Neulich bin ich dem
Glück begegnet.
Es stand da, an
eine Straßenlaterne gelehnt, und versuchte, cool auszusehen. Ich habe es
gleich erkannt.
Irgendwie schien es aber gar nicht cool, und schon überhaupt nicht
glücklich zu sein.
Da ich neugierig bin und eine "soziale Ader" habe, fühlte ich mich
bemüßigt, zu fragen, wie es ihm so gehe. "Fragst Du aus Interesse oder ist
es diese englische Höflichkeitsfloskel, auf die ehrlich zu antworten als
unhöflich gilt?" entgegnete das Glück.
"Es interessiert mich wirklich." beeilte ich mich, zu erwidern. "Dann will
ich Dich gerne aufklären," entgegnete das Glück, "auch wenn Du mir gewiss
nicht wirst helfen können. Ich kann meine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Ich
kann meiner Bestimmung nicht ausreichend nachkommen. Das macht mich
einfach unglücklich."
,In was für Zeiten leben wir,' dachte ich, ,dass selbst das Glück nicht
glücklich sein kann?' Ich versuchte, es aufzumuntern: "Du musst doch nur
ab und zu unerwartet Wünsche erfüllen. Warum gelingt Dir das nicht?"
Die Antwort folgte einem trockenen Lachen: "Eurer verdammten, rationalen,
von Statistiken bestimmten Welt ist der Glaube abhanden gekommen. Wenn die
Menschen vorher alles berechnen, sich über alle Risiken informieren, und
nur Dinge in Angriff nehmen, die nach aller Wahrscheinlichkeit gelingen
werden, wenn niemand mehr glaubt, ihm könne etwas Unwahrscheinliches
gelingen, wie kann ich da tätig werden? Er würde das Glück doch gar nicht
erkennen, sondern für das Ergebnis seiner Berechnungen halten."
Das Glück löste sich langsam vom Laternenpfahl, schaute immer noch traurig
aus, drehte sich um und ging seiner Wege.
Da fasste ich den Entschluss, dem Glück zu helfen, das Glück wieder
glücklich zu machen.
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