Es geht bei den Thesen um Frauen in kapitalistischen Ländern, hauptsächlich
in Österreich. Die Mehrheit der Frauen weltweit lebt in neokolonialen
Ländern unter noch rückständigeren Verhältnissen und
hat noch ganz andere Probleme.
Das Patriarchat ist viel älter als der Kapitalismus; es ist zusammen
mit der Spaltung der Gesellschaft in Klassen entstanden (vgl. Engels,
Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates). Patriarchat ist die reale
gesellschaftliche Vorherrschaft von Männern über Frauen, die sich
von der dominierenden Stellung der Männer in Wirtschaft, Gesellschaft
und Familie ableitet.
Die Stellung der Menschen in der Klassengesellschaft, so auch jede Arbeitsteilung
unter den Geschlechtern, ergibt sich aus den ökonomischen und politischen
Bedingungen und nicht aus biologischen Unterschieden.
Entscheidende Bedeutung bei der Knechtung der Frau kommt der patriarchalen
Institution Familie zu. Die sozialen Beziehungen, die die Menschen zueinander
eingehen, und die Art und Weise, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten,
sind eng von den herrschenden Eigentumsverhältnissen bestimmt. Seit
der Entstehung der Klassengesellschaft sind die Frauen, aufgrund ihrer erzwungenen
gesellschaftlichen Unterordnung, patriarchalen Beziehungen unterworfen, die
in engem Zusammenhang mit den jeweiligen Formen der Klassenherrschaft stehen.
Während in vorkapitalistischen Gesellschaften die Familie auch eine
Produktionseinheit darstellte, hat der Kapitalismus und die industrielle
Revolution so gut wie alle produktiven Tätigkeiten aus der Familie in
die Fabriken ausgelagert und sie so in eine bloße Reproduktionseinheit
verwandelt.
Die Gier des sich entwickelnden Kapitals nach immer neuen, billigen Arbeitskräften
durchlöcherte die seit Jahrtausenden vorherrschende Zurückdrängung
der Frauen ins Haus und in den Haushalt und bezog sie massenhaft in die kapitalistische
Produktion ein. Dadurch wurde ein Teil der materiellen Grundlagen für
die Befreiung der Frau geschaffen (v.a. eigenes Einkommen und damit Möglichkeit
zur Teilnahme an gesellschaftlichen Entscheidungen, aber auch Kindergärten,
Werkskantinen usw.). Aber die Familie als ökonomische Grundlage des
Patriarchats wurde von der Bourgeoisie politisch stabilisiert.
Die heutigen überkommenen patriarchalen Familien- und Gesellschaftsstrukturen
sind überwiegend Überreste aus dem Feudalismus und entsprechen
eigentlich nicht den bürgerlichen Ansprüchen nach Freiheit und
Gleichheit aller Menschen.
Die Frauenbewegung ist als eigene Strömung zusammen mit dem politischen
Kampf der Bourgeoisie um Menschenrechte und den bürgerlichen Revolutionen
im 18. Jahrhundert entstanden. Die Hauptforderung der bürgerlichen Frauenbewegung
ist die Gleichberechtigung vor dem Gesetz. Schon in der französischen
Revolution gab es aber auch erste Ansätze zu einer eigenen Strömung
der werktätigen Frauen, die mit radikaleren Forderungen auftraten. Sie
stellten das Jahrtausendealte Patriarchat, die gesellschaftliche Vormachtstellung
der Männer, und zwar nicht nur der Adeligen, in Frage.
Die frühe, stark männlich dominierte, Arbeiterbewegung des 19.
Jahrhunderts (1. Internationale) hat der proletarischen Frauenbewegung einen
schweren Stand bereitet. Gegen tief verankerte patriarchale, männerchauvinistische
Haltungen innerhalb der Arbeiter/innenbewegung musste ein harter Kampf geführt
werden (z.B. für die Anerkennung des Rechts auf Erwerbsarbeit, für
die Zulassung von Frauen als Delegierte auf Kongresse). Diese "Kinderkrankheiten" hat
die Arbeiter/innenbewegung bis heute nicht vollständig überwunden.
