzten ihrer Mutter groß. Es war echt und nicht gekünstelt, wie bei so manch anderer Gelegenheit. Angi hatte mit einem nicht allzu erfreulichen Empfang gerechnet, mit der Heftigkeit, mit der ihre Mum auf ihren Auftritt reagierte, allerdings nicht. Angi hatte mit einem mehr oder weniger großen cholerischen Anfall gerechnet, ihre Mutter war allerdings schlicht entsetzt. "Um Gottes Willen, wie siehst den du aus!", entfuhr es ihrer Mutter, "ich hätte dich fast nicht erkannt!" Sie rang wirklich um ihre Fassung. Dann wollte sie wissen, wie dies "passieren" konnte. Ob sie krank wäre und schon beim Arzt gewesen sei - ein solche Gewichtszunahme hänge sicher mit irgendeinem hormonellen Problem zusammen. Ob sie depressiv sei und deshalb Kummerspeck angesetzt hätte. Angi's Antwort, rundherum glücklich zu sein und einfach mehr zu essen als früher, erschien ihrer Mutter einfach nicht glaubhaft. Es musste einen anderen Grund geben. Natürlich gab es den, dachte Angi, sie würde den wahren Grund aber nicht preisgeben.

Bernd würde sie erst am Sonntag auf der Geburtstagsparty sehen - er war irgendwo auswärts unterwegs - sie wusste gar nicht, was der Grund dafür war. Also verbrachte sie ihre Zeit zu Hause. Beim Essen schlug sie zwar nicht derart hemmungslos zu wie bei Alex, sie verlangte aber stets zweite Portionen und schlug auch beim Nachtisch zu, um ihrer Mutter zu beweisen, dass sie nun tatsächlich mehr verdrückte als früher. Außerdem stellte Angi fest, dass sie inzwischen diese Portionen benötigte, um halbwegs satt zu werden. Angi gab sich auch bestgelaunt, um zu beweisen, dass ihr ihr Gewicht nicht die Laune verdarb. Ihr Vater fand sich nach einer gewissen Phase der Verwunderung mit der neuen Situation bald ab, Angis Mutter wurde mit aber zusehends ungehalten, als sie begriff, dass Angi tatsächlich nur auf Grund ihrer "Verfressenheit", wie sie sich ausdrückte, so dick geworden war und sich überdies nicht das geringste daraus zu machen schien. Die Stimmung zwischen den beiden verschlechterte sich immer weiter, und Sonntag Mittag eskalierte die Situation endgültig. Angi's Mutter mokierte sich über die Jeans, die Angi an diesem Tag trug. Diese war tatsächlich schon ziemlich eng - fast schon zu eng - und Angi's Hintern entfaltete darin selbst für Angi ungewohnte Dimensionen. Die Oberschenkel verlangten dem Stoff auch einiges ab, nur der Speck an den Hüften gab der Jeans nach und presste sich üppig über den Bund. Da Angi ihr T-Shirt in die Hosen gestopft hatte - durchaus mit der Absicht, ihre Mutter zu provozieren - wurden in diesem Outfit all die neuen Kilos mehr als deutlich sichtbar. Melanie wäre stolz gewesen, hätte sie Angi in diesem Aufzug gesehen. Natürlich entsetzte sich ihre Mutter fürchterlich über Angis Auftritt. Ein Wort gab das andere, und letztlich drohte ihre Mutter, dass sie Angi aus dem Haus werfen würde, wenn sie am Abend in einem ähnlichen Outfit aufkreuzen würde. Zwar lagen die Nerven ihrer Mutter blank, da sie schon seit Wochen an der Vorbereitung dieses Abends herumorganisiert hatte, trotzdem war Angi ganz nach einer Trotzreaktion zu Mute. Tatsächlich hatte sie sich mit einer ihrer Meinung nach eleganten, da und dort ihre neuen Kurven andeutenden, im großen und ganzen aber auch für das kritische Auge ihrer Mutter ausreichend kaschierenden Garderobe, eingedeckt. Wenn sie jetzt Zugang zu ihrer Garderobe im Studentenheim gehabt hätte, sie hätte sich wahrscheinlich zu einem modischen Racheakt an ihrer Mutter hinreißen lassen. So aber kühlte Angi's Temperament bis zum Abend wieder ab.

