Burg Falkenhorst

"Genau in einem Jahr findet hier am Hof das große Hüftgold-Fest statt!", meine Fürst Jakob mit tiefem Bass zu seinem Sohn. Prinz Bernhard saß auf der anderen Seite der langen Tafel, an der die königliche Familie das gemeinschaftliche Abendessen einnahm. Neben dem jungen Bernhard saß seine jüngere, gerade 15 Jahre alt gewordene Schwester Waltraud und sein 12jähriger Bruder Engelbert. Auf der anderen Seite saß seine Mutter Annelind. Sie schaufelte gerade eine riesige Portion des fetten Gänsebratens in ihr rundes Gesicht und schien das sich entfaltende Gespräch zwischen ihrem Gatten und ihrem ältesten Sohn gar nicht wahrzunehmen. "Hast du dich schon dazu entschlossen, welche junge Dame wir besonders unterstützen sollen?", stellte Bernards Vater eine Frage, die er in den letzten Monaten immer öfter gestellt hatte. Und noch immer hatte Bernhard keine Antwort auf diese Frage.

In einem Jahr war das große Hüftgold-Fest. "Hüftgold" nannte man im kleinen Fürstentum seines Vaters das Fett, das sich rund um die Hüften der jungen, ins heiratsfähige Alter gekommenen Frauen angesammelt hatte. Jene Frau, die am meisten Hüftgold besaß, wurde traditionell die Frau des erstgeborenen Sohns des Regenten. Diese Tradition ging auf ein Ereignis vor langer Zeit zurück, auf dem angeblich die gesamte Geschichte des Fürstentums beruhte. Demnach zog eines Tages eine schreckliche Hungersnot über das Land. Viele, vor allem ärmere Leute verhungerten, die meisten verließen das Land und versuchten ihr Glück woanders, wo das Leben leichter und die Felder fruchtbarer waren. Auch der damalige Thronfolger sollte verheiratet werden, doch waren alle junge Frauen entweder der Hungernot zum Opfer gefallen oder hatten mit ihren Familien das Fürstentum verlassen oder waren zu mager und zu schwach, um dem Prinzen Nachkommen zu schenken. Nach langer Suche fanden die Soldaten des Königs schlussendlich doch eine junge Frau, die mit dem damaligen Prinzen verheiratet werden konnte. Da sie vor der Hungersnot außergewöhnlich wohlgenährt war, sah sie auch nach monatelanger Hungernot noch immer üppig und gesund aus. Sie wurde mit dem jungen Prinzen verheiratet und bald schwanger. Inzwischen hatte sich die Hungersnot verschlimmert und es gab selbst am Hof nicht mehr genug zu essen. Trotzdem brachte die üppige Prinzessin ein gesundes Kind zur Welt und konnte es - so die Sage - dank ihrer großen Fettreserven - dem Hüftgold - mit ausreichend Muttermilch versorgen.

Dies also war der Grund, warum immer die rundeste junge Dame im Fürstentum zur Gattin des Thronfolgers gemacht wurde. Seit Generationen unterstützte das Königshaus jene junge Frau besonders beim Speckansetzen, die sich der Bräutigam als Frau wünschte. Trotzdem passierte es immer wieder, dass eine andere Frau die schwerste und damit die zukünftige Frau des Prinzen wurde. Bernhard hielt nicht viel von solchen uralten Geschichten. Trotzdem wusste er, dass er nicht mit der Tradition brechen konnte. Wer schlussendlich seine Frau wird, würde in einem Jahr die große, goldene Waage im Hof des Schlosses entscheiden. Auch wusste Bernhard, dass in den wohlhabenden Familien des Fürstentums, in denen eine junge Frau heranwuchs, alles daran gesetzt wurde, aus den meist schlanken, zarten Mädchen schwergewichtige, üppige Schönheiten zu machen. Die jungen Frauen mussten sich allen erdenklichen, mehr oder weniger wirksamen Methoden aussetzen, die raschen und großzügigen Fettansatz versprachen. Bernard wusste aus zahlreichen weiteren, alten Geschichten, dass es die Bewohner des Fürstentums im Heranzüchten von Hüftgold zu erstaunlichen Kenntnissen gebracht hatten. Da alle reicheren Familien alles daran setzten, ihre Töchter mit dem jungen Prinzen zu verheirateten, entbrannte ein regelrechter Wettstreit zwischen den Familien. Bernhard konnte also sicher sein, dass er eine Frau mit ausgesprochen gut ausgebildeten Fettpölsterchen bekommen würde.

Dagegen hatte Bernhard eigentlich gar nichts einzuwenden. Das Problem war, dass er alle jungen Mädchen, die aus reichem Hause kamen und deshalb für das Hüftgold-Fest in Frage kamen, ausgesprochen hässlich fand. Das Fürstentum war klein, die Oberschicht noch viel kleiner - deshalb kamen nur etwa acht bis zehn junge Frauen in Frage. Die meisten waren hässlich, und die zwei attraktiven jungen Damen fand Bernhard unsympathisch und arrogant. Er konnte sich nicht vorstellen, mit einem dieser Mädchen das restliche Leben Seite an Seite verbringen zu müssen. Theoretisch war es ja auch möglich, ein Mädchen aus dem normalen Bürgertum zu heiraten. Doch hatte in diesen Kreisen niemand die Mittel, ihren Töchtern das nötige Hüftgold zu verschaffen. Außerdem würde sich sein Vater weigern, einem Mädchen aus einfacheren Kreisen zu helfen, genügend Hüftgold heranwachsen zu lassen, um die Frau seines Sohnes werden zu können.

