Internationale Solidarität

stalin

Grundbegriffe des Marxismus-Leninismus

Proletarische Rundschau Nr. 15, Mai 2004

Der Leninismus wies nach“, wie Stalin betonte, „dass der Weg zum Sieg der Revolution im Westen über das revolutionäre Bündnis mit der Befreiungsbewegung der Kolonien und der abhängigen Staaten gegen den Imperialismus führt“ und „dass die nationale Befreiungsbewegung der unterdrückten Länder revolutionäre Potenzen in sich birgt, die zum Sturz des gemeinsamen Feindes, zum Sturz des Imperialismus ausgenützt werden können. (...) Das bedeutet natürlich nicht, dass das Proletariat jede nationale Bewegung, immer und überall, in jedem einzelnen konkreten Fall unterstützen muss. Es handelt sich um die Unterstützung solcher nationalen Bewegungen, die auf die Schwächung und den Sturz des Imperialismus und nicht auf seine Festigung und Erhaltung gerichtet sind.[1]

In den Sechzigerjahren des vorigen Jahrhunderts haben sich zeitweilig die ehemaligen Kolonien zu Sturmzentren der Weltrevolution entwickelt, und die Frage der internationalen Solidarität mit den bewaffneten Befreiungskämpfen in Südostasien, Afrika und Lateinamerika erhielt herausragende Bedeutung für Fortschritte auch in den imperialistischen Metropolen selbst.
So stellte die KP China schon im Jahr 1963 zur aktuellen Bedeutung der antiimperialistischen Befreiungsbewegungen fest: „Heute sind die imperialistischen Länder Europas und Amerikas durch die Volksbefreiungskämpfe in Asien, Afrika und Lateinamerika eingekreist. Diese Kämpfe stellen für den Kampf der Arbeiterklasse in Westeuropa und Nordamerika eine gewaltige Unterstützung dar.“[2] Tatsächlich haben z.B. die Aggressionskriege des USA-Imperialismus in Südostasien wenig später zu gewaltigen Volkserhebungen in den USA selbst geführt, darunter zum revolutionären Kampf der Afro-Amerikaner/innen und zu einer breiten Antikriegsbewegung, die sich mit dem Kampf der Völker Indochinas solidarisierte.
Die internationale Solidarität darf aber niemals zum Ersatz für den revolutionären Kampf im eigenen Land werden. Das muss umso mehr betont werden, als es heute wie vor 40 Jahren verschiedene kleinbürgerliche Kräfte gibt, die eine derart falsche Haltung in die Solidaritätsbewegungen hineintragen. Dazu stellte Amilcar Cabral, der Führer der Befreiungsbewegung von Guinea/Bissao 1966 fest: „Wenn wir den Kampf gemeinsam führen ist der wesentliche Aspekt unserer Solidarität eindeutig: man muss kämpfen ... Wir kämpfen in Guinea mit dem Gewehr in der Hand ... Sie müssen in Ihren Ländern ... die geeignetsten Mittel und die beste Form des Kampfes gegen unseren gemeinsamen Feind finden: das ist die beste Art der Solidarität!“[3] Es ist die Aufgabe von Revolutionär/ innen, im eigenen Land die Revolution vorzubereiten und durchzuführen, und dazu die kapitalistischen Widersprüche zu befördern.
Die imperialistischen Widersprüche spitzen sich zu. Daher verschärfen sich auch die Widersprüche unter den imperialistischen Kapitalfraktionen und Monopolgruppen. Im revolutionären Kampf kann die Konkurrenzsituation zwischen den imperialistischen Lagern zu eigenen Gunsten ausgenutzt werden. Das kann für Sieg oder Niederlage entscheidend sein.
Deshalb müssen Kommunist/innen die Situation immer „konkret analysieren, wenn wir dem Marxismus treu bleiben wollen“, wie Lenin 1916 zur Frage des Selbstbestimmungsrechts der Völker feststellte: „Die einzelnen Forderungen der Demokratie, darunter das Selbstbestimmungsrecht, sind nichts Absolutes, sondern ein kleiner Teil der ... allgemein-sozialistischen Weltbewegung ... Es ist möglich, dass die republikanische Bewegung in einem Lande nur das Werkzeug einer klerikalen oder finanzkapitalistisch- monarchistischen Intrige anderer Länder ist – dann dürfen wir diese gegebene, konkrete Bewegung nicht unterstützen.“[4] Wir müssen die Solidarität mit solchen Bewegungen fördern, die das ganze imperialistische Ausbeuter- und Unterdrückersystem in Frage stellen und bekämpfen, und nicht nur eine bestimmte imperialistische Macht.
In der heutigen Situation stehen vor den österreichischen Kommunist/innen mehrere Hauptaufgaben im Zusammenhang mit dem proletarischen Internationalismus und der internationalen Solidarität:
– Die enge Verbindung der einheimischen Arbeiter/ innen mit den Arbeitsimmigrant/innen in Österreich muss auf verschiedenen Ebenen ausdehnt und der Kampf gegen den Rassismus verstärkt werden. Das ist eine unverzichtbare Grundlage für die Herstellung der Arbeiter/innen-Einheitsfront im Kampf für die sozialistische Revolution in Österreich.
– Die Verbindungen der Arbeiter/innenklasse in den 25 EU-Staaten und einer ganzen Reihe von weiteren Ländern, die in engem Abhängigkeitsverhältnis von den Finanzoligarchien der EU stehen, müssen wesentlich verbessert werden. Nur so können dem Europa der Konzerne machtvolle Schläge versetzt werden und an verschiedenen Fronten, aber im gemeinsamen Klassenkrieg wirkliche Fortschritte bis hin zur sozialistischen Revolution in möglichst vielen Ländern Europas zu erreicht werden. In diesem Zusammenhang ist die Unterstützung von revolutionären Organisationen und Bewegungen in solchen Ländern von besonderer Bedeutung, die zu den Haupteinflusszonen des österreichischen Imperialismus gehören (Mittelosteuropa und der Balkan). Denn im Bestreben die “eigene”, national herrschende Klasse maximal zu schwächen und die Arbeiter/innenklasse zu stärken, muss die internationale Solidarität besonders jenen gelten, die von den Herrschenden der eigenen Nation kolonial oder halbkolonial abhängig sind.
– Bessere Kontakte und gegenseitige Unterstützung mit den Kämpfen der Arbeiter/innenklasse in allen Ländern der Welt in ihrem Kampf für gewerkschaftliche und demokratische Rechte und für die sozialistische bzw. volksdemokratische Revolution.
– Die Zusammenarbeit mit und die Unterstützung von antiimperialistischen Befreiungsbewegungen in allen halbfeudalen und halbkolonialen Ländern der Welt, vor allem derjenigen, die mit klarer Ausrichtung für eine volksdemokratische Staatsmacht der Arbeiter/innen und Bäuer/innen kämpfen.

Quellen