Die Hauptforderungen der bürgerlichen Frauenbewegung sind heute in
Europa weitgehend durchgesetzt. Die formale Gleichberechtigung der Frauen
ist gesetzlich vorgeschrieben und in Österreich einklagbar, oft aber
schwer durchsetzbar. In der gesellschaftlichen Realität sieht es aber
außerdem so aus, dass Frauen diese Rechte aufgrund der patriarchalen
und ökonomischen Unterdrückungsstrukturen nicht genügend einfordern
und sie ihnen daher vorenthalten werden. Arbeiterinnen und andere werktätige
Frauen werden diskriminiert und mehrfach unterdrückt. Sie werden vom
Kapital stärker ausgebeutet und ihnen wird "traditionell" der größte
Teil der unbezahlten Reproduktionsarbeiten aufgehalst und ein Schwanz von
Diskriminierungen.
Trotz verschiedener sozialdemokratischer Ansätze, die Trennung in
typische Männer- und Frauenberufe aufzubrechen, haben sich die tatsächlichen
Berufslaufbahnen der Mehrzahl der Mädchen und Frauen nur wenig verändert
(Friseurin, Sekretärin, Verkäuferin, Bandarbeiterin, Pflegerin).
Genau diese Berufe gehören heute wie vor 50 Jahren zu den am schlechtesten
entlohnten.
Auch in jedem kapitalistischen Betrieb steigen Männer schneller auf,
bekommen eher leitende Aufgaben und arbeiten weniger oft in Teilzeit. Das
ist Ausdruck der Diskriminierung und führt dazu, dass Männer auch
innerhalb eines Betriebes deutlich mehr verdienen als Frauen, was sich auch
dann fortsetzt, wenn beide die gleiche Arbeit verrichten.
Im ganzen politischen und wissenschaftlichen öffentlichen Leben (bürgerliche
Parteien, Mandatare auf allen Ebenen, Vertretungskörperschaften wie
Gewerkschaft und Arbeiterkammer, Wissenschaft und Forschung) sind Frauen
deutlich in der Minderheit und je höher die Ebene desto männlicher
die Zusammensetzung.
Hausarbeit wurde besonders in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
mit einem steigenden Lebensniveau der Arbeiter/innenklasse immer mehr aus
der Familie ausgelagert (relativ billige Kleidung, Schnellimbiss, Krankenversorgung,
Altenversorgung...), vergesellschaftet (Werkskantinen) und durch technische
Neuerungen verkürzt (Waschmaschinen, Staubsauger, Mikrowellenherd).
Aber einen Großteil der verbliebenen Arbeiten machen weiterhin die
Frauen. Durch technische Geräte, die die Arbeit erleichtert haben, sind
auch die Reproduktionskosten insgesamt gestiegen (die Geräte müssen
auch gekauft werden können), was dazu geführt hat, dass innerhalb
einer (Arbeiter/innen)familie "Doppelverdienerschaft" auch ökonomisch
notwendig geworden ist.
Mit der Senkung des Lebensniveaus der Arbeiter/innenklasse durch Flexibilisierung,
Lohnsenkungen und Sozialabbau nimmt die notwendige Hausarbeit wieder zu und
wird zunehmend wieder den Frauen aufgezwungen. Die Bourgeoisie ist auch aus
arbeitsmarktpolitischen Gründen daran interessiert, Frauen je nach Konjunkturlage
in die Produktion einzubeziehen oder "zurück an den Herd" zu schicken,
sie sind ein wichtiger und ständiger Teil der industriellen Reservearmee.
Wir sind weit entfernt von einem flächendeckenden Netz an Kinderbetreuungsstätten
und die Tendenz ist wieder rückläufig. Aber auch wenn es mancherorts
preisgünstige Kinderbetreuungseinrichtungen gibt (Kinderkrippe, Kindergarten,
Hort, Jugendzentrum) hat das nichts daran geändert, dass die Frauen
nahezu allein als zuständig für die Kinderbetreuung betrachtet
werden.
Patriarchale Unterdrückung in der Familie: Trotz Scheidungsrecht und
formaler Gleichstellung im Familienrecht ist in vielen Familien von einer
gleichberechtigten Partnerschaft keine Rede und aufgrund der Tradition und
der meist stärkeren ökonomischen Stellung setzt sich die Dominanz
des Mannes bei wichtigen Entscheidungen durch.
Migrantinnen sind durch rassistische Sondergesetze, die sich in der Praxis
besonders gegen Frauen richten, zusätzlich niedergehalten (z.B. Verlust
der Aufenthaltsgenehmigung bei einer Scheidung).
