Xenophon war ein griechischer Schriftsteller, Landedelmann, Dissident, Söldnerführer (Condottiere) und Philosoph aus Athen, Sohn des Gryllos, wahrscheinlich um 426 v.Chr. geboren. Er war Angehöriger einer Ritterfamilie aus der Deme Erchia.
Die Quellen sind wenig mitteilsam: Von Diogenes Laertios (Diog. Laert. II 48-59)stammt eine kurze Biographie; auch die Suda beschränkt sich auf eine Kurznotiz. Die Hinweise aus den Schriften Xenophons sind teilweise mehr als zweideutig.
Als Kriegsgefangener in Theben soll er bei Prodikos Unterricht genommen haben. Etwas später trat er in den Kreis des Sokrates ein; er wurde dessen treuer und dankbarer Schüler und sollte das Ansehen seines Lehrers ein Leben lang hochhalten.
Xenophon gehörte der Klasse der Ritter an; er hat wahrscheinlich in der Endphase des Peloponnesischen Krieges aktiven Dienst an der Waffe geleistet (aus der Hellenika kann man schließen, daß er an der Seeschlacht bei den Arginusen, 406 v.Chr., teilnahm und die Verurteilung der siegreichen Strategen miterlebte), aber auch unter dem Schreckensregiment der Dreißig. Auf Seiten der Dreißig könnte er an der Schlacht um die Munychia teilgenommen haben.
Im Jahre 401 v.Chr. schloß sich Xenophon (nachdem
er auf Sokrates' Rat hin das Delphische Orakel befragt hatte - Xen.An.III 1,6)
auf Einladung des Thebaners Proxenos einem Söldnerheer an, das der
Achämendenprinz Kyros d.J. gegen die kleinasiatischen Pisider zu führen vorgab;
in Wahrheit richtete sich der Heereszug gegen Kyros' Bruder, den Großkönig
Artaxerxes II. Memnon.
Nach der Schlacht bei Kunaxa, in der Kyros
d.J. fiel (am 3. September 401 v.Chr., wie einige ausgerechnet haben), ließ
Artaxerxes mit Hilfe des Tissaphernes die griechischen Anführer ermorden.
Daraufhin wählte die ca. 10.000 Mann starke griechische Söldnertruppe Xenophon
zum Anführer - obwohl er noch nie einen Offiziersrang (Stratege oder wenigstens
Lochage) bekleidet hatte (Xen. Anab.
III 1,4). Diese griechische Söldnerarmee, genannt die "Zehntausend" oder
"Kyreer", führte Xenophon unter größten Mühen und Gefahren durch feindliche
Völker (z.B. die Karduchen) und unwirtliche Gegenden bis zur Küste des Schwarzen
Meeres zurück. In der Nähe der Meerengen würde Xenophon gerne mit den Kyreern
eine neue Stadt gründen, aber davon sind diese Reisläufer alles andere als
begeistert. Schließlich führte er sie nach Byzanz , wo er für seine Leute einen
Söldnervertrag mit dem thrakischen Fürsten Seuthes schloß (Xen. Anab. VII. 2;
400 v.Chr.).
Da Seuthes die Zehntausend aber um einen Teil des
Soldes betrog, trat Xenophon mit seiner Södnertruppe wieder nach Kleinasien
über. In Pergamon übergab Xenophon im Jahre 399 v.Chr. das Kommando über die
verbliebenen 6.000 Mann an den spartanischen Feldherren Thibron, der die Kyreer
in Sold nahm.
Xenophon verblieb fortan im Stab der spartanischen
Feldherren, die in Kleinasien gegen den Großkönig für die "Freiheit der
kleinasiatischen Griechen kämpften. Seine junge Frau Philesia und seine Söhne
Gryllos und Diodoros nahmen in Ephesos Wohnung. Im Jahre 396 v.Chr. finden wir
Xenophon im Stabe des spartanischen Königs Agesilaos II. Mit diesem kehrt
Xenophon im Rahmen des Korinthischen Krieges im Jahre 395 v.Chr. nach Hellas
zurück.