Bernard wusste: wenn er sich jetzt für eines der Mädchen entschied, würde das Königshaus alles daran setzten, dieses Mädchen zum fettesten Mädchen im ganzen Fürstentum und damit zu seiner Frau zu machen. Entschied er sich nicht, überließ er alles dem Zufall. Wahrscheinlich wollte dies auch sein Vater nicht und deshalb stellte er vermutlich immer wieder die gleiche Frage.

Trotzdem konnte und wollte sich Bernhard nicht für eines der Mädchen entscheiden. Die Unruhe im ganzen Fürstentum ob dieser Entscheidungslosigkeit war schon geraume Zeit zu merken. Denn in der Regel war es so, dass die Unterstützung des Königshaus in Sachen Hüftgold für eine der in Frage kommenden Frauen bald bekannt wurde und viele Mitstreiterinnen nicht mehr länger versuchten, Kilo für Kilo zuzulegen, um am Tag des Hüftgold-Festes den üppigsten Hüftspeck präsentieren zu können. Durch die Entscheidungslosigkeit des Prinzen rechneten sich alle jungen Töchter aus den reichen Familien berechtigte Chancen aus. Gerüchte zur Folge hatten es viele der jungen Damen schon zu erstaunlicher Körperfülle gebracht. Je länger der Prinz keine Entscheidung traf, umso runder würden die Mädchen am Tag des Hüftgoldfestes sein.

Bernhard war ein wenig ratlos. Die Ungeduld seiner Eltern und der angesehenen Familien im Fürstentum wuchs mit jedem Tag. Bernard versuchte, Rat bei seinem Lehrer zu finden. Friedrich war bereits ein recht betagter Mann. Er war schon der Lehrer seines Vaters gewesen und lebte seit Jahrzehnten in ein paar kleinen Zimmern in einem Seitentrakt des Schlosses. Diese Zimmer waren mit unzähligen Büchern und seltsamen wissenschaftlichen Utensilien vollgestopft. Mehr brauchte Friedrich offenbar nicht, um ein zufriedenes Leben zu führen. Bis zum heutigen Tage fragte sich Bernhard, ob sein Lehrer tatsächlich all die Bücher, die er besaß, gelesen hatte. Die Lebensspanne eines einzigen Menschen schien Bernhard einfach zu kurz dafür zu sein.

An diesem Abend verschwendete Bernhard allerdings nicht den geringsten Gedanken an all diese Bücher. Er wollte Friedrichs Rat einholen. Meistens wusste Friedrich einen Ausweg selbst aus den schwierigsten Situationen.

"Was kannst du mir in dieser Situation raten?", fragte Bernhard seinen Lehrer, nachdem er ihm sein Herz ausgeschüttet hatte. Gespannt beobachtete er das zerfurchte Gesicht des alten Mannes, das im Schein der Kerze seltsame Schatten warf. Friedrich lehnte bequem in seinem Schaukelstuhl. Während er den Ausführungen seines Schülers aufmerksam lauschte, hatte er die Augen geschlossen. Nun richtete er sich ein wenig in seinem Stuhl auf und blickte Bernhard an. "Ich kann dir auch keinen Ratschlag erteilen!", meinte er dann. "Ich möchte dir aber von einem deiner Vorgänger berichten. Diesem erging es in der Situation, in der du dich nun befindest, noch viel schlimmer. Vielleicht ist dir dies ja ein kleiner Trost!", meinte Friedrich. "Was geschah diesem Ahnen?", wollte der neugierig gewordene junge Mann nun wissen. "Nun", begann der Alte zu erzählen, "er war in eine wunderschöne, junge Frau verliebt. Doch sie war eine einfache Bürgerstochter und ihre Eltern konnten es sich nicht leisten, ihr die Voraussetzungen zu schaffen, die notwendig gewesen wären, um auf den Hüften der jungen Frau ausreichend Hüftgold entstehen zu lassen. Er musste schließlich eine unglaublich dicke und wenig attraktive Adelstochter heiraten, mit der er nie glücklich wurde." Besonders aufschlussreich schien Bernhard diese Geschichte nicht zu sein. Doch der alte Lehrer sprach weiter: "Was ich dir damit sagen will - du solltest froh sein, dass du dich nicht in eine Frau verliebt hast, die niemals deine Frau werden kann. Mache das beste aus deiner Situation. Es wird selbst unter diesen Frauen eine geben, die sich durch irgendeinen Vorzug auszeichnet. Du musst nur die Augen aufmachen und dich nicht durch deine Vorurteile lenken lassen!", meinte Bernhards Lehrer.

