Infantile Zerebralparese |
Die
Infantile Zerebralparese ist eine nicht fortschreitende
funktionelle Hirnschädigung des Kindes. Sie ist
charakterisiert durch Störungen des Nerven- und
Muskelsystems im Bereich von Tonus, Stärke, Koordination
und Bewegungsabläufen. Am häufigsten sind spastische
Mischformen mit einer generellen Tonuserhöhung der
Muskulatur. Die zu Grunde liegende kindliche
Hirnentwicklungsstörung kann unterschiedlichste Ursachen
haben. Sauerstoffmangel, Nabelschnurkomplikationen,
Infektionen, Hirnblutungen und Unfälle können im
gesamten Verlauf der Schwangerschaft, am häufigsten
jedoch im Verlauf der Geburt (perinatal) zur infantilen
Zerebralparese führen. Die Diagnose wird nach Ausschluss anderer fortschreitender Ursachen wie Tumoren oder Entzündungen auf Grund des klinischen Befundes gestellt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass die ursächliche Hirnläsion ein abgeschlossener Prozess ist, die Folgen und Auswirkungen auf das muskuloskeletale System jedoch ständiger Veränderung unterliegen. Eine multidiziplinäre Therapie aus unterschiedlichen medizinischen und therapeutischen Bereichen steht im Mittelpunkt der Behandlung der ICP. Im Vordergrund stehen unterstützende konservative Massnahmen, wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie die durch orthopädische Kontrakturprophylaxe ergänzt werden. Operative Maßnahmen wie eine Sehnenverlängerung oder Umstellungsosteotomien lassen sich häufig im Verlauf der Erkrankung nicht vermeiden. AllgemeinesDie infantile Zerebralparese ist eine bei Kindern auftretende meist spastische Störung des Nerven- und Muskelsystems. Sie wurde von dem englischen Orthopäden William John Little im 19. Jahrhundert beschrieben und wird auch als "Little Disease" bezeichnet. Es handelt sich hierbei um einen nicht fortschreitenden Endzustand einer funktionellen Hirnschädigung. Die zu Grunde liegende kindliche Hirnentwicklungsstörung kann unterschiedlichste Ursachen haben. Sauerstoffmangel, Nabelschnurkomplikationen, Infektionen, Hirnblutungen und Unfälle können zum Zeitpunkt vor der Geburt (pränatal), im Laufe der Geburt (perinatal) oder nach der Geburt (postnatal) zur infantilen Zerebralparese führen. Das klinische Gesamtbild zeichnet sich durch sehr unterschiedliche komplexe Bewegungsstörungen aus, die sich auf die Bereiche Tonus, Stärke, Koordination und Bewegungsabläufe der Muskulatur beziehen. HäufigkeitDie infantile Zerebralparese ist in den häufigsten Fällen eine Mehrfachbehinderung. Insgesamt kommt sie bei etwa bei 0.2 %, also 2 von 1000, aller Lebendgeborenen vor. Insbesondere sind Frühgeborene betroffen, so dass sehr kleinen Frühchen etwa 100-300 mal häufiger an einer ICP leiden als am errechneten Termin geborene Babys. Nachweisbare Ursachen für die Ausbildung einer ICP lassen sich nur in etwa 50% der betroffenen Kinder finden. KrankheitsursachenGrundsätzlich ist der Verlauf der Erkrankung vom Zeitpunkt der Schädigung abhängig. Je früher die Schädigung im Schwangerschaftsverlauf auftritt, umso schwerwiegender sind die Folgen. Prinzipiell kann die zu Grunde liegende Hirnschädigung im Zeitraum des Schwangerschaftsbeginns bis zum Ende der Markreifung im 4. Lebensjahr liegen. Unterschiedliche Ursachen können demnach zu verschiedenen Zeitpunkten des Schwangerschaftsverlaufes auftreten. Pränatal, also vor der Geburt, ca. 20% der Fälle und zwar durch:
Perinatal, also während der Geburt, ca. 60% der Fälle und zwar durch:
