Wir waren zu Besuch

Liebe Leser,

unter diesem Titel lesen Sie schon mehrere Monate unsere Reportagen aus Städten, die wir besuchten. Es ging um Besuche unserer Landsleute in verschiedenen Regionen, die mit uns ihre Sorgen aber auch Freude teilten oder über das Leben in ihren Ortsgruppen des KDV informierten.

Unser Oktoberbesuch konzentrierte sich nicht auf eine Gemeinde, sondern er soll eine der schönsten Ecken unserer Heimat, die Oberzips beschreiben. Gerade hierher kam am ersten Oktoberwochenende der Fernsehstab des Österreichischen Fernsehens ORF und als Chefredakteur des Karpatenblattes hatte ich die Ehre, drei fundierte Fachleute durch die Oberzips zu begleiten. Natürlich interessierte mich auch der Grund des Besuchs von Herrn Walter Raming, dem Regisseur und Produzenten des mehr als eine Stunde langen Films über die Geschichte und die Ge-genwart der Karpatendeutschen in der Slowakei. Das Schul-ministerium der österreichischen Regierung mit seinem Bestreben, die einzelnen in der ehemaligen Monarchie lebenden Volksgruppen anzunähern, bestellte das Dokument nicht nur über die Deutschen, sondern auch über die anderen Ethnika. Herr Walter Raming arbeitet schon länger mit dem Museum der Kultur der Karpatendeutschen in Bratislava zusammen, persönlich mit Dr. Ondrej Pöss, der auch den Besuch vermittelte. Der Regisseur gemeinsam mit seinen Mitarbeitern verfuhren nach dem vorbereiteten Drehbuch, das sie aber beim Anblick der Schönheiten von der Hohen Tatra und den besuchten Städten, Gemeinden und kulturellen Sehenswürdigkeiten auch operativ änderten.

Der erste Weg führte in unsere Redaktion in Poprad. Ich stellte ihnen Grundinformationen über die Gegenwart, sowie das Streben des einzigen deutschen Periodikums in der Slowakei zur Verfügung. Hoch erudiert war das lnterview, das Frau Gabriele Kintzler bot, eine der Gründer des KDV in der Oberzips und später auch die langjährige Chefredak-teurin unseres Blattes, der die Leser bis heute vor allem für ihre eindrucksvollen Betrachtungen dankbar sind. Von hier aus, nach einem kurzen, unformalen Gespräch ging der Stab ins Stadtviertel Spišská Sobota/Georgenberg, eines der Juwele von Poprad, wo trotz der Generalrenovierung des historischen Zentrums die Renaissancebürgerhäuser ihr Interesse weckten. Die Fahrt nach Kežmarok/Kesmark begleitete auf der linken Seite der wunderschöne Blick auf die Gipfel der Hohen Tatra. In Kesmark wurde zum Mittelpunkt des Interesses der Filmemacher die evangelische artikulare Holzkirche und neben ihr eine der Dominanten der Stadt, die neue evangelische Kirche. In beiden Kirchen fanden Trauungen statt und ich bedanke mich beim Kaplan der Evangelischen A. B. Kirchengemeinde in Kesmark Herrn Porubän für die Ermöglichung der Drehungen. Das Kesmarker Rathaus, der Hauptplatz, die Burg und vor allem der alte Markt bildeten den Schluss des Aufenthaltes in einer der schönsten Städte der Oberzips und gleichzeitig im Sitz der Regionalleitung des KDV.

