Die Weihnachtszeit spricht uns alljährlich mit ihrer Einzigartigkeit an. Erinnerungen an diese Feste stellen wir uns ins Archiv des Herzens. Zu diesen Erinnerungen kommen wir immer wieder in den Zeiten der Freude zurück, aber auch in der Nostalgie und nicht selten auch in den Zeiten der Traurigkeit... Als wir unsere Leser um einen Beitrag zum Thema:” Die schönsten, die schwersten, die unvergeßlichsten Weihnachtsfeste”, baten, ahnten wir kaum, daß so viele von ihnen reagieren und uns schreiben würden. Viele der Erinnerungen sind mit den Zeiten verbunden, als die Karpatendeutschen mit Gewalt ihre Heimat verlassen mußten. Das bekräftigt, daß dieses über 55 Jahre alte Unrecht, noch nicht geheilt wurde. Sehr dankbar veröffentlichen wir diese Beiträge und hoffen, daß sie diese Festausgabe des Karpatenblattes bereichern.
Meine Weihnachten im Jahr 1944
Dem Weihnachtsfest des Jahres 1944 sah ich mit großer Besorgnis entgegen. Ich war damals in einem Mädchenlager in Maria Taferl in Österreich. Wir, eine Lehrerin aus Deutschendorf, zwei Helferinnen aus Kniesen und ich, zuständig für die Freizeitgestaltung, betreuten 25 Mädchen zwischen 8 und 14 Jahren. Die meisten waren aus Kniesen. Wir hatten am 24. September 1944 unsere Heimat verlassen. Unbegründet waren meine Sorgen, die auch die Lehrerin und die Helferinnen mit mir teilten, nicht, denn viele Mädchen fragten mich ob wir Weih-nachten wieder zu Hause sein würden. Ich sah wie enttäuscht und traurig sie waren, weil ich ihre Fragen immer mit nein beantwortete. Die Sorge und die Angst wie die Kinder Weihnachten verleben würden, verdrängten meinen eigenen Schmerz, zum ersten Mal in meinem Leben Weihnachten nicht im Kreise meiner Familie zu feiern. Je näher das Fest kam,umso mehr steigerte sich in uns Erwachsenen die Angst davor. Wir rechneten mit Traurigkeit und Tränen und wußten nicht wie wir die Kinder trosten sollten. Gemeinsam bemühten wir uns das Fest so schön wie möglich zu gestalten. Die Kinder mußten am Nachmittag in ihren Zimmern bleiben, weil wir den Aufenthalts-raum ein wenig umstellten, er sollte nicht sein alltägliches Gesicht behalten. Wir schoben die Tische zu einer langen Tafel zusammen, die wir feierlich mit weißen Tischtüchern deckten und mit selbstgebastelten Weihnachtspyramiden schmück-ten. Jedes Kind hatte an seinem Platz ein bescheidenes Weihnachtsgeschenk. In der Ecke des Raumes stand ein großer Christbaum. Als wir am Abend die Kinder hineinführten, bran-nten nur die Kerzen am Christbaum und auf den Pyramiden. Es sah wirklich recht feierlich aus. Mir klopfte das Herz bis zum Halse, aber statt Tränen, wie ich es erwartet hatte, sah ich staunende leuchtende Kinderaugen und mir fiel ein Stein vom Herzen. Vor dem Weihnachtsbaum sangen wir Lieder und auch Gedichte wurden vorgetragen. Es herrschte eine besinnliche, feierliche Stimmung. Die Kerzen am Christbaum wurden gemeinsam gelöscht, was ein besonderer Spaß war. Nachher setzten wir uns an den Tisch und ich sah mit Rührung wie die Kinder sich über ihre bescheidenen Geschenke freuten. Sie naschten von den Süßigkeiten und hatten sich viel zu erzählen. Sie lachten und scherzten, alle waren bester Laune. Ein 10-jähriges Mädchen kam zu mir gelaufen, fiel mir um den Hals und sagte freudestrahlend: “So schöne Weihnacht habe ich noch nie gehabt.” Ich hatte Mühe meine Freudentränen zu unterdrücken, denn ich hatte jetzt das schönste Weihnachtsgeschenk bekommen. War es nicht wie ein Wunder, daß uns die Kinder an diesem Heiligen Abend, an dem wir wie eine Familie zusammenwuchsen, eine Oase des Friedens schufen und uns für ein paar Stunden die Ungewißheit unserer Zukunft, den grausamen Krieg, der so viele Opfer forderte, das unendliche Leid, den großen Schmerz und die Tränen vieler Menschen vergessen ließen? So wurde dieses Weihnachtsfest, von dem ich dachte, daß es das traurigste in meinem Leben sein, das schönste, an das sich auch heute noch gerne zurückdenke. Elli SIMAK-SCHOLTZ Kniesen