Bernhard war an diesem Abend nicht der einzige Mensch im Fürstentum, der ratlos war. In Sichtdistanz zum königlichen Schloss, in einem großen Bürgerhaus am Marktplatz der Hauptstadt, stand die junge Cordula vor dem Spiegel in ihrem Zimmer, das unter dem Dach des mehrstöckigen Hauses lag. Vor einigen Monaten hatten ihre Eltern beschlossen, sie am Hüftgold-Fest teilnehmen zu lassen. Seit sie ein kleines Mädchen träumte sie davon, den jungen, feschen Prinzen zu heiraten. Natürlich wusste sie von der Tradition des Hüftgolds, und natürlich wusste sie, dass sie mit ihrer schlanken Figur alles andere als gute Voraussetzungen hatte, um die üppigste junge Frau des Fürstentums und damit die Ehefrau des Prinzen zu werden. Bekümmert betrachtete sie ihre hagere Figur im Spiegel und zweifelte daran, ob sie wirklich eine Chance hatte, die wichtigste Frau im Fürstentum zu werden.

Aber sie war die Tochter eines der reichsten Bürger des Reiches. Zwar gehörte ihre Familie nicht dem Adel an, doch gehörte ihr Vater auf Grund seines Reichtums zu den mächtigsten Männern. Sogar das Königshaus war von der wirtschaftlichen Macht ihrer Familie abhängig. Die Familie lebte in großem Luxus und genoss zahlreiche Privilegien. Nicht nur deshalb war die Familie in der einfachen Bevölkerung nicht besonders beliebt. Das Haus Thorstein pflegte ihren Luxus in aller Öffentlichkeit auszuleben. Nicht nur einmal intervenierte Cordulas Vater zu seinen Gunsten und zu Lasten einfacher Bürger beim Königshaus. Cordula wuchs immer mit dem Bewusstsein auf, zu einer besonderen Familie zu gehören. Sie war es gewohnt, alles zu bekommen, was sie wollte. Und nun wollte sie den jungen Prinzen zum Mann. Ihre Eltern begrüßten diesen Wunsch und setzten nun alles daran, ihre schlanke Tochter zur üppigsten jungen Frau des Fürstentums zu machen. Besonders Cordulas Vater versprach sich für seine Geschäfte und seine Reputation äußerst viel davon, seine Tochter mit dem jungen Prinzen zu verheiraten. Diesen hielt er zwar für einen weltfremden Träumer, dem er es nicht zutraute, eines Tages das Fürstentum zu führen, doch diese Bedenken behielt er für sich.

Cordulas Vater engagierte deshalb einen Koch mit hervorragendem Ruf. Er brachte ihn von einer seiner Handelsreisen mit. Ab sofort kochte der Italiener für die Familie und hatte den Auftrag, vor allem die junge Tochter des Familienoberhauptes mit seinen Köstlichkeiten zu verwöhnen. Der Koch fand Cordula viel zu dünn. Seiner Meinung nach musste eine richtige Frau ausgeprägte Rundungen vorweisen können, um als attraktiv gelten zu können. Cordula war davon weit entfernt. Deshalb sah er im Auftrag seines neuen Chefs, seine Tochter zu solchen ausgeprägten Rundungen zu verhelfen, eine große Herausforderung. Da Giovanni von seinen Fähigkeiten als Koch überzeugt war, rechnete er fest damit, sehr bald die ersten Erfolge seiner Kochkünste auf Cordulas Rippen entdecken zu können. Er hatte von dieser seltsamen Tradition gehört, die in diesem kleinen Fürstentum gepflegt wurde. Dieses sogenannte Hüftgold-Fest sollte etwa in einem Jahr stattfinden. Er wollte alles daran setzten, dass Cordula am Tag des Hüftgold-Festes die mit Abstand imposanteste junge Dame im ganzen Fürstentum war. Zwar hielt er das junge Fräulein für reichlich arrogant und hochnäsig, doch das motivierte ihn umso mehr. Er wollte dieser Cordula nicht nur zu ansehnlichen, üppigen Rundungen verhelfen. Sie sollte noch viel dicker werden. So dick, dass ihre reizenden Formen völlig unter einer dicken Fettschicht verschwanden Wenn er es schaffte, sie von seinen kulinarischen Kreationen völlig abhängig zu machen, wartete außerdem reichlich Geld auf ihn. Für jedes Kilo, das das Fräulein bis zum Hüftgold-Fest zulegte, versprach ihm Herr Thorstein eine beträchtliche Summe. Je fetter das Mädchen wurde, umso reicher wurde er. Und wenn er es tatsächlich schaffte, Cordula zur Frau des Prinzen zu machen, lockte eine gewaltige Erfolgsprämie. Giovanni nahm sich fest vor, das Fürstentum als reicher Mann zu verlassen...

Der junge Prinz wusste von den Vorgängen im Hause Thorstein wenig. Zwar kannte er Cordula von Empfängen, Bällen und sonstigen Veranstaltungen, doch mochte er Cordula nicht besonders. Sie wirkte arrogant und herablassend, außerdem mochte ihn ihr Vater ganz offensichtlich ganz und gar nicht. Cordula wollte er keinesfalls als Frau haben, auch wenn sie durchaus attraktiv war. Die Tatsache, dass Cordula ausgesprochen schlank war, beruhigte Bernhard in dieser Hinsicht ganz und gar nicht. Die Familie Thorstein pflegte zu bekommen, was sie wollte. Es würde ihn also nicht wundern, wenn ihm Cordula beim Hüftgold-Fest als Schwergewicht gegenüber stehen würde und er sie zur Frau nehmen musste. Diese Aussicht ermunterte ihn ganz und gar nicht.

