Dieses Jahr hat die Bourgeoisie viel zu feiern. Nicht nur, dass die aktuellen Raubzüge auf unsere Löhne und Sozialversorgung erfolgreichen verlaufen, es gibt auch eine Reihe von historischen Ereignissen, an die sich dieösterreichische Kapitalistenklasse freudig erinnert. In diesem Sinn organisiert die schwarz-blaue Regierung ein Jubeljahr mitüber 300„Events", unter denen einige Feiern besonders hervorstechen:
50 Jahre Staatsvertrag bedeutet für die Bourgeoisie 50 Jahre Unabhängigkeit
und Freiheit desösterreichischen Kapitals zur Ausbeutung der inländischen
und ausländischen Arbeiter/innenklasse und keine Belastung durch die Mit-schuld
an den Verbrechen des Nazifaschismus. Bis 1955 war für die Kapitalistenklasse
inÖsterreich ja keineswegs sicher, wie es mit ihr inÖsterreich weiter
gehen werde. Die sozialistische Sowjetunion war immerhin ein Mitglied des alliierten
Verwaltungsrats, der bis 1955über derösterreichischen Regierung und
dem Parlament
stand. Sie hatte mit der Roten Armee einen gewaltigen Beitrag zur Vernichtung
des deutsch-österreichischen Hitler-Faschismus geleistet und auf ihren
Druck hin warÖsterreich sofort wieder entstanden und ein völkerrechtlich
anerkannter Staat. Deshalb - und weil damals halb Europa und Asien den Weg
zu Volksdemokratie und Sozialismus eingeschlagen hatte - konnte die Sowjetunion
auch ein gewichtiges Wörtchen mitreden, was die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung
des unter Militärverwaltung stehenden Nachkriegs-Österreichs betraf.
Umso größer ist die Freude der Bourgeoisie darüber, dass mit
der völligen staatlichen Unabhängigkeit 1955 auch die Möglichkeiten
zur engen Zusammenarbeit und Verflechtung mit ihren befreundeten Brüdern
im Westen, vor allem mit dem deutschen Kapital, wieder gewaltig zunahmen. So
marschierte dieösterreichische Bourgeoisie in den 40 Jahren von 1955 bis
1995 zügig und erfolgreich unter der Fahne der Unabhängigkeit voran
... bis zum Eintritt in die imperialistische EU 1995.
10 Jahre EU-Mitgliedschaft bedeuten für dasösterreichische imperialistische
Kapital,dass es nach 77 Jahren wieder seinen Platz im Verein der weltweit größten
Ausbeuter erobert hat, dass derösterreichische Imperialismus jetzt wieder
als Teil des größten imperialistischen Blocks weltweit anökonomischen,
finanziellen und militärischen Raub-zügen gegen die Arbeiter/innenklasse
und gegen die unterdrückten Völker der Neokolonien teilnehmen kann.Öster-reich
erwies sich nach 1918 mit seiner starken Arbeiter/innenklasse als ungünstiges
Pflaster für das Großkapital, und bekanntlich zerschlugen sich auch
die imperialistischen Hoffnungen derösterreichischen Großindustriellen
nach dem„Anschluss"1938 an das deutsche Kapital innerhalb von 7 Jahren.
Umso größer der Jubel der Hochfinanz im Jahr 2005, wo das imperialistischeÖsterreichökonomisch
zur Weltspitze der Ausbeuter aufgerückt ist.
Mit der Feier von 50 Jahrenösterreichisches Bundesheer am 26. Oktober
hat es allerdings eine besondere Be- wandtnis. Hier wird nicht die Kontinuität
von 1955 bis 2005 gefeiert, sondern im Gegenteil der endlich vollzogene Bruch
mit der Tradition der letzten Jahrzehnte. Es wird die Rückkehr zur Tradition
von vor 1955 gefeiert - zuröster-reichischen Militärtradition von
1718 (Eroberung Belgrads), von 1878 (Annexion Bosniens) , von 1914 (Besetzung
Serbiens) oder von 1939 (Besetzung Polens). Seit einigen Jahren wird dasösterreichische
Heer zügig und planvoll von einem Verteidigungsinstrument zu einer Angriffs-
und Besatzungsarmee umgebaut. Hilfreich dabei ist die neue EU-Verfassung mit
ihrer Aufrüstungsverpflichtung und dem Aufbau spezieller Angriffsgruppen
(Battle groups) für den Einsatz in aller Welt. UndÖsterreich ist
wieder vorne mit dabei - das ist doch wohl ein wichtiger Grund zum Feiern für
das imperialistische Kapital.
