Endgültige Fassung:

Leistungsbeurteilung bei Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) bzw. Legasthenie

GZ 36.200/38-SL V/2001


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Landesschulräte
(Stadtschulrat für Wien) Pädagogische Institute
Pädagogische Akademien
Zentrallehranstalten

Sachbearbeiterin:
OR Dr. Birgid REIMER
Sektion V
Telefon: 0043-1/531 20-2502
Telefax: 0043-1/531 20-2509
E-Mail: [email protected]



Leistungsbeurteilung bei Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) bzw. Legasthenie

Verteiler: N

Sachgebiet: Pädagogische Angelegenheiten
Inhalt: Lese-Rechtschreibschwäche, Legasthenie,
Leistungsbeurteilung
Geltung: unbefristet
Angesprochener Personenkreis: Schulaufsicht,
Schulleiter/innen, Lehrer/innen


Rundschreiben Nr.: 32/2001


Im Zusammenhang mit Symptomen von Lese-Rechtschreibschwäche oder Legasthenie und den sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Leistungsbeurteilung und die Bildungslaufbahn von Schüler/inne/n teilt das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit:

Im Unterricht von Schüler/inne/n mit schwer wiegenden Lese-Rechtschreibschwierigkeiten kann auf die - durch die modernen Informations- und ‚Kommunikationstechnologien -geänderten Anwendungen und Kontrollmöglichkeiten bei der Schreibrichtigkeit Bedacht genommen werden. Sämtliche gängigen Programme zur Textverarbeitung enthalten Rechtschreibprüfungen, durch die die Leistungserbringung erleichtert wird.
Es besteht kein Einwand, dass Schüler/inne/n bei der Leistungserbringung - insbesondere auf höheren Schulstufen - bei schriftlichen Arbeiten zeitgemäße Hilfsmittel zur Überprüfung der Schreibrichtigkeit zur Verfügung gestellt werden. Davon werden Schüler/innen mit nachweislich legasthenischer Beeinträchtigung besonders profitieren.

Bei der Leistungsfeststellung
ist zu berücksichtigen, dass im Lehrplan des Pflichtgegenstandes Deutsch folgende Bereiche angeführt sind:
Volksschule - Sprechen, Lesen, Verfassen von Texten, Rechtschreiben, Sprachbetrachtung Hauptschule und AHS - Sprechen, Schreiben, Lesen und Textbetrachtung, Sprachbetrachtung und Sprachübung

Im Lehrplan der Hauptschule und AHS-Unterstufe wird in der Bildungs- und Lehraufgabe ausdrücklich betont, dass es sich um gleichwertige Lernbereiche handelt. Schularbeiten und andere schriftliche Leistungsfeststellungen dürfen daher nicht ausschließlich nach Art und Anzahl der Rechtschreibfehler beurteilt werden.

Im § 16 der Verordnung über die Leistungsbeurteilung werden fachliche Aspekte für die Beurteilung von Schularbeiten angegeben. Für die Beurteilung in der Unterrichtssprache sind die fachlichen Aspekte Inhalt, Ausdruck, Sprachrichtigkeit und Schreibrichtigkeit angegeben.
Sowohl aus den Lehrplanbestimmungen als auch aus der Verordnung ergibt sich somit eindeutig, dass der Gesichtspunkt der Schreibrichtigkeit keinesfalls die einzige Grundlage der Leistungsbeurteilung sein kann und darf.

Bei nachweislich vorliegenden und schwer wiegenden hirnorganischen Störungen, die sich im Sinne einer Körperbehinderung auswirken und das Erlernen und Anwenden der Rechtschreibung beeinträchtigen, kann § 18 Abs. 6 des Schulunterrichtsgesetzes angewendet werden.

Danach sind diese Schüler/innen unter Bedachtnahme auf den wegen der körperlichen Behinderung erreichbaren Stand des Unterrichtserfolges zu beurteilen, wobei die Bildungs- und Lehraufgabe des betreffenden Unterrichtsgegenstandes grundsätzlich erreicht werden muss.

Mit Bezug auf die Leistungsbeurteilung - insbesondere im Pflichtgegenstand Deutsch - ist daher verantwortungsbewusst abzuwägen, inwieweit nur ein einzelner Leistungsbereich -nämlich die Schreibrichtigkeit - bestimmend für die gesamte Bildungs- und Berufslaufbahn eines jungen Menschen sein soll.

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur erarbeitet derzeit eine Zusammenstellung von Regelungen und Materialien, durch die weitere Verbesserungen der Förderung betroffener Schüler/innen erreicht werden können.
Die Landeschulräte (Stadtschulrat von Wien), die Pädagogischen Akademien, die Pädagogischen Institute und die Zentrallehranstalten werden ersucht, dieses Rundschreiben allen in ihrem Wirkungsbereich zuständigen Dienststellen zur Kenntnis zu bringen. -

Wien, 28. Mai 2001
Für die Bundesministerin:
Dr. GRUBER
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