„Bürger, denken wir an jenes Grundprinzip der Internationale:
die Solidarität. Nur dann wenn wir dieses lebenspendende Prinzip unter
sämtlichen Arbeitern aller Länder auf sichere Grundlage stellen,
werden wir das große Endziel erreichen, das wir uns gesteckt haben.
Die Umwälzung muss solidarisch sein, das lehrt uns das große Beispiel
der Pariser Kommune, die deswegen gefallen ist, weil es in allen Zentren,
in Berlin, in Madrid etc. zu keinerlei großen Bewegung gekommen war,
die dieser machtvollsten Erhebung des Pariser Proletariats ebenbürtig
wären.
Was mich angeht, so werde ich mein Werk fortsetzen und beständig daran
arbeiten diese für die Zukunft so fruchtbringende Solidarität zu
begründen. Nein, ich ziehe mich von der Internationale nicht zurück,
und der ganze Rest meines Lebens wird, wie alle meine Bemühungen der Vergangenheit,
dem Triumph der sozialen Ideen geweiht sein, die einst – seid davon überzeugt! – die
Weltherrschaft des Proletariats herbeiführen werden.“[1]
Die Solidarität unter den Arbeiterinnen und Arbeitern aller Länder
ist ein Grundprinzip des proletarischen Internationalismus, das von den revolutionären
Kommunist/innen unablässig propagiert werden muss. Die feste Verankerung
dieses Grundgedankens war schon immer ein zentrales Anliegen aller revolutionären
Kommunist/innen, daher rührt auch dessen Betonung durch Karl Marx bei
der Auflösung der Ersten Internationale.
Der proletarische Internationalismus ist eine unverzichtbare Grundlage jeder
revolutionär kommunistischen Bewegung eines jeden Landes. Der proletarische
Internationalismus betont das Gemeinsame im Kampf der Arbeiterinnen und Arbeiter
aller Länder gegen Ausbeutung und Unterdrückung und für das
Ziel der proletarischen Weltrevolution, den Weltkommunismus.
Der proletarische Internationalismus verpflichtet besonders zum Kampf gegen den Chauvinismus in den imperialistischen Ländern. Das bedeutet für uns das Hauptaugenmerk auf den Kampf gegen den österreichischen und EUropäischen Chauvinismus zu richten. Diese besondere Verpflichtung ergibt sich aus der Spaltung der Welt in wenige imperialistische Zentren auf der einen und den Völkern der vom Imperialismus abhängigen und (neo-)kolonial beherrschten Länder auf der anderen Seite.
Chauvinismus und Nationalismus, die angebliche Interesseneinheit mit den „eigenen“ Ausbeutern,
die Überheblichkeit gegenüber dem „Rest der Welt“ sind
reines Gift, das jegliche revolutionäre Perspektive verbaut. Solange bedeutende
Teile der Arbeiter/innenklasse in einem derartigen Dickicht reaktionärer
Ideologie befangen bleiben, wird es keine wirkliche Befreiung der Arbeiter/innenklasse
geben. Dagegen setzt der revolutionäre Kommunismus seit mehr als 150 Jahren
auf die zentrale Losung „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“,
die den durch und durch internationalen Charakter des Kommunismus manifestiert.
Inhalt dieses Aufrufs ist es nicht die Besonderheiten eines jeden Landes zu
ignorieren und auch nicht den hauptsächlichen Kampfschauplatz im jeweiligen „eigenen“ Land
zu leugnen.
Vielmehr besteht die zentrale Bedeutung dieses Ausrufs in der Betonung, dass – über
alle nationalen Besonderheiten hinaus – der Kapitalismus ein Weltsystem
geworden ist, das nur gemeinsam von den Proletarier/innen – unabhängig
von Geschlecht, Nation, „Rasse“, Religion etc. – aller Länder
der ganzen Welt endgültig durch den Sieg des Weltkommunismus vernichtet
werden kann.
Das „Manifest der Kommunistischen Partei“ von 1848 betont ausdrücklich
die Einheit der Arbeiter/innen aller Länder im Kampf um die Befreiung
der Arbeiter/innenklasse: „Die Arbeiter haben kein Vaterland. Man
kann ihnen nicht nehmen, was sie nicht haben. Indem das Proletariat zunächst
sich die politische Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben,
sich selbst als Nation konstituieren muß, ist es selbst noch national,
wenn auch keineswegs im Sinne der Bourgeoisie.
Die nationalen Absonderungen und Gegensätze der Völker verschwinden
mehr und mehr schon mit der Entwicklung der Bourgeoisie, mit der Handelsfreiheit,
dem Weltmarkt, der Gleichförmigkeit der industriellen Produktion und der
ihr entsprechenden Lebensverhältnisse.
