Auf der Zugfahrt gingen mir mehrere Dinge durch den Kopf. Ich lies die letzten drei Wochen noch einmal Revue passieren. Denn die Zeit bei Anna-Lena war wirklich schnell vergangen. Jetzt hatte ich 22 Kilo mehr drauf, ein Umstand, den ich vorher nie für möglich gehalten hätte. Am Morgen des Abreisetages hatte die Waage sage und schreibe 124,7 Kilo angezeigt. Irrtum ausgeschlossen! Mehr als ich zu träumen gewagt hatte. Brrr!!! Das ergab eine Gewichtszunahme von reichlich einem Kilo je Tag. In der letzten Woche waren es sogar eineinhalb Kilo am Tag gewesen. Der pure Wahnsinn! Ich hätte nie gedacht, dass dies möglich wäre. Mir lief ein Schauer den Rücken herunter. Zuletzt hatte Anna-Lena mich nicht nur einfach so gemästet. Nein, Gott bewahre! Ich wurde von ihr regelrecht gestopft. So wie man es mit Gänsen macht, die man ganz schnell sehr fett haben will. Und ich lies es über mich ergehen. Meine Gefühle dabei waren allerdings äußerst zwiespältig gewesen. Anfangs war ich mehr oder minder euphorisch an die Sache heran gegangen. Alls ich dann ab und an aber Mühe hatte, all die leckeren Dinge in mich hinein zu stopfen, kam schon mal so etwas wie Frust auf. In diesen Phasen hätte ich am liebsten mit dem Futtern aufgehört. Ich hatte es schließlich nur Anna-Lena zu verdanken, dass ich weiter machte. Sie erinnerte mich daran, weswegen ich es tun musste. Schließlich sollte ich am Ende doch als Siegerin dastehen. Mein Bauch war prall wie ein Medizinball geworden. Und ich wurde träger und träger. Seit dem Wochenmarktbesuch hatte ich mich praktisch kaum noch bewegt. Ich hatte auch tagsüber viel geschlafen. Und in den Wachphasen war ständiges Futtern angesagt. Sonst nichts. Anna-Lena hatte einmal gesagt, ich sei nicht weit davon entfernt, eine kleine, niedliche Fressmaschine zu werden. Mir war gleich der Bissen im Hals stecken geblieben. Marietta hatte mich in letzter Zeit immer nur mit großen Augen angestarrt. Ich schien ihr aus einer anderen Welt zu kommen. Warum sie dieses Wettessen mitgemacht hatte, war mir völlig schleierhaft. Was hatte sie sich nur beweisen wollen? Gegen mich hätte sie ohnehin nie eine Chance gehabt. Na ja, mir sollte das egal sein. Marietta musste wissen, was sie tat. Für die Folgen war sie allein verantwortlich! Dass sie angefangen hatte, tierisch zu futtern, war ihre Sache, auch wenn ich dazu vielleicht den Anlass geliefert hatte. Was ich übrigens auch nicht bereute, ganz im Gegenteil. Die Vorstellung, Marietta aus dem Leim gehen zu sehen, bereitete mir höllisches Vergnügen. Unterdessen tat ich wirklich Dinge, an die ich früher nie im Traum gedacht hätte. Ich wunderte mich manchmal über mich selbst. Es war schon erstaunlich, zu was allem ich fähig war. Eine andere zum Futtern zu verführen, war da noch harmlos. Sich aber einer derartigen Mastkur zu unterziehen, dass war schon mehr als verrückt. Aber offenbar kannte ich mich selbst noch gar nicht so richtig. Wer weiß, auf welche Ideen ich später noch kommen würde? Ein heftiges Rütteln riss mich aus den Gedanken. Der Zug fuhr offenbar über einen schlechten Gleisabschnitt. Ich spürte, wie die unter der Bluse alles in Bewegung geriet. Ich war fasziniert. Schon wie bei Tante Olga, dachte ich. Erneut lief mir ein Schauer den Rücken herunter. Mir fiel das letzte Telefonat mit Paps ein. Er hatte gesagt, er müsse Samantha heute Abend vom Flieger abholen und könne deshalb nicht nach Weiden kommen. Es würde ihm Leid tun. Doch er könne nichts dafür, dass sich das mit mir und Samantha überschnitt. Vielleicht könne ich ja bei meiner Freundin Jenny in Weiden übernachten. Er würde mich dann am nächsten Morgen abholen. Und damit ich nicht gar zu traurig sei, hätte er an meine XXL-Boutique 300 DM überwiesen. Damit könne ich nach Herzenslust einkaufen. Sozusagen als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk. Ich würde doch bestimmt was Neues brauchen. Und ob! An mir zwickte und zwackte es gehörig. Selbst die neue Bluse spannte. Aber auch der Jeansrock saß verdammt eng! Auf dem Bahnhof in Weiden rief ich einen Gepäckträger. Mein gut gefüllter Koffer war einfach zu schwer, als dass ich ihn hätte tragen können. Es war kurz vor 18 Uhr. Ich rief ein Taxi. Die Fahrt zur Boutique dauerte keine 3 Minuten. Der Taxifahrer war deswegen nicht gerade begeistert. Selbst das Trinkgeld hellte seine Miene nicht auf. Die freundliche
Verkäuferin erkannte mich sogleich wieder. Und das, obwohl
ich seit meinem letzten Einkauf derart zugelegt hatte. Jedenfalls
begrüßte sie mich mit meinem Namen. "Was kann ich
für Sie tun, Fräulein Berger?" Die nette
Verkäuferin sagte: "Es ist eine Maßfertigung. Ihnen
überlasse ich es jedoch statt der 80 für nur 60 DM.