Der zweite Tag versprach wirkliche Erlebnisse, die auch dank dem guten Wetter erfüllt wurden. Gleich morgen früh begrüßten uns vor dem Kulturhaus in Chme¾nica/ Hopgarten die Mitglieder der ältesten deutschen Folkloregruppe im Rahmen des KDV MARMON an der Spitze mit dem ehemaligen Vorsitzenden der OG des KDV Stefan Kozak. Im Programm stand die Aufnahme der katholischen hl. Messe in deutscher Sprache. Die Messe fand wegen Rekonstruktion der Kirche des hl. Andreas im Gebäude des Gemeindeamtes statt. Nach der Messe erklangen unter der majestätischen Burg Stará ¼ubovòa/Alt Lublau die Stimmen der Mitglieder von MARMON. Die mit Gefühl gesungenen Heimat- und Volkslieder in der örtlichen Mund-art werden sicher eine Zierde des Dokuments sein, sowie auch ein Zeugnis der lebenden Kultur der Deutschen in der Oberzips. Mit seinen reichen historischen Kenntnissen und bestimmtem Stolz auf seine Gemeinde erzählte im kurzen improvisierten Gespräch Stefan Kozak, der auch langjähriger Chronist der Gemeinde Hopgarten ist. Zur kurzen Erfrischung lud uns Herr Peter Recktenwald ein, der Vorsitzende der OG des KDV gemeinsam mit seiner Frau, der Direktorin der deutschen Grundschule in der Gemeinde. Mittels des Films können die Zuschauer die Werte ken-
nenlernen, die durch aktive Arbeit im Verein in Hopgarten weitergefördert werden.

Die Zips als eines der Zentren der Karpatendeutschen in der Slowakei war ein multiethnisches Gebiet, wo sich auch mehrere Kulturen vermischten. Außer Slowaken leben hier bis heute zahlreiche Ruthenen. Unterwegs nach Levoèa/Leutschau hielten wir in einem malerischen Dorf Kamienka/Stein an, wo wir das Gotteshaus der griechisch-katholischen Kirche gefilmt haben. Stein ist nämlich nur 4 km von der nähesten deutschen Gemeinde Hniezdne/Kniesen entfernt. Die Aussicht hinter jeder Straßenkurve bot nie gesehene Schönheit und so entging der Aufmerksamkeit eine der ältesten deutschen Gemeinden in der Zips Žakovce/Eisdorf (1209) nicht. Unsere österreichischen Freunde interessierte auch die Familiengruft von Zapo¾ský/Zapolya in Spišský Štvrtok/Donnersmark, die eng mit der Familie Henkel im österreichischen Kärnten verbunden ist. Unterwegs nach Spišská Kapitula/Zipser Kapitel und Leut-schau verschwand die Sonne kurz hinter den Wolken, aber nach einer Weile erschien vor uns das wunderschöne Panorama der Zipser Burg mit dem Kapitel im Vorder-grund. Das war ein wirkliches Erlebnis! Nach dem Aufneh-men des Exterieurs und in der Zipser Burg auch des Interieurs erwartete uns in Leutschau Prof. Ivan Chalupecky - der beste Kenner der Zips und besonders des Werks von Meister Paul. Dank Msgr. Dluhoš, dem Verwalter der Kirche des hl. Jakob konnten wir nicht nur mittels der Filmkameras, sondern vor allem durch persönliche Anwesenheit das Juwel der Zipser Gotik und auch den Höhepunkt der Renaissancekunst in der Gestaltung des Werks von Meister Paul aus Leutschau genießen.

Liebe Leser, auf der Rückkehr schwiegen wir eine Weile im Auto, um die tiefen Eindrücke des Besuchs der Zips nicht mit Plaudern zu verderben, der von dem Besuch einer der ältesten Kirchen in der Zips in Žehra/ Schigra gekrönt wurde.

Ich bin maßlos froh, dass ich die Ehre hatte, den österreichischen Filmstab zu begleiten und dass ich auch persönlich zu einem angenehmen Aufenthalt von Dr. Walter Raming und seinen Mitarbeitern beitragen konnte. Wir wurden Freunde und es wartet auf uns noch viel Arbeit bei der Beendigung des Films. Die Redaktion leistet einen Beitrag mit Fotomaterial aus ihrem reichen Archiv, aber auch mit Videoaufnahmen und Liedermaterial.

Seien wir stolz auf das Werk unserer Vorfahren und bei jedem Besuch der Zips nehmen wir diese Schönheit mit dem Gefühl wahr, dass sie von tapferen Händen, Verstand und vor allem von Herzen derer, die in dieses Land als Gäste vor mehr als 800 Jahren kamen, erbaut und zum Aufschwung gebracht wurde.

Vladimír MAJOVSKÝ

 

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