Aber nicht lange - dafür sorgte schon Bernd, als er eine Stunde, bevor die Party offiziell begann, eintraf. Zuerst fielen ihm die Augen aus dem Kopf - Angi konnte direkt sehen, wie er um seine Fassung kämpfen musste. "Soll ich höflich sein, oder ehrlich?", meinte er, mit einem extra coolen, fast arroganten Gesichtsausdruck. "Nur raus mit der Sprache!", meinte Angi, obwohl sie nicht sicher war, dass sie hören wollte, war Bernd wirklich dachte. "Nun eigentlich hatte ich ja gehofft, dass Du abnehmen würdest. Irgendwie ist meine Hoffnung nicht erfüllt worden - ganz im Gegenteil. Bin mir nicht sicher, ob ich das noch attraktiv finde!" Zu ihren neuen Kurven einfach nur "das" zu sagen, als ob sie nicht zu ihr gehörten, sondern nur einen ekelerregenden Ballast darstellten, war schon ziemlich heftig. "Wenigstens hast Du meinen anderen Wunsch, heute das rote Kleid anzuziehen, auch nicht erfüllt - aber Du siehst wahrscheinlich auch selbst ein, dass das ziemlich peinlich gewesen wäre!" Angi merkte, wie erneut die Wut in ihr hoch kroch. Erneut riss sie sich zusammen - in wenigen Minuten würde das Fest beginnen, und sie wollte jetzt keine Szene veranstalten.

Das Fest war im Grunde ganz o.k., wenn nicht ausnahmslos Bekannte und Verwandte anwesend gewesen wären, die fast ausschließlich im Alter ihrer Eltern waren. Angi merkte zwar die eigenartigen Blicke, die sie bei der Begrüßung der Gäste vielfach eingehend und fragend musterten. Blöde Bemerkungen gab es allerdings nicht - nimmt man das codierte "gut siehst Du aus", dass eindeutig für "bist Du aber dick geworden" stand, aus. Eine Wende nahm die Feier, als Angi bemerkte, dass ihre Mutter ihren Freundinnen offenbar erzählte, dass sie unter eine seltenen Stoffwechselkrankheit leide und deshalb so zugelegt hätte. Wieso erzählte sie solche Lügengeschichten? Es war ganz klar - sie schämte sich tatsächlich für ihre etwas aus der Form geratenen Tochter! Angi konnte einfach nicht glauben, dass ihre Mutter so wenig Rückgrad hatte! Am liebsten wäre Angi zur 60-er Jahre-Revival-Band, die ihre Mutter engagiert, hatte, gegangen und hätte den Gästen über die Verstärkeranlage mitgeteilt, dass sie sich bester Gesundheit erfreute, sie jedes Kilo Übergewicht genießt und vorhabe, noch viel dicker zu werden. Auch diesmal schluckte Angi den Frust herunter. Nur ihrem Vater berichtete sie von den Unwahrheiten, die ihre Mutter unter den Gästen verbreitete. Er hatte dies allerdings schon selbst längst mitbekommen - und auch er fand es ärgerlich. Angi hingegen war wütend.

Daraufhin begann Angi, ihren Frust am Buffet abzubauen - mit reichlich Kalorien. Bald bekam sie es mit Bernd zu tun, den das ganze Fest ziemlich langweilte. Natürlich begann er zu lästern, als Angi das x-te belegte Brötchen - bevorzugt mit viel Majo - verdrückte. Wenig später, Angi kostete sich inzwischen durch das Kuchensortiment, fauchte ihr ihre Mutter im Vorbeigehen ein "Reis Dich doch ein bisschen zusammen!" Natürlich musste es ihre Mutter nerven, dass sich Angi vor allen Gästen wie ein Vielfrass aufführte, und sie irgendetwas von Stoffwechselkrankheiten verbreitete. Irgendwie motivierte das Angi, noch mehr in sich hineinzustopfen. Bei einer der vielen Köstlichkeiten passierte ihr allerdings ein kleine Missgeschick - etwas schokoladenartiges hatte sich selbstständig gemacht und einen prächtigen Fleck auf ihrer Hose hinterlassen. Mit diesem Fleck konnte sie unmöglich den weiteren Abend herumlaufen. Ob noch eine halbwegs brauchbare Hose in ihrem alten Zimmer aufzutreiben war - und vor allem eine, in die sie reinpasste? Unwahrscheinlich, dachte Angi. Trotzdem wollte sie nachschauen - wenigstens würde sie so für einen Augenblick ihre Ruhe haben.