Wäre das recht so?" Ich stand da wie vom Donner gerührt. Ich brauchte eine kleine Weile, ehe ich begriff, was eben passiert war. Jenny und schlank werden? Konnte ich mir nicht vorstellen. Krrr!!! Die Verkäuferin hatte natürlich was mitbekommen. Sie sah wohl auch, dass ich ratlos war. "Kann ich irgendwie helfen?" Ich erzählte der Verkäuferin mein Missgeschick. Natürlich aber nicht davon, was Jenny über das Fettsein gesagt hatte. Es war, als hätte
sie nur darauf gewartet. Ihre Miene erhellte sich. "Ich
könnte Ihnen anbieten, heute Nacht bei mir zu schlafen. Ich
wohne nur zwei Straßen weiter." Der Abend begann viel versprechend. Wir saßen an einem reichlich gedeckten Tisch. Ingrid hatte aufgefahren, was der Kühlschrank hergab. Im Licht der Kerzen entstand eine gemütlich lockere Atmosphäre. Auch sie besaß einen guten Appetit. Ihre überzähligen Kilos mussten schließlich irgendwo her kommen. Auch sprach sie ausgiebig dem Rotwein zu. Ich hielt mich zurück, der Alkohol konnte eine verheerende Wirkung bei mir haben. Ich vertrug einfach nichts. Dass Ingrid üppigen
Formen allgemein zugetan war, verheimlichte sie nicht. Sie hatte
wohl auch nicht die Absicht, das zu tun. Ihre Blicke verrieten
jedenfalls, dass meine Rundungen ihr ausnehmend gut gefielen. Sie
konnte die Augen nicht von mir lassen. Ich wurde ein wenig
verlegen dabei. "Felicitas, Sie sind ein wirklich
hübsches Mädchen. Sie müssen doch jede Menge
Verehrer haben, oder?" So wie sie hatte mich noch keine Frau angeschaut. Ich wurde an Marietta erinnert. Die hatte einen ähnlichen Blick, wenn sie Anna-Lena anschaute oder von ihr sprach. Und da begriff ich endlich. Oh je, sagte ich zu mir, da hast du wohl ein kleines Problem! Kaum hatte ich die Situation erfasst, näherten sich bereits Ingrids Hände. Sie umschlossen die meinen. Dann streichelten sie diese zärtlich. Ich wusste nicht wie mir geschah. Jede ihrer Berührungen elektrisierte mich. "Erzähle doch
weiter, Felicitas. Wie war dass denn vorher. Ich meine, bevor du
fett geworden bist?" Sie saugte sich mit diesem Blick an mir
fest. Auf der Couch presste Ingrid ihren weichen Leib an mich. Ich erschrak und lehnte mich zurück. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Mich befiel eine unerklärliche Schwäche, so dass mir nichts weiter übrig blieb, als den Dingen einfach ihren Lauf zu lassen. Ingrid küsste mich. Mir war, als öffnete sich in mir eine Schleuse und alle meine Gefühle strömten heraus. Ich erwiderte die Küsse. Immer und immer wieder. Und irgendwann kam der Punkt, wo alles um mich herum wie im Nebel versank. Paps wollte mich gegen 9.30 Uhr abholen. Ich hatte ihm die neue Adresse durchgegeben. Er war natürlich etwas erstaunt gewesen, als ich ihm erzählte, ich sei bei einer Bekannten und nicht bei Jenny. Ingrid öffnete ihre Boutique erst um 10 Uhr. Sie hatte ein ausgiebiges Frühstück gemacht. Wir saßen am Küchentisch und ließen es uns schmecken. Da ich in der Nacht kaum ein Auge zugemacht hatte, sah ich bestimmt nicht gerade sehr appetitlich aus. Doch Ingrid schien das nicht zu stören. Ihre Augen ließen mich keine Sekunde los. Ich saß in dem neuen Seidenkorsett am Tisch. Sie trug einen leichten Morgenmantel. Was sich darunter verbarg, das hatte ich ausgiebig genießen können. Es gab nicht eine Zone an ihrem Körper, die ich nicht untersucht hatte. Und es gab nichts, was mir nicht gefallen hätte. Es war schon so, ich war echt verknallt. "Wirst du es deinem
Vater sagen?" Ingrid sagte es fast gleichgültig. Dabei
sprachen die Augen eine andere Sprache. "Weiß nicht?