Der Kapitalismus ist gesichert, die imperialistische Position am Weltmarkt
wieder gewonnen und Aufbau einer Aggressions-Armee gegen die Völker der
Welt geht voran - das sind die Hauptinhalte des Jubeljahres 2005.
Was haben wir zu feiern?
Die klassenbewussten Arbeiter/innen feiern im Jahr 2005 vor allem dieBefreiungWiens
und Ost-Österreichs vom Nazifaschismus durch die Rote
Armeeder Sowjetunion im April 1945. Unter unsäglichen Opfern,
darunter 20 Millionen Toten, hat die sozialistische Sowjetunion unter Führung
Stalins den zweiten großen Angriff auf das erste sozialistische Land
der Welt (nach der Intervention von 1918-21) erfolgreich zurückgeschlagen.
Sie hat aber auch die Fackel des antifaschistischen Kampfs nach Deutschland
undÖsterreich getragen und dabei den Völkern einer Reihe osteuropäischer
Länder geholfen, die deutsch-österreichische Schreckensherrschaft
abzuschütteln.Österreich selbst war dabei ein Sonderfall: Tatsächlich
wurde es als Staat 1938 vom deutschen Imperialismus mit Nazi-Terror ausgelöscht,
aber ein vergleichsweise großer Teil derösterreichischen Bevölkerung
hat die deutsche Annexion und den Nazifaschismus ausdrücklich begrüßt
oder zumindest wohlwollend an den Verbrechen mitgewirkt. Deshalb wird in
der Moskauer
Erklärung von 1943 von den Alliierten der Anti-Hitler-Koalition auch
die Mitschuld desöster-reichischen Volkes am nazifaschistischen Terror-Regime
und Aggressionskrieg angesprochen und sein notwendiger eigenständiger
Beitrag zur Befreiung vom Nazifaschismus als Vorbedingung für die Wiederherstellung
der UnabhängigkeitÖsterreichs eingefordert. Dieösterreichische
Bevölkerung hatte insgesamt einen viel zu kleinen Beitrag zur Vernichtung
des Nazifaschismus geleistet, und deswegen können wir heute auch z.B.
das 60-jährige Jubiläum der Befreiung des Konzentrationslagers
Mauthausens nicht als Leistung desösterreichischen Widerstands feiern.
Tatsächlich wurde der Nazi-Faschismus inÖsterreich vor allem von
der Roten Armee der Sowjetunion und der US-amerikanischen Armee militärisch
zerschlagen. Einen auch militärisch erfolgreichen Kampf gegen die faschistische
Wehrmacht haben in ganzÖsterreich nur die slowenisch-österreichischen
Partisaneneinheiten der Befreiungsfront OF in Südkärnten und teilweise
die dreiösterreichischen Freiheitsbattaillone im slowenisch-kärntnerischen
Grenzgebiet unter dem Oberkommando der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee
geführt. Die von der KPÖgeführten Widerstandsgruppen haben zwar
einen heldenhaften Kampf geführt und zahlreiche Opfer zu beklagen, aber
insgesamt war bis April 1945 die militärische Kraft derÖsterreich-patriotischen
Partisanengruppen in Kärnten, Steiermark, Salzkammergut, Tirol und Niederösterreich
und der bewaffneten Widerstandsgruppen in verschiedenen Städten zu schwach,
um den Nazifaschismus zuüberwältigen.
