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Postämter sollen geschlossen werden. 186 Mio. € sollen bis 2007
eingespart werden. Davon entfallen 22,7 Mio. € auf das Filialnetz. Das
hat der Aufsichtsrat der Post AG beschlossen. Ihn juckt keine Arbeitslosigkeit,
ihn kümmert keine Wohnungsnot, er kennt keine Geldnot. Der Aufsichtsrat
der Post AG! – Lauter honorige, weithin angesehene Männer im Nadelstreif,
lauter feine Leit’!
22,7 Mio. €, ein Pappenstiel für den Eigentümer der Post AG,
Bundesminister Grasser, der sich die neue Kostümierung der Exekutive und Änderung
der Logos auf den Dienstfahrzeugen etliche Millionen kosten lässt.
Aber darum geht’s ja gar nicht. Argumentiert wird das „Postsparpaket“ u.
a. damit, dass zwischen 2007 und 2009 das Postmonopol in der EU fallen und
die österreichische Post schon heute konkurrenzfähig werden muss;
die ausländische Konkurrenz scharre bereits in den Startlöchern und
wehe der einheimischen Post, die darauf nicht vorbereitet ist: Geschluckt und
gefressen wird sie, die flächendeckende Postversorgung fiele dann sowieso
flach und die Arbeitsbedingungen für die Postler würden sich drastisch
verschlechtern.
Und immer wieder ist die Parole zu hören: „Geht’s der Wirtschaft
gut, geht’s uns allen gut“, was so viel heißt wie: Hackelt’s
brav, solange unsere Profite stimmen, werden wir euch schon nicht verhungern
lassen. Nein, verhungern werden wir in den imperialistischen Zentren nicht
unbedingt, aber fragen wir doch zum Beispiel die Kolleginnen von der Post,
wie ihre Arbeitssituation ausschaut:
Seit die Drohung der Privatisierung im Raum steht, hat sich der Arbeitsdruck
enorm verstärkt, Zustellgebiete, so genannte Rayons, wurden zusammengelegt,
ein Briefträger hat heute doppelt so viel Poststücke zuzustellen
als vor sechs Jahren. Aus Angst, den Job zu verlieren, werden unbezahlte Überstunden
gemacht und viele Brief- oder Paketträger müssen zum Ausliefern das
eigene Fortbewegungsmittel mitbringen, weil ihnen die Post kein Auto zur Verfügung
stellt. Die Gewerkschaft drückt ein Auge zu und liebäugelt mit der
Unternehmerseite. Die Kund/inn/en sind verärgert, wenn ein Brief innerhalb
von Wien nicht in drei Tagen zugestellt ist und wundern sich, wenn ein Briefträger
um 4 Uhr nachmittags noch immer mit einem voll bepackten Wagerl unterwegs ist.
Die Strategie, die Werktätigen gegeneinander auszuspielen hat also perfekt
gegriffen.
Und was sagt die Regierung zu den angekündigten Postsparplänen? Es
herrscht helle Aufregung! Und Bundesminister Gorbach „droht“, mit
der so genannten Universaldienstverordnung aus dem Jahr 2002 gegen die Postamtschließungen
vorzugehen. Bundesminister Bartenstein findet, die ländliche Bevölkerung
dürfe nicht benachteiligt werden. Die Öffentlichkeit ist beruhigt:
Blau-schwarz führt einen Kampf gegen das profitsüchtige Postmanagement?
Weit gefehlt!
Zum einen fordert niemand anderer als die Regierung von der Post AG jährlich
fette Gewinne über ihre Staatsholding ÖIAG, im laufenden Budget beispielsweise
85 Millionen Euro. Zum anderen verheißt die gern zitierte Universaldienstverordnung
der Post und ihren Kund/inn/en nichts Besseres, als dass die Post AG im Falle
von Schließungen die betroffenen Gemeinden „zeitgerecht zu informieren
und im einvernehmlichen Zusammenwirken … innerhalb von drei Monaten
alternative Lösungen zu suchen“ hat. Aber genau das hat das Postmanagement
vor: Es werden Pläne gewälzt, wer in den betroffenen Gemeinden die
Funktion der Postämter übernehmen könnte: Der Greißler
(falls ihn nicht bereits der BILLA geschluckt hat), der Apotheker, den es mancherorts
nie gegeben hat, die Tankstelle, die dem Diskonter im Nachbarort weichen muss
usw. usf.
Regierung und Post liefern sich ein Scheingefecht, denn der Staat ist über
die ÖIAG nach wie vor Eigentümer der österreichischen Post AG.
Postler und die betroffene Bevölkerung sind Statisten in einem Stück,
das wir „2006 dürft ihr zwischen Pest und Cholera wählen“ nennen
wollen, und Ausbeutung und Unterdrückung bleiben aufrecht, solange die
Ausgebeuteten und Unterdrückten nicht aufstehen und sagen: „Da machen
wir nicht mehr mit!“
Und das ist das Einfache, das schwer zu machen ist: Nicht nur die Erkenntnis,
dass es so nicht weitergeht, sondern auch die Praxis entscheidet. Das bedeutet,
die Arbeiterinnen und Angestellten lassen sich nicht mehr auseinander dividieren,
z. B. in „gut verdienende“ Postler oder Eisenbahner und schlecht
bezahlte Handelsangestellte. Spaltung ist ein Herrschaftsmittel und die Nutznießer
sind letztendlich die Herrschaften in der Regierung und den Managementetagen.
Die kratzen einander die Augen nicht aus.
Die Gewerkschaftsbosse sind Wölfe im Schafspelz. Sie heulen mit der Regierung
und den Unternehmern und versuchen, sich ihr weißes Fell nicht schmutzig
zu machen. Die österreichischen Arbeiter/innen sind in den letzten Jahren
vom ÖGB schon so oft verraten und verkauft worden, dass Misstrauen vernünftig
ist und Eigeninitiative immer notwendiger wird.