Weitere Zweifel an den Motiven der Täter von Potsdam

Kein Rechtsextremismus als Ursache

Berlin - Eine Woche nach dem "Überfall" auf einen Deutsch-Äthiopier in Potsdam verdichten sich die Zweifel an einer rechtsextremen Motivation der Tat. Nach Informationen der WELT aus Ermittlerkreisen könnte das Opfer, der 37jährige Ermyas M., den Streit mit den beiden Beschuldigten provoziert haben. Dokumentiert sind Kraftausdrücke und Fußtritte des Mannes, die dem Angriff vorausgegangen sein sollen. Darüber hinaus soll die lebensgefährliche Kopfverletzung, die der Wasserbauingenieur und zweifache Familienvater von dem Vorfall am Ostersonntag davongetragen hatte, von seinem Aufprall auf den Bordstein herrühren. Bisher war man davon ausgegangen, daß ein Fausthieb eines der beiden Inhaftierten dafür verantwortlich war.

Der Streit zwischen dem Generalbundesanwalt und Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm um die Zuständigkeit für den Fall ist am Wochenende derweil weiter eskaliert. Schönbohm bezweifelt in der heutigen Ausgabe der "Bild"-Zeitung die Zuständigkeit Nehms. "So, wie der Sachverhalt sich jetzt darstellt, muß man die Frage stellen, aus welchen Gründen der Generalbundesanwalt das Verfahren übernommen hat?" Er reagierte damit auf Presseberichte, wonach das Opfer zur Tatzeit stark alkoholisiert gewesen sei und die mutmaßlichen Täter provoziert haben solle, wie ein Ministeriumssprecher sagte.

Der Zustand von Ermyas M., der seit dem Vorfall vor einer Woche im Koma liegt, verbesserte sich am Sonntag leicht. Er sei zwar weiterhin in Lebensgefahr, mache aber mit Unterstützung des Beatmungsgeräts vereinzelt wieder eigene Atemzüge, sagte eine Krankenhaussprecherin.

Artikel erschienen am Mo, 24. April 2006

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