Aus diesem Grund feiern wir die Rote Armee als BefreierinÖsterreichs,
ehren das sowjetische Befreiungsdenkmal auf dem ehemaligen Stalinplatz in Wien
und werden uns allen Versuchen widersetzen, das von den Reaktionären als„Russendenkmal"verachtete
Mahnmal im Herzen Wiens herunterzumachen, um es schließlich zu entfernen.
Damals, im Jahr 1945 wurden auch Grundsteine gelegt für eine mögliche
nicht-imperialistische EntwicklungÖster-reichs. Zumindest in den ersten
beiden Jahren der Zweiten Republik wären Möglichkeiten gegeben gewesen,
dass dieösterreichische Arbeiter/innenklasse auf dem Weg einer volksdemokratischen
Republik zuerst das große und mittlere Kapital entmachten und enteignen
könnte. In der weiteren Entwicklung hätte sich der Klassenkampf zwischen
dem sozialistischen und kapitalistischen Weg so zuspitzen können, dass
in einer revolutionären Krise die Arbeiter/innenmacht hätte errichtet
werden können. Dazu ist es bekanntlich nicht gekommen.
Offensichtlich wurden in den Jahren nach 1945 nicht die politischen, aber immerhin
wichtigeökonomische Grundlagen für eineÜberwindung des Kapitalismus
geschaffen. So waren inÖsterreich jahrzehntelang alle großen Banken,
die Energiewirtschaft, das Transportwesen (Bus, Bahn, Flugzeug, städtische
Verkehrsbetriebe usw.), das Kommunikationswesen (Radio, Fernsehen, Telefon
usw.), insbesondere auch die Grundstoff- und Schwerindustrie weitgehend verstaatlicht.
Aber die revolutionären Kräfte haben sich bald nach der vollständigen
Befreiung im Mai 1945 und bei der Bildung der ersten gewählten Regierung
im Herbst 1945 als zu schwach erwiesen, die weitere politische Entwicklung
des wiederhergestelltenÖsterreichs maßgeblich mitzugestalten. Viele
der besten Kommunist/innen und Revolutionär/innen waren von den Nazifaschisten
getötet oder gebrochen worden. Insgesamt wurden inÖsterreich mindestens
35.000 Nazigegner/innen bis Mai 1945 umgebracht -überproportional große
Teile von ihnen Mitglieder oder Sympathisant/innen der KPÖ, der einzigen
Partei, die konsequent die ganze Zeit den Kampf gegen den Nazifaschismus organisierte
und umsetzte.
Dieösterreichische Kapitalistenklasse verhielt sich nach ihrer Niederlage
an der Seite des deutschen Imperialismus so, als hätte sie mit der ganzen
Sache nichts zu tun gehabt, als seien auch sie 1938 Opfer einesÜberfalls
durch den deutschen Imperialismus geworden. Obwohl wesentliche Teile derösterreichischen
Bourgeoisie seit 1918 aktiv für einen Anschluss an Deutschland eingetreten
waren, gebärdeten sie sich nach 1945 plötzlich als nationalbewussteÖsterreicher.
Trotzdem konnten sie natürlich nicht offen dort weiter machen, wohin sieÖsterreich
bis zum März 1938 getrieben hatten. Der Austrofaschismus war kein Thema
für die neugegründeteÖVP, auch nicht der„Ständestaat",
und selbstverständlich war auch dieÖVP in Parlamentsreden für
die vollständige Ausrottung des Faschismus samt seiner Wurzeln... Gleichzeitig
wurden zusammen mit der SPÖ-Führung Pläne geschmiedet, wie die
deutschen Industrieanlagen und deutschen Kraftwerke inÖsterreich durch
eine rasche Verstaatlichung zum Aufbau deröster-reichischen kapitalistischen
Wirtschaft genutzt werden konnten.