Um seine Sorgen ein wenig zu vergessen, machte Bernhard mit seiner Schwester und seinem besten Freund Nikolaus einen langen Ausritt. Zwar sorgte sich ihre Mutter immer sehr, wenn sich ihre Kinder außerhalb der königlichen Mauern bewegten, da der Fürst es aber begrüßte, dass seine Kinder in regelmäßigen Kontakt mit der einfachen Bevölkerung kamen, wurde ihnen nie ein Stein in den Weg gelegt, wenn sie einen ihrer Ausflüge machen wollten. Dieses mal ging es nach Südosten. Außerhalb er Stadt durchschritten sie in einer Furt den großen Fluss, ritten dann eine zeitlang entlang der wichtigsten Handelsstraße und verließen schließlich kurz vor Burg Wasserstein diese Route. Auf einer schlechter befestigen Straße ging es dann durch einen kleinen Wald. Nun waren sie in einem der am dünnsten besiedelten und abgelegensten Gebiete des Fürstentums. Bernhard war hier nicht allzu oft. Trotzdem konnte er erkennen, dass sie Felder auf diesem wenig fruchtbaren Boden nicht annähernd den Ertrag bringen würden wie jene in den fruchtbareren Gebieten des Fürstentums. Die Menschen, die diese Felder bewirtschafteten, hatten sicherlich einen schweren Alltag zu bewältigen.

Die drei jungen Reiter hatten vor, auf Burg Falkenhorst Pause zu machen und sich dort auch zu stärken. Auf Burg Falkenhorst lebte ein ehemaliger Soldat, um den sich die sagenhaftesten Geschichten rankten. Er musste in seien jungen Jahren ein ausgesprochen waghalsiger und gefürchteter Krieger gewesen sein, falls diese Geschichten nicht völlig erfunden waren. Nach einigen Jahren wurde er allerdings schwer verwundet und musste aus dem Kriegsdienst ausscheiden. Für seine Verdienste wurde er geadelt, außerdem übertrug man ihm die Verwaltung dieser wenn auch armen und unbedeutenden Provinz. So hatte ihm der Fürst ein sicheres Auskommen bis ans Ende seiner Tage gesichert. Dem alten Soldat war es aber immer etwas unangenehm, von den Steuern der armen, schwer arbeitenden Bauern in seiner Provinz leben zu müssen. Zwar lieferte er brav die Steuern an die Hauptstadt ab, selbst lebte er aber in sehr bescheidenen Verhältnissen und unterrichtete die Buben und Mädchen der Umgebung unentgeltlich. Zwar war dies nur in den kalten Wintermonaten möglich, wenn die jungen Leute nicht auf den Feldern benötigt wurden. Trotzdem waren ihm die Bauern, die aus finanziellen Gründen ihre Kinder niemals auf eine Schule hätten schicken können, für sein Engagement äußerst dankbar.

Kurz vor Burg Falkenhorst wurden Bernhard und seine Begleiter allerdings von einem Unwetter überrascht. In kürzester Zeit verwandelte sich der Weg in einen schlammigen Pfad und die Pferde kamen nur mehr langsam voran. Bald verloren die drei in Regel und Nebel auch ein wenig die Orientierung und waren sich nun nicht mehr sicher, ob sie sich noch auf dem richtigen Weg befanden. Bernard, Nikolaus und Waltraud hatten gerade Halt gemacht, um sich zu beraten, als sie ein Reiter einholte. Alle drei wunderten sich, dass bei diesem Wetter noch jemand anderer in dieser verlassenen Gegend unterwegs war. Noch größer war das Erstaunen, als sie feststellten, dass es sich bei dem Reiter um ein junges Mädchen handelte. Sie war völlig durchnässt, hatte alte, zum Teil zerrissene Kleidung an, wie sie alle Leute hier trugen, wenn sie die Felder bestellten. Bernhard war von ihrem Anblick trotzdem sofort fasziniert. Die vom Regen durchnässten Kleider klebten auf dem Körper der jungen Frau. Ihre bis weit über die Knie sichtbaren Beine glänzten im Regen. Auch an ihrer sonnengebräunten Haut konnte man sehen, dass die junge Frau aus einfachen Verhältnissen war und bei der Feldarbeit mithelfen musste. Außerdem war Bernhard aufgefallen, dass das Mädchen wie ein Bursche ritt. Und dies auf einem äußerst desolaten Sattel, der das Reiten wahrscheinlich nicht mehr sonderlich erleichterte. Bernhard gefiel alles an dieser jungen Frau. Die wilden, dunkelbraunen und bis über die Schultern reichenden Locken hatten es ihm ebenso angetan wie ihre aufmerksamen, blauen Augen.

