Ozon liegt in der Luft - wie gesundheitsschädlich ist das Gas wirklich?

(aktuelle Werte   Der Verdacht wird schwächer  (aktuelle Werte)

Die Leichtathleten an der University of Southern California mochten diese sonnigen Sommertage nicht., an denen sich die Luft mit dem stechenden Gas füllt. Jedes tiefe Einatmen hinterließ ein Brennen in der Lunge. Die Sportler hatten das Gefühl, an diesen Tagen weniger leisten zu können, und Maßband und Stoppuhr bestätigten ihren Eindruck. Das war 1966. Und weil die Athleten an der Universität in Los Angeles studierten, beschäftigten sich bald auch Mediziner mit dem Phänomen. Damals entstand die erste Studie zur Gesundheitsgefährdung durch Ozon.

Seitdem ist viel geforscht worden. Tausende von Freiwilligen haben in speziellen Räume das Reizgas Ozon in  unterschiedlichen Konzentrationen eingeatmet und danach ihre Lungenfunktion untersuchen lassen. Statistiker werten Hunderte von Krankenblätter der Menschen aus, die in ozonbelasteten Regionen leben.

"Trotzdem ist es bis heute nicht gelungen, die Gruppe der besonders  ozonempfindlichen Personen in der Bevölkerung klar zu charakterisieren", sagt der Münchener Umweltmediziner Peter Höppe bei einer Tagung in Braunschweig. "Viele der einst gemachten Aussagen über Zusammenhänge zwischen Ozonbelastung und Gesundheit lassen sich heute mit methodisch besseren Ansätzen so nicht mehr vertreten."

Ein Beispiel: Ozon ist vermutlich nicht verantwortlich für das vermehrte Auftreten von Allergien.
Eine im letzten Sommer in Starnberg durchgeführte Studie hat keinen ursächlichen Zusammenhang gefunden, sondern nennt einen Zufall als Ursache. Ihr Ergebnis: An Tagen mit hoher Ozonbelastung sind gleichzeitig auch vermehrt Allergene unterwegs.

 Viele andere scheinbare Ozonfolgen lassen sich nicht wissenschaftlich exakt von der körperlichen Belastung
durch die hohen Temperaturen trennen.

Natürlich wollen die Wissenschaftler den Schadstoff nicht schön reden. Reizung der Atemwege, Husten, Kopfschmerzen und Tränenreiz sind als mögliche Folgen des Ozon belegt.
"Das Lungengewebe verändert sich unter Ozoneinwirkung", berichtet der Dermatologe H. Kappus vom Berliner Virchow-Klinikum, "selbst bei niedriger Ozonkonzentration (100 Mikrogramm pro Kubikmeter) laufen in der  Lunge unerwünschte entzündliche Prozesse ab." Norbert Englert vom Umweltbundesamt in Berlin warnt: "Unter gesundheitlichen Gesichtspunkten scheinen die möglichen chronischen Folgen von Ozon wichtiger als die akuten."

Die Wahrnehmung von Ozon ist eine merkwürdige Sache. Denn was unter dem Mikroskop deutlich sichtbar ist, muss dem Menschen nicht auffallen.  "Die funktionellen Beeinträchtigungen der Lunge sind subjektiv meist nicht vernehmbar", sagt Umweltmediziner Höppe.

 

Die von Erwachsenen immer wieder genannten ozontypischen Beschwerden treten bei Kindern zumeist seltener auf, obwohl die Kleinen nach allen wissenschaftlichen  Erkenntnissen gegenüber dem Reizgas empfindlicher sind.
 Das GSF, Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit in München, spricht von einer "Toxikopie": Viele Menschen entwickeln Symptome schon bei einer Ozondosis, die effektiv nicht ausreicht, um solche Beschwerden hervorzurufen.

Dass sich vor mehr als 30 Jahren Leistungssportler als Erste über Schmerzen in der Lunge wunderten, ist kein Zufall. Sicher ist, dass die schädlichen Folgen des Ozons stärker von der Atemfrequenz abhängen als  von den gemessenen höchstwerten. Die Fachleute plädieren deshalb dafür, den Blick nicht auf Spitzenwerte zu richten, sondern auf eine Marke, die als Acht-Stunden-Mittel nicht allzu oft im Jahr überschritten werden sollte. Wo die Grenzen liegen müsste (irgendwo zwischen 120 und 200 Mikrogramm pro Kubikmeter) ist jedoch umstritten.

 

 Rainer Kurlemann

Ozon - wer ist gefährdet?

Das Reizgas Ozon dringt tief in die Lungen ein. Deshalb sind akute Gesundheitsschäden nicht nur von der Konzentration abhängig, sondern vor allem von der Häufigkeit der Atemzüge.  Norbert Englert vom Umweltbundesamt in Belin nennt Risikogruppen:
h Alle Personen, die über mehrere Stunden im Freien körperliche Tätigkeiten ausüben - beispielsweise Sportler oder Arbeiter.
hKinder, weil sie im Vergleich zu Erwachsenen intensiver atmen und sich meist mehr bewegen.
hEin Zehntel der Menschen reagiert
verglichen mit dem Rest der Bevölkerung empfindlicher auf Ozon.Warum das so ist, ist nicht bekannt. 
hAstmatiker können häufiger Anfälle bekommen.
 Die Empfindlichkeit gegenüber Ozon scheint auch mit dem Alter verknüpft. "Menschen über 30 reagieren weniger sensibel als jüngere", lautet ein Ergebnis des Münchener Umweltmediziners Peter Höppe.
hSenioren sind deshalb kaum gefährdet: Sie bewegen sich weniger und sind sozusagen durch ihr Alter geschützt.
RP 17.5.2000    rai 

Artikel der Rheinischen Post vom 17.5.2000

 

 

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