Muss doch selbst erst mal alles verarbeiten." "Paps!", fing ich an.
"Wäre es schlimm, wenn ich dir sagen würde, dass ich
mich in eine Frau verliebt habe?" Samantha wartete vor dem Haus. Sie trug enge Jeans und einen leichten Pulli. Schon aus der Ferne sah ich, dass sie mir nicht das Wasser reichen konnte. Sie war zwar etwas fetter geworden. Nicht aber so, als das ich hätte befürchten müssen, die Wette zu verlieren. Nein, es fehlten ihr bestimmt zehn Kilo! Wir umarmten uns. Auch sie hatte erkannt, was los war. Denn sie sagte: "Schwesterlein, du scheinst die Nase vorn zu haben. Das muss ich neidlos anerkennen." Neidlos wohl nicht. Denn Samantha machte nicht gerade ein fröhliches Gesicht. Ich dagegen verspürte Stolz und genoss es, als Siegerin da zu stehen. Doch das musste natürlich dokumentiert werden. Also stiegen noch vor dem Mittagessen auf die Waage. Bei ihr pendelte sich der Zeiger bei 113,2 Kilo ein. Ein schönes Gewicht. Nur eben nicht ausreichend. Die 123,6 Kilo, die ich auf die Waage brachte, sprachen für sich. Dabei hatte ich ein ganzes Kilo abgenommen! Na ja, das schrieb ich dem Stress und der Aufregung der letzten beiden Tage zu. Ich konnte mir das fehlende Kilo allerdings leisten. Samantha schlug vor, mir mal die Maße zu nehmen. Eine Idee, auf die ich noch gar nicht gekommen war. Ich hatte so was das ganze letzte halbe Jahr nicht getan. Aber interessiert hätte mich schon, was heraus käme. Samantha holte ein Maßband. Ich stellte mich vor den Spiegel und lies sie machen. Sie brauchte nur eine Minute. Die Ergebnisse notierte sie auf einem Zettel. Nun doch gespannt, wartete ich darauf, dass sie mir die Zahlen vorlas. Doch sie machte es dramatisch. "Nun, sag schon!", forderte ich sie ungeduldig auf. Samantha nickte schließlich und las laut vor: "Brust 134, Bauch 141, Hüfte 138!" Ich war platt! Das hätte ich nie gedacht. Drastisch fand ich den Bauchumfang. Kein Wunder, wenn ich kaum Klamotten fand, die passten. Meine fette Wampe konnte sich wahrlich sehen lassen! "Du hast ganz schöne Dehnungsstreifen" , sagte Samantha. Als hätte sie gewusst, an was ich gerade gedacht hatte. Ich hatte nicht nur Dehnungsstreifen am Bauch sondern auch an beiden Brüsten. Doch mich beunruhigte das nicht. Auch Samantha und Ingrid hatten welche. Und Ingrid sogar noch viel schlimmere. Ingrid war übrigens erst siebenundzwanzig. Ich hatte sie zuerst viel älter geschätzt. Sie hatte mir in der Nacht einiges von sich erzählt. Nun wusste ich auch, dass ihr die Boutique gehörte. Und sie hatte vorgeschlagen, ich solle bei ihr arbeiten. Sogar von einer Teilhaberschaft hatte sie gesprochen. Mir war das auch lieber. Ich nahm mir vor, einmal deswegen mit Paps zu reden. Vielleicht konnte er mir das nötige Geld vorschießen. Paps und Tante Olga würden aller Vorrausicht nach im nächsten Jahr heiraten. Paps hatte es mir im Auto gesagt. Also würde man mich im Haushalt nicht mehr brauchen. Schon deshalb musste ich mich nach einer anderen Beschäftigung umschauen. Ich fand, dass meine Zukunft gar nicht einmal so schlecht aussah. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich mal Mitbesitzerin einer Boutique sein würde. Zwar war es noch nicht so weit. Doch es deutete zumindest alles darauf hin. |