Angi ging also die Treppe hinauf in ihr altes Zimmer. Sie wusste zwar, dass sie einiges an Garderobe zurückgelassen hatte, doch fehlte ihr der genaue Überblick, um vorhersagen zu können, was sie in ihrem Schrank vorfinden würde. Tatsächlich fand sich eine Hose, die noch so gut in Schuss war, um sie den restlichen Abend anziehen zu können, ohne blöd aufzufallen. Auch die Farbe passte in etwa. Das einzige Problem war allerdings ihr Bauch. Dieser hatte inzwischen so viel sinnliches Fettgewebe angesetzt, dass gar nicht daran zu denken war, die Hose zu schließen. Ungläubig stellte Angi fest, dass nicht nur ein, zwei Zentimeter fehlten, um in die Hose reinzupassen, es fehlte mehr - viel mehr... "Mensch, bin ich fett geworden!", murmelte Angi in sich selbst hinein, dieses mal nicht allzu sehr begeistert über die vielen Kilos, die sie sich zugelegt hatte. Plötzlich sah Angi, dass auch das rote Kleid im Schrank hing. Eigentlich war Angi davon ausgegangen, dass sie dieses Stück schon längst in ihre Universitätsstadt mitgenommen hat, war es doch eines ihrer Lieblingskleider. Rot, gerade und körpernah geschnitten und für ihre Verhältnisse ziemlich kurz. Brauche ich gar nicht erst anprobieren, dachte Angi. Im gleichen Augenblick hatte sie das gute Teil schon vom Hacken genommen. Sie war einfach zu neugierig, wie ihr dieses Kleid mit ihrer jetzigen Figur stehen würde. Kein Zweifel - Alex würde vor Begeisterung ausflippen. Ihre Mutter und Bernd wahrscheinlich völlig ausrasten! Eigentlich eine hervorragende Idee, dachte Angi. Falls sie irgendwie in das Kleid reinpassen würde, würde gnadenlos jeder Millimeter Fett, den sie sich genussvoll angegessen hatte, exponiert werden. Ihre Hüften, ihr Po, und vor allem auch ihr Bauch, würden in voller Pracht zu bewundern sein. Wenn sie sich so gestylt wieder in das Partygetümmel werfen würde, wäre das Mär der armen, unglücklichen, weil kranken und deshalb aus dem Leim gegangenen Angi entgültig widerlegt zu sein. Würde sie sich das zutrauen? Angi zweifelte, als sie begann, sich in das Kleid zu zwängen.