Die Herrschaft des Proletariats wird sie noch mehr verschwinden machen. Vereinigte
Aktion, wenigstens der zivilisierten Länder, ist eine der ersten Bedingungen
seiner Befreiung.“ [2]
Auch im Zeitalter des Imperialismus und der proletarischen Revolution bleibt
die Herstellung der Einheit der Arbeiter/innen aller Länder unter der
Führung einer starken, organisierten kommunistischen Weltbewegung eine
Aufgabe aller ersten Ranges, die die Kommunist/innen eines jeden Landes dazu
verpflichtet, den revolutionären Kampf im jeweils „eigenen“ Land
voranzutreiben. Darum sagt Lenin: „Es gibt nur einen wirklichen Internationalismus:
die hingebungsvolle Arbeit an der Entwicklung der revolutionären Bewegung
und des revolutionären Kampfes im eigenen Lande, die Unterstützung
(durch Propaganda, durch moralische und materielle Hilfe) eben eines solchen
Kampfes, eben einer solchen Linie und nur einer solchen allein in ausnahmslos
allen Ländern.“[3]
Das bedeutet aber keineswegs die Aufmerksamkeit nur auf den revolutionären Prozess im „eigenen“ Land zu richten. Der proletarische Internationalismus verpflichtet die revolutionären Kommunist/innen aller Länder stets die Interessen der Revolution im „eigenen“ Land dem Prozess der proletarischen Weltrevolution unterzuordnen. „... sich nicht im Interessenkreis ,ihres’ Landes, ,ihrer’ Heimat, ,ihres’ Proletariats abschließen, sondern im Gegenteil, unter Berücksichtigung der Verhältnisse und der Lage ihres eigenen Landes, die Interessen des internationalen Proletariats, die Interessen der Revolution in den anderen Ländern zum Angelpunkt machen, das heißt wenn sie ihrem Wesen, ihrem Geiste nach internationalistisch sind, wenn sie ,ein Höchstmaß dessen durchführen, was in einem’ (dem eigenen) ,Land für die Entwicklung, Unterstützung, Entfachung der Revolution in allen Ländern durchführbar ist.’“[4]
Im Imperialismus, dem höchsten Stadium des Kapitalismus, ist der richtungsweisende
Aufruf „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“, der noch
aus der Anfangszeit des revolutionären Kommunismus herrührt, keineswegs
veraltet, ganz im Gegenteil, er ist aktueller denn je. Der revolutionäre
Kommunismus im Zeitalter des Imperialismus und der proletarischen Revolution
hat den epochalen Veränderungen gegenüber dem Zeitalter des vormonopolistischen
Kapitalismus dadurch Rechnung getragen, dass er die erste Losung „Proletarier
aller Länder, vereinigt euch!“ durch eine zweite, nämlich „Proletarier
aller Länder und unterdrückte Völker, vereinigt euch!“,
ergänzt hat. Dadurch wird die unvermeidliche proletarische Hegemonie im
Prozess der proletarischen Weltrevolution kein bisschen eingeschränkt,
nein, darin wird die Einheit der Interessen der Arbeiter/innen aller Länder
mit den unterdrückten Völkern der abhängigen Länder, die
gegen jeden Imperialismus kämpfen, betont. Der revolutionär-kommunistische
Internationalismus verwendet auf die Völker der Länder, die vom Imperialismus
in Abhängigkeit gehalten werden, besondere Aufmerksamkeit:
„In bezug auf die zurückgebliebeneren Staaten und Nationen, in
denen feudale oder patriarchalische und patriarchalisch-bäuerliche Verhältnisse überwiegen,
muß man insbesondere im Auge behalten:
- erstens die Notwendigkeit, daß alle kommunistischen Parteien die bürgerlich-demokratische
Befreiungsbewegung in diesen Ländern unterstützen; die Pflicht zur
aktivsten Unterstützung haben in erster Linie die Arbeiter desjenigen
Landes, von dem die zurückgebliebene Nation in kolonialer oder finanzieller
Hinsicht abhängt;
- zweitens die Notwendigkeit, die Geistlichkeit und sonstige reaktionäre
und mittelalterliche Elemente zu bekämpfen, die in den zurückgebliebenen
Ländern Einfluß haben;
- drittens die Notwendigkeit, den Panislamismus und ähnliche Strömungen
zu bekämpfen, die die Befreiungsbewegung gegen den europäischen und
amerikanischen Imperialismus mit einer Stärkung der Position der Khane,
der Gutsbesitzer, der Mullahs usw. verknüpfen wollen;
- viertens die Notwendigkeit, speziell die Bauernbewegung in den zurückgebliebenen
Ländern gegen die Gutsherren, gegen den Großgrundbesitz, gegen alle
Erscheinungen oder Überreste des Feudalismus zu unterstützen und
darauf hinzuarbeiten, daß die Bauernbewegung weitgehend revolutionären
Charakter annimmt, indem man ein möglichst enges Bündnis zwischen
dem kommunistischen Proletariat Westeuropas und der revolutionären Bewegung
der Bauern im Osten, in den Kolonien und überhaupt in den zurückgebliebenen
Ländern herstellt. Insbesondere sind alle Anstrengungen darauf zu richten,
die Grundprinzipien des Rätesystems auf Länder anzuwenden, in denen
vorkapitalistische Verhältnisse herrschen, und zwar durch Gründung
von ,Räten der Werktätigen’ usw.; ...“[5]