Der Deal zwischen denösterreichischen Kapitalisten und der sozialdemokratischen
Arbeiteraristokratie war schnell ausgehandelt: Die wichtigsten politischen
Posten und die Schlüsselfunktionen in der verstaatlichten Industrie werden
paritätisch zwischen den sogenannten„Sozialpartnern"aufgeteilt. Alle
Gesetze und Verordnungen werden von den„Standesvertretungen"(die
allerdings meist nicht so genannt wurden - weil der Ständestaat war ja
tabu!) abgesegnet, bevor sie ins Parlament kommen. Die Gewerkschaften werden
von oben nach unten wieder„aufgebaut, mit organisatorischem Schwergewicht auf
die Fraktionen, damit die Hackler/innen möglichst wenig Einfluss bekommen,
usw.... und die KPÖsoll samt ihren klassenbewussten Arbeiter/innen scheißen
gehen!
Abgesehen von den gewerkschaftlichen Unruhen während des selbständigen
Generalstreiks im September und Oktober 1950 klappte diese paritätischen
Zusammenarbeit der beiden großen bürgerlichen Kräfte bis in
die 1990er Jahre weitgehend problemlos, zumindest fürs Kapital.
Die Spitzen der sozialdemokratischen Arbeiteraristokratie und Bürokratie
wurden im Lauf der Jahrzehnte immer mehr zu wirklichenTeilen
derösterreichischen Bourgeoisie und waren nicht mehr nur ihre gut bezahlten
Handlanger. Sie unterschieden sich ja auch mit ihren abgesicherten Direktorenposten
in Banken, Chemie- und Stahlwerken oder in der E-Wirtschaft in ihrem ganzen
Lebensstil nicht mehr von der Großbourgeoisie - außer dass sie
irgendeinmal vor langer Zeit in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen waren.
Seit vielen Jahrzehnten ist die SPÖeine bürgerliche Partei, wie jede
andere mit bestimmten Besonderheiten. Aufgrund ihrer langen Tradition und ihrer
historischen Herkunft als reformistische Arbeiterpartei hat sie die glaub-würdigeren
Wahlzuckerl für die Arbeiter/innen und kleinen Angestellten und kann,
im Unterschied zu kurzfristigen der FPÖ, dauerhaft in der Arbeiter/innenklasse
hohe Stimmenprozente bei den Wahlen erzielen. Das ist auch der Grund, warum
die SP im Jubeljahr zusätzliche Akzente setzt. So wird etwa die Gründung
desÖGB vor 60 Jahren von der SP ausdrücklich gefeiert. Auch das Jubiläum
von 50 Jahren Neutralität wird etwas stärker betonen, um sich wahlkampftaktisch
von VP und FP abzugrenzen. Die ausdrückliche Erklärung der„immerwährenden
Neutralität"Österreichs, die in den Staatsvertragsverhandlungen
vor 1955 eine große Rolle für die Gewährung der Unab-hängigkeit
spielte, wird allerdings von keiner der vier Parlamentsparteien besonders hervorgehoben.
Damals vor 50 Jahren gingen die imperialistischen NATO-Staaten unter Führung
der USA aggressiv und teilweise militärisch (z.B. in Korea) gegen das
sozialistische Lager vor. Seit der Errichtung der Volksdemokratien in Osteuropa
und Asien, insbesondere seit der Ausrufung der Volksrepublik China im Jahr
1949 lebte die Hälfte der Welt-bevölkerung in Ländern, wo zumindest
erste Schritte auf den Weg zum Sozialismus gemacht wurden. Die Besatzungsmächte
USA und Britannien hatten in Zusammenarbeit mit dem ultrareaktionären
deutschen Kanzler Adenauer 1948 Deutschland gespalten, um„den Vormarsch des
Kommunismus"zu stoppen. In dieser zugespitzten Situation beharrte die
Sowjetunion unbeirrt auf ihrer Forderung nach einem neutralenÖsterreich,
das sich weder der NATO noch sonst einem Militärbündnis anschließen
dürfe und keinerlei Stützpunkte oder Transitrechte für fremde
Truppen dulden dürfe. Nach langem Hin und Her setzen sich in derösterreichischen
Bourgeoisie jene Kräfte durch, die bereit waren, auf ihre Anschluss-Forderung
an den kapitalistischen Westen zumindest im militärischen Bereich zu verzichten.
