Die schwankende Welt Eine Saitou-Tokio Geschichte BOY: On a hot summer night, would you offer your throat to the wolf with the red roses? GIRL: Will he offer me his mouth? BOY: Yes. GIRL: Will he offer me his teeth? BOY: Yes. GIRL: Will he offer me his jaws? BOY: Yes. GIRL: Will he offer me his hunger? BOY: Yes. GIRL: Again, will he offer me his hunger? BOY: Yes! GIRL: And will he starve without me? BOY: YES! GIRL: And does he love me? BOY: Yes. GIRL: Yes.... BOY: On a hot summer night, would you offer your throat to the wolf with the red roses? GIRL: Yes. BOY: I bet you say that to all the boys. (You put the words right into my mouth - Meat Loaf) Prolog Sie kam aus dem Nichts, schien Teil der schier alles umgebenden Dunkelheit zu sein. Die Kapuze ihres langen schwarzen Umhangs hatte sie zurückgeschlagen, so dass sie von Zeit zu Zeit ihr wirres nachtschwarzes Haar mit zerbrechlich anmutenden Händen hinter die Ohren verbannen musste. Ohne einen Laut von sich zu geben, schritt sie mit katzenhaft geschmeidigem Gang durch die menschenleere Allee, hielt sich bevorzugt im Schatten auf, meidete das Licht, sei es aus alter Gewohnheit, sei es, dass sie fürchtete, jemandem zu begegnen, der sie hätte fragen mögen, warum sie in einer Zeit, in der es in Kyoto Nacht für Nacht Blut vom Himmel regnete, zu so später Stunde alleine durch die Straßen strich. Ein Hund, der hinter dem Gitter eines Herrenanwesens unruhig auf und ab streifte, begann wütend zu knurren, als sie an ihm vorbeiging, und setzte schon zu einem lautstarken Bellen an, als ihn zwei unter dunklen Wimpern überraschend helle graue Augen aus einem charakterstarken, unleugbar schönen Gesicht einen kurzen Blick zuwarfen. Für einen Augenblick schien sich Verwunderung auf den Zügen des Tieres zu abzuzeichnen, dann begann er vorsichtig mit dem Schwanz zu wedeln und winselte leise. Die Frau lächelte kurz, bevor sie ihre Aufmerksamkeit dem Mann zuwandte, der am Ende der Straße, ebenso wie sie im Schatten verborgen, auf sie gewartet hatte. "Guten Abend, Akai", begrüßte sie ihn höflich und verneigte sich tief. Ihre Augen glitten mit einem Ausdruck mitleidsloser Sanftheit auf die beiden hellblau gekleideten Leichen zu seinen Füßen. "Tokio", erwiderte der Mann desinteressiert. Er war ungefähr Ende Zwanzig, schwarzhaarig und hochgewachsen, ein gutaussehender Mann, dessen verwirrende Schönheit nur durch das grausame kalte Feuer in seinen rubinroten Augen getrübt wurde. "Nimmst du mich nun überhaupt nicht mehr ernst oder warum kommst du zu spät?" Die junge Frau lachte leise in sich hinein. "Ich bin nicht zu spät, sondern du warst zu früh", berichtigte sie ihn heiter. Dann glitt ihr Blick wieder zu den beiden Toten und das Lächeln verschwand. "War das wirklich nötig?" "Was?" Sie deutete auf die beiden Leichen. "Diese Shinsengumi dort. Musstest du sie umbringen?" Sakurazuka Akai zuckte abfällig mit den Schultern. "Die beiden waren mit im Weg", erklärte er gelangweilt und lehnte sich an die Wand des Hauses, vor dem er stand. "Bei dem ganzen Hickhack hier in der Stadt machen zwei Leichen mehr oder weniger den Braten auch nicht mehr fett. Und selbst wenn. Menschen wie uns beide zieht niemand zur Rechenschaft, Tokio, wir sind nicht wie der Rest. Warum also antiquierte und längst abgegriffene Moralbegriffe benutzen?" "Das Böse als ewige Party." Sie seufzte, diesmal spöttisch. "Ihr von der Sakurazuka-Garde seid doch alle verrückt." Ihr Gegenüber lachte leise auf. "Seit wann hast du überhaupt Mitleid mit solch erbärmlichen Narren, kleine Sumeragi?" Tokio schüttelte den Kopf. "Kein Mitleid, Akai, keine Trauer, aber weißt du, in letzter Zeit frage ich mich manchmal, was für einen Sinn das alles eigentlich hat." Sie schwieg eine Weile. Als sie wieder sprach, klang ihre Stimme nachdenklich, fast ein wenig geistesabwesend. "Sag mir, wohin gehen wir, wenn wir sterben; finden wir Erlösung oder Verdammnis, Frieden oder immer währenden Krieg? Wozu haben wir gelebt, wenn Tod unwiederbringlich unser Schicksal ist?" Die einzige Antwort auf ihre Frage war ein gelangweilter Seufzer. "Nicht, dass deine philosophischen Überlegungen mich nicht interessieren würden, meine Liebe, aber ich habe unser kleines Treffen hier nicht grundlos organisiert." "Ach nein?" Die junge Frau schüttelte verärgert den Kopf und tat die Fragen, die ihr gerade noch auf der Seele brannten, ungeduldig ab. Kühle graue Augen, nun beherrscht von einem harten, rücksichtslosen Ausdruck, bohrten sich in Akais flammenden Blick.. "Nun, mein Lieber, ich habe es dir schon tausendmal gesagt und ich sage es dir jetzt zum tausendundeinsten Mal: ich habe meine Fehler, aber ich bin nicht so verdorben, meine Familie zu verraten. Wonach auch immer du also suchst, such es alleine, aber lass mich mit deinen verrückten Ideen in Frieden.!" In Akais scharf geschnittenen Gesicht zuckte es ärgerlich auf und nur mit Mühe hielt er sich zurück, in Tokios gelassenes Gesicht zu schlagen. "Diese Antwort kann ich nicht akzeptieren." "Das solltest du aber." Kurz hielt Tokio den Blickkontakt noch aufrecht, dann seufzte sie und wandte sich ab. "Sieht Japan in diesen Tagen nicht schon genug Blut, Akai?" fragte sie leise. "Aber wenn du denn unbedingt Sumeragi-Blut sehen willst...der Tag der Verabredung wird kommen, dessen sei dir gewiss. Und im von den Propheten festgelegten Jahr werden unsere Kindeskinder gegeneinander antreten und den Jahrhunderte alten Streit unserer beiden Familien entscheiden. Sieh dir ihre Auseinandersetzung meinetwegen aus der Hölle aus an, aber lass mich in Frieden." Mit diesen Worten drehte sie sich energisch um und verschwand wieder in dem Dunkel, aus dem sie gekommen war. Der Sakurazukamori blickte ihr noch einige Augenblicke hinterher. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, die junge Frau nun zu attackieren, doch er war nicht so dumm, sich mit Sumeragi Tokio anzulegen, und sei es, dass er sie von hinten angriff. Die Frau, so hilflos und zierlich sie auch wirkte, hatte einen Willen aus Stahl und gehörte zu den Stärksten ihres Clan, auch wenn ihr für gewöhnlich heiteres Gemüt dies nicht nahe legen mochten. Ein nachdenkliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. "Wir zwei werden nicht bis 1999 warten müssen, Tokio", versprach er leise. "Du gehörst mir!"