Im Korinthischen Krieg kämpfte Sparta gegen eine Koalition aus Athen, Theben und Korinth. Im August 394 v.Chr., bei der der Schlacht bei Koroneia befand sich Xenophon wahrscheinlich im Gefolge des Agesialos, als es gegen seine eigenen Landsleute ging. Wenn Xenophon nicht bereits aus Athen verbannt gewesen sein sollte, so geschah das sicherlich aus diesem Anlaß. Danach ging er mit Agesilaos nach Sparta.
Die Spartaner verliehen Xenophon des Titel eines Proxenos und beschenkten ihn mit einem requirierten Landgut in Triphylien (vorher im Besitz von Elis), genannt Skillus (ganz in der Nähe von Olympia gelegen; Xen. Anabasis V 3.7-23 & Pausanias Perieg. V 6,4). Nach Verlust des Landgutes (um 370 v.Chr.) siedelte Xenophon nach Korinth über. Einige sagen, dort sei er auch geblieben, nachdem die Athener im Jahre 367 v.Chr. das Verbannunsurteil aufgehoben hatten. Diogenes Laertios dagegen schreibt, Xenophon sei im Alter von 60 Jahren in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Sein Sohn Gryllos diente bei der Reiterei der Athener. Als Kavallerist starb er 362 v.Chr. in der zweiten Schlacht von Mantineia den Soldatentod. Auf jeden Fall erreichte Xenophon ein schönes Alter und verstarb vielleicht im Jahre 354 v.Chr.
Xenophon verfaßte zahlreiche Schriften; aber nicht
nur wegen der Vielfalt seines literarischen Schaffens wurde er schon in der
Antike die 62;attische Biene" genannt, sondern auch wegen der Einfachheit,
Eleganz und Klarheit der Darstellung. Sein Stil galt als vorbildlich und
nachahmenswert.
Man kann seine Schriften einteilen in:
historische und historisch-politische;
philosophische;
praktische.
Historische und historisch-politische Schriften
Anabasis |
Xenophons berühmteste
Schrift ist die "Anabasis": Der Erzählung des Marschs der Zehntausend bis
nach Babylonien und vor allem ihres Rückzugs. Vielleicht hat Xenophon die
Anabasis unter dem Pseudonym Themistogenes veröffentlicht
(Anspielung in Hell. III 1, 2) , um unparteiischer zu erscheinen
(vielleicht gab es aber auch mehrere Darstellungen des Zuges der Kyreer).
Auf jeden Fall spricht Xenophon von sich immer in der 3. Person (wie
später C. Iulius Caesar). Wie kann man, wenn man sie einmal gelesen hat, die berühmte Stelle vergessen, da die Griechen das Ufer des Schwarzen Meeres erreichen (Xen. Anab. IV 7): Alles brüllt " thalatta, thalatta " - "das Meer, das Meer!", Offiziere und Mannschaften liegen sich in den Armen. |
Hellenika |
Die Hellenika stellt
in sieben Büchern die griechische Geschichte von
411-362 v.Chr. dar. Die Partien I 1.1-II 3.10der Hellenika setzen
das unvollendete Werk des Thukydides fort bis zur Kapitulation Athens
im Jahre 404 v.Chr. Der Rest (II 3.10-VII 5.27) der
bestehenden Schrift schildert die griechische Geschichte bis zur zweiten
Schlacht bei Mantineia (362 v.Chr.), wobei viele hier eine
pro-spartanische Haltung herauslesen. |
Kyropädie |
Kyrou paideia =
Erziehung des Kyros. Gegenstand dieses moralisch-politischen Fürstenspiegels ist die Person des Perserkönigs Kyros d.Gr., in dem das Ideal eines nach sokratischen Prinzipien erzogenen und agierenden Monarchen dargestellt wird. Ob er damit die griechisch-orientalische Monarchie eines Alexanders d.Gr. vorwegnahm, wird heftig diskutiert. Das letzte Kapitel der Kyrupädie (Kyr. VIII 8) handelt vom Niedergang Persiens nach Kyros' Tod; es könnte ein späterer Zusatz sein. Die Kyrupädie gilt als der erste historische
Roman der Literaturgeschichte. |
Agesilaos |
Rühmende Biographie
(= Enkomion) auf den spartanischen König Agesilaos II. Wahrscheinlich nach
dem Tod des Agesilaos (360 v.Chr.) geschrieben. |
Vom Staat der
Lakedaimonier |
Darstellung der
spartanischen Verfassung; viele sehen darin eine Propagandaschrift für
Sparta. Einige halten Xenophon nicht für den Autor. |
Die Schrift "Vom Staate der Athener" ist aller
Wahrscheinlichkeit nicht von Xenophon; man nennt sie auch der "Alte Oligarch",
da sie von einem extremen Oligarchen wahrscheinlich vor 411 v.Chr. verfaßt
worden sein dürfte.