Noch während Angi damit beschäftigt war, mit allen Tricks und erheblichem Ziehen und Zupfen den Stoff des Kleides dazu zu bewegen, sich zumindest soweit zu dehnen, dass er es mit den Fettpöstchen aufnehmen konnte, wurde Angi das erste Mal so richtig bewusst, wie sehr sie sich verändert hatte. Sie konnte richtiggehend fühlen, wie heftig das Kleid rund um ihr breites Hinterteil spannte, wie ihr Bauch- und Hüftspeck den ursprünglich geraden Schnitt in völlig andere, kurvigere Formen zwang. Irgendwie fühlte sich diese atemberaubende Knappheit prickelnd an. Unangenehm fühlte sich das enge Kleid nur im Achselbereich an, wo es einfach zu stark in das in dieser Körperpartie besonders üppig gedeihende Fett einschnitt. Doch hatte Angi dies schon wieder vergessen, als sie sich vor dem Spiegel aufbaute. Ein leises, fast ehrfürchtiges "Wow!" entkam ihren Lippen, als sie ihr Spiegelbild musterte. Da waren zum einen ihre Oberschenkel, die besondere Beachtung verdienten: Die Stretchqualitäten, die der Stoff bewiesen hatte, gingen etwas auf Kosten der Länge des Kleides - massig, weich und fleischig präsentierten sich nun Angi's Beine. Als nächstes weckte der Bauchspeck, der über den Slip hervorquoll und eine hübsche Wölbung auf Angis ehemals bauchmuskelgestählte Nabelgegend zauberte, die volle Aufmerksamkeit seiner Besitzerin. Schnell drehte sich Angi zur Seite, um die noch beeindruckendere Seitenansicht zu begutachten. Ungläubig streichelte sich Angi angesichts der Bildes, dass sich ihr bot, über ihren Bauch. Nur um taktil die Bestätigung für den gigantischen optischen Eindruck zu bekommen. Sich nun seitlich betrachtend, fiel Angi als nächstes auf, dass sich der Stoff angesichts der Spannung, die ihre Maße ihm nun abverlangten, entlang der Naht in zahlreiche kleine Falten legte. Diese kleinen Falten wurden von viel größeren begleitet, die ihr ganz offensichtlich zu eng sitzender BH auf ihrem Rücken verursachte. Ein kurzer Blick über die Schulter auf ihren Po bestätigte auch Angis "Befürchtungen", was diese Körperpartie betraf. Überaus füllig präsentierte sich ihr Po, der Slip zeichnete sich überdeutlich durch den Stoff ab. Welch starke figurformende Wirkung ihr Höschen im Grunde noch hatte, zeigte sich dort, wo der Stoff des Slips endete: Hier zeigte sich nämlich eine weitere, wenn auch nur kleine Wölbung. Nochmals betrachtete sich Angi von der Seite. Kurz stellt sie sich vor, was passieren würde, wenn sie jetzt wieder hinuntergehen würde. "Das kannst du auf keinen Fall machen - außerdem würdest du dich letztendlich nicht den Mut dazu aufbringen", meldete sich eine innere Stimme. Doch je länger sich Angi vor dem Spiegel hin und her drehte, einige Schritte machte, sich auf einen Stuhl setzte, wieder aufstand, verschiedene Körperhaltungen einnahm, mit der Hand immer wieder über den straff gespannten Stoff strich, umso stärker wurde die Versuchung, einfach aus ihrem Zimmer hinaus und die Stiege nach unten zu gehen. Sie müsste sich nur den letzten Ruck geben, niemand, außer sie selbst, konnte sie daran hindern. Immer wilder kreisten ihre Gedanken um die Frage, soll ich - soll ich nicht? Was würde passieren? Wie schlimm wären die Konsequenzen? Je konfuser ihre Gedanken wurden, umso attraktiver, fast sexy, empfand sie ihr Spiegelbild. Was sollte sie bloß machen? Angi sah intensiv ihren Spiegelbild in die Augen - würde ihr ihr Spiegelbild eine Antwort geben? Eine völlig Fremde blickte ihr entgegen. Eine außergewöhnlich hübsche, üppige, gut proportionierte junge Frau. Keine, die sich nur im geringsten mit Selbstzweifeln plagen würde.

Wie ferngesteuert begannen sich Angi's Beine in Bewegung zu setzten. Sie hatte das seltsame Gefühl, nicht mehr die Kontrolle über sich selbst zu haben. Mit rasendem Puls steuerte sie, wie von einer fremden Macht dazu bestimmt, auf die Zimmertür zu. Sie würde jetzt nach unten gehen. So prall und üppig, wie sie nun mal in diesem Kleid aussah. Jeder würde ihren schwabbeligen Bauch sehen - und ihre Oberschenkel. Ganz zu schweigen von der Fülle ihres Po's. Wenn sie jetzt die Stiege hinuntergehen wird, wird der Tanz ihres Fettgewebes unter ihrem Kleid quer durch das Haus zu sehen sein. Es war unvermeidlich - bei diesem Kleid und dieser Figur. Angi hatte ihr Zimmer inzwischen verlassen. Schlagartig war das Stimmengewirr, das nach oben drang, lauter geworden. Noch ein paar Schritte, und sie würde am oberen Ende der Treppe angelangt sein - und dann für jeden zu sehen sein, der zufällig seinen Blick in diese Richtung warf. "Kinn nach oben, Schultern zurück, Brust heraus, gerader Rücken, den Bauch nicht einziehen - sie sollen ruhig sehen, dass ich mich wohl in meiner Haut fühle", dachte Angi, als sie die erste Stufe nahm. Sie fühlte sich blendend.