Sexuelle Unterdrückung: Weil das Sexualverhalten zwischen Männern
und Frauen traditionellerweise von Männern dominiert wird, und andererseits
Männer die ökonomische Vorherrschaft innerhalb der kapitalistischen
Gesellschaft haben, gibt es auch in der demokratischsten bürgerlichen
Gesellschaft keine sexuelle Gleichberechtigung, sondern Unterdrückung
der Frauen.
Der weibliche Körper wird als Objekt patriarchaler männlicher
Sexualität zum Fetisch gemacht und mittels Werbung, Medien und sonstigen
bewusstseinsprägenden Mitteln zur Vermarktung beliebiger Produkte verwendet.
Das und die sexuelle Unterdrückung tragen laufend zur Verfestigung von
Sexismus, Männerchauvinismus und einem männerbestimmten Frauenbild
bei.
In den letzten Jahren wird das gängige, gesellschaftlich vorgegebene
Frauenbild von der bürgerlichen Propaganda wieder stärker in Richtung "neue
Weiblichkeit" entwickelt und erfolgreich vermarktet. Diese Betonung der Geschlechterdifferenz
hängt mit der Schwäche der Frauenbewegung und der Arbeiter/innenbewegung
insgesamt zusammen.
Imperialismus, Sextourismus, Frauenhandel: Der Imperialismus hat Ende des
20. Jahrhunderts den Sextourismus als neues Massenphänomen zum Zweck
der Vermarktung von Sexualität hervorgebracht und als Form moderner
Sklaverei den organisierten Frauenhandel wiederbelebt.
"Der Grad der weiblichen Emanzipation ist das natürliche Maß der
allgemeinen Emanzipation" (Fourier)
Solange Privateigentum an Produktionsmitteln besteht, oder anders gesagt,
so lange es eine Klassengesellschaft gibt, wird die Spaltung zwischen Arbeiterinnen
und Arbeitern vom Kapital bewusst eingesetzt, um die Arbeiter/innenklasse
insgesamt niederzuhalten. (siehe Thesen 8-21)
Für die Befreiung der Arbeiterinnen und anderer werktätiger Frauen
ist die Abschaffung von kapitalistischer und patriarchaler Ausbeutung und
Unterdrückung notwendig. Die Befreiung der Frauen ist nur über
die Befreiung der gesamten Menschheit möglich. Ohne vollständige
Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der proletarischen
Revolution geht das nicht.
Die Beteiligung der Masse der Frauen an den revolutionären Kämpfen
ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass sie gelingen.
Über die Arbeiterinnen hinaus haben alle werktätigen Frauen ein
objektives Interesse an der Beseitigung des patriarchalen Kapitalismus, weil
nur im Sozialismus dauerhafte Schritte gegen das Patriarchat gesetzt werden
können.
Im Sozialismus wird Schritt für Schritt um die materiellen und ideologischen
Grundlagen gerungen werden, damit die wirkliche Befreiung der Frauen und
damit aller Menschen erreicht wird, die klassenlose Gesellschaft.
Durch die Vergesellschaftung der Produktionsmittel im Sozialismus wird
die kapitalistische Ausbeutung beseitigt. Durch die gleiche Teilnahme aller
arbeitsfähigen Mitglieder der Gesellschaft an der Produktion und Reproduktion
des Lebens wird die ökonomische Vorherrschaft der Männer beseitigt.
Durch die weitestgehende Vergesellschaftung der Hausarbeit und Kindererziehung
und den bewussten ideologischen Kampf gegen Männerchauvinismus und
Sexismus wird die Ausbeutung in der Familie beseitigt und die soziale Rolle
von Frauen und Männern grundlegend verändert und ausgeglichen.
Dabei wird notwendig die patriarchale Familie aufgelöst und eine tatsächliche Änderung
der Formen des Zusammenlebens herbeigeführt.
Die vollständige Befreiung der Frau ist Bedingung für eine
klassenlose Gesellschaft - den Kommunismus.
Die proletarische Frauenbewegung geht im Unterschied zur bürgerlichen
davon aus, dass die Gesellschaft in soziale Klassen gespalten ist und die ökonomischen
Verhältnisse den gesamten gesellschaftlichen Überbau hervorbringen
und reproduzieren.