Weihnachtselegie Schweigen umhüllt die ganze Natur, es schweigt der Wald, es schweigt die Flur; und einsam am verschneiten Waldessaum träumt ein Rehleni den kalten Traum. Alles verstummt ist ringsumher, keine Blume, kein Vogelsang mehr; nur vereinzelt noch eine Krähe krächzt und der Wolf nach Raubgier lechzt. Dort abseits vom Walde ein Dörflein steht, vom kalten Winde so hart umweht; in diesem Dörflein schlugen die Herzen jung, es lebt ewig in der Erinnerung. Zurück zur Jugend mit rosigen Wangen geht heute ein heisses Verlangen; ja es fliehen die Gedanken zurück so weit, denn es ist wieder Weihnachtszeit. Ladislaus MUNTAG
Die traurigsten Weihnachten in meinem Leben – 1944 Der Partisanenaufstand in der Slowakei am 29.8.1944, Überfälle, Ausschluß der Aber nach 45 Jahren kam die Zeit, wo wir fröhliche Weih- Rudolf JÄGER
Weihnachten in Schwedler 1945 In meinen Augen stehen bis heute Tränen, wenn ich an meine Weihnachten vor 55 Jahren denke. Meine lieben Eltern waren in der weiten Ferne evakuiert, ohne Adresse, ohne Wissen über meine Geschwister (3-jähriger Bruder und 10-jährige Schwester). Ich war damals als Lehrling bei SKODA Werke in Dubnitz a.d.Waag. So kam ich kurz vor Weihnachten nach Schwedler, wo ich erfuhr, daß meine Familie irgendwo in Deutschland evakuiert ist. So fing mein Weihnachtsurlaub an. Unsere Gemeinde war von ungarischen Soldaten besetzt, also konnte ich nicht mehr in mei-nem Geburtshaus bleiben. Gott sei Dank entdeckte ich noch meinen guten Nachbarn, Herrn Ružovsky in meines Großvaters Haus. Mit ihm feierte ich Weihnachten. Beide waren wir ohne Familien, aber in der Heimat, zu Hause. Wie traurig mir damals die Grubers “Stille Nacht, heilige Nacht” erklang, ist kaum zu glauben. Es ist sehr, sehr schwer zu beschreiben. Franz RICHWEISSchwedler
Der Glaube und das Christkind Meine Bauernbuben in Forberg versuchten schon länger meinen Glauben an das Christkind zu erschüttern. Aber alles in mir wehrte sich entschieden gegen den “Realis-mus” meiner Schulkameraden, die mir weismachen wollten, es gäbe kein Christkind. Dabei wurde ich doch an jedem Weihnachtsfest in meinem Glauben bestärkt. Immer wenn wir vom Weihnachtsgottesdienst nach Hause gingen, fiel der Schein der brennenden Kerzen des Weihnachtsbaumes auf die verschneite Straße. Und im Haus angekommen, hörten wir schon des Christkinds Glöcklein, das uns ins Wohnzimmer einlud. Dort stand der große, fast 4m hohe, Weih-nachtsbaum mit den Geschenken darunter. Das alles war so schön und voller Wunder - es war einfach schön, an das Christkind zu glauben! Aber es kam, wie es wohl kommen mußte. Eines Tages wurde ich ziemlich unvermittelt und hart mit der Wirklichkeit konfrontiert. Mein Schulfreund Martin erzählte mir, daß mein Vater den Weihnachtsgottesdienst kurz vor dem Ende verließ und nach Hause eilte. Er zündete den Weihnachtsbaum an und wenn er hörte, daß wir im Haus waren, läutete das Christglöcklein. Über das Schlafzimmer und dem Schuleingang schlich dann mein Vater in den Hof und tat so, als käme er auch gerade aus der Kirche. Vorher jedoch hatte er jahrelang “erfolgreich” das Christkind gespielt. Ich denke diese Zeit - mit dem Glauben an das Christkind - war schöner als die spätere Realität. Oskar MARCZY