Für Angi war das Geburtstagsfest ihres Vaters im nachhinein betrachtet ein voller Erfolg. Ihr gewagter Auftritt in ihrem "etwas" zu engen Abendkleid hatte andere Auswirkungen als sie ursprünglich angenommen hatte. Sie hatte erwartet, dass ihre kleine Provokation Bernd oder ihre Mutter vollends aus der Fassung bringen würde - aber das Gegenteil passierte. Ihr Auftritt war offenbar so beeindruckend, dass beide den ganzen restlichen Abend kein Wort über ihre Figur verloren. Zwar kam Angi damit unerwartet um den heftigen Streit, mit dem sie sich hätte abreagieren können, andererseits fühlte sich das Schweigen der beiden wie ein süßer Triumph an. Dementsprechend gutgelaunt kehrte Angi nach dem Wochenende wieder in ihre Universitätsstadt zurück.

Das Zusammensein mit Alex stellte sich für Angi weiterhin als ziemlich spannend dar. Sie hatte in den letzten Wochen ständig zugenommen - Alex verlor darüber kein Wort. Angi war sich nicht sicher, was Alex darüber dachte. Doch irgendwie hatte sie von Anfang an den Eindruck, dass ihm ihr zur Zeit völlig unbekümmerter Umgang mit Kalorien und sich festsetzenden Kilos gefiel. Was genau ihm so gefiel, wusste Angi allerdings noch immer nicht. Anfangs dachte sie, der Akt des übermäßigen Essens an sich übe auf Alex einen besonderen Reiz aus. Jetzt, wo sie so viel Zeit mit ihm verbrachte, war sie sich nicht mehr sicher. Offenbar fand er auch das Resultat ihrer hemmungslosen Naschereien unwiderstehlich: Mit Vorliebe berührte er ihre sogenannten "Problemzonen" - ihr immer weicher und runder werdendes Bäuchlein, ihre langsam immer stämmiger werdenden Oberschenkel, das Fettgewebe in ihrer Taille - also genau jene Körperpartien, die in letzter Zeit am meisten unter der mehr als übermäßigen Kalorienzufuhr "gelitten" hatte. Mit keinem Wort, nicht mal durch die Blume, bremste er ihren Heißhunger ein. Sie bekam nur zu hören, wie verführerisch er ihren Körper fand. Natürlich hörte Angi dies sehr gerne, Alex hätte es aber gar nicht aussprechen müssen - sie wusste es auch so.

Kein Wunder, dass Angi in den nächsten Wochen weiterhin ziemlich unbekümmert ihrem großen Appetit nachgab. Weitere Fettpölsterchen stellten sich ein. Während es Angi bisher noch möglich war, ihre Gewichtszunahme wenn nötig zu kaschieren, war sie nun an jenem Punkt angelangt, wo dies langsam nicht mehr möglich war. Zu massig wurden ihre Oberschenkel, zu breit ihr Po, zu prall gefüllt die Fettpölsterchen auf Bauch und Taille. Selbst ihre schlanken Oberarme begannen, eine Spur fülliger zu werden, ihr Gesicht war auch viel runder geworden. Das alles beunruhigte Angi schon ein bisschen, die zärtliche Aufmerksamkeit, die ihr Alex entgegenbrachte, kompensierten ihre leisen Zweifel jedoch mit Leichtigkeit. Ihr jetziges Spiegelbild hatte nun nicht mehr viel mit der alten, schlanken Angi gemeinsam. Angi hatte bisher trotz aller Gewichtszunahme den Körper im Spiegel immer als ihren Körper angesehen. Er war zwar dort und da weicher, üppiger geworden - doch insgesamt war es immer ihr gewohnter Körper gewesen. Nun stand Angi das erste mal vor dem Spiegel und hatte das Gefühl, einen anderen, neuen Körper zu haben: Nüchtern betrachtet war es wirklich schwierig geworden, Gemeinsamkeiten mit der schlanken Angi zu finden. Die Beine, die Hüften, ihr Oberkörper, ihre Arme, ja selbst ihr Gesicht hatte sich so stark verändert! Irgendwie überkam Angi ein mulmiges Gefühl - Was ging in ihr vor? Warum ließ sie dies zu? Warum machte ihr dies gar nichts aus? Im Gegenteil - wie konnte ihr dies alles so viel Spaß machen? Ja, ihr machte es schlichtweg Spaß, ohne schlechtes Gewissen Essen zu können. Es schmeichelte ihr, wie unwiderstehlich Alex ihren Körper fand. Besonders aufregend fand sie aber, wie er ihre immer runder werdenden Formen bewunderte. Inzwischen musste Angi bei jeder Mahlzeit und besonders bei jeder überflüssigen Kalorienaufnahme an Alex und seine Hingabe für neue, frische Fettpölsterchen denken. So war jeder Schokoriegel, jeder Eisbecher, jedes Stück Kuchen, jedes Menü bei McDonalds, jede Handvoll Erdnüsse nicht nur ein kulinarischer Genuss, dem Angi inzwischen ohnehin kaum noch was entgegensetzen konnte. Jede überflüssigen Kalorie versprach darüber hinaus eine Belohnung in Form von noch mehr Aufmerksamkeit, die ihr Alex entgegenbringen würde. Das erstaunlichste war, dass Angi inzwischen ihren Körper auch als sexy empfand. Noch nie hatte sie so ein positives Körperempfinden.