Wir müssen die proletarische Frauenbewegung stärken und uns an
ihrem Aufbau beteiligen.
Die proletarische Frauenbewegung geht davon aus, dass die herrschende Klasse
aus den bestehenden Verhältnissen (einschließlich Patriarchat)
Nutzen zieht und daher in der proletarischen Revolution gestürzt werden
muss.
Um die werktätigen Frauen für die Revolution zu mobilisieren,
müssen wir von Beginn an den Kampf gegen jeden Männerchauvinismus - auch
und gerade innerhalb der Arbeiter/innenklasse - führen und die stärkere
Unterdrückung der Frauen anprangern und bekämpfen.
Die Theorie und Praxis der Sowjetunion nach der sozialistischen Oktoberrevolution
1917 und Chinas in der Kulturrevolution nach 1966 bieten einen reichen Erfahrungsschatz über
Schritte zur wirklichen Befreiung der Frau, der weiter ausgewertet, begriffen
und verteidigt werden muss.
Kampf um Reformen: Die proletarische Frauenbewegung soll Forderungen von
werktätigen Frauen aufgreifen, die auf Verbesserungen innerhalb des
Systems abzielen. Sie soll an vorderster Front für die wirkliche Umsetzung
von gesetzlichen Bestimmungen für die Gleichstellung der Frauen auftreten.
Die Kommunist/innen haben dabei die Aufgabe, diese Forderungen und Reformen
mit der Perspektive des Sozialismus zu verbinden, indem sie die beschränkte
Möglichkeit der Umsetzung im Kapitalismus aufzeigen.
Eine Aufgabe bei diesen Reformbestrebungen ist es, in Gewerkschaften, gesetzlichen
Vertretungen und Zusammenschlüssen der Arbeiter/innenklasse die Männerdominanz
zu bekämpfen, Frauen zu ermutigen, den Mund aufzumachen und einen größeren
Anteil werktätiger Frauen insbesondere in leitenden Gremien durchzusetzen.
Kampf gegen Reformismus: Wie in der gesamten Arbeiter/innenbewegung gibt
es auch in der proletarischen Frauenbewegung eine starke reformistische Strömung,
die den Weg zu einer besseren Gesellschaft über schrittweise Verbesserungen
des bestehenden Systems gehen will.
Obwohl wir mit reformistischen Kräften Aktionseinheiten zu konkreten
Forderungen schließen, zeigen wir auf, dass dieser Weg in eine Sackgasse
führt und nicht zur dauerhaften Veränderung der Gesellschaft.
Der Bourgeoisie werden immer wieder zeitweilige Zugeständnisse und
Reformen abgerungen, aber sie wird jedenfalls verhindern wollen, dass das
Patriarchat als eine Säule ihrer Herrschaft grundsätzlich in Frage
gestellt wird.
Ein Teil der politischen Vertreter der Bourgeoisie und die Arbeiteraristokratie
propagieren eine Reformpolitik für die Arbeiter/innen und Werktätigen
und legen die Betonung auf Reformen von oben, um zu verhindern, dass der
Kampf für Reformen zu einer Schule für die Revolution wird. Wir
hingegen fördern den kämpferischen Zusammenschluss von unten.
Der Kampf um Frauenbefreiung ist eine wichtige Front gegen den Kapitalismus,
deshalb fördern wir die Schaffung bzw. Förderung von Zusammenschlüssen
werktätiger Frauen mit antikapitalistischer/sozialistischer Orientierung,
in der der revolutionäre Weg eine bedeutende Rolle spielt.
Wir fördern die eigenständige Organisierung von Frauen, andererseits
ist uns bewusst, dass der Kampf gegen die besondere Unterdrückung und
für Frauenbefreiung eine Aufgabe der Gesamtorganisation sein muss.
Innerhalb der Organisation müssen vor allem die Männer darauf
achten, dass sie die geschlechtliche Arbeitsteilung durchbrechen (Abwaschen,
Kaffee kochen, aufwischen) und für eine bewusste Aufteilung der Hausarbeit
und eine Entlastung von Müttern bei der Kinderbetreuung sorgen.
Frauen sollen sowohl im ideologischen Aufbau als auch speziell für
leitende Aufgaben bewusst ermutigt und gefördert werden.