„Die Revolutionen sind die Lokomotiven der Geschichte.“
(Marx, Klassenkämpfe in Frankreich, MEW 7,85)
„Die Revolutionen bedürfen nämlich eines passiven Elementes,
einer materiellen Grundlage. Die Theorie wird in einem Volke immer nur so
weit verwirklicht, als sie Verwirklichung seiner Bedürfnisse ist. Wird
nun dem ungeheuren Zwiespalt zwischen den Forderungen des deutschen Gedankens
und den Antworten der deutschen Wirklichkeit derselbe Zwiespalt der bürgerlichen
Gesellschaft mit dem Staat und mit sich selbst entsprechen? Werden die theoretischen
Bedürfnisse unmittelbar praktische Bedürfnisse sein? Es genügt
nicht, dass der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit
muss sich selbst zum Gedanken drängen. ... Eine radikale Revolution
kann nur die Revolution radikaler Bedürfnisse sein...
(Marx, zur Kritik der Hegeischen Rechtsphilosophie / Einleitung, MEW 1,386/387)
Der gesellschaftswissenschaftliche Begriff„Revolution“ist aus der Naturwissenschaft
entlehnt. Ist z.B. in der Astronomie von einer Revolution die Rede, dann ist
der Umlauf eines Himmelskörpers um ein Hauptgestirn gemeint. Heute wird
das Wort„Revolution“häufig z.B. in der Werbesprache bei gleichzeitiger
Entsorgung seines Inhalts gebraucht.
Der wissenschaftliche Kommunismus legt auf den strikten und präzisen Gebrauch
des Begriffs„Revolution“Wert. Nehmen Kommunist/innen das Wort in den Mund,
dann sprechen sie zumeist von einer grundlegenden Umwälzung der Gesellschaft
als Ganzes (soziale Revolution). Marxist/innen sprechen aber auch von Revolution,
um eine grundlegende Umwälzung in einem wesentlichen gesellschaftlichen
Teilbereich zu bezeichnen, z.B.:„Kulturrevolution“.
Eine soziale Revolution ist dann erfolgreich, wenn es einem revolutionären
Subjekt - das ist das Kollektiv derjenigen, die objektiv am meisten Interesse
an einer grundlegenden gesellschaftlichen Umwälzung haben -gelingt, die
Ablösung einer historischüberlebten Gesellschaftsformation durch
eine andere, fortgeschrittenerer zu bewerkstelligen. Soziale Revolutionen sind
in der antagonistischen Klassengesellschaft eine gesetzmäßige Erscheinung.
Das heißt, Gesellschaften, denen unversöhnliche Klassengegensätze
eingeschrieben sind, stoßen unvermeidlich, notwendig an historische Grenzen.
Bleibt die Gesellschaft diesseits der Grenzen stehen, geht sie unter, einschließlich
aller Klassen, die die Gesellschaft bilden. Nur die Revolution, die nicht allein
von unserem subjektiven Willen herbeigeführt werden kann, kann den absoluten
Hemmschuh, den die Verfasstheit der alten Gesellschaft darstellt,überwinden.
Die eigentliche Ursache sozialer Revolutionen besteht im Gegensatz zwischen
entwickelten Produktivkräften undüberlebten Produktionsverhältnissen.
Dieser Gegensatz ist die soziale Grundlage des Klassenkampfs zwischen fortschrittlichen
und reaktionären Klassen. Letztere sind bestrebt, dieüberlebten Produktionsverhältnisse
und die darauf beruhende soziale und politische Ordnung mit allen Mitteln,
vor allem der Staatsgewalt, aufrechtzuerhalten. Die soziale Revolution ist
der Höhepunkt des Klassenkampfs in der Klassengesellschaft. Das politische
Hauptmerkmal der sozialen Revolution ist derÜbergang der Staatsmacht aus
den Händen der reaktionären Klasse in die Hände der revolutionären
Klasse. Deshalb ist jede soziale Revolution zugleich eine politische Revolution.
Mit der Eroberung der zentralen Staatsmacht kann die revolutionäre Klasse
ihre Interessen auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens durchsetzen.
In der proletarischen Revolution können die neuen Produktionsverhältnisseüberhaupt
erst nach der politischen Entmachtung der Bourgeoisie und der Machtergreifung
durch die Arbeiter/innenklasse geschaffen werden. Dasökonomische Hauptmerkmal
sozialer Revolutionen besteht stets in der Ablösung einer herrschenden
Klasse durch eine andere und einem damit einhergehenden Umsturz im Verhältnis
zum Eigentum.