Meine traurigsten und meine schönsten Weihnachten Es geschah im Jahre 1945. Ich war damals 16 Jahre alt. Als Deutsche musste ich das ganze Jahr auf Feld und Hof bei tschechischen Bauern arbeiten. Als sich Weihnachten näherte, wurde meine Sehnsucht nach meiner Heimatstadt und meiner Familie immer größer. Am Heiligen Abend gab es bei dem Bauern keinen Weihnachts-baum und keine Geschenke. Es wurde wie immer, das Nachtmahl gegessen und dann ging man ins Bett. Ich konnte vor Kummer nicht einschlafen, so schlich ich mich in den Stall, streichelte die Tiere und klagte ihnen mein Leid. Ich war damals überzeugt, daß mich die Tiere verstanden und ich fühlte mich etwas besser. Drei Jahre danach, im Dezember 1948, erwartete ich, schon als verheiratete Frau mein erstes Kind. Am 23. Dezember kam mein Sohn, dem ich den Namen Peter gab, zur Welt. Obwohl ich diese Weihnachten im Krankenhaus verbrachte, waren es für mich die schönsten Weihnach-ten meines Lebens. So denke ich auch nach 50 Jahren immer am Heiligen Abend an meine traurigsten aber vor allem an meine schönsten Weihnachten zurück. Edith ŠNÝDL
Der traurige Herbst und Weihnachten Alles begann 1944 in der Gemeindeschule von Schmöllnitz. Die Nachricht: Ablieferung der Kinder aus den deutschen Schulen. Wir liefen weg in den Wald. Dort waren wir versteckt. Dann führte der Vater die ganze Familie in der Nacht nach Stoß zu unseren Bekannten. Dort blieben wir aber nicht lange. Nur mit einer Karbidlampe kehrten wir wieder zurück nach Schmöllnitz. Dann folgte ein Versteck auf dem Boden im Heu. Es war Partisanenangriff mit Schießen und Plünderung deshalb waren viele Einwohner gezwungen fort-zuziehen. Wir wurden mit anderen Kindern zusammen nach Zakopane abtransportiert. Bei uns in der Gemeinde kam es im Oktober zu einer Tragödie. Der Heimatschutz hatte bei der Begegnung mit den Soldaten die Parole falsch verstanden und es folgten Schüsse. Herr Schmotzer Vater von 4 Kindern und Herr Imrich Vater von 2 Kindern, starben. Herr Breuer war schwer verletzt. Die deutschen Soldaten fühlten großes Leid. Später wurden ganze Familien ausgesiedelt, auch meine Mitschüler aus dem Kindergarten und der Grundschule. Traurig war das Leben in der Ge-meinde, leere Häuser mit offenen Türen, es gab keinen Unterricht. Wir waren auf der Suche nach Essen und einem Dach. Zur Weihnachtszeit waren 2 Der Heilige Abend: Nach dem Glockenläuten, bei kleinem Christbaum, mit altem und hartem Salonenzucker, Äpfelchen und Kugeln geschmückt, wurde am Tisch gemeinsam gebetet. Das Essen bestand aus Milch mit Franck-Melta Kaffee, ge-süßtem Kräutertee Kuchen, Mohn, Marmelade und Linzerkeksen. Die Tränen in allen Augen fehlten dabei auch nicht. Unser Vater holte einen Plattenspieler aus dem Schrank und wir hörten plötzlich “O, du fröhliche..”,wurden die Gesichter ein bißchen fröhlicher. Später kamen auch andere Soldaten zu uns. Der Vater sagte zu ihnen: “Ich war im I. Welt-krieg auch Soldat. Es ist immer gut, wenn man etwas zu essen bekommt, deswegen ist meine Tür für jeden und in jeder Zeit immer geöffnet”. Herr Lehrer Rudolf Fochler unterrichtete bis 1944 an der deutschen Bürgerschule in Schmöllnitz. Am Weihnachts-abend 1945 oder 1946 waren unsere Ohren gespitzt. Aus dem österreich-schweizerischen Rundfunk hörten wir unseren Herrn Lehrer, obwohl die Sendung sehr gestört war. Auf dem Programm standen unsere Unser guter Herr Professor Dr. Rudolf Fochler lebt noch in Österreich. Nach 55 Jahren schicken wir unserem Herrn Professor die schönsten Weih-nachtsgrüße aus Schmöllnitz in der Unterzips. Und die Nachkriegsschicksale unserer Landsleute? Sie sind überall mit Vertreibung und Verfolgung verbunden. Wir freuen uns in unserer Gemeinde über jeden Besuch. Es ist doch für uns alle dort unsere Heimat, wo unsere Wiege stand, dort wo im Schmöllnitzer Tal Fichten und Tannen riechen, dort singen wir unsere schönen Weihnachts- und Neujahrslieder in deutscher Sprache. Allen Menschen guten Willens gesegnete Weihnachten von Maria-Melanie VASILCO geb. Krakovsky
Wie ich mich an meine Weihnachten 1944 erinnere Ich bin 1938 in Schmöllnitz-Hütte in der Unterzips geboren. Am 13.11.1944 um 13,00 Uhr wurden wir Bruder und Mutter durch Allen war bewußt, dass Weihnachten ist, die Mütter schmückten ein kleines Christ-bäumchen, als einzigen Schmuck dienten |