Auf
der Suche nach einem geeigneten Namen für unsere italienische Theatergruppe
fiel uns ein, daß es ja bei unseren Treffen an chaotischen Situationen
nie fehlte. Was lag also näher, als die Bezeichnung BARAONDA, Ausdruck
einer fröhlichen und kreativen Unordnung? Denn, wir erinnern uns,
aus dem Chaos ist ja alles einmal entstanden...
So kamen sie denn zusammen: Wiener Psychologinnen, calabro-venezianische Restauratoren, deutschneapoletanische Architekten, italohispanische Germanisten, Juristen, Economisten, Surrealisten (-Fäns), Romanisten, Römer, sogar Weibisches - oh, pardon, Weibliches - aus Rumänien und Griechenland bereicherte das Spektrum der Theaterenthusiasten.
Denn das sind sie alle, die sich da zu den Proben trafen. Unseren INgeniösen Regisseur nicht zu vergessen, ohne dessen Präsenz und strengen Blick auch dieses Mal das Ganze sicher ein Chaos, gewiß aber keine BARAONDA geworden wäre.
Olivenernte
auf Sizilien. Don Lolò, ein geiziger und herrschsüchtiger Gutsbesitzer,
wird vom Zorn übermannt und verfällt dem Wahnsinn. Denn sein
neuer, mannshoher Ölkrug, eine Spezialanfertigung, ist auf geheimnisvolle
Weise zerbrochen. Der Kesselflicker Zì Dima, eine bucklige und fast
dämonische Gestalt, soll mit einem wundersamen Klebstoff Abhilfe schaffen.
Doch der vermeintliche Retter wird zunächst Opfer seiner eigenen Erfindung.
Ein grotesker Streit zwischen den beiden Gegenspielern entbrennt um das
weitere Schicksal des Ölkrugs.
Pirandellos Einakter La Giara liegt zunächst eine Novelle aus dem Jahr 1909 zugrunde. Eine erste Bühnenfassung in sizilianischem Dialekt wurde am 9. Juli 1917 im Teatro Nazionale in Rom uraufgeführt. Die hier gespielte italienische Version stammt aus dem Jahr 1925. Im Jahr zuvor war bereits eine Ballettversion entstanden, die mit großem Erfolg zu der Musik von Alfredo Casella in Paris aufgeführt wurde. Bühnenbild und Kostüme stammten dabei von keinem Geringeren als Giorgio de Chirico.
Unzählige weitere Inszenierungen dieses Glanzstückes pirandellianischer Dramatik folgten. Zu den berühmtesten zählt jene von Giorgio Strehler 1954 am Piccolo Teatro in Mailand. Die Brüder Taviani lieferten schließlich 1984 mit ihrem Episodenfilm Kaos eine kongeniale filmische Version.
Neben den zahlreichen Novellen, oftmals Grundlage für spätere Stücke, thematisieren insbesondere seine Romane Il fu Mattia Pascal (1904) und Uno, nessuno e centomila (1926) Zentralmotive der literarischen Moderne. So die Thematik der verlorenen Identität und der Selbsttäuschung, wie auch die Dialektik von Wahrheit(ssuche) und Fiktion. Diese Problematik spitzt sich in seinen Theaterstücken (gesammelt unter dem Titel Maschere nude) weiter zu.
Obwohl Pirandello erst relativ spät auch als Dramatiker Anerkennung fand, eroberte er sich um so nachhaltiger in den zwanziger und dreißiger Jahren die europäischen Bühnen, und nicht nur diese. Insbesondere sein Stück Sei personaggi in cerca d’autore von 1921, als der erste Teil einer Trilogie des Theaters auf dem Theater, ist ein Schlüsselwerk der modernen Dramatik. Luigi Pirandello erhielt 1934, zwei Jahre vor seinem Tod, den Nobel-preis für sein Lebenswerks.