Philosophische Schriften
Memorabilien |
Die "Erinnerungen an
Sokrates" in 4 Büchern (Apomnemoneumata / Memorabilia Socratis) enthalten
denkwürdige Gespräche und Aussprüche des Sokrates, wie sie Xenophon noch
in Erinnerung hatte. Vielleicht hat er sich auch mit ehemaligen
Mitschülern getroffen: Echekrates, Kallias, Phaidon
in Elis oder Euklides in Megara. Die Frage, wie authentisch der xenophontische Sokrates ist, ist viel diskutiert worden (siehe dazu auch schon Karl Joel, Der Echte und der Xenophontische Sokrates , 1873). |
Apologie |
Verteidigungsrede für
Sokrates; einige wenige bestreiten die Urheberschaft Xenophons. Wichtig,
da sie Xenophons Version des Prozesses gegen Sokrates enthält. |
Symposion |
Das Gastmahl zeigt
Sokrates in heiter gelöster Atmosphäre. |
Oikonomikos |
Gespräch zwischen
Sokrates und einem Landedelmann namens Ischomachos über die beste
Verwaltung eines Landgutes. |
Hieron |
Gespräch zwischen dem
Tyrannen Hieron I. von Syrakus und dem Dichter Simonides über die Kunst
des (Allein-)Herrschens. Wichtige Quelle für das Verständnis der
griechischen Tyrannis. |
Praktische Schriften
Kynegetikos |
Von der Jagd (mit
Hunden) - für Xenophon eine wichtige Vorübung für den Soldaten. |
Hipparchikos |
Über den Befehlshaber
der Reiterei. Adressat könnte die athenische Kavallerie gewesen sein;
vielleicht war es Xenophons Absicht, deren Niveau zu heben. |
Peri hippikes (De re
equestri) |
Von der Reitkunst |
Poroi |
Von den
Staatseinküften bzw. Über die Finanzen der Athener. Vielleicht Xenophons
letzte Schrift: Ein Aufruf, die Staatskasse nicht durch eine
Wiederaufnahme imperialistischer Außen- und Bündnispolitik aufzufüllen,
sondern sich auf die eigenen Ressourcen (den Hafen Piraios, die
Silberminen von Laureion usw.) zu besinnen. |
U.a. nach: Brockhaus' Konversations=Lexikon. 14.
vollständig neubearbeite Auflage. In 16 Bänden. 16. bd. Turkestan-Zz. Leipzig,
Berlin, Wien: s.v. Xenophon
Einen weitaus besseren Überblick bietet natürlich: Bibliography of editions,
translations and commentary on Xenophon's Socratic writings, compiled with an
introd. by D.R.Morrison. Pittsburgh, 1988.
Gesamtausgaben
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Einzelne Schriften mit Erläuterungen
Anabasis |
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Hellenika |
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Kyrupädie |
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Lakedaimonion Politeia |
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Memorabilien |
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Kritische Ausgaben einzelner Schriften
Anabasis |
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Hellenika |
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Kyrupädie |
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Poroi |
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Zugeschriebene Schriften: Athenaion Politeia
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Texte im Internet in Umschrift
Opera Omnia
Apologie
Kyrupädie
Übersetzungen
Opera Omnia |
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Sparta |
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Nachwirkung
K.u.k. Monarchie/ 19.Jh./ Wien/ Parlamentsgebäude |
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Unterricht/ Didaktik
Griechisch-Unterricht |
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Übertragen und erweitert durch F. Schuffert, 2003>