Postnatal, also nach der Geburt, ca. 20% der Fälle und zwar durch:
In Folge der Schädigung kommt es zur Verhinderung der normalen Entwicklung und Ausprägung des Zentralnervensystems. Es besteht in erster Linie eine Entwicklungshemmung der Willkürmotorik mit einem Weiterbestehen der "primitiven" Reflexe und dem Auftreten krankhafter (pathologischer) Reflexe. Durch das Ausbleiben der Entwicklung physiologischer Reflexbahnen kommt es zu einer Hemmung und Verlangsamung der motorischen Entwicklung. SymptomeGrundsätzlich lassen sich verschiedenste Formen der Bewegungs- und Haltungsstörung beobachten. Hierbei lassen sich zwar einzelne Syndrome und Bewegungsstörungen beschreiben, doch in der klinischen Ausprägung handelt es sich bei der infantilen Zerebralparese fast immer um Mischformen. 1. Spastische SyndromeHäufigste Form (75% der Fälle) ist gekennzeichnet durch das Leitsymptom der Muskeltonuserhöhung. Insbesondere kommt es zu einer Verhärtung der Muskulatur während Bewegungen. Es werden die verschiedenen Formen durch die Ausdehnung und Beteiligung der einzelnen Gliedmassen unterschieden: Hierbei sind die Extremitäten einer Körperhälfte betroffen, wobei Arme stärker als Beine betroffen sind. Es besteht eine typische Steigerung des Muskeltonus und ein Weiterbestehen des Pyramidenbahnreflexes über das 3 Lebensjahr hinaus. Hierbei sind die Beine stärker betroffen als die Arme. Die Intelligenz ist in der Regel normal entwickelt hier besteht eine generalisierte Lähmung aller Extremitäten, sowie eine erheblich verzögerte motorische und geistige Entwicklung. Eine Gehfähigkeit wird nur bei 10% der Patienten erreicht. Insgesamt hat diese Form eine sehr ungünstige Prognose spastische Lähmung beider Beine spastischer Parese aller vier Extremitäten mit Bevorzugung der Arme spastischer Parese einer Extremität spastischer Parese von drei Extremitäten Infolge der spastischen Lähmungen kommt es zur Gelenkversteifung, wobei insbesondere die langen Beugemuskeln und die Adduktoren von der Spastik betroffen sind. So lassen sich typische klinische Bilder der einzelnen Gelenke beschreiben:
2. Ataktische SyndromeAtaktische Syndrome bestehen in 15 % der Fälle mit überwiegender Beteiligung des Kleinhirns, es kommt zu:
3. Dyskinetische SyndromeDie dyskinetischen Syndrome treten in 10% der Fälle mit fast immer beidseitigen Bewegungsstörungen in folgender Weise auf:
Neben diesen drei beschriebenen Syndromen leiden die Kinder häufig noch unter zusätzlichen Störungen wie:
DiagnoseZu Beginn der Diagnosefindung der ICP sollte die Frage eindeutig geklärt werden, ob die Lähmung und motorische Behinderung Folge einer abgeschlossenen Störung ist, oder ob es sich um einen fortschreitenden (progredienten) Prozess wie z.B. einen Tumor, eine Entzündung oder um einen degenerativ-metabolischen Prozess handelt. Ziel der Untersuchung ist es, den Entwicklungszustand des Kindes zu beschreiben. Hierzu können objektive Kriterien wie der "Denver Developmental Screening Test", aber auch eine ausführliche Beobachtung und Untersuchung der motorischen Fähigkeit des Kindes dienen. Im Rahmen einer ausführlichen Anamnese sollten Risikofaktoren, Schwangerschafts- und Geburtsverlauf sowie etwaige Erkrankungen der Mutter genau festgestellt werden. Bei der körperlichen Untersuchung sollte das allgemeine Verhalten des Kindes beobachtet werden. Teilnahmslosigkeit (Apathie) fehlende Kontaktaufnahmen, Unruhe sowie Fütterungsprobleme (Trinkschwäche, Schluckstörung) und abnormes Schreien können auf zentrale Störungen hindeuten. Störungen der Sprache und der Sprachentwicklung, Schielen und begleitende Krampfanfälle können ebenfalls den Verdacht einer infantilen Zerebralparese schon sehr früh erhärten. Bei der Untersuchung der Statik, Lage und Motorik des Kindes ist auf Bewegungsarmut, Schlaffheit, abnorme Steifheit oder auf ein Einnehmen von asymmetrischen Haltungen wie eine ständige Streck- oder Überkreuzungstendenz der Extremitäten, sowie auf Spitzfuß-Stellung der Füße zu achten. Häufig entwickeln sich bei den betroffenen Kindern auf Grund der andauernden Spastik schwerwiegender Skoliosen, also Verbiegungen u.ä. der Wirbelsäule. Die Muskeleigenreflexe zeigen häufig eine gesteigerte Reaktion. Primitivreflexe wie Saug-, Such- und Moororeflex können über die normale Zeit hinaus nachweisbar sein oder auch wieder neu auftreten. Krankhafte Reflexe, wie z. B. der Babinskireflex können zur Ausprägung kommen. Das EEG (Elektroencephalogram; Ableitung der Hirnströme) Untersuchungen können allgemeine Veränderungen aufzeigen, jedoch haben etwa 40% aller erkrankten Kinder einen normalen EEG Befund. Röntgenaufnahmen zeigen in bis zu 75% Veränderungen des Knochenwachstums. Hierbei steht insbesondere eine Verlangsamung der Knochenkernentwicklung im Vordergrund. Häufig lässt sich im Röntgenbild auch eine Skoliose nachweisen. TherapieEine multidisziplinäre Therapie aus unterschiedlichen medizinischen und therapeutischen Bereichen steht im Mittelpunkt der Behandlung der ICP. Grundsätzlich sollte diese so früh wie möglich im Verlauf der Erkrankung beginnen. Eine kausale, also die Erkrankung heilende Therapie ist auf Grund der Vielfältigkeit der betroffenen Organsysteme nur in den seltensten Fällen möglich. Von besonderer Bedeutung ist die Ausarbeitung eines die verschiedenen Therapiemöglichkeiten einbeziehenden Rehabilitationsplanes, in dem insbesondere die zu erreichenden Therapieziele erläutert und festgelegt werden sollten. Hierbei stehen unterstützende konservative Therapiemaßnahmen, wie Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, die durch spezielle medikamentöse Therapien und konservative orthopädische Kontrakturprophylaxe durch verschiedene Orthopädietechniken unterstützt werden, im Vordergrund der Behandlung. Erst bei einem fortschreitenden Verlauf, der Ausschöpfung aller konservativen Maßnahmen und unter sehr strenger Operationsindikation sollten operative Maßnahmen zum Einsatz kommen. 1. Konservative TherapieDie konservative Therapie umfasst ein großes Spektrum der Rehabilitationsmedzin. Sie sollte so bald als möglich nach Diagnosefindung beginnen. Eine krankengymnastische Behandlung zur Kontrakturprophylaxe und Verbesserung der motorischen Störungen. Einbeziehung der Eltern, um tägliche Übungen zu ermöglichen. Krankengymnastik auf neurophysiologischer Basis:
2. Operative Therapie:Im Vordergrund der operativen Therapie steht die Korrektur und Prophylaxe von Kontrakturen und Deformitäten sowie die größtmögliche Herstellung des Muskelgleichgewichts zur weitergehenden Verhinderung pathologischer Bewegungsmuster. Es stehen hierfür verschiedene operative Techniken zur Verfügung:
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© A Med-World AG, Geändert am: 13.03.2002 - Dieser Beitrag wurde von den im Impressum genannten Fachärzten und Ärztinnen des jeweiligen Bereiches erstellt und vom Redaktionsteam didaktisch überarbeitet.