Ihr Hintergedanke war dabei natürlich, die offizielle militärische
Neutralität für wirtschaftliche Vorteile zu nützen.Österreich
war ja trotz der zum Großteil von KZ-Häftlingen aufgebauten modernen
Industrieanlagen ein im kapitalistischen Vergleich ziemlich rückständiges
Agrar-Industrie-Land. So war die von der Sowjetunion praktisch erzwungene Neutralität
zum damaligen Zeitpunkt sicher eine wichtige Errungenschaft, weilÖsterreich
nicht unmittelbar Teil des aggressiven NATO-Blocks gegen das sozialistische
Lager wurde. Andererseits wurde dieser Status - ebenso wie die Verstaatlichte
Industrie - von derösterreichischen Bourgeoisie geschickt genützt,
ihre langfristigen politischen Interessen durchzusetzen: Ein von den Interessen
der Arbeiter/innenklasse unabhängigesÖsterreich, das der Bourgeoisie
einen relevanten Anteil an der Ausplünderung der Arbeiter/innen und Werktätigen
der Welt auf politischem,ökonomischen und militärischem Weg sichert,
(vgl. unser Flugblatt„Imperialistische Neutralität)
Am Anfang hatte doch alles so gut ausgesehen: Eine antifaschistisch-demokratische
Regierung unter Beteiligung der KPÖübernahm das Ruder im neuenÖsterreich,
Austrofaschisten und Nazifaschisten scheuten sich offen aufzutreten, der Innenminister
war ein im Widerstandskampf erprobter Kommunist, wichtige Teile der Wirtschaft
waren dem Privatkapital entzogen, ...
Aber noch wenige Wochen vor der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen
waren z.B. breite Teile der Mühl-viertler Bevölkerung so verhetzt,
dass sie sich von derörtlichen Autorität zu Nazibanden rekrutieren
ließen und sich an einer mörderischen Lynch-Jagd auf mehr als 400
sowjetische Offiziere beteiligten, die es geschafft hatten, aus dem KZ auszubrechen.
Außer 5 oder 6Überlebenden wurden alle dem Todeslager entkommenen
sowjetischen Antifaschisten von den sogenannten Mitläufern erschlagen,
erstochen oder erschossen.
Die ideologischen und politischen Grundlagen des neuenÖsterreichs warenäußerst
dünn und vor allem durch die Anwesenheit der alliierten Truppen der Anti-Hitler-Koalition
setzte sich rascher ein neues„Österreichbewusstsein"durch. Als der
britische Premierminister bald nach Kriegende ausrief:„Wir haben das falsche
Schwein geschlachtet!"- nämlich Hitler und nicht Stalin - war das
ein Signal zum Angriff auf das sozialistische Lager. Dass dieser Angriff vor
allem politisch und weniger militärisch durchgeführt wurde, liegt
einerseits an der starken Friedensbewegung in Westeuropa, andererseits aber
vor allem an der militärischen Stärke der Roten Armee. Auch die USA
wagten es damals nicht, die siegreiche Sowjetunion, militärisch anzugreifen.
Umso mehr wurde aber alles unternommen, um die Frontstaaten des„Westens"in
geeigneter Form in die NATO-Pläne einzugliedern, so auch das„neutrale"Österreich,
das z.B. die Ergebnisse der weit nach Osteuropa reichenden Radar-Hochposten„Goldhaube"jahrzehntelang
an die NATO-Zentrale ablieferte. So wurdeÖsterreich trotz offizieller„Neutralität"zum
Pufferstaat der NATO zuerst gegen das sozialistische Lager und ab den 1960er
Jahren gegen den revisionistischen RGW-Block unter der Hegemonie des russischen
Sozialimperialismus.
Dieösterreichische Kapitalistenklasse mit ihren guten Verbindungen in
die imperialistischen Länder war wesentlich besser organisiert als die
revolutionären Kräfte. Die Kapitalisten hatten außerdem als
wichtige Hilfstruppe die durch und durch antikommunistische Arbeiteraristokratie,
die innerhalb der institutionalisierten„Sozialpartnerschaft"die Rolle
der Vertreterin der Arbeiter/innenklasseübernommen hatte. Diese führenden
Sozialdemokraten strengten sich in den vergangenen 60 Jahren mächtig an,
den wesentlichen Unterschied zwischen dem kapitalistischen und sozialistischen
Weg systematisch zu verwischen und zu vernebeln.