"Wohin wollen die feinen Herrschaften?", fragte die junge Frau frech und betrachtete die drei Reiter neugierig. "Bei diesem Wetter machen Eure verwöhnten Pferde wohl schlapp?", meinte sie respektlos. Ein solchen Ton waren Bernhard und seine Begleiter nicht gewohnt. "Das weniger. Wir wollen nach Burg Falkenhorst, dann hat uns das Gewitter überrascht und nun sind wir nicht mehr sicher, ob wir auf dem richtigen Weg sind", antwortete Bernhard, dem das muntere Wesen der jungen Frau trotzdem gefiel. "Thronfolger und sich in seinem Reich nicht mal richtig auskennen?", stellte die junge Frau fest und grinste Bernhard kopfschüttelnd an. Dieser meinte, sich verhört zu haben. "Wieso weißt du, wer ich bin?", fragte Bernhard erstaunt. "Ich bin zwar arm, aber deshalb noch lange nicht blöd! Unterschätzt Eure Untertanen nicht!", belehrte ihn das Fräulein. "Nun kommt schon! Ich will auch nach Falkenhorst, es ist nicht mehr weit!"

Tatsächlich erreichten die auf vier Personen angewachsene Gruppe nach kurzer Zeit Burg Falkenhorst. Es war eine kleine, alte Burg ohne jeden Luxus. Die vier stellten ihre Pferde in den Stall und versorgten sie mit dem Notwendigsten, dann folgten sie der jungen Frau in das alte Gebäude. Bernhard wunderte sich, warum sich ein einfaches Bauernmädchen mit einer derartigen Selbstverständlichkeit und Ortskenntnis auf einer Burg wie dieser bewegen konnte. Offensichtlich war sie regelmäßig hier.

"Was hast du hier eigentlich zu erledigen?", fragte Bernhard neugierig, während die vier in eine dunkle Halle traten. "Ich bekomme vom alten Edmund Unterricht!", meinte das Mädchen, dessen Namen der junge Prinz nun gerne erfahren wollte. "Unterricht worin?", fragte er allerdings zuerst. "In allem! Lesen, Schreiben, Erdkunde, Geschichte, Musik. Ich will einfach alles wissen!", lachte sie und klopfte an eine schwere Holztür. Nach einiger Zeit wurde die Tür von einem gar nicht besonders alten Mann geöffnet. Trotzdem war sich Bernhard sicher, dass es sich nur um den alten Edmund handeln konnte. "Wenn bringst denn du heute mit?", fragte er erstaunt seine Schülerin und betrachtete die drei anderen Personen mit zusammengezwickten Augen. "Ich bin Bernhard, der Sohn von Fürst Jakob, das ist meine Schwester Waltraud und dies ist Nikolaus, ein enger Freund unserer Familie!", sagte Bernhard in offiziellem Tonfall. "Soso!", brummte Edmund nur, "dann kommt herein!", fügte er noch hinzu, machte kehrt und schleppte sich humpelnd in das Zimmer zurück.

Dort bekamen die vier jungen Leute eine einfache Bohnensuppe und altes Brot serviert. Dann begann ein langes Gespräch. Zuerst erzählten Bernhard, Waltraud und Nikolaus von ihrem Ausflug. Dann erzählte Christina, so hieß die fremde und ausgesprochen hübsche Reiterin, wie sie seit ihrer Kindheit von Edmund unterrichtet wurde. Während alle andere in ihrem Alter spätestens mit sechszehn Jahren Edmunds Angebot nicht länger nutzten, da sie heirateten und die Höfe bewirtschafteten, hatte Christinas großer Wissensdurst dazu geführt, dass sie bis heute von Edmund unterrichtet wurde. Edmund versicherte, dass Christina die klügste und talentierteste Schülerin sei, die er je hatte. Deshalb unterrichtete er sie weiter. Nun allerdings waren beide an einem Wendepunkt angelangt. Edmund meinte, dass er seiner Schülerin nun nichts mehr beibringen konnte. Obwohl Christiana den drei Gästen das Gegenteil versicherte, ahnte Bernhard, dass Edmund wohl recht hatte. Das langsame Kopfschütteln und Edmunds Blick verrieten, dass er es mit seiner Behauptung ehrlich meinte. "Christina müsste nun in eine Schule in der Stadt!", klagte er. "Aber wer soll das bezahlen!", jammerte er. "Außerdem drängt ihre Familie schon seit langem, dass Christina heiratet!" Tatsächlich war es in dieser bäuerlichen Gegend äußerst ungewöhnlich, dass eine junge, hübsche Frau mit neunzehn Jahren noch nicht verheiratet war. "Aber ich will keine Bäuerin werden!", meinte die bisher so fröhliche Christina leise. Edmund nickte. "Es wäre wirklich ein Jammer, wenn so eine begabte Person den Rest ihres Lebens hier verbringen müsste!"

Bernhard fühlte sich ein wenig unwohl. Wieder wurde ihm bewusst, wie privilegiert er war und wie einfach sich sein Leben gestaltete. "Vielleicht kann ich ein gutes Wort bei meinem Vater einlegen!", meinte er verlegen und spürte die verwunderten Blicke seiner Schwester auf sich ruhen. Ihr Vater war zwar ein beliebter und gutherziger Regent, doch war es unwahrscheinlich, dass er etwas für Christina tun würde. Da weder Christina noch Edmund auf seine letzte Äußerung reagierten, wusste er, dass ihm auch die beiden nicht glauben konnten.