Ab und zu kamen Angi trotzdem leichte Zweifel. Würde sie ihren Körper auch so sexy finden, wenn sie nicht mit Alex sondern noch mit Bernd zusammen wäre? Wie lange und wie viel würde sie noch zunehmen? Doch für Angi war die Zeit für die Beantwortung dieser Fragen noch nicht gekommen - jetzt wollte sie ihren aktuellen emotionalen Höheflug genießen.

Damit war Angi nicht allein - auch Alex genoss Angis Entwicklung in vollen Zügen. Nie hätte er sich gedacht, dass seine Fantasien Realität werden würden. Nun aber war es schon seit geraumer Zeit mit Angi zusammen. Sie hatte äußerlich mit dem schlanken Mädchen, dass ihre Reisetasche in die Gepäcksablage über ihrem Sitzplatz im Nachtzug hievte, kaum noch was gemein. Keine schlanken Beine mehr, kein kleiner, knackiger Po mehr, keine Rippen, die sich durch das enge Top abzeichneten. Inzwischen lag nicht nur über diesen Körperpartien eine üppige und sich weiterhin gut entwickelnde Fettschicht. Als Angi in den ersten Wochen, in denen sie zusammen waren, weiter zunahm, hatte Alex noch leichte Zweifel, ob er tatsächlich versuchen sollte, seine Fantasien mit Angi auszuleben. Schließlich war sie es, die die Folgen zu tragen hatte. Bald jedoch legten sich seine Zweifel - Angi hatte zum einen ja schon bevor sie sich besser kannten angefangen, aus dem Leim zu gehen. Zum anderen ließ ihr Verhalten nicht im geringsten den Schluss zu, sie fühle sich irgendwie unwohl in ihrer Haut. Im Gegenteil. Wahrscheinlich wäre es trotzdem am klügsten gewesen, sich auszusprechen und alles Zweifel und Unsicherheiten zu beseitigen, doch es hatte sich nie eine geeignete Situation ergeben. So war das Ganze auch spannender, fand Alex. Deshalb versuchte er, wo immer es ging, Angi seine Vorliebe für ihre runder werdenden Formen zu verdeutlichen, ohne in irgendeiner Weise Zwang auf sie auszuüben. Bisher schien dies zu funktionieren. Angi hatte nicht nur einen ordentlichen Appetit entwickelt, sie legte auch immer mehr Selbstvertrauen in Bezug auf ihren Körper an den Tag. Mit Spannung verfolgte Alex die körperlichen Veränderungen seiner Freundin. Mit Neugierde und auch etwas Ungeduld fieberte er dem nächsten kleinen Fortschritt entgegen. Einer der ersten dieser Fortschritte war das Auftauchen der ersten Speckrolle auf ihrem Bauch gewesen. Als er Angi kennengelernt hatte, hatte sich erst ein kaum merklicher Hauch weichen Fettgewebes über ihre Bauchmuskulatur gelegt. Mit Begeisterung hatte Alex verfolgt, wie sich diese zarte Fettschicht langsam entwickelte, die Konturen der Bauchmuskulatur langsam undeutlicher wurden und sich das Gewebe rund um Angis Nabel elastischer wurde und sich immer weicher anfühlte. Irgendwann schließlich legte sich das sich ausbreitende Fettgewebe in eine kleine, niedlich Falte, wenn sich Angi setzte. Irgendwie hatte Alex Angst gehabt, dass Angi bei der Entdeckung dieser körperlichen Veränderung Diätgedanken kommen könnten. Nicht, dass er dies nicht akzeptiert hätte, bedauert hätte er aber schon. Bei jeder weiteren deutlichen körperlichen Veränderung hatte Alex diese diffuse Angst, Angi könnte ernstlich Zweifel bekommen. Bisher jedoch ohne Grund. Zu eng werdende Kleidungsstücke, eine zweite Speckrolle am Bauch, schwerer werdende Brüste - Angi akzeptierte dies alles ohne jeden Kommentar. Nun kündigte sich auf ihrem Rücken die erste Speckfalte in ihrer Taille an. Auch ihrer Oberschenkelinnenseiten steuerten immer vehementer aufeinander zu, sodass sie sich bald berühren würden. Auch begann das Bindegewebe auf der Rückseite ihrer Schenkeln und ihrem Po langsam nachzugeben. Hoffentlich würde Angi auch gegenüber diesen Veränderungen so gleichgültig wie bisher bleiben. Sicher war sich Alex aber nicht.