So wurde in den Zeiten der„Sozialpartnerschaft"- durchÖVP- und SPÖ-Alleinregierungen
hindurch - der Kapi-talismus unter Führung der Bourgeoisie und unter der
Arbeiteraristokratie von 1945 bis 1985 unter genauer Abwägung der Auswirkung
aller Maßnahmen auf die Arbeiter/innenklasse und die Kapitalistenklasse
so weit entwickelt, dass die Bourgeoisie schließlich keine Rücksicht
mehr auf die ohnehin nicht kampfbereite Arbeiter/-innenklasse nehmen musste.
Dann kam die Zeit der Manager Vranitzky, Klima und schließlich der Privatkapitalisten
Grasser, Bartenstein, Haselsteiner usw.
Schon in den Anfängen der Zweiten Republik wurden die wirklichen Interessen
der Arbeiter/innenklasse von der KPÖund kleinen Teilen der SPÖnur
inkonsequent und zurückweichlerisch vertreten. Von der KPÖwurden
einerseits die Möglichkeiten derösterreichischen Bourgeoisie unterschätzt,
auf sozialdemokratischen Sonderwegen denöster-reichischen Imperialismus
aufzubauen und andererseits die außenpolitischen
Möglichkeiten der Sowjetunion weitüberschätzt, die anfangs noch
sozialistisch war (bevor die Revisionisten die Machtübernahmen und unter
Chruschtschow eine bürokratische Form des Kapitalismus einrichteten).
Sobald von der NATO 1948 eine klare und aggressive Front gegen das sozialistische
Lager gezogen war, hatte auch die Rote Armee inÖsterreich nur noch geringe
Möglichkeiten, in die Entwicklung der Klassenkämpfe inÖsterreich
maßgeblich einzugreifen. Das zeigte sich auch beim 1950er Generalstreik,
wo zwar in Einzelfällen z.B. ein sowjetischer Panzer„zufällig"auf
einem Bahngleis einen Motorschaden hatte und damit den Eisenbahnverkehr blockierte,
aber die Streikbrecherbanden Olahs prügelnd durch Wien ziehen konnten,
ohne mit der Roten Armee in Konflikt zu kommen.
Langfristig - bzw. für den Rest des 20. Jahrhunderts - wurde der Weg zum
Sozialismus inÖsterreich verbaut durch die vollständige revisionistische
Zersetzung und Desorientierung der„K"PÖin den 1960er Jahren. Durch
diese grundlegende Veränderung der„K"PÖzu einer kriecherischen
Partei, die abwechselnd nach Moskau zu ihren Geldgebern und dann wieder gebannt
auf die Arbeiteraristokratie als die vermeintlichen Arbeitervertreter starrt,
ist die Tradition einer starken, in Kernschichten der Arbeiter/innenklasse
fest verankerten revolutionären Partei unter-brochen worden. Daranändert
auch der (gescheiterte) Versuch aufrechter Kommunist/innen nichts, in den 60er
und 70er Jahren eine marxistisch- leninistische Partei aufzubauen.
Die letzten Jahrzehnte wurden von der Bourgeoisie weitgehend allein gestaltet.
Dieösterreichische Arbeiter-/innenklasse hat keine wirksame Vertretung
gegenüber der Kapitalistenklasse und keine schlagkräftige Partei,
die die Arbeiter/innen-Interessen im Kampf durchsetzen könnte. Was dieösterreichische
Bourgeoisie in diesem Jahr eigentlich feiert, ist die weitgehende Ausschaltung
derösterreichischen Arbeiter/innenklasse aus dem politischen Geschehen
inÖsterreich und dort, wo dieösterreichischen Imperialisten ihre
schmutzigen Ausbeutergeschäfte machen.