Nach kurzem Schweigen begann Christina die drei jungen Adeligen über das feine Leben auf dem Hof auszufragen. Mit glänzenden Augen lausche sie den Erzählungen der drei. Auch Edmund erkundigte sich über die letzten Neuigkeiten, doch interessierten ihn eher Politik und Handelsfragen. Irgendwann kam das Gespräch auch auf das in einem Jahr stattfindende Hüftgold-Fest, auf dem seine Braut bestimmt werden würde. Bernard erzählte von seiner misslichen Situation und seiner Ratlosigkeit. "Schon seltsam", meinte schließlich Edmund, der lange nur schweigend zugehört hatte. "Eure Situation ist gar nicht unähnlich", wandte er sich an seine Schülerin und an den jungen Prinzen. "Ihr seit beide Opfer Eurer Herkunft! Nun bekommst du bestätigt, Christina, was ich dir schon immer sagte: Auch die Wohlhabenden verfügen nicht über völlige Freiheit!" Christina schämte sich offensichtlich ein wenig. Sie hatte sich das Leben der Adeligen immer als sorglos und glücklich vorgestellt. Und nun erkannte sie, dass ihr Lehrer doch recht hatte - er hatte ihr rosarotes Bild des feinen Lebens der Adeligen immer zu relativieren versucht.

Das Unwetter über Falkenhorst wurde immer heftiger. Christina beschloss, auf der Burg zu bleiben. Im Winter machte sie dies öfter, also würde sich niemand zu Hause Sorgen machen. Für Bernhard, Waltraud und Nikolaus war eine Heimreise bei dieser Witterung ohnehin ausgeschlossen. So saßen die seltsame Gesellschaft auf Burg Falkenhorst in dieser Nacht noch lange zusammen. Edmund erzählte von seinen kriegerischen Abenteuern und Bernhard hatte das Gefühl, in eine völlig andere Welt einzutauchen. Immer wieder wanderte sein Blick zu Christina. Sie war so hübsch, begeisterungsfähig, lustig, klug und frech - diese Kombination hatte er noch nie bei einem anderen Mädchen entdeckt. Alle andere jungen Frauen, die er kannte, waren im Vergleich zu Christina langweilig und uninteressant. Nun kamen ihm die Worte seines Lehrers, des alten Friedrichs, wieder in Erinnerung: er solle froh sein, nicht in eine Frau verliebt zu sein, die er nicht zur Frau nehmen konnte. Langsam bekam Bernhard eine Vorstellung davon, was Friedrich damit gemeint haben könnte...

Am nächsten Tag früh morgens traten Bernhard und seine zwei Begleiter die Heimreise an. Christina begleitete sie ein Stück weit und verabschiedete sich dann von den dreien. Bernhard fiel der Abschied gar nicht leicht und er hatte den Eindruck, Christina ging es nicht anders. Oder bildete er sich dies nur ein und beruhte dieser Eindruck auf Wunschdenken?

Die ganze Reise zurück in die Hauptstadt dachte Bernhard an dieses faszinierende Mädchen. Und je weiter er sich von Falkenhorst entfernte, umso wilder kreisten seine Gedanken um diese junge Frau. Als er zu Hause angekommen war, war er zum Entschluss gekommen, dass er nur Christina heiraten würde und keine dieser langweiligen Adelstöchter.

Eine Woche war vergangen, seit Giovanni, der italienische Koch, das Kommando in der Küche des Hauses Thorstein übernommen hatte. Er war bester Laune. Die Chancen, dass er dem sehr schwierigen Fräulein Cordula Hüftgold in Hülle und Fülle verpassen würde, standen nicht schlecht. Denn Cordula war offenbar wirklich wild entschlossen, die Frau des Prinzen zu werden. Sie bemühte sich mit großen Eifer, all die Köstlichkeiten, die ihr Giovanni servierte, zu vertilgen. Es erstaunte Giovanni, wieviel dieses Mädchen essen konnte und mit welcher Selbstdisziplin sie sich dazu Zwang, trotz vollem Magen immer noch ein wenig mehr zu essen. Egal, ob am Morgen, zu Mittag oder am Abend - Cordula stopfte die reichhaltigsten Mahlzeiten in sich hinein. Noch war ihr Magen an so große Mahlzeiten nicht gewöhnt. Doch wenn sie so weiter machte wie in den ersten Tagen, dann würde sich dies bald ändern. Ihr Magen würde sich bald ausdehnen und dann würde Cordula noch größere Mengen vertragen. Fast schien es ihr egal zu sein, was er ihr servierte. Ihr ging es darum, möglichst große Mengen zu essen, um möglichst schnell Fett anzusetzen. Wenn es ihm jetzt noch gelang, mit seinen Rezepten ihren Appetit zu treffen, dann würde das Projekt Hüftgold sicher ein voller Erfolg werden. Herr Thorstein war jedenfalls mit seiner ersten Arbeitswoche äußerst zufrieden. Giovanni konnte nur hoffen, dass weder Cordulas Hunger noch ihrer Entschlossenheit, die Frau des Prinzen zu werden, in den nächsten Monaten nachließ.