Doch Alex Befürchtungen waren scheinbar weiterhin unbegründet. Angi schwebte offenbar auf Wolke sieben. Sie war rundherum happy und schien nicht die geringsten Zweifel über ihre Entwicklung zu haben. Alex stellte fest, dass sich ihr Appetit kontinuierlich steigerte. Dementsprechend rasant setzte sie nun auch Fett an. Bei Alex stellte sich fast so etwas wie Ehrfurcht ein, wenn er Angi nun betrachtete. Kürzlich traf er Angi zufällig in der U-Bahn. Als er sie plötzlich, völlig überraschend und unvermittelt vor sich hatte, wurde ihm das ganze Ausmaß der Veränderung mit einem Schlag bewusst. Ein heißes Prickeln erfasste ihn: Die U-Bahn war überfüllt, Angi musste deshalb mit einem Stehplatz vorlieb nehmen. Mit der linken Hand hielt sie sich an einer der Schlaufen fest, über ihre Schulter hing ihre Tasche. In der anderen Hand hatte sie ein Buch, in das sie sich vertieft hatte. Ihr Gewicht ruhte nur auf einem Bein, das andere Bein war um das Standbein geschlungen - nur die Fußspitze berührte den Boden. Diese Körperhaltung brachte ihre prächtigen Pobacken fabelhaft zur Geltung. Die rund um Po und Oberschenkel eng und nach unten weiter werdenden Hosen verstärkten diese Wirkung noch. War seine Angi tatsächlich so dick geworden, wie sie sich Alex gerade präsentierte? Unglaublich, wie sehr ihre Formen und Kurven nach allen Seiten hin ausgeufert waren! Dieses erstaunliche Bild setzte sich für Alex fort, als er in Ruhe ihren Oberkörper musterte. Eine mächtige Speckrolle presste sich über den schmalen, ohnehin nur modischen Zwecken dienenden Gürtel hervor. Noch imposanter war, mit welcher Unbarmherzigkeit sich Angis BH durch das Top bemerkbar machte, indem er tief in die Fettschicht unter den Armen einschnitt. Sogar Angis nach oben gestreckter linker Arm wirkte in diesem Top inzwischen weich und massig. Überdies fischte Angi in einer Tour irgendetwas Süßes aus ihrer Tasche und steckte es in ihren Mund. Die Art und Weise, wie sie dies tat, beeindruckte Alex besonders: Sie tat dies irgendwie unbewusst - sie musste nicht den Anflug von Aufmerksamkeit dafür verwenden. Wie ferngesteuert ließ sie den Griff los, griff zielsicher in das richtige Fach ihrer Tasche, holte ein Stück Fruchtgummi heraus, steckte diesen in den Mund und griff wieder nach der Halteschlaufe über ihrem Kopf. Einen Augenblick lang lutschte sie an dem Fruchtgummi herum, dann begann sie zu kauen. Es dauerte nicht lange, und sie griff nach dem nächsten Stück. Von ihrer Lektüre ließ sie dabei nicht einen Augenblick lang ab. Alex war völlig überwältigt von der Automatik, mit der Angi dieses kalorienreiche Zeug in sich hineinschaufelte. Nach dem Erlebnis in der U-Bahn kann Alex zum Schluss, dass ihm und Angi noch ziemlich spannende Zeiten bevorstanden.



Stories - Menü


1