In revolutionären Epochen erfolgt eine gewaltige Beschleunigung der gesellschaftlichen
Entwicklung, weil unverhältnismäßig mehr Menschen als in ruhigen
Zeitung vom revolutionären Schwung erfasst werden.
Nicht jede Ablösung einer Klassenherrschaft durch eine andere ist eine
Revolution. Wenn es einerüberlebten Klasse gelingt, ihre bereits verlorene
Herrschaft zeitweilig wiederherzustellen, dann sprechen wir von einer Konterrevolution.
Anfang der 1950er Jahre war die Arbeiter/innenklasse bereits auf einem Drittel
der Erdoberfläche an der Macht. In allen Ländern der Diktatur des
Proletariats wurde von 1956 bis Mitte der 1970er Jahre die Diktatur der Bourgeoisie
wiederhergestellt.
Der Begriff„Revolution“ist nicht mit Begriffen wie„bewaffneter Aufstand“oder„Bürgerkrieg“identisch,
obwohl ein enger Zusammenhang besteht. In der Geschichte fallen Revolutionen
zwar praktisch immer mit bewaffneten Zusammenstößen zwischen den
Klassen zusammen, trotzdem gab es zahlreiche bewaffnete Aufstände und
Bürgerkriege, die nicht den Charakter von Revolutionen hatten, weil sie
nicht darauf abzielten, eine neue sozialökonomische Ordnung zu errichten
(z.B. der bewaffnete Aufstand der Arbeiter/innen und Bürgerkrieg 1934
inÖsterreich zielte„nur“darauf ab die demokratische Republik zu verteidigen).
Damit ein Aufstand in unserer Zeit, wir leben im Zeitalter des Imperialismus
und der proletarischen Revolution, revolutionären Charakter annehmen kann,
müssen die revolutionären Kräfte erstensüber ideologische
Hegemonie in der Gesellschaft verfügen und sie brauchen zweitens eine
revolutionär-kommunistische Partei, die allein zu garantieren vermag,
dass ein revolutionärer Aufstand zielgerichtet ist. Und trotzdem kann
eine Revolution scheitern.
Die inneren Widersprüche einer Gesellschaft sind immer die Hauptursachen
einer Revolution. Als Folge derökonomisch ungleichmäßigen Entwicklung
im Kapitalismus/Imperialismus gibt es weltweit eine große Zahl von Ländern
mit einem schwach entwickelten Kapitalismus. Zugleich leben in diesen Ländern
(v.a. in Asien, Lateinamerika und Afrika) aber der Großteil der Menschen,
die die Erde bevölkern. Vieleökonomisch schwach entwickelte Länder
werden von den kapitalistisch am meisten entwickelten Staaten ausgebeutet.
In den Ländern der drei Kontinente kann die nationale Bourgeoisie (im
Gegensatz zur Kompradorenbourgeoisie) trotz schwankender Haltung und Inkonsequenz
im Kampf gegen den Imperialismus und gegen feudale Kräfte innerhalb ihrer
Länder noch zeitweilig als fortschrittliche Kraft gelten. Für eine
revolutionär kommunistische Perspektive braucht es in allen Ländern
der Welt die ideologische Hegemonie der Arbeiter/innenklasse. Alles andere
ist reaktionäre Utopie.
Sozialistische Revolutionen stellen im Unterschied zu bürgerlichen Revolutionen
einen gänzlich neuen Revolutionstyp dar. Sozialistische Revolutionen zielen
darauf ab, jede Form der Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch
den Menschen abzuschaffen, dass heißt die Entwicklung der klassenlosen
Gesellschaft einzuleiten. Dazu ist es notwendig, die Bourgeoisie politisch
zu entmachten, den alten Staatsapparat vollständig zu zerschlagen und
an seiner Stelle die revolutionäre Diktatur des Proletariats zu errichten.
Eine Revolution ist immer eine herausragende Phase der gesellschaftlichen Entwicklung.
Sie ist aber notwendig nur ein Punkt der Entwicklung. In der sozialistischen
Sowjetunion zur Zeit Lenins und Stalins ist es gelungen den revolutionären
Schwung von 1917 ca. 35 Jahre lang mitzunehmen. Als dieser Schwung - verursacht
durch eine Reihe von v.a. politischen Fehlern - nachließbzw. abhanden
kam, gelang es der bereits entmachteten Bourgeoisie aus der vormals kommunistischen
und nunmehr revisionistischen Partei heraus, in kurzer Frist ihre Macht wieder
herzustellen.