Bernard saß im Zimmer des alten Friedrichs und erzählte ihm von seinem Ausflug. Sein Lehrer schüttelte nur den Kopf. Er beneidete seinen Schüler nicht um die Situation, in die er geraten war. Es gefiel Bernhard gar nicht, dass auch seine Lehrer derart ratlos war. Die längste Zeit schwiegen sie. Dann machte der alte Friedrich einen Vorschlag, der Bernhard aufhorchen ließ. "Ich werde eine Forschungsreise nach Falkenhorst machen!", meinte er mit einem seltsamen Funkeln in den Augen. "Eine Forschungsreise?", fragte Bernhard verwundert. Zwar hatte Friedrich in früheren Jahren regelmäßig die Provinzen des Fürstentums, um Pflanzen zu bestimmen, Vögel zu bebachten, Steine zu sammeln und zu katalogisieren und historische Stätten zu besuchen. Doch auf Grund seines Alters hatte er auf derartige Unternehmungen in den letzten Jahren verzichtet. "Ich möchte gerne diese junge Frau kennen lernen. Wenn sie will und sofern der gute Edmund nichts dagegen hat, kann ich ihr in dieser Zeit auch ein wenig Unterricht geben. Vielleicht kann ich ihr ja noch was beibringen, was ihr Edmund noch nicht gezeigt hat. Ich werde schon morgen abreisen!", verkündete der alte Friedrich.

Bernhard freute sich über den Entschluss seines Lehrers. Vielleicht gab es doch noch einen Ausweg aus dieser ausweglos scheinenden Lage. Er würde inzwischen einen Brief an Christina schreiben. Er würde den Brief an Edmund adressieren, dann war sichergestellt, dass er Christina erreichen würde. In diesem Brief erwähnte er, wie toll diese Reise nach Falkenhorst war, wie froh er war, sie kennen gelernt zu haben, wie bewundernswert er es fand, wie sie mit ihrem schweren Alltag zurande kam und wie sehr er ihr wünschte, dass sie auf eine Schule gehen konnte. In einer gerechten Welt würde ein Mädchen wie sie den Hüftgold-Wettbewerb gewinnen, schreib er zum Schluss, wobei dieser Satz einigen Mut von ihm verlangte.

In der nächsten Woche passierte wenig. Oft dachte Bernhard an Christina, Friedrich, und Edmund und an Burg Falkenhorst. Zweieinhalb Wochen nach Friedrichs Abreise erreichte ihn dann ein Brief Friedrichs. Doch es war nicht Friedrich, der ihm schrieb. Es war Christina, wie er insgeheim gehofft hatte. Sie war viel direkter mit ihren Sympathiekundgebungen. Liebend gerne würde sie zum Hüftgold-Fest in die Hauptstadt kommen und alle Mitbewerberinnen besiegen. Schon als Kind hatte sie davon geträumt, mit den rundesten Formen, die das Fürstentum je gesehen hatte, zur Frau des Prinzen bestimmt zu werden. Jetzt, wo sie den Prinzen kenne, war dieser Traum reizvoller denn je. Doch leider war sie viel zu arm, um die nötigen Pfunde zuzulegen, die ihr eine Chance eröffnen würden, den Hüftgold-Wettbewerb zu gewinnen. "Ich müsste die gesamten Vorräte der Provinz aufessen, um gegen die reichen Adelstöchter in der Stadt, die nicht arbeiten müssten und die köstlichsten Dinge genießen konnten, bestehen zu können. Vielleicht würde es für eine Handvoll Hüftspeck reichen, aber wahrscheinlich würde ich mich im Vergleich zu der sicherlich prachtvollen Fülle der anderen Frauen nur lächerlich machen!", schrieb Christina, und Bernhard konnte er fröhliches Lachen vor seinem inneren Augen sehen. Er stellte sich in seinen Tagträumen das ideale Hüftgold-Fest vor. Alle Adelstöchter waren schon aufgetreten und gewogen worden. Eine war runder und üppiger als die andere, doch dann würde Christina den Saal betreten. Ihr Bauch, ihre Hüften, Po und Schenkel würden so voluminös und prachtvoll sein, dass es gar nicht notwendig wäre, sie auf die Waage zu stellen. Jedem im Saal würde sofort klar sein, dass Christina die Frau an seiner Seite war und keine andere. Doch Bernhard wusste, dass dieser Traum wohl nicht wahr werden würde.

Im Hause Thorstein hatte Giovanni, der Koch, die ersten Prämien erhalten. Cordula begann, Fett anzusetzen. Ihre Rippen verschwanden unter neuem Fleisch, auf dem Bauch begann sich weicheres Gewebe auszubreiten. Sie begann außerdem langsam, sichtbare Hüften zu bekommen, ihr Gesicht wirkte nicht mehr so schmal. Die Mengen, die Cordula verdrückte, stiegen langsam, aber kontinuierlich. Giovanni überlegte, ob er nicht großzügigere Kaffeepausen am Vor- und Nachmittag einschieben sollte. Schön langsam würde Cordula in der Lage sein, zwei weitere Mahlzeiten zu vertragen. Dass für nächste Woche der Schneider ins Haus bestellt wurde, um neue Kleider für Cordula anzufertigen, empfand der Koch als Beweis seiner großen Fähigkeiten. Cordula beobachtete die Veränderungen mit großer Neugierde. Anfangs dachte sie, ihr Körper würde sich gar nicht verändern. Täglich untersuchte sie sich mit großer Sorgfalt im Spiegel. Außer ihrem ständig etwas hervorstehenden, vollen Magen deutete zuerst nichts auf die angestrebten Veränderungen hin. Cordula glaubte zu verstehen, wieso Hüftspeck auch Hüftgold bezeichnet wurde - es war nicht einfach, welches zu finden. Doch Cordula versuchte, soviel wie möglich zu essen. Das war nicht immer einfach. Vor allem die leichten Schmerzen, die ein überfüllter Magen verursachte, war alles andere als angenehm. Doch sie durfte jetzt nicht wehleidig sein, dachte sie sich. Sie musste lernen, dreimal am Tag dieses leichte Unwohlsein zu ertragen. Nach fast zwei Wochen dann bemerkte Cordula beigeistert die ersten Veränderungen. Rund um ihren Nabel begann sich unter ihrer Haut eine weiche, verformbare Masse zu bilden. Noch war sie dünn, doch Cordula wusste, dass der Anfang geschafft war. Diese zarten Fettpölsterchen würden in den nächsten Wochen und Monaten zu einer prallen Speckschicht werden! Bald würden sich die ersten Fettpölsterchen auch auf ihren Hüften, ihrem Po und ihren Oberschenkeln ausbreiten. Auch ihr Busen würde dank ihrer reichhaltigen Ernährung runder und schwerer werden. Cordula war voller Zuversicht, bis zum Hüftgold-Wettbewerb derart viel Speck angesetzt zu haben, dass sie alle anderen Mitbewerberinnen um den Prinzen in den Schatten stellen würde!

Eine Woche, nachdem er Christinas Brief beantwortet hatte und ihr darin seinen Wunschtraum vom perfekten Hüftgold-Fest geschildert hatte, ließ Bernhards Vater nach seinem Sohn rufen. Dieser saß gerade in der Bibliothek des Schlosses und studierte Karten fremder Länder. Es kam nicht oft vor, dass sein Vater nach ihm rufen ließ. Wenn Fürst Jakob etwas mit seinem Sohn zu besprechen hatte, geschah dies meist beim gemeinsamen Abendessen.

Neugierig betrat Bernhard die Amtsräume seines Vaters. Dieser stand mit einem Brief in der Hand am Fenster und winkte ihn zu sich. Er wirkte fröhlich und entspannt. "Der gute alte Friedrich hat mir von seiner Forschungsreise berichtet!", meinte er und wedelte mit dem Brief in der Luft herum. "Er sei einer seltsamen Tierart auf der Spur und könnte einen jungen und beweglichen Assistenten gebrauchen. Seine alten Knochen machen bei seinen Exkursionen wohl nicht mehr ganz mit!", lachte der Fürst wohlwollend. "Er schlug vor, dich zu seinem Assistenten zu ernennen! Was hältst du davon?", richtete der Fürst nun eine Frage an seinen Sohn, während er seinen Standort am Fenster verließ und sich hinter seinem Schreibtisch niederließ. "Das würde ich gerne machen!", meinte Bernhard und versuchte, nicht allzu begeistert zu klingen. Eine Reise nach Falkenhorst würde sicher ein Wiedersehen mit Christina bedeuten! Der gute alte Friedrich!, dachte Bernhard. Nie im Leben war er einer seltenen Tierart auf der Spur! Das war nur ein Vorwand, um Bernhard für längere Zeit nach Falkenhorst zu bringen.

Der Fürst sah seinen Sohn aufmerksam an. "Du kannst für die nächsten vier Wochen nach Falkenhorst. Aber nur unter einer Bedingung. Nach deiner Rückkehr teilst du der Familie mit, wer deine zukünftige Frau werden soll! Ich hoffe, du missbrauchst mein Vertrauen nicht!", meinte er streng, lachte im selben Moment aber schon wieder. "Du lässt die jungen Damen des Fürstentums ganz schön lange an der Leine zappeln!", grinste er. "Inzwischen sind die Damen sicher ganz ordentlich aus dem Leim gegangen, nur um deine Frau zu werden!", meinte er. "Ein bisschen Speck auf den Rippen schadet ganz und gar nicht. Aber wir wollen es nicht übertreiben! Oder willst du ein Frau ehelichen, die doppelt so schwer wie du bist?", lachte der Fürst. "Also entscheide dich, dann hält sich das große Fettansetzen erfahrungsgemäß halbwegs in Grenzen!"

Überglücklich eilte Bernhard davon und packte seine Sachen. Noch heute wollte er aufbrechen. Wenn es notwendig war, würde er die ganze Nacht durchreiten, um Falkenhorst so schnell wie möglich zu erreichen.



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